Der Grenzgänger und Altersvorsorge

SÜDKURIER
S Ü D KU RI E R N R. * *15 9 * * |
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Der Grenzgänger und
Altersvorsorge
Arbeitsplatz Schweiz (4):
Die Rente ist für Armin Maier
noch weit weg und hängt
stark vom Wechselkurs ab. Er
nutzt Vorsorge beider Länder
Rolf Eichin ist Gründer und
Vorstand des Vereins Grenzgänger-Info mit Hauptsitz in
Lörrach. Der Verein berät
jährlich 15 000 Grenzgänger
und Aufenthalter.
VON ISABELLE ARNDT
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„Ich glaube, die dritte Säule ist für die
meisten Grenzgänger nicht interessant”, sagt Armin Maier. Der 41-Jährige
aus Albbruck-Birkingen arbeitet seit
15 Jahren in der
Schweiz. Über die
Höhe seiner späteren Rente macht er
sich wenig Gedanken: „Wer weiß wie
Armin Maier hat
in ein paar Jahren
bereits vorgesorgt
die
Regelungen
sind?“ So ändere
sich etwa aktuell die Bestimmung über
die Besteuerung der Pensionskasse, der
sogenannten zweiten Säule des
Schweizer Rentensystems. „Früher war
die Pensionskasse eine relativ lukrative
Geschichte“, so Maier, doch das habe
sich geändert. Einerseits werde die Einlage heute niedriger verzinst, der Zins
sank von 3,25 Prozent im Jahr 2003 auf
aktuell 1,75 Prozent. Außerdem werde
die Pensionskasse inzwischen als zu
versteuerndes Einkommen gewertet.
Wie viel Rente Armin Maier für seine
Beitragsjahre in der Schweiz erhalten
wird, weiß er noch nicht. „Man bekommt jährlich einen PensionskassenAuszug“, sagt der 41-Jährige und zeigt
einen zweiseitigen Ausdruck. Darauf
steht der Sparbeitrag pro Monat und
Jahr, was auch für die Steuererklärung
beim deutschen Finanzamt relevant ist.
Was fehlt, ist eine Angabe über die zu erwartende Rente. Das stört Armin Maier
aber nicht: „Selbst wenn da steht wie
viel ich bekommen würde, weiß ich ja
nicht, wie dann der Kurs steht.“
Wegen des Währungsrisikos habe er
sich auch dagegen entschieden, den eigenen Beitrag für die Pensionskasse von
fünf Prozent seines Bruttolohnes freiwillig zu erhöhen. „Ich will ja im Alter in
Deutschland sein und deshalb bietet
sich eine Mischform an“, sagt er. Eine
Mischform, die sich aus deutschen und
schweizerischen Bezügen zusammensetzt. Denn seine Ausbildung sowie die
Elektrotechniker-Schule absolvierte
Armin Maier in Deutschland, hier arbeitete er für einige Jahre und zahlte regulär
Rentenversicherungsbeiträge.
Für schweizerische Bezüge zahlt Armin
Maier wie jeder seiner Kollegen in die
erste und zweite Säule der Schweiz ein.
Als private Vorsorge habe er eine Berufsunfähigkeitsversicherung
abgeschlossen, erzählt er, von der er auf jeden Fall etwas Rente erhalte.
„Wenn es geht will ich bis zur Rente in
der Schweiz arbeiten“, sagt Armin Maier. Gerade in seiner Branche, der Elektrotechnik, biete die Schweiz deutlich
mehr Jobs und Möglichkeiten. Ein Auszahlen der Pensionskasse kommt für
ihn so oder so nicht in Frage: „Das will
ich ja als Altersvorsorge.“
Das sagt der
Vorsorge-Experte
Herr Eichin, wie sind Grenzgänger im
Ruhestand versorgt?
Sie beziehen Rente aus beiden Ländern, anteilig für die Beitragsjahre im
jeweiligen Land. Die Versorgung mit
AHV und Pensionskasse fällt zusammen besser aus als die deutsche Rente.
Die Versorgungslücke ist mit etwa
45 Prozent geringer ist als in Deutschland mit etwa 60 Prozent.
Worin unterscheidet sich das Rentensystem?
