Victoria University - RWTH Aachen University

Auslandssemester an der Victoria University, Melbourne
Ein Erfahrungsbericht von Alexander Paul
Vorbereitung des Auslandsaufenthalts
Es war also so weit. Ich hatte mich gerade dazu entschieden ein halbes Jahr in Australien zu
leben. Warum? Atemberaubende Landschaften, faszinierende Städte, traumhaftes Wetter.
Und ich sollte Recht behalten. Aber erst mal von Anfang an:
Bisher war ich in meinem Leben stets darauf bedacht, meinen akademischen Werdegang so
schnell wie möglich voranzutreiben. Nach der Schule kam direkt das Studium und somit
hatte ich nie die Möglichkeit wahrgenommen, für längere Zeit an einem mir fremden Ort zu
leben und neue Leute und andere Kulturen kennenzulernen. Nun war also die Zeit
gekommen. Ich entschied mich für Australien als englischsprachiges Land, in dem ich viel
Neues entdecken und an persönlichen Herausforderungen wachsen kann.
Da die RWTH Aachen keine Partneruniversität in Australien hat, habe ich das
Auslandssemester über die Organisation INAC koordiniert. So erhielt ich schon im Vorfeld
einige hilfreiche Tipps zu meiner Zeit in Australien und hatte einen Überblick über sämtliche
organisatorische Schritte, welche noch bis zu meinem Semesterstart zu erledigen waren.
Nachdem die wichtigsten Dinge wie Visum, Fächerwahl, Notenanrechnung und Finanzierung
geklärt waren entschied ich mich, die restlichen Schritte (Wohnungssuche, Einrichtung eines
Bankkontos, etc.) etwas lockerer und erst vor Ort in Melbourne anzugehen.
Studium in Melbourne
Das Studium startete mit einer Einführungswoche für Austauschstudenten aus aller Welt, in
der wir eine Tour zur Great Ocean Road machten. So konnte man schon am Anfang wichtige
Kontakte knüpfen und sich untereinander über die ereignisreiche Zeit und organisatorische
Herausforderungen wie die Wohnungssuche austauschen. Desweiteren gab es einen Einblick
in die wirklich schöne Natur, die Australien zu bieten hat. Riesige Felsformationen, steile
Küsten und kraftvolle Wellen. Einziger Nachteil: Ich war in Melbourne. Und es war
australischer Winter (Deutscher Sommer). Melbourne ist leider für sein extrem
wechselhaftes und verhältnismäßig kaltes Wetter bekannt. Ich hätte dennoch nicht gedacht,
dass es in Australien an manchen Tagen kälter als 5 Grad werden kann. Auch ein Surfkurs
wurde organisiert. Über die Folgen dessen war ich mir damals noch nicht bewusst, aber dazu
später mehr.
Eine Wohnung hatte ich nach einem einwöchigen Aufenthalt in einem Hostel auf einer
Internetplattform zur Wohnungssuche gefunden. Ich wohnte daraufhin mit 3 Indonesiern
zusammen in einer Wohngemeinschaft im Stadtzentrum von Melbourne und in Laufdistanz
zu meinem Campus.
An der Victoria University belegte ich drei Wahlpflichtfächer, die ich mir an der RWTH
Aachen anrechnen lassen konnte. Diese waren passend zu meinem Studium der
Betriebswirtschaftslehre „Commercial Banking and Finance”, „International Marketing” und
„Strategic International Trade Operations”.
Meine Kurse hatte ich am Campus Flinders, welcher genau im Herzen von Melbourne lag
und mich jeden Morgen durch die Straßen der „world’s most liveable city“ führte.
Vorlesungen und Übungen waren teilweise im 13. Stockwerk des Universitätsgebäudes, was
bei manchen Studenten negative Auswirkungen auf die Konzentrationsfähigkeit hatte: von
dort konnte man auf die Skyline von Melbourne schauen. Ein weiteres Highlight waren die
australischen „Uni Games“. Hier traten Studenten von allen Universitäten Australiens in
einer Vielzahl von verschiedenen Sportarten gegeneinander an. Der Wettkampf war ähnlich
aufgebaut wie die olympischen Spiele und fand in Sydney auf der olympischen Anlage statt.
Ich vertrat meine Universität in der Sportart Tennis und wir erreichten mit unserem Team
einen für unsere Verhältnisse überragenden vierten Platz.
Auffällig im Vergleich zu deutschen Universitäten war die relative kleine Gruppengröße bei
Vorlesungen und Übungen. Dadurch wirkten die Veranstaltungen eher etwas wie die Schule
in Deutschland. Ein weiterer großer Unterschied war, dass nicht nur eine Endklausur zur
Note beiträgt, sondern auch viele „kleinere“ Arbeiten wie Essays und Vorträge. Interessant
war es auch, mit Studenten anderer Kontinente Gruppenarbeiten zu erledigen. Ich habe mit
chinesischen und australischen Studenten zusammengearbeitet und einige Lehren daraus
gezogen was Koordination, Kommunikation und Arbeitsverhalten dieser Nationalitäten
betrifft.
Nach dem Studium
Nach einem Semester, was gefühlt „wie im Flug“ verging, hatte ich noch drei Monate Zeit in
Australien zu verweilen, bis mein nächstes Semester in Aachen wieder losging. Ich entschied
mich zu einem Freund aus Aachen an die Sunshine Coast zu fliegen und mit ihm und einer
bunt zusammengestellten Truppe aus Austauschstudenten für eineinhalb Monate durch
Australien zu reisen. Wir kauften große und wahnsinnig alte Geländewagen, fuhren an
einzigartige Orte, schliefen in Zelten in der „Wildnis“, fuhren eine Woche lang durch die
Wüste, feierten Weihnachten am Strand und endeten schließlich an Sylvester in Sydney. Hier
trennten sich die Wege von uns Reisenden nach einem unvergesslichen Tag mit
abschließendem Blick auf das weltbekannte Feuerwerk.
Was danach noch kam? Nun ja, ich erwähnte bereits den Surfkurs, den ich in meiner ersten
Woche in Australien gemacht habe. Nachdem auch auf dem Roadtrip meine Hingabe zu dem
Meer und den Wellen bestand hielt, kaufte ich mir ein Surfboard und war danach für zwei
Monate mit nur einer Sache beschäftigt: Surfen! Es ist zu meiner anfänglichen Ernüchterung
eine ziemlich schwere Sportart. Jedoch konnte ich jedem Tag etwas Positives abgewinnen
und habe jeden Tag in den Wellen mit einem Lächeln verbracht, viele Delfine um und unter
mir schwimmen sehen, drei Quallenstiche und einen tropischen Zyklon überlebt und viele
weitere bemerkenswerte Menschen aus aller Welt getroffen.
Zusammengefasst: Die unterschiedlichen Mentalitäten, Einstellungen und Visionen der
Personen, mit denen ich während meines Auslandssemesters zu tun hatte, haben mich dazu
gebracht, meine eigenen Sichtweisen zu hinterfragen und kritischer zu betrachten. Es war
eine unfassbar aufregende Zeit und ich werde viele Momente für immer in Erinnerung
behalten. Dazu beitragen wird hoffentlich auch mein Surfboard aus Australien, was ebenfalls
den Weg zurück nach Deutschland auf sich genommen hat.