Rede der Vertreterin der Vereine Andrea Prym

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Neujahrsempfang
im Krönungssaal zu Aachen
am 7. Januar 2016
Rede der Vertreterin der Vereine
Andrea Prym
Vorsitzende des Fördervereins das Sozialpädiatrischen Zentrum
der Kinderklinik an der Uniklinik Aachen
Hilfe für entwicklungsgestörte und behinderte Kinder e.V.
c/o SPZ, Schneebergweg, 52074 Aachen
www.foerderverein-spz.de
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Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Philipp,
sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Ehrenamtler!
Herr OB, Sie haben mich gebeten hier bei diesem Neujahrsempfang alle
Ehrenamtler zu vertreten. Dafür bedanke ich mich ganz herzlich und hoffe,
dass ich dies nun auch im Sinn von Ihnen, liebe Damen und Herren, und im
Sinne des Ehrenamtes tue.
Ganz kurz möchte ich Ihnen erläutern wen ich vertrete:
1. das ist der Förderverein der Sozialpädiatrischen Zentrums kurz SPZ. Das
SPZ ist eine Ambulanz der Uni - Kinderklinik. Und dort arbeiten Ärztinnen,
Psychologinnen, Krankengymnastin, Logopädinnen, Pädagoginnen und
Ergotherapeuten. Im SPZ werden jährlich etwa 2.000 Kinder und
Jugendliche diagnostiziert und therapiert. Unser Förderverein kümmert
hauptsächlich
sich
um
die
Früherkennung
von
Krankheit
und
Behinderung von Kleinkindern. Zur Zeit sind wir in 8 Kindergärten der
Städteregion Aachen vertreten. Außerdem finanzieren wir ADHSFortbildungen
von
Konzentrationstrainings
Lehrern
und
und
eine
Erziehern,
Elterngespräche,
Palliativrufbereitschaft
für
sterbenskranke Kinder.
2. ebenso engagiere ich mich für das Kinderheim in Brand, die
3. Stiftung für Diakonie und den
4. Freundeskreis für Trauerarbeit.
Das alles sind soziale Einrichtungen, die sich hauptsächlich um Kinder und
Jugendliche kümmern, die keine Lobby haben und die drohen durch unser
soziales Netz zu fallen.
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Aus einer Studie des Gesundheitsamts der Städteregion Aachen geht hervor,
dass mit 1 € den wir heute an der richtigen Stelle in unsere Kinder
investieren, später 6 € eingespart werden.
Es ist häufig zu spät, wenn Behinderungen oder Entwicklungsstörungen erst
bei der Schuleingangsuntersuchung festgestellt werden. Je früher die richtige
Diagnose gestellt wird, desto früher bekommt das Kind die richtige
Behandlung und damit kann ein tragischer Kreislauf
1. Probleme in der Schule
2. kein Schulabschluß
3. Ärger im sozialen Umfeld
4. bis hin zur Kriminalität
vermieden werden!
Wir wissen, dass das was wir heute für unsere Gesellschaft tun, in der
Zukunft die Gesellschaft für uns tut.
Außerdem wissen wir schon heute aus demographischen Erhebungen, dass
unsere Generation der Babyboomer, also die Jahrgänge zwischen 1955 bis
1968, unser Renten- und Sozialsystem in seinen Grundfesten erschüttern
wird, wenn wir nicht dafür Sorge tragen, dass alle jungen Menschen gut
ausgebildet werden und damit die Chance erhalten, einen positiven
finanziellen Beitrag zu unserem Gesellschaftssystem zu leisten.
Und damit komme ich nun auch zu dem großen Thema „Flüchtlinge“, das
Sie, Herr OB Philipp, bereits ausführlich angesprochen haben.
An dieser Stelle möchte ich Ihnen etwas erzählen:
Heute darf und kann ich hier als Ehrenamtlerin stehen, vor vielen Jahren war
ich auch einmal Flüchtling!
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Meine
Eltern
sind
mit
meinem
Bruder
und
mir
von
Ost-
nach
Westdeutschland geflüchtet. Allerdings möchte ich ganz deutlich zum
Ausdruck bringen:
1. Wir kamen nicht traumatisiert nach Westdeutschland, weil innerhalb der
Familie oder im Freundeskreis jemand getötet oder gepeinigt wurde.
2. Wir mussten uns nicht in einem vollkommen neuen Kulturkreis zurecht
finden.
