Information für Streikteilnehmer Liebe Kolleginnen und Kollegen, Es gibt neue Nachrichten bezüglich der Auswirkungen unseres Proteststreiks vom 16.6.2015: Inzwischen hat das HKM einen Erlass herausgegeben, aus dem hervorgeht, dass gegen die Streikteilnehmer förmliche Disziplinarverfahren einzuleiten sind mit dem Ziel, gegen die Lehrkräfte einen Verweis auszusprechen. Der Verweis stellt eine Ermahnung dar und „darf nach zwei Jahren nach seiner Rechtskraft nicht mehr verwendet werden und ist aus der Akte zu entfernen.“ Der Beamte gilt nach „dem Verwertungsverbot als von der Maßnahme nicht betroffen.“(§19 Abs. 1 HDG) Anders als bei Missbilligungen müssen die Staatlichen Schulämter gegen alle Betroffenen ein förmliches Verfahren einleiten. Dies bedeutet sehr viel Arbeit für die Ämter und ist bei deren angespannter Personalsituation eine erhebliche Belastung. Dass das Kultusministerium trotzdem zu dieser überzogenen Maßnahme greift, mag jeder selbst bewerten. Zur Einleitung des Verfahrens muss jeder Streikteilnehmer individuell angeschrieben werden. Mit diesen Schreiben rechnen wir zeitnah nach den Herbstferien. Darin muss darauf hingewiesen werden, dass es dem Beamten oder der Beamtin „freisteht, sich mündlich oder schriftlich zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und sich jederzeit einer oder eines Bevollmächtigten oder Beistands zu bedienen“ (§ 23 HDG). Solche Bevollmächtigten oder Beistände stellt die GEW selbstverständlich allen Kolleginnen und Kollegen zur Verfügung, die dies wünschen. Im Bereich des GEW-Kreisverbandes haben sich zunächst die Mitglieder im Gesamtpersonalrat als Beistände zur Verfügung gestellt: Name Sylvia Groß Oliver Klein Otto Martin Angela Volp Tel. 06404-6580959 0641-65317 0641-45676 E-Mail [email protected] [email protected] [email protected] [email protected] Wir weisen jedoch ausdrücklich darauf hin, dass jede Person des persönlichen Vertrauens diese Aufgabe übernehmen kann. Mitglieder, die ebenfalls bereit sind als Beistände zu Anhörungen mitzugehen, melden sich bitte per E-Mail bei mir ([email protected]). Ziel ist es die Liste zu erweitern und damit die Belastung zu verteilen. Für die Abgabe einer schriftlichen Äußerung gilt eine Frist von einem Monat und für die Abgabe der Erklärung, sich bei einer Anhörung im Schulamt mündlich äußern zu wollen, eine Frist von einer Woche. Trotz des hohen Aufwandes empfiehlt die GEW, eine mündliche Anhörung zu beantragen. Nachdem die Landesregierung durch ihre starre Haltung bezüglich der Reduzierung der Arbeitszeit und der Anpassung der Beamtenbezüge an die geltenden Tarifverträge seine Beamtinnen und Beamten quasi zu einem Proteststreik gezwungen hat, davon unbeeindruckt blieb und obendrein verstärkte Strafen ausspricht bietet sich für die Betroffenen nun eine andere Form des Protests: Durch den hohen Verwaltungsaufwand bei der mündlichen Anhörung sind die SSA vom HKM quasi dazu verurteilt, sich für geraume Zeit selbst zu überlasten. Letztmalig war dies 1989 der Fall und hat dazu geführt, dass über 25 Jahre auf diese Maßnahme verzichtet wurde. Wir sind es den Kolleginnen und Kollegen schuldig, der Landesregierung die Folgen ihres Handelns drastisch vor Augen zu führen und zu erreichen, dass sie ihre Beamtinnen und Beamten nicht wie Untertanen behandelt. Eine eingehende Begründung der GEW-Empfehlung findet ihr im zweiten Teil dieser E-Mail(s.u.). Der GEW-Kreisverband Gießen Land wird seine Mitglieder bei der Vorbereitung der Mündlichen Anhörung unterstützen. Der Landesverband hat Informationsmaterial zu den Grundlagen des Disziplinarverfahrens in Aussicht gestellt. Über unseren Mailverteiler werden wir unseren Mitliedern alle Rechtsinformationen, Musterschreiben, und Hilfestellungen für die mündliche Anhörung zur Verfügung stellen. Für den Vorstand Otto Martin Warum empfehlen wir die mündliche Äußerung? Das Streikverbot für Beamtinnen und Beamte wird mittlerweile durch die europäische Rechtsprechung und die divergierenden Urteile der Verwaltungsgerichte in Frage gestellt. Der Gesetzgeber in Deutschland hat es versäumt, entsprechend der europäischen Rechtsprechung ein generelles Streikverbot für Beamte durch ein Gesetz abzuschaffen. 2014 hat das Bundesverwaltungsgericht in einer Entscheidung ausgeführt, dass die Übertragung der Tarifergebnisse auf die Beamten zu den hergebrachten Grundsätzen des Beamtentums gehört. Im Falle einer Verweigerung dieser Übertragung durch den Dienstherrn ist die Frage des Streikverbots neu zu bewerten. Wenn man uns die verfassungsmäßigen Rechte verweigert und der Dienstherr die Verpflichtungen, die sich aus dem besonderen Dienst- und Treueverhältnis ergeben, nicht einhält und die Streikenden einem Disziplinarverfahren unterwirft, sollten wir die Rechte, die und das Hessische Disziplinargesetz gibt, intensiv ausschöpfen. Die Durchführung der mündlichen Anhörung bindet zu jedem Termin in sehr großem Umfang Personal (Schreibkräfte, Amtsjuristen/innen, Schulamtsdirektoren/innen) und ist auch in der Folgebearbeitung für das Schulamt äußerst zeitintensiv. Angesichts des Personalabbaus in den Schulämtern und der aktuellen Aufgaben ist die Durchführung der Disziplinarmaßnahme kaum zu leisten. Nach dem Streik im Jahre 1989 wurde von der GEW dieser Weg der Anhörungen gewählt. Die Behörden waren damals über ein halbes Jahr durch die Wahrnehmung unserer Rechte paralysiert. In der Folge dieser Vorgehensweise gab es in den letzten 25 Jahren bei Beamtenstreiks lediglich Missbilligungen und keine Verweise mehr. Durch diese Aktion haben wir es damals erreicht, dass unsere Forderungen und Aktionen ernst genommen wurden und wir unserem Dienstherrn auf Augenhöhe entgegentreten konnten. Wenn im Jahr 2015 der Obrigkeitsstaat wieder Einzug hält, haben wir mit dieser Aktion die Möglichkeit, im Rahmen bestehender Gesetze unseren Interessen zum Durchbruch zu verhelfen und uns vor zukünftigen Reglementierungen zu schützen. Hier sollten wir aus der Geschichte lernen. Die Wahrnehmung dieses Rechts sollte keinerlei schädliche Folgen für die Beamtin/den Beamten haben!
© Copyright 2024 ExpyDoc