Vorlage Titelblatt DIN A4 mit Siegel

TUTORIUM ZUR VOR GERÜ C KTENÜBUN G IM STRAFR ECHT
WINTERSEMESTER 2015/2016
DR. VICTORIA IBOLD
Einheit 7: Raub, räuberische Erpressung, u.ä. Teil II
Lösungsvorschlag
1. Tatkomplex: Die Geschehnisse in Renates Wohnung
TUTORIUM ZUR VOR GERÜ C K TENÜBUNG IM STRAFR ECHT
Strafbarkeit des T
WINTERSEMESTER 2015/ 2016
A. §§ 212 I, 211 I, II Gr. 1SEBASTIAN
Var. 3, WACHSMANN,
Gr. 3 Var.DR.1 VICTORIA I BOLD
T hat sich mit dem Schlag auf die Schläfe der R nicht gem. §§ 212 I, 211 I, II Gr. 1 Var. 3, Gr. 3
Var. 1 strafbar gemacht, da er nicht mit Tötungsvorsatz handelte.
Anmerkung Aufbau:
Wäre §§ 211 I, 212 I gegeben, würde es Sinn machen, zuerst die § § 249, 250, 251 durchzuprüfen,
da man sonst bei § 211 bei den Mordmerkmalen Habgier und Ermöglichungsabsicht den Raub
praktisch vorwegnehmen müsste. Man gewinnt Zeit, wenn man bei Prüfung der Mordmerkmale
auf die Ergebnisse der Raubprüfung zurückgreifen kann.
§ 251 wird übrigens nicht von §§ 211 I, 212 I verdrängt, sondern konkurriert ideal gem. § 52
(Klarstellungsfunktion, Angriff auf Vermögen, Raubsituation). § 251 ist also entsprechend ausführlich zu prüfen, auch wenn § 211 erfüllt ist.
Ausnahmsweise wurde hier mit einer späteren Tathandlung (zweiter Schlag) begonnen. Das ist
hier nur zu rechtfertigen, weil man den Mord schnell ablehnen konnte und ihn sonst sehr weit
hinten in der Klausur nach §§ 252, 251 prüfen müsste.
B. § 249 I
Dadurch, dass T die R mit einem Faustschlag überwältigte und das Bargeld in seiner Tasche verstaute, könnte sich T gem. § 249 I strafbar gemacht haben.
I.
Tatbestandsmäßigkeit
1. Objektiver Tatbestand
a. Wegnahme einer fremden beweglichen Sache
aa. Fremde bewegliche Sache (+)
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bb. Wegnahme
Wegnahme ist der Bruch fremden und die Begründung neuen , nicht notwendigerweise tätereigenen Gewahrsams. Gewahrsam ist die vom natürlichen Willen getragene Sachherrschaft, deren
Reichweite von der Verkehrsanschauung bestimmt w ird.
Ursprünglicher Gewahrsam der R
Zunächst könnte R Gewahrsamsinhaberin an den 1.000 EUR gewesen sein. Die 1.000 EUR befanden sich in ihrem Haus und damit in ihrem Machtbereich, so dass ihr nach der Ve rkehrsanschauung grundsätzlich der Gewahrsam, getragen von einem generellen Gewahrsamswillen, zuzuordnen ist.
(P) Gewahrsam der Bewusstlosen R:
Auch Bewusstlose können nach der Verkehrsanschauung einen natürlichen Herrschaftswillen aufweisen und damit Gewahrsam über eine Sache innehaben. Folglich hatte R auch noch nach dem
Niederschlagen und vor Ansichnehmen des Geldes durch T Gewahrsam am Geld inne.
Anmerkung:
Keinen Gewahrsam haben Tote; der Gewahrsam geht im Übrigen dann nicht automatisch auf den
Erben über, die Besitzfiktion des § 857 BGB gilt nicht für den Gewahrsam.
Neuer Gewahrsam
T begründet spätestens neuen Gewahrsam, als das Geld in seine Tasche steckte, sog. Gewahrsamsenklave.
Gewahrsamsbruch:
Ein Einverständnis seitens der R kommt aufgrund der Anwendung von vis absoluta offensichtlich
nicht in Frage. Auch einem bewusstlosen Menschen schreibt man einen Willen zu. T handelte
ohne den Willen der R, es liegt ein Bruch vor.
Sowohl nach dem äußeren Erscheinungsbild, Rspr., als auch nach der inneren Willensrichtung
des Opfers, h.L., lag eine Wegnahme und daher ein Raubgeschehen vor.
b. Nötigungsmittel (+) Personengewalt durch Faustschlag
c. Finalität (+)
Die Nötigungshandlung Faustschlag war aus Tätersicht das Mittel, die Wegnahme zu ermöglichen,
der erforderliche finale Konnex ist gegeben.
Es ist bedeutungslos, dass ursprünglich die Wegnahme einer anderen Sache, nämlich Schmuck,
beabsichtigt war, da hier ein genereller Wegnahmewille gegeben war bzw. die Ta tobjekte
Schmuck und Geld nicht wesentlich verschieden waren.
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2. Subjektiver Tatbestand
a. Vorsatz
(P) Vorsatzwechsel von Schmuck auf Bargeld nach Verkehrsanschauung bedeutungslos, Diebstahlvorsatz aufrechterhalten (+)
b. Zueignungsabsicht (+)
Zueignungsabsicht (+)
Objektive Rechtswidrigkeit der Zueignung und Vorsatz (+)
II.
III.
Rechtswidrigkeit (+)
Schuld (+)
Ergebnis: Strafbarkeit gem. § 249 I (+)
C. §§ 249, 250 I Nr. 1c, II Nr. 3a, 3b (-)
Der erste Schlag gegen R führte weder zur Gefahr einer schweren Gesundheitss chädigung iSd
