Frauenfeld, 26. November 2015 Gina Rüetschi Kantonsrätin GP

Frauenfeld, 26. November 2015
Gina Rüetschi
Kantonsrätin GP
Broteggstrasse 11
8500 Frauenfeld
Marion Theler
Kantonsrätin GP
Höhgasse 23
8598 Bottighofen
Vernehmlassung zum Entwurf der geänderten Sozialhilfeverordnung
Sehr geehrte Damen und Herren
m Namen der grünen Partei TG danken wir Ihnen für die Gelegenheit, Stellung zu oben erwähnter
Vernehmlassung nehmen zu dürfen.
Ziele der Sozialhilfe
Ein menschenwürdiges Dasein, wie es auch die Schweizerische Bundesverfassung vorsieht, orientiert
sich am allgemeinen Lebensstandard und bezieht die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben mit ein.
Die Sozialhilfe in der Schweiz ermöglicht so ein Leben in Würde und fördert die Integration von
Personen in schwierigen wirtschaftlichen und oft auch persönlichen Lebenssituationen:
Alleinerziehende, Kinder und Jugendliche, Alleinstehende, psychisch belastete Personen, suchtkranke
Menschen, ältere Personen ohne Aussicht auf eine Erwerbsarbeit.
Mit diesen Zielen vor Augen würdigen wir Ihren Entwurf kritisch. Die Mehrheit von uns kann die
verschärften Sanktionsmassnahmen, so wie sie die neu verabschiedeten SKOS-Richtlinien vorsehen,
akzeptieren. Wir warnen aber eindringlich davor, die Verordnung wesentlich schlechter als die
revidierten SKOS-Richtlinien auszugestalten.
§ 2b 1
Die Altersgrenze soll nicht auf 30 Jahre angehoben werden. Deshalb den Hinweis auf § 2k streichen.
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So formuliert könnte dieser Absatz als Einladung zu mehr Sozialhilfewettbewerb unter den Gemeinden
verstanden werden.
Die hier angenommenen Mietzinse sind nicht aktuell.
§ 2c 1
„ausgewiesenen“ könnte man hier streichen, steht auch in §2c Absatz 2
§ 2d 1
Wir halten das eingefügte Wort „nachweislich“ für übertrieben: In der bestehenden Verordnung wird
bereits eine „besondere“ Bemühung gefordert und das ist genug. Auch sollte die Höhe der minimalen
monatlichen Integrationszulage bei 100.- belassen werden.
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Wir verweisen hier auf die allgemeinen SKOS-RICHTLINIEN
http://skos.ch/uploads/media/2015_RLRevision_Synopse_Kurzfassung_dV3.pdf
Richtlinienrevision 2015 Übersicht SKOS
Junge Erwachsene
Als junge Erwachsene gelten in der Sozialhilfe alle Menschen zwischen dem vollendeten 18.
und dem vollendeten 25. Altersjahr.
Die spezifische Lebenssituation der jungen Erwachsenen in der Phase zwischen Schule, Berufsbildung
und Arbeitsaufnahme und der Vergleich zu nicht unterstützten Personen in vergleichbarer Lebenslage
verlangen eine sachlich differenzierte Anwendung der geltenden Unterstüzungsrichtlinien. Bildungsund Integrationsmassnahmen stehen bei dieser Gruppe im Fokus.
Junge Erwachsene sollen aber durch materielle Unterstützung nicht besser gestellt werden als nicht
unterstützte junge Leute mit niedrigem Einkommen.
Daraus eine Erhöhung der Altersgrenze abzuleiten ist nicht nachvollziehbar. Falls die Altersgrenze
trotzdem herauf gesetzt würde, sollte den jungen Personen aber spätestens ab 25 die volle IZU
ausgerichtet werden.
§ 2e 1
vgl. Kommentar zu §2d 1
Tabelle unverändert lassen: Minimalbeitrag bei 100.4
Keine IZU für Alleinerziehende mehr auszurichten, finden wir ungerechtfertigt.
§ 2f 1
Siehe Begründung zu §2d 2
§ 2g 1
Der zu Grunde liegenden Sachverhalt tritt ja laut Bericht selten auf, dann könnte man ihn auch
„symbolisch“ bei 850.- belassen. Das ist einfach eine unbegründete Sparmassnahme mehr.
§ 2h 1
Grundsätzlich sind wir mit gut begründeten Sanktionsmassnahmen wie von der SKOS vorgeschlagen,
einverstanden: „In schwerwiegenden Fällen kann der Grundbedarf bis 30 Prozent gekurzt
werden. Damit besteht neu eine Bandbreite fur Sanktionen von 5 bis 30 Prozent.“
Aber hier wird eine Erhöhung der Kürzung des Grundbedarfs um bis zu 50 % vorgeschlagen und kann
zusammen mit der Kürzung oder Streichung von situationsbedingten Leistungen und der IZU und
deren möglicher Kumulation dann in Einzelfällen dazu führen, dass das Existenzminimum nicht mehr
gewährleistet ist und wird de facto zu Nothilfe führen.
Diese mögliche Erhöhung der Kürzung ist eine ubertriebene Verschärfung der bereits angepassten
SKOS Richtlinien. Der in der Sozialhilfe verwendete Grundbedarf ist schon bescheiden; eine Kürzung
von 5- 30 % mit der gleichzeitigen Streichung der Zulagen und Leistungen ist wirksam genug.
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Bei der Begründung, die zur Streichung der aufschiebenden Wirkung bei einem allfälligen Rekurs
geführt haben, wurden nur die finanziellen Interessen der Gemeinden berücksichtigt.
§ 2k 2
Gerne erinnern wir Sie daran, dass es im Parlament nicht nur Stimmen gab, die die „Attraktivität“ der
Sozialhilfe für junge Erwachsene einschränken wollten. Junge Leute, die einer Ausbildung nachgehen,
haben diese meistens mit 25 beendet, also kann man hier nicht mit Gleichbehandlung begründen. Die
Missachtung der Altersgrenze in Einzelfällen für eine höhere Unterstützung ist willkürlich und könnte so
formuliert junge Erwachsene faktisch bis zum Pensionsalter betreffen.
Abschliessend ist festzuhalten, dass sich der Thurgau strengere Regeln geben will als von der SKOS
vorgeschlagen. Der Verdacht liegt deshalb nahe, dass hier ein weiteres Sparprogramm inszeniert
werden soll.
Wir distanzieren uns nochmals in aller Deutlichkeit von der Absicht des Regierungsrates, diese
verschärften Sanktionsmassnahmen gleich nochmals zu verschärfen. Insbesondere soll die
Altersgrenze nicht auf 30 Jahre angehoben und der Grundbedarf nicht um bis zu 50% gekürzt werden
können.
Vielen Dank für die Berücksichtigung unserer Einwände.
Für die Grüne Partei TG
Freundliche Grüsse
Gina Rüetschi Kantonsrätin GP
Marion Theler Kantonsrätin GP