Manuskriptvorlage VDi Wissensforum

ANCR®
Adaptive nicht katalytische Reduktion von Stickoxiden in
Rauchgasen
MSc. M. Hahn, M.A.L. Umwelttechnik, Wien;
Kurzfassung
M.A.L. Umwelttechnik hat neben der bekannten und gebauten SNCR Technik ein eigenes
fortschrittliches und modernes Verfahren (ANCR®) zur Entstickung von industriellen NOXEmissionen entwickelt und patentiert. Diese neue Technologie zur Reduzierung von NOXEmissionen stellt eine innovative Weiterentwicklung der bekannten SNCR-Technik für
industrielle Anwendungen dar.
1. SNCR-System
Der derzeitige Stand der Technik im Bereich der SNCR-Technik (selektive nicht katalytische
Reduktion) ist die Eindüsung von Ammoniakwasser (25% vol.) oder Harnstofflösung (40% vol.)
in das heiße Rauchgas. Dieses Verfahren wird seit Jahrzehnten eingesetzt und erfährt durch
wachsende Effektivität vermehrt Aufmerksamkeit. Das optimale Temperaturfenster für das
SNCR-Verfahren befindet sich zwischen 900°C und 1050°C. Ebenso wichtig wie die richtige
Temperatur ist eine ausreichende Verweilzeit innerhalb des Temperaturfensters, optimal sollte
diese bei einer Sekunde liegen. Je kürzer die Reaktionszeit ist, desto unvollständiger läuft die
Reduktion ab. In Bild 1 sieht man den Einfluss von Temperatur und Verweilzeit auf die AbbauReaktion.
Bild 1:
Darstellung der Einflüsse von Temperatur und Verweilzeit bei konstantem Verbrauch
Es wird deutlich, dass eine optimale Reduktion nur stattfinden kann wenn beide maßgeblichen
Größen, Temperatur und Verweilzeit, sich im richtigen Bereich befinden.
Da die Bedingungen, und somit auch das Temperaturfenster, innerhalb des Kessels sehr stark
schwanken können, besteht die Herausforderung für das SNCR-System darin, stets in das
richtige Temperaturfenster einzudüsen um Ammoniakschlupf oder thermisches NOX zu
vermeiden.
Gründe für solche Schwankungen können Laständerungen, Änderung der Brennstoffqualität,
Verschlackung der Kesselwände, Änderung der Luftstufung oder zu- bzw. Abschaltung von
Brennerebenen sein. Konventionelle Anlagen haben meist mehrere Lanzenebenen, die
temperaturabhängig geschalten werden um einer Änderung in der Brennkammer zu folgen.
2. ANCR®-System
Das neu entwickelte ANCR®-System ist eine Weiterentwicklung des klassischen SNCRVerfahrens. Die wesentlichen Entwicklungen sind einerseits die Nutzung eines CFD-Models
zur Erfassung des tatsächlichen Rauchgas-Temperaturprofils und andererseits der Einsatz
beweglicher
Eindüs-Lanzen
um
das
Reduktionsmittel
Reaktionsbereich und mit der richtigen Menge einzubringen.
immer
in
den
optimalen
2.1 Das Echtzeit-CFD-Model
Mit Hilfe des Echtzeit-CFD-Rechenmodels ist es möglich die Rauchgas-Temperaturverläufe
und Verweilzeit innerhalb des Feuerraums in Echtzeit darzustellen. Dieses Model wird alle 1520 Sekunden neu berechnet und über reale Messpunkte (Temperatursensoren) am Kessel
kalibriert um die Abweichungen zwischen Rechenmodell und Realität zu minimieren. Das
ANCR®-System verwendet das Rechenmodell und düst das Reaktionsmittel gezielt in jene
Bereiche, wodurch eine hohe NOx-Abscheiderate von bis zu 75% erreicht werden kann.
Bild 2:
Grafische Darstellung des gesamt Temperaturspektrums(li.) und Hervorhebung des optimalen Temperaturprofils(re.)
Bild 3:
Rauchgas-Temperaturverlauf eines kohlegefeuerten Kessels mittels CFD Analyse
2.2 Die Eindüslanzen
Das optimale Temperaturfenster befindet sich selten in einem Bereich des Kessels in dem die
Eindüsung problemlos möglich ist, in den meisten Fällen im Bereich der Überhitzerbündel.