§ 250 I Nr. 1c – es bestand nicht die Gefahr, dass R durch den Schlag erhebliche Beeinträchtigungen ihrer Gesundheit davon tragen würde – noch wurde die R körperlich schwer misshandelt
iSd § 250 II Nr. 3a – ihre körperliche Integrität wurde nicht mit erheblichen Folgen für die Gesundheit oder durch Zufügung erheblicher Schmerzen beeinträchtigt. Zuletzt hat T bei der R auch
keine Todesgefahr iSd § 250 II Nr. 3b herbeigeführt.
Ein schwerer Raub gem. §§ 249 I, 250 I Nr. 1c, II Nr. 3a, 3b scheidet aus.
D. §§ 249 I, 251
Aufbauhinweis:
Bei erfolgsqualifizierten Delikten wie z.B. §§ 226, 227, 251 ist es ratsam, Grunddelikt und Qualifikation getrennt zu prüfen. Der Fahrlässigkeitsteil/Leichtfertigkeitsteil des erfolgsqualifizierten
Delikts erfordert einen speziellen Aufbau. Das ist eine Fehlerquelle. Siehe hierzu bereits Einheit
Körperverletzungsdelikte / erfolgsqualifizierte Delikte , zu § 226.
T könnte sich durch dieselben Handlungen und dadurch, dass er R auf die Schläfe schlug gem.
§§ 249 I, 251 strafbar gemacht haben.
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I.
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Tatbestandsmäßigkeit
1. Grunddelikt § 249 I (+)
2. Schwere Folge des § 251: Tod der R (+)
3. Tod kausal durch Handlung herbeigeführt (+)
4. Objektive Zurechnung (+)
Rechtlich missbilligtes Risiko des Schlages hat sich im Erfolg realisiert . Die Todesfolge ist nicht
atypisch bei einem Schlag auf Schläfe.
5. Spezifischer Gefahrverwirklichungszusammenhang
Im tödlichen Erfolg muss sich gerade die tatbestandsspezifische Gefahr des Raubes niederschlagen, Gefahrenverwirklichungszusammenhang.
a. Tathandlung des Grunddelikts
Zu fordern ist gerade eine nötigungsbedingte Verursachung des Todes, nicht eine wegnahmebedingte 1.
Hier: Die Gewaltanwendung durch den zweiten Schlag führte zum Tod, Gewalt ist typisches Nötigungsmittel beim Raub. Auch wenn die Gew althandlung nicht mehr zur Duldung der Wegnahme
eingesetzt wurde, kann noch von einer raubtattypischen Gefahr gesprochen werden.
b. Zeitliche Komponente
Der Todeserfolg muss „durch den Raub“ eingetreten sein. Problematisch ist, dass der Raub im
Zeitpunkt des Schlages auf die Schläge bereits vollendet war – Gewahrsam wurde durch Einstecken des Geldes erlangt –, wenngleich er noch nicht beendet war, da der Gewahrsam des T noch
nicht gesichert war.
Ob Handlungen, die zwischen Vollendung des Raubes und dessen Be endigung die besondere
Folge des § 251 herbeiführen, den spezifischen Gefahrverwirklichungszusammenhang begründen
können, ist umstritten.
Anmerkung:
Strafbarkeit in der Beendigungsphase ist ein Standardproblem, das in abgewandelte Form häufiger vorkommt: Erfolgsqualifizierter Versuch (z.B. §§ 251, 22), Verwirklichung von Qualifikationen
(wie § 250), sukzessive Mittäterschaft und Beihilfe. Vgl. später Einheit Anschlussdelikte.
1
Also z.B. Raub lebenswichtiger Medikamente oder Kleidung bei Minustemperaturen.
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
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H.L. : Qualifikationen und damit auch die Verwirklichung der Erfolgsq ualifikation des § 251
sind im Beendigungszeitraum generell nicht möglich.
Hier: §§ 249, 251 ausgeschlossen, da der Raub bereits vollendet war.
Begründung der h.L.:
o
Tatbegriff: Beendigungszeitraum gehört nicht mehr zur Tat. Tat abgeschlossen mit Vollendung. Konflikt mit Bestimmtheitsgebot Art. 103 II GG.
o
„Durch den Raub“ bedeutet Nötigung zum Zweck der Wegnahme, nicht zur Beutesicherung. Wird die schwere Folge des Todes erst durch Gewalteinsatz nach der Vollendung
verursacht, realisiert sich nicht mehr die tatbestandsspezifische Gefährlichkeit des Raubes.
o
§ 252 wird unterlaufen, da dort die Konstellation der Gewaltanwendung nach Vollendung
der Tat explizit geregelt ist. Insbesondere wird das Merkmal der Besitzerhaltungsabsicht
umgangen, da die Gewaltanwendung gem. § 252 mit Besitzerhaltungssabsicht erfolgen
muss.
Anmerkung:
Beachte aber: Die neuere Rspr. fordert mittlerweile auch eine fortlaufende Zueignungs - und Besitzerhaltungsabsicht bei der Verwirklichung von Qualifikationen in der Beendigungsphase des
Raubes, s.u.
Die Argumentation im Bereich Strafbarkeit in der Beendigungsphase läuft i.d.R. nach demselben
Muster:
1. Allgemeines Argument: Tatbegriff
2. Deliktsspezifische Argumente: Hier Raub

