Jugend wartet darauf, herausgefordert zu werden

ALTE JUGEND – NEUE GEDANKEN
Jugend wartet darauf,
herausgefordert zu werden
Fritz Sperringer, SJ
Wenn ich an dem alten Haus in der Lainzer Straße vorbei gehe, kommen die Erinnerungen. Immerhin habe ich hier in der Nachfolge von
Georg Sporschill sechs Jahre lang die „Jugend Lainz“ begleitet und
war die zehn folgenden Jahre als Lainzer Pfarrer weiterhin eng mit
der Jugend verbunden.
Kontakt mit Kindern und Jugendlichen in unseren Schulen,
vor allem in Kalksburg, wo ich Schulseelsorger bin. Mir
machen diese Begegnungen unglaubliche Freude. Bei aller
Nüchternheit in der Abschätzung von Schwierigkeiten und
Hindernissen in freier und gebundener Jugendarbeit – ich
erlebe: Jugend wartet darauf, herausgefordert zu werden.
Nicht nur intellektuell, nicht nur physisch und musisch,
sondern in der Tiefe ihrer jugendlichen Seelen. In der Begegnung mit den Anderen, den Schwächeren, den Ausgegrenzten, den Abgestempelten, den Hoffnungslosen und
Gescheiterten.
In der Konfrontation mit denen, auf die Jesus zugegangen
ist und denen er neues Leben geschenkt hat, kann auch die
Jugend von heute spüren, wo ihre eigentliche Aufgabe und
Berufung liegt: sich mit all ihren Talenten und Kräften der
Ausbreitung von Glaube und Gerechtigkeit in unserer Welt
großzügig zur Verfügung zu stellen.
Seither sind über elf Jahre vergangen. Das Haus ist außen
und innen erneuert worden und ich höre von meinen Mitbrüdern und von Pfarrangehörigen immer wieder Erfreuliches über junge Leute, die heute hier ein und aus gehen
und von denen manche die Kinder der einstigen Lainzer
Jugendlichen sind.
Freilich, die Zeiten haben sich geändert. Den Massen in
den damaligen Gottesdiensten sind überschaubare Mengen
gefolgt. In der Kirche ist weltweit und auch in Wien viel
passiert und nicht nur Positives. Junge Menschen von heute haben andere Visionen und andere Sorgen als damals.
Vielleicht ist kirchliche Jugendarbeit auch mühsamer und
glanzloser geworden.
Aber ich möchte jedem Pessimismus und Defätismus Widerstand leisten, denn ich glaube nach wie vor an die Jugend und das Potential, das in ihr schlummert und darauf
wartet, geweckt zu werden. Ich glaube nach wie vor an die
These von Georg, dass man jungen Menschen glaubhaft
vermitteln muss, dass sie gebraucht werden, dass ich sie
hier und jetzt wirklich brauche zum gemeinsamen Aufbau
einer besseren und christusnäheren Welt und dass wir miteinander und mit der Hilfe Gottes scheinbar Unmögliches
zustande bringen werden.
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Diese Begegnungen machen unglaubliche Freude
Eigene aktuelle Erfahrungen bestätigen meinen Optimismus. Seit einem Jahr habe ich selbst wieder regelmäßigen
Möglichkeit zu sozialem Engagement
Meine Besuche in Osteuropa und in Ländern der Dritten
Welt, die ich als Provinzökonom und Helfer der Missionsprokur der Jesuiten in den letzten Jahren machen durfte,
bestätigen uneingeschränkt diesen Weg. Geben wir jungen
Leuten die Möglichkeit zu sozialem Einsatz unter realen
Bedingungen und helfen wir ihnen gleichzeitig eine reife
und starke Spiritualität zu entwickeln. Unsere Schulen in
Europa haben sich dieses Konzept zu eigen gemacht und
verbinden verstärkt schulisches Lernen und begleitetes soziales Engagement zu einer die Schüler formenden und auf
die Zukunft zielenden Einheit.
Es müsste auch heute möglich sein, wie vor dreißig Jahren,
die Jugend zu begeistern und zu motivieren. Es gibt viele
gute Ansätze.
Ich wünsche der Lainzer Pfarrjugend von 2008 von Herzen
viel Erfolg auf diesem Weg und den Segen Gottes!
P. Friedrich Sperringer SJ war von 1981 – 1987
Jugendkaplan in Lainz
Kontakt: [email protected]