EU-Parlament sagt erst am Ende der TTIP-Verhandlungen ja oder nein Das EU-Parlament hat die klare Zuständigkeit, die von der Kommission auf Mandat des Europäischen Rates ausgehandelten Handelsabkommen abschließend zu ratifizieren oder abzulehnen. Formal bleibt damit nur die Möglichkeit, ja oder nein zu sagen. Wenn es am Ende im EU-Parlament zur Abstimmung über CETA und TTIP kommt, werde ich konsequent nach meinen öffentlich geäußerten Überzeugungen abstimmen. Und daran lasse ich auch meine Glaubwürdigkeit messen. Aktuell sind wir mitten in Verhandlungsprozessen. Um schon auf die laufenden Verhandlungen in Bezug auf TTIP Einfluss zu nehmen, haben wir im Handelsausschuss die Erstellung einer Resolution initiiert. In dieser werden die Anforderungen des Parlaments an TTIP dargelegt, um Druck auszuüben auf die Verhandlungsführer der EU-Kommission. Die Anforderungen dienen zugleich als Kriterien für die zu treffende Entscheidung über TTIP, wenn das Abkommen dann ausverhandelt vorliegt. Ich trage dieses Vorgehen mit, weil ich die Möglichkeit sehe, mit TTIP vernünftige weltwirtschaftliche Standards zu setzen. Das erscheint mir allemal besser, als die Weltwirtschaft weitgehend unreguliert zu lassen. Mit der verabschiedeten Resolution ist es uns gelungen, in Hinsicht auf diese Standards zentrale Anforderungen zu stellen. Dazu gehören: Durchsetzung der ILO-Kernarbeitsnormen inklusive Einrichtung eines Streitbeilegungsmechanismus Keine unkontrollierte Marktöffnung für Dienstleistungen sondern Definition über Positivlisten Beachtung des europäischen Datenschutzes Die umfassende Ausnahme der öffentlichen Daseinsvorsorge Keine Absenkung sozialer, ökologischer oder Verbraucherschutzstandards Umfassendes Recht der Entscheidungsfreiheit der Parlamente bei regulatorischer Zusammenarbeit wie auch bei der möglichen Erhöhung von Standards Damit haben wir die Messlatte für ein Abkommen sehr hoch gelegt und viele öffentlich diskutierte Kritikpunkte aufgegriffen. Das gilt auch für die Frage des Investitionsschutzes. Aus meiner Sicht ist gegen internationale Vereinbarungen zum Investitionsschutz nichts Grundsätzliches einzuwenden. Denn in Deutschland haben wir sogar ein grundgesetzlich garantiertes Eigentumsrecht inklusive der Möglichkeit, dieses im Rahmen bestehender (grund-)gesetzlicher Regelungen wirtschaftlich zu verwerten. Viele Kritiker unterstellen uns, wir hätten dem klassischen Streitbeilegungsmechanismus (ISDS) zugestimmt. Wer die entsprechenden Passagen der Resolution liest, wird allerdings sehen, dass das Gegenteil der Fall ist. Wir haben einerseits positiv Bezug auf die Reformvorschläge von Kommissarin Malmström genommen. Darin sind wichtige Kritiken an ISDS angesprochen: Dass definiert werden soll, was überhaupt Klagegegenstand sein kann Dass betont wird, dass Regulierungen der Gesetzgeber nicht Anlass zu Klagen sein dürfen Dass die Verfahren transparent sein müssen Allerdings bleibt der Malmström-Vorschlag noch hinter unseren Anforderungen zurück, weil nicht zwingend eine Revisionsinstanz vorgesehen ist, und weil weiter private Anwälte Schiedssprüche fassen können. In der Resolution haben wir deshalb über den Kommissionsvorschlag hinaus folgendes gefordert: Dass nur unabhängige Richter Recht sprechen dürfen Dass eine Revisionsinstanz vorhanden sein muss Sollte beides zusätzlich realisiert werden, hat ein solches Verfahren aus meiner Sicht nichts mehr mit den Schiedsgerichten im Rahmen von ISDS gemeinsam. Es würde sich vielmehr um ein gemeinsames Gericht mit den USA handeln. Leider ist es uns im Handelsausschuss nicht gelungen, eine Mehrheit für eine Formulierung zu bekommen, die nicht nur die positiven Veränderungen beschreibt, sondern auch formuliert, dass wir damit private Schiedsgerichte à la ISDS ablehnen. Wir werden derartige Formulierungen im Plenum des Europaparlaments nächste Woche als Änderungsanträge einbringen. Schließlich möchte ich auf den Vorwurf eingehen, dass die Resolution im Bereich Investitionsschutz dem Konventsbeschluss der SPD vom September 2014 widerspricht, der lediglich auf nationale Rechtswege zur Streitbeilegung rekurriert hat. Aus meiner Sicht muss jedoch in Rechnung gestellt werden, dass sich die Diskussion innerhalb der SPD insbesondere durch den Vorschlag der sozialdemokratischen EU-Handelsminister, einen internationalen Handelsgerichtshof aufzubauen, weiterentwickelt hat. Dieser Vorschlag fand auf der öffentlichen TTIP-Konferenz der SPD, bei der auch viele inner- und außerparteiliche Kritiker anwesend waren, eine breite, positive Resonanz. Die Resolution im Handelsausschuss greift genau diesen Vorschlag auf. Es wird in vielen Kritiken unterstellt, dass ich als Abgeordneter meine Glaubwürdigkeit durch die Resolution verloren hätte. Dies sehe ich nicht so. Zum einen habe ich in vielen öffentlichen Äußerungen immer wieder betont, dass ich drei Alternativen zu privaten Schiedsgerichten à la ISDS sehe, nämlich den nationalen Rechtsweg, State-to-State-Dispute-Settlement oder den Aufbau eines internationalen Handelsgerichtes. Zum anderen ist es gelungen, eine breite Mehrheit des EUParlamentes für Positionen zu gewinnen, die eine grundlegende Kurskorrektur in der Handelspolitik inklusive ISDS bedeuten. Das schon ausgehandelte Abkommen mit Kanada (CETA) hält diesen Anforderungen nicht stand, weder im Bereich Investitionsschutz, noch bei den Arbeitnehmerrechten, dem Marktzugang bei Dienstleistungen (Stichwort Negativlisten) oder der regulatorischen Kooperation. Deswegen ist für mich eindeutig, dass CETA entweder in Nachverhandlungen substanziell verändert oder abgelehnt werden muss. Ähnliches gilt für das ebenfalls ausgehandelte Abkommen mit Singapur, dessen Investitionsschutzkapitel nicht unseren Anforderungen entspricht.
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