Alte Rspr.: Beendigungslehre Der Tatbegriff erstreckt sich auch auf Beendigungszeitraum
und damit ist auch ein Gefahrenverwirklichungszusammenhang mit Handlungen in der Beendigungsphase möglich.
Hier (+), da Niederschlagen des Opfers im Tatzusammenhang mit der Beendigungsphase steht
und Gewaltanwendung raubtattypisch.
Begründung dieser Rspr.:
o
Weites Verständnis vom Begriff der Tat, Beendigung Teil der Tat.
o
Gefährlichkeit des Täters vor und nach Vollendung gleich groß. Risiko des Konflikts mit
Opfer ist raubttypisch

o
Strafbarkeitslücken bei § 252, da dort Besitzerhaltungsabsicht vorausgesetzt wird
o
Vollendungszeitpunkt oft schwer zu bestimmen
Neuere Rspr. (BGHSt 52, 376; 53, 234; 55, 79):
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Die alte Lehre wurde vom BGH hinsichtlich § 250 II stark eingeschr änkt 2. So soll eine Qualifikation im Beendigungszeitraum zwar grds. nach wie vor möglich sein, aber nur unter Voraussetzungen: Um die Wertung des § 252 nicht zu unterlaufen, ist die Qualifikation beim Raub
nur erfüllt, wenn die Nötigungshandlung des Täter s von Beutesicherungsabsicht getragen
wird, nicht aber wenn sie z. B. nur der Flucht ohne Beute dient.
Diese Rspr. zu § 250 sollte wohl auch auf die Qualifikation des § 251 übertragen werden 3.
Hier: Beutesicherungsabsicht liegt vor, wenn es dem Täter darauf ankommt, mit dem Nötigungsmittel gerade eine vorgestellte Gewahrsamsentziehung durch das Opfer zu verhindern.
T schlägt die R aus Panik nieder; an die Beute denkt er in dem Moment nicht. Daher geht es
ihm bei dem Schlag auch nicht darum, eine mögliche Gewahrsamsentziehung durch R zu verhindern. Eine Beutesicherungsabsicht liegt nicht vor. Nach der neuen Rspr. des BGH fehlt es
damit am spezifischen Gefahrverwirklichungszusammenhang.
Begründung der neuen Rspr.:

o
Schutzzweck von § 249
o
Annäherung an die Voraussetzungen von § 252, keine Umgehung
Stellungnahme:
Die alte Rechtsprechung ist abzulehnen, da sie – systematisch gesehen – zu Widersprüchen
mit § 252 und dem besonderen Erfordernis der Beutesicherungsabsicht führt; zudem orientiert
sich der Tatbegriff dieser Rechtsprechung nicht am Gesetzeswortlaut. Die h.L. überzeugt daher, die neue Rspr. kommt auf Grund des Erfordernisses der Beutesicherungsabsicht im Ergebnis – da hier nicht vorliegend – zum selben Ergebnis, so dass es diesbezüglich keines
besonderen Streitentscheides bedarf.
Der Gefahrenverwirklichungszusammenhang ist folglich hier zu verneinen.
Ergebnis: Strafbarkeit gem. §§ 249 I, 251 (-)
E. §§ 252, 251
T könnte sich durch dieselbe Handlungen gem. §§ 252, 2 51 strafbar gemacht haben.
Anmerkung:
2
BGHSt 52, 376 ff.; 53, 234 ff.; 55, 79 ff.
3
Der BGH hat diese Rechtsprechung hinsichtlich § 251 noch nicht bestätigt, sondern offen gelassen, BGH
NJW 2010, 1892 f.
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Hier wird bewusst gegen das oben bei §§ 249, 251 geschilderte Aufbauprinzip „Grunddelikt und
Erfolgsqualifikation nicht zusammen prüfen“ verstoßen.
Nach Erstellen der Lösungsskizze weiß man bereits, dass das Grundd elikt § 252 im subjektiven
Tatbestand scheitern wird. Also kommt man nicht mehr zur Qualifi kation § 251. Mit dem Zitat
„§§ 252, 251“ zeigt man aber dem Korrektor, dass man weiß, dass § 251 auch bei § 252 („Bestrafung gleich einem Räuber“) anwendbar ist und hier zu prüfen wäre. § 252 verweist auf die Strafbarkeit des Raubes, also auch auf die Qualifikationen. Man kann sich die §§ 250, 251 neben § 252
kommentieren.
I.
Tatbestandsmäßigkeit
1. Objektiver Tatbestand § 252
a. Vortat / auf frischer Tat betroffen
Der vollendete Raub ist eine taugliche Vortat, da der von § 252 geforderte vollendete Diebstahl
im Raubtatbestand voll enthalten ist.
Zudem wurde T von R alsbald nach der Vollendung der Tat am Tatort wahrgenommen und bemerkt, so dass T auf frischer Tat betroffen ist.
Hinweis:
Da der Tatbestand jedenfalls an der Besitzerhaltungsabsicht (wie oben geprüft) scheitert, ist es
vertretbar ist, den objektiven Tatbestand „kurz und knackig“ zu prüfen.
b. Qualifiziertes Nötigungsmittel
Personengewalt (+)
2. Subjektiver Tatbestand § 252
T handelte zwar vorsätzlich, jedoch ohne die erforderliche Besitzerhaltungsabsicht (s.o.).
Ergebnis: Strafbarkeit §§ 252, 251 (-)
F. § 244 I Nr. 3
T könnte sich dadurch, dass er die Wohnung der R betrat und dort das Bargeld in seiner Tasche
verstaute, gem. § 244 I Nr. 3 strafbar gemacht haben. Das Unrecht des Wohnungseinbruchsdiebstahls stellt angesichts der Verletzung der Privatsphäre zum Unrecht de s Raubes ein selbstständiges Unrecht dar.
Anmerkung:
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An sich verdrängt der vollendete Raub sämtliche Formen des Diebstahls. Der Diebstahl ist daher
normalerweise nicht zu prüfen. Eine Ausnahme stellt nach h.M. der Wohnungseinbruchdiebstahl
dar 4. Argument: Klarstellung hinsichtlich des Unrechts „Eindringen in die Privatsphäre“. Folgt
man der Gegenansicht (BGH), so lässt man § 244 I Nr. 3 weg und prüft gleich § 123.
I.
Tatbestandsmäßigkeit
1. Grunddelikt § 242 I (+)
2. Qualifikation § 244 I Nr. 3
a. Wohnung (+)
b. Eindringen
Ein bloßes widerrechtliches Betreten reicht nicht aus, um § 244 I Nr. 3 zu erfüllen. Diese Norm
setzt bestimmte Modalitäten der Tatbegehung voraus. Hier wurde jedoch kein falscher bzw. entwidmeter Schlüssel oder Einbruchswerkzeug verwendet. Auch sind keine Hinweise für die Tatvarianten gewaltsames „Einbrechen“ oder geschicktes „Einsteigen“ ersichtlich.
Ergebnis: Strafbarkeit § 244 I Nr. 3 (-)
G. § 123 I
In dem sich T Zutritt zu R´s Wohnung verschaffte, könnte er sich gem. § 123 I strafbar gemacht
haben.
I.
Objektiver Tatbestand
1. Wohnung (+)
2. Eindringen
Hier (+), Betreten ohne den Willen der R, d.h. ohne Erlaubnis. Eine besondere Begehungsform
wie bei § 244 I Nr. 3 ist nicht erforderlich.
4
Sch/Sch/Eser/Bosch § 244 Rn. 35, Wessels/Hillenkamp BT 2 Rn. 392. A.A. BGH NStZ-RR 2005, 202 f.
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II.
Subjektiver Tatbestand (+)
III.
Rechtswidrigkeit (+)
IV.
Schuld (+)
V.
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Strafverfolgungsvoraussetzung
Der erforderliche Strafantrag ist gestellt, § 123 II.
Ergebnis: Strafbarkeit gem. § 123 I (+)
H. §§ 223 I hinsichtlich des ersten und zweiten Schlags auf Schläfe (+)

