Investor-Staat-Schlichtungsverfahren

ISDS-Verfahren gegen EU-Staaten
Seit 1994 wurden insgesamt 127 ISDS-Verfahren gegen
EU-Staaten bekannt. Davon sind 81 bereits abgeschlossen,
mit folgenden Ergebnissen:
Mehr Demokratie ist eine überparteiliche Bürgeraktion.
TTIP-Faktenblatt 1
Wir verstehen uns als Bewegung für die direkte Demokratie.
Wir informieren, starten Kampagnen, überzeugen Parlamente,
Politikerinnen und Politiker. Darüber hinaus engagieren wir uns
für ein demokratischeres Europa, das von den Bürgerinnen und
Bürgern und nicht von Eliten getragen wird.
INVESTOR-STAATSCHLICHTUNGSVERFAHREN (ISDS)
Warum wir uns gegen TTIP und CETA einsetzen
30
Die Freihandelsabkommen TTIP (mit den USA) und CETA (mit
Kanada) bergen große Gefahren für die Demokratie:
n Investor-Staats-Schiedsverfahren (ISDS) unterwandern den
Rechtsstaat und erschweren Gesetzgebung zum Schutz von
Umwelt, Gesundheit und Kultur.
n Regulatorische Kooperation, eine Art Frühwarnsystem für
Lobbyisten, hebelt die Gewaltenteilung und die Entscheidungsfreiheit der Parlamente aus.
n Die kommunale Selbstverwaltung wird eingeschränkt.
Zu jedem dieser Themen hat Mehr Demokratie ein Faltblatt herausgegeben. Sie können sie unter www.mehr-demokratie.de/
stopttip.html herunterladen oder direkt bei uns bestellen.
25
20
15
Ergebnis nicht
veröffentlicht / unbekannt
Klage zurückgewiesen
Erfolg des Staates
5
vollständiger o. teilweiser
Erfolg des Klägers
10
0
Quelle: Friends of the Earth Europe „The Hidden Cost of EU Trade Deals“
Mehr Demokratie hat im Bündnis mit anderen Organisationen
eine selbstorganisierte Europäische Bürgerinitiative (EBI) gestartet, die fordert, die TTIP-Verhandlungen abzubrechen und
CETA nicht zu ratifizieren. Die Unterschriftensammlung läuft
noch bis zum 6. Oktober 2015. Wollen Sie mithelfen? Schicken
Sie uns eine E-Mail oder rufen Sie uns an. Vielen Dank!
Mehr Demokratie e.V.
Greifswalder Str. 4, 10405 Berlin
Tel. 030-420 823 70, Fax 030-420 823 80
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Bank für Sozialwirtschaft München
Redaktion: Anne Dänner, Neelke Wagner. Gestaltung und Illustrationen: Susanne Appelhanz
Selbstorganisierte Europäische Bürgerinitiative
betreffenden Staates oder vor internationalen Gerichtshöfen.
Eine zusätzliche Klagemög­lichkeit exklusiv für internationale Investoren – inländischen Unternehmen und Staaten bleibt
ISDS verschlossen – ist daher überflüssig, besonders zwischen
demokratischen Staaten mit gut ausgebauten Justizsystemen.
Investor-Staat-Schiedsverfahren (ISDS)
Der CETA-Vertragsentwurf enthält Sonderklagerechte für Konzerne (ISDS), für TTIP sind sie geplant. Damit kann ein ausländisches Unternehmen gegen den Staat vorgehen, in dem es
investiert, wenn es sich durch neue Gesetze, Richtlinien oder
Verwaltungsentscheidungen benachteiligt fühlt und seine Gewinne beeinträchtigt sieht.
n Die Klagen werden vor nicht-staatlichen Schiedsgerichten
geführt, Berufungsmöglichkeiten gibt es nicht. Die Schiedsrichter/innen sind nicht unabhängig.
n Die Schiedsstellen werden für jeden Fall neu zusammengesetzt. In der Regel bestehen sie aus drei Anwält/innen, von
denen je eine/r von den Streitparteien und ein/e Dritte/r von
beiden einvernehmlich bestimmt wird.
n Ausgewählt werden die Schiedsrichter/innen aus dem Personal weniger global agierender Kanzleien. 15 Personen haben
55 Prozent der ISDS-Verfahren des Jahres 2011 entschieden
(Quelle: Corporate Europe Observatory).
n Die ISDS-Tribunale können hohe Schadensersatzzahlungen
anordnen, die zuweilen die Investitionssumme um ein Vielfaches übersteigen.
