Mythen und Fakten zum Thema TTIP

&Fakten
Mythen
zum Thema
1) Falsch ist: Bei den TTIP-Verhandlungen
werden Meinungen jeder Interessensgruppe
eingeholt.
Richtig ist: Verhandlungen finden hinter verschlossenen Türen statt. Auch wenn die EU-Kommission behauptet, dass sie „in
allen Phasen der Verhandlungen jeden einbezieht, der ein Interesse an ihrem Ausgang hat“: Mitreden können vor allem Lobbyisten. Nur neun Prozent der Gesprächspartner bei den Verhandlungen kommen aus Nichtregierungsorganisationen, aber fast
neunzig Prozent aus der Wirtschaft.
2) Falsch ist: Besonders Klein- und Mittelunternehmen (KMU) profitieren von TTIP.
Richtig ist: Von TTIP profitieren vor allem Großunternehmen.
Zwei Drittel des transatlantischen Handels entfallen auf Großkonzerne, also sind Zugewinne vor allem in diesem Bereich zu
erwarten. Der Löwenanteil (72 Prozent) des europäischen Exportgeschäfts mit den USA liegt bei gerade einmal 19.000 Großunternehmen.
3) Falsch ist: TTIP gibt österreichischen
Bauern die Chance, auf dem US-Markt
durchzustarten.
Richtig ist: Freihandelsabkommen könnten die bäuerliche
Landwirtschaft schwächen. In Europa bewirtschaften 13 Millionen Landwirte ähnliche Flächen wie 750.000 in den USA. Gegen
die Konkurrenz von 20mal so großen Betrieben können sich die
europäischen Bauern schwer durchsetzen.
4) Falsch ist: Die Investor-Staat-Streitbeilegung (ISDS) schützt alle Unternehmen
vor Benachteiligung.
Richtig ist: ISDS schützt vor allem die Interessen von Großkonzernen. Nur Großkonzerne können die hohen Klagskosten von im
Schnitt 8 Mio. Dollar aufbringen. Der angesehene Rechtsprofessor
Gus van Harten (York Universität, Kanada) hat ermittelt, dass die
meisten Entschädigungen (bis zum Frühjahr 2014 mehr als fünf
Mrd. Dollar) an Unternehmen mit mehr als einer Milliarde Dollar Jahresumsatz gingen. Fast zwei Drittel aller Kompensationen
gingen dabei an Konzerne mit mehr als 10 Mrd. Dollar Jahresumsatz. Nur 7 Prozent erhielten Unternehmen unter einer Mrd. Umsatz. Prominentes Beispiel ist der Energiekonzern Vattenfall, der
Deutschland wegen seines beschleunigten Atomausstiegs nach
Fukushima auf rund fünf Milliarden Euro Schadenersatz klagt.
5) Falsch ist: ISDS kommt bei entwickelten
Rechtssystemen ohnehin nicht zum Einsatz.
Richtig ist: Die Zahl der Klagen gegen Staaten ist mittels ISDS
stark angestiegen und betrifft zunehmend Staaten mit hochentwickelten Rechtssystemen wie Deutschland und Kanada. Vor
1996 waren gerade einmal 30 ISDS-Klagen bekannt; 2013 ist die
Zahl der bekannten Klagen auf 568 angestiegen. Das Abkommen
zwischen USA und Kanada (NAFTA) führte zu einer „Explosion“
der Klagen von US- Firmen gegen die kanadische Regierung, die
wiederum aus Sorge vor Millionenklagen in ihrer Gesetzgebung
zurückhaltend wurde. Dabei findet ein Transfer von Souveränität
statt – zulasten der Staaten, zugunsten der Konzerne.
TTIP
6) Falsch ist: ISDS-Schiedsgerichte sind unabhängige Gerichte.
Richtig ist: TTIP mit ISDS schafft eine Paralleljustiz.
Richter sind weit weniger unabhängig als dies bei ordentlichen
Gerichten wie dem Europäischen Gerichtshof üblich ist. Laut
OECD arbeiten mehr als 50 Prozent der Schiedsrichter hauptberuflich als Anwälte für Unternehmen. Innerhalb des ISDSSystems tauschen sie einfach regelmäßig die Rollen zwischen
AnwältInnen und RichterInnen. Unternehmen haben bei ISDS
erheblichen Einfluss bei der Auswahl der Schiedsrichter. Es gibt
auch keine übergeordnete Berufungsinstanz.
7) Falsch ist: Es gibt keine Alternativen zu
ISDS.
Richtig ist: Es gibt andere Möglichkeiten. Dazu zählen z.B. die
Verbesserung der Verfahren bei ordentlichen nationalen Gerichten und die Errichtung eines internationalen Handelsgerichtshofs
mit BerufsrichterInnen. Dass es auch ohne Sondergerichte geht,
zeigt das Freihandelsabkommen zwischen USA und Australien.
8) Falsch ist: Umwelt- oder Sozialgesetze
sind durch ISDS nicht in Gefahr.
Richtig ist: Konzerne können mit der Aussicht auf Milliardenklagen Druck ausüben. ISDS-Klauseln ermöglichen Konzernen, die in einem fremden Staat investieren, diesen über private
Sondergerichte zu verklagen, sollten neue Gesetze z.B. im Umweltbereich den Gewinn dieses Konzerns gefährden. Oft führt der
Druck einer Milliardenklage zu Vergleichen, bei denen Staaten
schärfere Umweltgesetze zurücknehmen. Das österreichische
Parlament lehnt ISDS bei TTIP ab. Klar ist: Arbeitnehmerrechte, Umweltstandards und Konsumentenschutz müssen Vorrang
haben.
9) Falsch ist: ISDS ist notwendig, um das
Vertrauen von Investoren zu gewinnen.
Richtig ist: Das Vertrauen von Investoren in die Rechtssysteme von EU und USA ist gegeben. Die Grund-Idee hinter dem
ISDS-Mechanismus ist der Schutz von Investoren vor staatlicher Willkür, wie z.B. Enteignungen, in Ländern, in denen es
an rechtlichen und demokratischen Rahmenbedingungen mangelt. Das trifft aber nicht auf die Verhandlungsparteien USA und
EU zu: Die USA waren 2014 mit 313 Milliarden Euro der größte
Direktinvestor in der EU. Die meisten Investitionen aus der EU
flossen in die USA.
10) Falsch ist: Es ist nichts dabei, wenn
sich Interessensgruppen über Gesetzesvorhaben austauschen.
Richtig ist: Mit einer „regulatorischen Kooperation“ wollen
Wirtschaftslobbys Einfluss auf die Gesetzgebung nehmen. Im
Rahmen von TTIP soll ein „Rat zur regulatorischen Kooperation“
eingerichtet werden, mit hochrangigen Vertretern aus US- und
EU-Regulierungsbehörden. Dieser Rat könnte zusammen mit
Lobbygruppen die Auswirkungen geplanter Gesetze auf den Handel besprechen und sogar Änderungen dieses Gesetzes beschließen, bevor der Gesetzesvorschlag überhaupt dem jeweiligen Parlament vorgelegt wurde.
Mythen und Fakten zum Thema TTIP | Sozialdemokratische Partei Österreichs
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