Beide Schläge stellen eine üble, unangemessene Behandlung, mithin eine körperliche
Misshandlung, da; die Bewusstlosigkeit und die Kopfverletzung sind pathologische Zustände,
so dass auch eine Gesundheitsschädigung vorliegt.

T handelte vorsätzlich, rechtswidrig und schuldhaft.

T ist strafbar gem. § 223 I in zwei Fällen; der gem. § 230 I erforderliche Strafantrag ist gestellt.
I. § 227 I
I.
Tatbestandsmäßigkeit
1. Grunddelikt § 223 I (+)
2. Eintritt der schweren Folge (+)
3. Kausalität und Zurechnung (+)
4. Spezifischer Gefahrverwirklichungszusammenhang
Die spezifische Gefahr des Grunddelikts muss ich im Erfolg niedergeschlagen haben.
Kriterium streitig: Anknüpfung an Gefährlichkeit der Körperve rletzungshandlung oder Körperverletzungserfolg, Letalitätslehre.
Hier: nach beiden Ansichten Zusammenhang (+)
Anmerkung:
Es ist h.M., generell bei erfolgsqualifizierten Delikten an die Handlung und nicht an den Erfolg
des Grunddelikts anzuknüpfen. Siehe dazu im Detail Einheit zu erfolgsqualifizierten Delikten.
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5. Objektive Sorgfaltspflichtverletzung
Hier (+), Begehung der Grunddelikts § 223, Schlag
6. Objektive Vorhersehbarkeit, § 18
Hier: (+), Todeseintritt bei Schlag auf Schläfe ist ein nicht gänzlich untypischer Kausalverlauf.
II.
III.
Rechtswidrigkeit (+)
Schuld
Hier (+), insbesondere subjektiv sorgfaltspflichtwidrig und Erfolg auch subjektiv vorhersehbar.
Ergebnis: Strafbarkeit gem. § 227 I (+)
Anmerkung:
§ 224 I Nr. 5 müsste eigentlich auch geprüft werden. Man kann diese Qualifikation aber aus Zeitgründen hier weglassen, da § 227 I gegeben ist, und nach ganz h.M. § 227 den § 224 I Nr. 5
wegen Spezialität verdrängt.
J. §§ 221 I Nr. 1, II Nr. 2, III durch beide Schläge
I.
Tatbestandsmäßigkeit
1. Objektiver Tatbestand
a. Versetzen

Erster Schlag: R ist benommen, aber nur für eine nicht ausreichende Zeitspanne hilflos, sodass
man nicht von hilfloser Lage sprechen kann. Zudem bestand zu diesem Zeitpunkt noch keine
Todes- oder schwere Gesundheitsgefahr.

Zweiter Schlag: Restriktive Auslegung des Merkmals „Versetzens“: Ein Versetzen i.S.v. § 221
ist nicht gegeben, wenn die Versetzungshandlung selbst bereits die Lebensgefahr hervorruft
und nicht die daran anschließende hilflose Lage die Lebensgefahr begründet, stabile Zwischenlage.