Erfahrungen mit ISDS-Klagen
n
Die Zahl der ISDS-Klagen wuchs in den letzten Jahren stark.
Bis Ende 2013 wurden insgesamt 568 Verfahren eingeleitet,
die meisten von großen Konzernen aus den USA oder der
EU gegen Entwicklungs- oder Schwellenländer (Quelle: UNKonferenz für Handel und Entwicklung UNCTAD).
n Seit 1994 wurden insgesamt 127 Klagen gegen 20 EU-Staaten
bekannt. Bei lediglich 62 Fällen (48 Prozent) kennen wir die
Klagesumme: insgesamt 30 Milliarden Euro. Von 14 Fällen
(elf Prozent) wissen wir, wie viel Geld den klagenden Investoren zugesprochen wurde: insgesamt 3,5 Milliarden Euro.
In 60 Prozent der Fälle ging es um Umweltbelange (Quelle:
Friends of the Earth Europe).
n Von den 127 bekannten Fällen gewann in 15 der Kläger, in
14 Fällen wurde die Klage zurückgewiesen und 13 endeten mit
einem Vergleich. Bei 18 ist der Ausgang ungewiss oder wurde
Was haben wir gegen ISDS?
n
Die Drohung mit solchen Schadensersatzforderungen beeinflusst Parlamente und Regierungen. Gesetzg­eber nehmen Abstand von schärferen Regelungen oder warten ISDS-Verfahren
in ande­ren Staaten ab, um einschätzen zu können, wie viel
Schadensersatz sie ein bestimmtes Gesetz kosten könnte. Dadurch werden Umwelt- und Verbraucherschutzgesetze letztlich
verschleppt oder verhindert.
n Verfassungsrechtliche Bedenken: Fremde Richter wür­den
über das Handeln des deutschen Staates urteilen, die Rechtsprechung würde von deutschen Gerichten weg auf andere,
nicht-ordentliche und nicht an deutsches Recht gebundene
Stellen ausgelagert.
n Die Staaten, die TTIP und CETA verhandeln, schützen Investitionen sehr gut. Klagen gegen staatliche Entscheidungen
kann man schon heute, vor den ordentlichen Gerichten des
Was mussten EU-Staaten bisher aufgrund
von ISDS-Klagen zahlen?
nicht veröffentlicht. 21 wurden nicht zugelassen, zurückgezogen oder nicht weiterverfolgt. 46 der Verfahren laufen noch.
n Das Netz vielfältiger Handelsverträge mit ISDS-Kapiteln, in
das sich die Staaten eingewebt haben, nutzt besonders transnationalen Konzernen mit vielen Tochterfirmen. Wenn sie
sich gegen eine Regulierung wehren wollen, suchen sie sich
das für sie günstigste ISDS-Abkommen mit dem betroffenen
Staat heraus und klagen dann über die Tochterfirma, die sich
im Vertragspartnerland befindet. Auf diese Weise geht zum
Beispiel Philip Morris gegen schärfere Anti-Tabak-Gesetze
weltweit vor.
Sind Reformen sinnvoll?
Die EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström hat die Kritik
aufgenommen und Reformvorschläge für ISDS in TTIP gemacht. Was ist davon zu halten?
n CETA sei bereits fertig verhandelt und an dessen Investitionsschutzkapitel nichts mehr grundlegend zu ändern, erklärte
Malmström gegenüber Vertreter/innen von Stop TTIP. Da
sehr viele US-Konzerne Firmensitze in Kanada unterhalten,
könnten diese auch über CETA EU-Staaten verklagen; schärfere Regeln in TTIP blieben dann ohne praktische Relevanz.
n Ob die US-Seite über diese Vorschläge der EU-Kommission
überhaupt verhandeln will, ist offen.
n Reformen bestehender Regelungen sollten auf internationaler
Ebene verhandelt und eine generelle Lösung gefunden werden.
440 Mio. Euro
Verfahrenskosten der Staaten
1260 Mio. Euro
Schadensersatz­
zahlungen
3500 Mio.
Euro gesamt
2220 Mio. Euro
Zahlungen aufgrund
eines Vergleichs
Mehr Informationen unter
www.mehr-demokratie.de/stopttip.html
www.mehr-demokratie.de/fileadmin/pdf/isds-faq.pdf
www.stop-ttip.org
Quelle: Friends of the Earth Europe „The Hidden Cost of EU Trade Deals“