Die Schweiz setzt auf ein Drei-SäulenModell aus staatlicher, beruflicher und
privater Vorsorge. Die berufliche Vorsorge ist hier für Arbeitgeber und Arbeitnehmer Pflicht, das deutsche Pendant der Betriebsrente ist dagegen freiwillig. In Deutschland bestehen also in
den meisten Fällen zwei Säulen, die
staatliche und private Vorsorge.
Können und sollten Grenzgänger auch
privat vorsorgen?
Grenzgänger können die dritte Schweizer Säule sowie die deutsche RiesterRente nicht nutzen, doch es gibt mit
speziellen Direktversicherungen eine
Alternative. Vorsorgen sollte, wer seinen Lebensstandard im Alter beibehalten möchte. Nach der Krankenversicherung ist eine Berufsunfähigkeitsversicherung sehr wichtig, um abgesichert zu sein. Sie lässt sich oft mit privater Vorsorge kombinieren.
FRAGEN: ISABELLE ARNDT
1. Säule:
Die AHV
2. Säule:
Die BVG
3. Säule:
Die bAV
Die Alters- und Hinterlassenenversicherung, kurz AHV,
entspricht der deutschen Rentenversicherung. Die Kosten
werden auch von Arbeitgeber
und Arbeitnehmer getragen,
beide zahlen 5,15 Prozent des
Bruttogehalts ein. Die AHV ist
auf 44 Beitragsjahre ausgelegt.
Wer als Grenzgänger nach
Deutschland zurückkehrt,
behält seinen Schweizer Rentenanspruch. Die AHV erstellt
auf Anfrage Kontoauszüge mit
Gehalt und Beitragszeit, für
konkrete Zahlen hilft dann die
sogenannte Skala 44: Hier ist
die Rente nach Jahreseinkommen ersichtlich, Grenzgänger können so ihre voraussichtliche Rente gemäß ihrer
Beitragsjahre berechnen. Die
Skala 44 ist online abrufbar.
Im Rahmen des BeruflicheVorsorge-Gesetzes (BVG) unterstützen Schweizer Arbeitgeber die zweite Säule der
Altersversorgung, die sogenannte Pensionskasse.
Dafür werden 5,5 bis 18 Prozent des Lohns einbehalten.
Der Arbeitgeber wählt den
Anbieter und zahlt mindestens
so viel ein wie der Arbeitnehmer. Bis zum Alter von
25 Jahren decken die Beiträge
nur Tod und Invalidität.
Im Gegensatz zur AHV informiert die Pensionskasse regelmäßig über den Stand der
späteren Rente. Grenzgänger
können sich die Pensionskasse
unter Umständen vorzeitig
auszahlen lassen, etwa im Fall
von Selbstständigkeit oder
einem Immobilienkauf.
Speziell für Grenzgänger wurde im Jahr 2007 die betriebliche Altersversorung bAV
geschaffen. Denn private Vorsorge gemäß der dritten
Schweizer Säule bleibt deutschen Arbeitnehmern verwehrt, ebenso deutsche Möglichkeiten wie die RiesterRente. Die bAV ist eine freiwillige Direktversicherung und
wird auch Entgeltumwandlung
genannt. Ähnlich der deutschen Riester-Rente wird die
bAV steuerlich gefördert: Beiträge sind als Sonderausgaben
absetzbar. Das gilt für bis zu
vier Prozent der Beitragsbemessungsgrenze, also etwa
4600 Euro pro Jahr. Grenzgänger können zwischen einer
lebenslangen Rente und einer
Einmalzahlung wählen.
Die Serie
Die achtteilige Grenzgänger-Serie des
SÜDKURIER Medienhauses und der
Volksbank Rhein-Wehra beantwortet
wichtige Fragen rund um die Beschäftigung in der Schweiz. Dabei erklären
Experten und Grenzgänger in folgenden
Teilen, worauf ein Arbeitnehmer im
Nachbarland unbedingt achten muss:
➤ 3. März: Steuern
➤ 5. März: Arbeitsrecht
➤ 10. März: Versicherung
➤ 12. März: Altersvorsorge
➤ 17. März: Kinder- und Elterngeld
➤ 19. März: Baufinanzierung
➤ 24. März: Bildung
➤ 26. März: Knigge
Alle bisher erschienen
Serienteile zum Nachlesen
im Internet:
www.suedkurier.de/
grenzgänger 2015