Hier bereits durch Schlag auf die Schläfe Lebensgefahr, daher Aussetzen ( -).
§ 221 Problem: Der Zusammenhang von Tathandlung und konkreter Gefahr
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
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konkrete Gefahr = es hängt nur vom Zufall ab, ob Schaden (also Tod oder schwere Gesundheitsschädigung) eintritt oder nicht („gerade nochmal gut gegangen“)

„dadurch“ = Kausalität. „dadurch“ = Kausalität und Zurechnung bzw. Risikozusammenhang
zwischen hilfloser Lage und konkreter Gefahr (Zweiaktigkeit, d.h. der Erfolg im Sinne einer
konkreten Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung muss sich aus der
hilflosen Lage entwickeln)

hilflose Lage und konkrete Gefahr dürfen nicht zusammenfallen, die hilflose Lage muss also
eine selbständige Bedeutung erlangen („stabile Zwischenlage“)
Bsp.: § 221 I Nr. 1 (-), wenn T dem O so auf den Kopf schlägt, dass es zum Schädelbruch mit
konkreter Lebensgefahr kommt, weil sich diese dann nicht aus der hilflosen Lage entwickelt (auch
Konstellation im Fall)
Gegenbeispiel: § 221 I Nr. 1 (+), wenn O verletzt liegen bleibt und stark blutet und nun sich wegen
des Blutens kontinuierlich die Todesgefahr „verschärft“ – hier greift auch der Schutzzweck, nämlich dass jemand einer Gefahr hilflos ausgesetzt wird

aufgrund des einheitlichen Wortlauts gilt diese Auslegung auch für Nr. 2 (str.) – hilflose Lage
= individuelle Hilfsbedürftigkeit des Opfers, nicht schon konkrete Gefahr; erst durch Im -StichLassen wird Opfer konkreten Gefahren ausgesetzt bzw. werden dies e messbar erhöht.
Ergebnis: Strafbarkeit gem. §§ 221 I Nr. 1, II Nr. 2, III ( -)
K. § 239b
Durch den ersten Faustschlag hat sich T zwar gegenüber R ein physisches Herrschaftsverhältnis
aufgebaut, jedoch fehlt es an der im Zwei-Personen-Verhältnis zu fordernden stabilen Zwischenlage. Beim zweiten Faustschlag fehlt es an der Nötigungsabsicht.
Ergebnis/Konkurrenzen TK 1:

§ 249 I verdrängt §§ 242, 246, 240 als speziellere Norm.

Der Raub verdrängt den § 223 I hinsichtlich des ersten Faustschlags, da eine einfache
Körperverletzung als typisches Unrecht des Raubes konsumiert wird.
Anmerkung:
A.A. genauso gut vertretbar, da ein Faustschlag nicht mehr im Bagatellbereich des § 223 I liegt.
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
§ 222 durch den zweiten Schlag ist erfüllt, wird aber ebenso wie § 223 I von § 227 I verdrängt.

§ 123 I steht mit den Delikten, die nicht in direktem Zusammenhang mit der Ermöglichung des
Hausfriedensbruchs stehen wie §§ 249 I, 227 in Realkonkurrenz, § 53 5.

§ 249 I und § 227 wurden durch unterschiedli che Handlungen begangen, daher liegt
Tatmehrheit, § 53, vor.
T hat sich gem. §§ 249 I; 53; 227 I; 53; 123 I strafbar gemacht.
5
Sch/Sch/Lenckner/Sternberg-Lieben § 123 Rn. 36.
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2. Tatkomplex: In der Wohnung des Arnold
Strafbarkeit des T
A. § 223 I Schlagen des A (+)
Strafantrag gem. § 230 I (+)
B. § 123 I
Objektiver Tatbestand
I.
Alt 1. Eindringen
(-), wegen tatbestandsausschließendem Einverständnis des A, das gültig ist, auch wenn es durch
Täuschung erlangt wird
II.
Alt. 1 Eindringen durch Unterlassen
(-), nach h.M. zwar möglich. Bei Anwesenheit des Berechtigten aber Umgehung von Alt. 2
III.
Alt. 2 Verweilen trotz Aufforderung
(P) konkludente Aufforderung durch Auseinandersetzung und Widerstand.

H.M. schlüssiges Verhalten ausreichend 6, aber nur mutmaßlicher Wille genügt nicht.

Hier:
In
dubio
pro
reo
keine
schlüssige
Aufforderung
des
A;
unklar,
ob
A
die
Auseinandersetzung weiterführen wollte oder T der Wohnung verweisen wollte.
Anmerkung:
A.A. natürlich genauso gut vertretbar. Dann an das Antragserfordernis § 123 II denken.
Es ergeben sich darüber hinaus Konkurrenzprobleme hinsichtlich der nachfolgenden Straftaten.
§ 123 I = Dauerdelikt. Im Regelfall Realkonkurrenz § 53 anzunehmen.
Ergebnis: Strafbarkeit gem. § 123 I (-)
C. § 249 I
T könnte sich gem. § 249 I strafbar gemacht haben, indem er A schlug, sich auf ihn setzte, das
Bündel Geldscheine an sich nahm und in seine Hosentasche steckte.
6
LK/Lilie § 123 Rn. 64.
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I.
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Tatbestandsmäßigkeit
1. Objektiver Tatbestand
a. Wegnahme einer fremden beweglichen Sache
aa. fremde, bewegliche Sache
(+), Geldscheine
bb. Wegnahme (+)
T begründete gegen den Willen des A neuen Gewahrsam an den Geldscheinen.
Das Geschehen stellt sich sowohl von außen als auch nach der inneren Willensrichtung des Opfers
her eindeutig als Wegnahme und nicht als Weggabe dar.
b. Qualifiziertes Nötigungsmittel
Personengewalt = Körperliche Tätigkeit, die körperlichen Zwang ausübt, um geleisteten oder erwarteten Widerstand zu überwinden.

Schläge (+)

Setzen auf A: (+), wirkt auch körperlich auf A und soll Widerstand überwinden. Umfasst ist
auch das Sitzenbleiben, welches nur durch körperlichen Energieeinsatz des T möglich ist. Es
ist nicht ersichtlich, dass A bereits widerstandsunfähig war. Es handelt sich hier um e in Tun
und nicht ein Unterlassen.
c. Zweck-Mittel-Relation, Finalität
Das Nötigungsmittel müsste zum Zwecke der Wegnahme (Finalität) eingesetzt worden sein.