Diese
Zonen
sind
meist
örtlich
schlecht
zu
erreichen,
haben
einen
großen
Temperaturgradienten und sind messtechnisch schlecht erfassbar. Zu diesem Zweck wurden
drei spezielle Lanzentypen entwickelt, die je nach baulichen Bedingungen ausgewählt und
eingesetzt werden.
Die Ein- und ausfahrbare Lanze, Lanzentyp RRL (retractable and rotating lance), ist entwickelt
worden um in die Hauptströmung zwischen den Wärmetauschern zu gelangen, ohne die
Flächen baulich ändern zu müssen. Durch die bis zu 3,5m ausfahrbare Lanze, kann man ins
Zentrum des Rauchgasstromes gelangen, wo hohe NOx Konzentrationen vorkommen.
Bild 4:
Bei
RRL-Eindüselanze
konventionelle
Systeme
wird
temperaturabhängig
zwischen
mehreren
starren
Lanzenebenen, die in die Gassen zwischen den Wärmetauscherflächen eindüsen,
umgeschaltet. In älteren Systemen werden die Eindüsebenen in einem zu heißen
Temperaturbereich verbaut um der Entstehung von NH3-Schlupf entgegen zu wirken. Dadurch
resultiert ein wesentlich höherer Verbrauch an Reduktionsmittel.
Um diese Ebenen ersetzen zu können wurde der schwenkbare Lanzentyp TL entwickelt.
Durch
die
Schwenk-Funktion
der
TL-Lanze
kann
im
Bereich
zwischen
den
Wärmetauscherplatten dem Temperaturprofil gefolgt werden ohne weitere Lanzenebenen
einbauen zu müssen.
Bild 5:
TL- Eindüselanze
Um diese Technologie auch im Bereich der Müllverbrennung einsetzen zu können, wurde die
drehbare Lanze, Lanzentyp RL (rotating lance), entwickelt. Diese Lanze dreht sich um Ihre
eigene Achse und besitzt einen gekröpften Kopf. Durch diese Bauweise ist es möglich, eine
große Fläche zu benetzen und mittels Drehbewegung des Lanzenkopfs dem RauchgasTemperaturfenster in der Höhe zu folgen.
Bild 6:
RL- Eindüselanze
Alle oben angeführten Lanzen werden mittels Kühlluft vor Überhitzung im Brennraum
geschützt.
2.3 Anordnung der Eindüslanzen
Die optimale Anordnung der Eindüslanzen ist für eine effiziente Entstickung maßgeblich
entscheidend. Für die Positionen werden im ersten Schritt die mit Hilfe der 3D Echtzeit CFD
sowie mittels Langzeitmessungen ermittelten Temperaturwerte herangezogen. Somit ist
gewährleistet das die dynamische Bandbreite der Temperaturschwankung mit dem
Eindüsbereich der ANCR® abgedeckt werden kann. Im folgenden Schritt wird die optimale
Anordnung der Eindüslanzen an die örtlichen Gegebenheiten des Kessels, sowol innerhalb
als auch außerhalb, angepasst.
Das Ergebnis dieser Vorgehensweise ist die bestmöglich, den prozesstechnischen
Anforderungen entsprechende Anordnung der Eindüslanzen.
Die nachfolgende Darstellung zeigt die Anordnung von ANCR® Eindüslanzen an einem
363MW
Steinkohle
gefeuertem
Kessel
die
wie
beschrieben
entsprechend
prozesstechnischen und örtlichen Anordnungen optimiert platziert wurden.
den
Bild 7:
Blick in einen Steinkohle gefeuerten Kessel mit Lanzenanordnung im Bereich der Überhitzer
3. System-Vorteile
Die Kombination der Echtzeit-CFD und der adaptiven Lanzen macht es möglich, dass das
Reduktionsmittel in das optimale Temperaturfeld des Rauchgases eingebracht wird. Daraus
ergeben sich folgende Vorteile:
-
NOx-Abscheidegrad bis zu 75%
-
Niedriger NH3-Schlupf
-
Bis zu 30% Reduktionsmitteleinsparung
-
Flexible Anlage
-
Einfach Nachrüstung
-
Geringerer Verrohrungsaufwand
-
Geringere Betriebskosten
-
Geringere Investitionskosten
-
Rasche Systemimplementierung