3. Wir hatten keine Probleme mit einer fremden Sprache, sondern hatten die
selbe Muttersprache und konnten uns sofort verständigen.
4. Wir brauchten keinen Asylantrag zu stellen und wir mussten auch nicht
bangen, abgewiesen zu werden.
Und dennoch weiß ich, wie schwer es meinen Eltern damals gefallen ist, Hilfe
anzunehmen. Ich weiß aber auch, dass sie die Chance erhalten haben,
selbstständig wieder auf die Beine zu kommen und so eine neue Existenz
gründen konnten. Damit konnten sie wieder ein unabhängiges Mitglied in
ihrer neuen Gesellschaft und in ihrem neuen Zuhause werden. Dieses neue
Zuhause wurde langsam langsam zu unserer neuen Heimat. Aber, und das
will ich hier zum Ausdruck bringen, diese Chance der Existenzgründung
erhielten sie.
All das erzähle ich Ihnen nicht, weil ich meine Biographie mitteilen möchte,
sondern, weil uns allen mit der jetzigen Flüchtlingswelle eine gewaltige
Aufgabe bevorsteht.
1. Heute kommen die Flüchtlinge oftmals vollkommen traumatisiert bei uns
an,
2. sie kommen aus einem anderen Kulturkreis,
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3. sie haben keine Deutschkenntnisse und können sich nicht verständlich
machen,
4. und sie haben große Angst wieder abgewiesen zu werden.
Ich stelle mir nun die Frage: Wie ist eigentlich unsere Lage?
1. Wir haben das Glück in wirtschaftlich guten Verhältnissen zu leben.
2. Wir
haben
eine
stabile
Demokratie
mit
vernünftigen
politischen
Grundlagen.
3. Unser Sozial-, und Gesundheitswesen funktioniert
4. unser Ausbildungssystem ist gut.
5. Und , und das ist besonders wichtig: Wir leben in Frieden und in Freiheit.
Wir haben also die besten Voraussetzungen dieser Herausforderung der
Flüchtlingswelle Stand zu halten, wenn wir sie positiv angehen.
Und, wenn wir unsere demographischen Aussichten betrachten, dann liegt
für uns auch eine große Chance in dem Flüchtlingszustrom. Wir müssen es
schaffen, dass sich die Menschen mit ihrer Arbeit und Intelligenz in unserer
Gesellschaft positiv einbringen können.
An diesem Punkt werden wir -und insbesondere alle Ehrenamtleraufgerufen, allen nur erdenklichen Einsatz zu erbringen,
• sei es im Sportverein,
• im Schützenverein,
• bei der Feuerwehr,
• den Pfadfindern,
• den Kirchen,
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• im Kindergarten,
• in der Schule,
• in der Uniklinik,
• im Kinderheim,
• bei der Trauerarbeit
• und in vielen anderen Einrichtungen.
Bei unserem Einsatz kommen wir vielleicht manchmal an unsere physischen
und psychischen Grenzen. Wir alle, die wir hier vertreten sind, machen
unsere Arbeit ohne damit Geld zu verdienen, wir haben keinen materiellen
Vorteil davon.
Aber, mal ganz ehrlich, jeder von uns bekommt doch etwas zurück?
1. Sei es ein glückliches Lachen nach einem gewonnen Wettkampf
2. sei es der Zusammenhalt in einer Gemeinschaft
3. oder die gegenseitige Motivation, auch nach Niederlagen
4. oder sei es die Dankbarkeit der Eltern, deren kranke Kinder versorgt
werden, oder die getröstet werden.
Das alles kann gar nicht mit Gold und Silber aufgewogen werden!
Macht es uns nicht allen große Freude, wenn wir sehen, dass unser Einsatz
und unsere Hilfe ankommen ?
Was wäre, wenn es in Deutschland keine Ehrenamtler gäbe? Abgesehen von
dem volkswirtschaftlichen Debakel, würden wir als Menschen abstumpfen
und unsere Gesellschaft wäre trostlos.
Das wollen wir nicht! Und Herr Oberbürgermeister, ich denke, wir machen
weiter!
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Also, ich blicke voller Zuversicht in das Jahr 2016, und denke wir haben alle
Voraussetzungen diesen Zustrom zu bewältigen.
Und ganz zum Schluß will ich Ihnen noch einmal sagen:
Ich war auch einmal Flüchtling und heute darf und kann ich Ehrenamtlerin
sein.
Ich wünsche Ihnen allen ein gesundes, glückliches und friedliches Neues
Jahr.