Die Schläge wurden nicht zur Ermöglichung der Wegnahme eingesetzt, Finalität ( -).

T setzte sich auf den A, um ihn ruhig zu stellen, nicht um die Wegnahme zu ermöglichen,
Finalität (-).
Fraglich ist, ob es für die finale Verknüpfung ausreicht, dass T einfach sitzen blieb.

Streitig sind Fallkonstellationen der fortdauernden Gewalteinwirkung, also wenn der Täter die
bereits
abgeschlossene Gewalteinwirkung lediglich zur Wegnahme ausnutzt bzw. es
pflichtwidrig unterlässt, eine Zwangslage des Opfers zu beenden 7.
7
Ausnutzen: Opfer ist bewusstlos oder erschöpft; h.M. Strafbarkeit mangels Finalität( -). Unterlassen: Opfer
wurde ohne Wegnahmevorsatz gefesselt oder eingesperrt; strittig. Pro: Garantenstellung aus Ingerenz,
zeitlich-räumlicher Zusammenhang. Kontra: Unter lassen passt nicht zur Finalität, Privilegierung des brutalen Täters, der sein Opfer bewusstlos schlägt.
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
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Unstreitig final wirkt dagegen die Gewaltanwendung, die der Täter ohne Wegnahmevorsatz
begonnen hat, dann aber mit Wegnahmevorsatz fortsetzt.
So verhält es sich hier, da das Sitzenbleiben wie oben gezeigt eine Anwendung von Gewalt
durch Tun darstellt und kein Unterlassen.
2. Subjektiver Tatbestand
a. Vorsatz
Hier (+), die Fehlvorstellung des T, dass die Sache erheblich wertvoller sei, ist ein unbeachtlicher
Irrtum.
b. Zueignungsabsicht (+)
Enteignungsvorsatz- und Aneignungsabsicht, sowie Vorsatz hinsichtlich der objektiven Rechtswidrigkeit (+)
II.
Rechtswidrigkeit und Schuld (+)
Ergebnis: Strafbarkeit gem. § 249 I (+)
D. §§ 249 I, 250 I Nr. 1a, Nr. 1c, II Nr. 1a, Nr. 3a, Nr. 3b
T könnte sich gem. §§ 249 I, 250 I Nr. 1a, Nr. 1c, II Nr. 1a, Nr. 3a, Nr. 3b strafbar gemacht haben,
indem er der F mit dem Baseballschläger auf den Kopf schlug.
I.
Tatbestandsmäßigkeit
1. Grunddelikt 249 I (+)
2. Qualifikationen des § 250
a. § 250 I Nr. 1a Alt. 2 gefährliches Werkzeug
Definition i.R.v. § 250 umstritten:
aa. Rspr.: objektiv-generelle Betrachtung
(+), da Baseballschläger im Raubgeschehen typischerweise zu Nötigungszwecken eingesetzt werden und waffenähnlich sind.
bb. h.M.: objektiv-situativ
(+), da Beisichführen in Situation nur zum Zweck als gefährliches Werkzeug erklärbar.
cc. A.A. subjektive Betrachtung
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(+), da Widmungsakt des Täters.
kein Streitentscheid, gefährliches Werkzeug (+).
dd. Beisichführen
T müsste den Baseballschläger bei sich geführt haben.
Der Täter führt das Werkzeug bei sich, wenn es ihm während des Tathergangs zur Verfügung
steht. Zur Verfügung steht es ihm, wenn es so in seine r räumlichen Nähe ist, räumliche Komponente, dass er sich seiner jederzeit, also ohne großen Zeitaufwand und ohne besondere Schwierigkeiten bedienen kann, zeitliche Komponente.
Problematisch ist, dass T den Baseballschläger nicht zum Tatort mitbrachte , sondern dort vorfand.
Eine einschränkende Auslegung des Wortlauts dahingehend, dass nur mitgebrachte Werkzeuge
erfasst sein sollen, ist angesichts des Telos der Norm nicht geboten: Die Qualifikation beruht auf
der abstrakten Gefährlichkeit von Tätern, denen gefährliche Werkzeuge zur Verfügung stehen.
Die abstrakte Gefährlichkeit ist bei aufgefundenen Waffen nicht geringer als bei mitgebrachten.
Anmerkung:
Die Probleme „gefährliches Werkzeug“ und „Beisichführen“ sind identisch wie bei § 244 I Nr. 1a.
Siehe hierzu Kasten Einheit 2.
(P) Verwirklichung der Qualifikation in der Beendigungsphase
Fraglich ist, ob T der Baseballschläger bei der Tat zur Verfügung stand, da der Raub mit dem
Einstecken bereits vollendet war. § 249 I war jedoch noch nicht beendet, da T noch nicht gesicherten Gewahrsam an der Beute hatte, also sich in der Beendigungsphase befand.

Es gilt für § 250 das im 3. TK zu § 251 Gesagte: Mit der h.M. sind keine Qualifikationen in der
Beendigungsphase möglich, die Beendigungsphase ist nicht mehr Teil der Tat ist.

Nach der neueren Rspr. sind Qualifikationen auch in der Beendigungsphase des Raubes
möglich, sofern der Täter mit Besitzerhaltungsabsicht (Def. s.o.) handelt (s.o.). Vorliegend
geht es A darum, auf keinen Fall wieder den Gewahrsam an dem eingesteckten Geld auch
gegenüber F zu verlieren. A handelt daher mit Besitzerhaltungsabsicht. Nach der neueren
Rspr. hat A beim Raub ein gefährliches Werkzeug bei sich geführt.

Streitentscheid pro h.M.:
o
Wortlaut, Begriff der Tat
o
Keine trennscharfe Abgrenzung zu § 252 möglich.
Daher sind hier insgesamt keine Qualifikationen gem. § 250 erfüllt.
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Anmerkung:
Käme das Problem hier zum ersten Mal in der Klausur, müsste es ausführlicher dargestellt werden.
Ergebnis: Strafbarkeit gem. §§ 249 I, 250 I, II (-)
E. §§ 252, 250 I Nr. 1a, Nr. 1c, II Nr. 1a, Nr. 3a, Nr. 3b
T könnte sich durch dieselbe Handlung gem. §§ 252, 250 I Nr. 1a, Nr. 1c, II Nr. 1a, Nr. 3a, Nr. 3b
strafbar gemacht haben.
I.
Tatbestandsmäßigkeit
1. Grunddelikt § 252
a. Objektiver Tatbestand
aa. Vortat
Vollendeter Diebstahl im Raub enthalten (+)
bb. Auf frischer Tat betroffen
Frische Tat
Auf frischer Tat meint einen besonderen Zeitraum innerhalb der Beendigungsphase, also der Beutesicherungsphase nach Vollendung: Besonders enger zeitlich -räumlicher Zusammenhang mit
dem Raub, Tatortnähe.
Hier (+), Raub zwar vollendet, aber T noch im Herrsc haftsbereich des A, Beute noch nicht gesichert.
Betroffen
Das Merkmal „Betroffensein“ wird unterschiedlich ausgelegt.

e.A.:„Betroffen“ = Ertappen, Bemerken, also Wahrnehmung durch das Raubopfer oder Dritte,
die zumindest nach der Vorstellung des Täters dazu bereit sind, ihm die Beute wieder zu
entziehen.  Betroffensein (-)

h.M.:„Betroffen“ = „zusammentreffen“, also Wahrnehmung nicht Voraussetzung, es reicht
räumlich-zeitliches Zusammentreffen von Täter und Opfer und eine entsprechende Annahme
des Täters. Präventivschlag des Täters damit erfasst.  Betroffensein (+)

Streitentscheid pro h.M.: Überzeugendes Argument: Besserstellung des Präventivschlags
nicht zu rechtfertigen. Andernfalls könnte ein Täter der Strafbarkeit gem. § 252 dadurch
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entgehen, dass er der Wahrnehmung durch andere Personen zuvorkommt, indem er diese
hinterrücks niederschlägt.
cc. Qualifiziertes Nötigungsmittel: Gewalt

auch Dritte können Nötigungsopfer sein, wenn der Täter davon ausgeht, dass Dritte seinen
Gewahrsam stören könnten.

Personengewalt gegen F (+), ein Nötigungserfolg ist nicht erforderlich.
b. Subjektiver Tatbestand § 252
aa. Vorsatz (+)
bb. Besitzerhaltungsabsicht
T hatte auch Besitzerhaltungsabsicht (s. bereits oben ).
2. Objektiver Tatbestand von § 250 I, II
a. § 250 I Nr. 1a Alt. 2 (+), s.o.
b. § 250 I Nr. 1c – Konkrete Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung
Gefahr = unbeherrschbar kritische Situation, Schadenseintritt hängt nur vom Zufall ab.
schwere Gesundheitsschädigung = jeder psychische oder physische Krankheitszustand, der die
Gesundheit des Betroffenen ernstlich, einschneidend und nachhaltig – insbesondere langwierig,
qualvoll oder lebensbedrohend – beeinträchtigt (Begriff der schweren Gesundheitsschädigung
beschränkt sich auf Erfolg iSd § 226 I und solche mit vergleichbarem Schweregrad).
Hier: Zwar Gewalteinwirkung im besonders gefährdeten Kopfbereich. Angesic hts der Verletzungen wie Prellungen und Platzwunden aber nicht bewiesen, dass ein erheblich schwererer Schaden
nur vom Zufall abhing.
Anmerkung:
A.A., die mehr von der konkreten Behandlung schwerer Schlag auf Kopf ) ausgeht als vom Erfolg,
ist vertretbar.
Zwischenergebnis: § 250 I Nr. 1c (-)
Anmerkung:
Man beachte, dass es sich bei § 250 I Nr. 1c um ein konkretes Gefährdungsdelikt handelt und
nach ganz h.M. nicht um ein erfolgsqualifiziertes Delikt. Also ist ein Gefährdungsvorsatz zu prüfen und nicht etwa ein Fahrlässigkeitsteil gem. § 18. Begründung: Entweder sieht man eine Gefahr
bereits nicht als Erfolg im technischen Sinne an oder zumindest nicht als besondere Folge i.S.v.
§ 18. Der Gesetzgeber hat oft für die fahrlässige Gefahr verursachung Regelungen wie § 315 III
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Nr. 1 geschaffen, was bei Anwendung von § 18 schlicht überflüssig wäre 8. Oder man fordert aus
sytematischen und teleologischen Erwägungen heraus einen Gefährdungsvorsatz 9
Trotzdem wird angesichts des Wortes „durch die Tat“ ein Gefahrverwirklichungszusammenhang
gefordert wie bei einem erfolgsqualifizierten Delikt.
c. § 250 II Nr. 1 Verwendung eines gefährlichen Werkzeugs (+)
d. § 250 II Nr. 3a
Schwere körperliche Misshandlung = erhebliche Folgen für die Gesundheit oder Zuf ügung massiver Schmerzen, die eine Gleichstellung in den Rechtsfolgen mit der Variante Lebensgefahr § 250
II Nr. 3b rechtfertigen.
Hier (-), der Grad der Gesundheitsschädigung ist hier nicht ausreichend, der SV macht keine
Angaben zu den Schmerzen.
Anmerkung:
A.A. ebenso gut vertretbar.
e. § 250 II Nr. 3b
(-), keine konkrete Lebensgefahr, da der Todeserfolg zwar möglich war aber nicht vom Zufall
abhing. Zumindest hatte T keinen Lebensgefährdungsvorsatz.
3. Subjektiver Tatbestand von § 250 I, II
Vorsatz bzgl. Beisichführen und Verwenden eines gefährlichen Werkzeugs (+)
Zwischenergebnis: Tatbestand § 250 I Nr. 1a, II Nr. 1 (+)
II.
Rechtswidrigkeit und Schuld (+)
Ergebnis: Strafbarkeit gem. §§ 252, 250 I Nr. 1a, II Nr. 1 (+)
F. §§ 252, 251, 22
T könnte sich durch dieselbe Handlung gem. §§ 252, 251, 22 zu Lasten der F strafbar gemacht
haben.
8
Sch/Sch/Eser/Bosch § 250 Rn. 24.
9
LK/Vogel § 250 Rn. 25.
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I.
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Vorprüfung
1. Nichtvollendung
Das Grunddelikt § 252 wurde vollendet, der qualifizierte Erfolg ist jedoch ausgeblieben, F lebt.
2. Versuchstrafbarkeit
Die Möglichkeit des Versuchs der Erfolgsqualifikation ergibt sich aus der Tatsache, dass erfolgsqualifizierte Delikte insgesamt als Vorsatztaten behandelt werden, § 11 II und der Versuch des
Grunddelikts § 252 strafbar ist, §§ 23 I Alt. 1, 12 I.
II.
Tatbestandsmäßigkeit
1. Tatentschluss
A müsste Tatentschluss gehabt haben, also Vorsatz bezüglich der Tötung der F. Es liegt aber nicht
einmal dolus eventualis hinsichtlich der Tötung der F vor. Man kann zwar von einem gefährlichen
Tun auf einen entsprechenden Tötungsvorsatz schließen, der Schlag war angesichts der vergleichsweise harmlosen Verletzungsfolgen jedoch nicht st ark genug, um zweifelsfrei auf einen
Tötungsvorsatz zu schließen. Auch die weiteren Umstände der Tat lassen einen solchen Schluss
nicht zu.
Aus dem gleichen Grund scheidet auch eine Strafbarkeit gem. §§ 212 I, 211 I, II 1. Gr. Var. 3, 2.
Gr. Var. 1, 3.Gr. Alt. 1 und Alt. 2, 22 aus.
Anmerkung:
§ 251 und § 211 können hier auch weggelassen werden. Es bietet sich aber die gute Gelegenheit,
Wissen zum Versuch der Erfolgsqualifikation und zur Beurteilung des Vorsatzes, wenn entsprechende Angaben fehlen, einzubauen. Die Hemmschwellentheorie wird nicht mehr vertreten bzw.
ist praktisch bedeutungslos.
Bei einem kräftigen Schlag über den Kopf mit einem Baseballschläger muss man sich hier jedenfalls nicht den Vorwurf „abwegig“ gefallen lassen, wenn man §§ 251, 22 anprüft.
Ergebnis: Strafbarkeit gem. §§ 252, 251, 22 (-)
G. §§ 223 I, 224 I Nr. 2, Nr. 3, Nr. 5
Durch dieselbe Handlung könnte sich T gem. §§ 223 I, 224 I Nr. 2, Nr. 3, Nr. 5 strafbar gemacht
haben.
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I.
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Tatbestandsmäßigkeit
1. Objektiver Tatbestand
a. Grunddelikt § 223 I (+)
b. Qualifikationen § 224 I
aa. § 224 I Nr. 2 Alt. 2 gefährliches Werkzeug
(+), Baseballschläger = gefährliches Werkzeug
bb. § 224 I Nr. 3 hinterlistiger Überfall
Überfall (+), plötzlicher Überfall auf einen Ahnungslosen
Hinterlist
Def.: Planvoll-verdeckende Vorgehensweise zur Einschränkung der Abwehrmöglichkeit.
Hier wirkt zwar der Täter nicht psychisch auf das Opfer ein, jedoch lauert der Täter dem nichts
ahnenden Opfer bewusst in einem Hinterhalt in dem geschützten Bereich der Wohnung auf, um
seine Angriffsabsichten zu verbergen und handelt damit hinterlistig 10.
Anmerkung:
A.A. genauso gut vertretbar, wenn man darauf abstellt, dass auf das Opfer eingewirkt werden
muss.
cc. § 224 I Nr. 5 lebensgefährdende Behandlung
Meinungsstreit abstrakte und konkrete Lebensgefahr:

konkrete Lebensgefahr hier (-), Erfolgseintritt hing nicht vom Zufall ab.

abstrakte Lebensgefahr hier (+), kräftiger Schlag mit stumpfem Gegenstand auf den Kopf
abstrakt-generell geeignet, den Tod herbeizuführen. Zwar könnte von den glimpflichen Folgen
auf einen entsprechend ungefährlichen Schlag geschlossen werden. Jedoch war der Schlag
kräftig und eine solche Gewalteinwirkung auf die besonders gefährdete Kopfgegend beinhaltet
abstrakt gesehen verschiedene Möglichkeite n, den Todeserfolg herbeizuführen. Eine abstrakte
Gefahr lag vor, während eine konkrete Gefahr i.S.d. § 250 I Nr. 1c zu verneinen war.

Streitentscheid:
Eine
systematische
Betrachtung
ergibt
folgendes:
Die
Forderung
einer
konkreten
Lebensgefahr würde den Qualifikationstatbestand § 224 I Nr. 5 zu stark an §§ 212 I, 22
annähern. Zudem würde sich der Unrechtsgehalt von Nr. 5 zu weit von den anderen Varianten
Nr. 1 bis 4 (abstrakte Gefährdungsdelikte) entfernen. Auch der Wortlaut legt keine konkrete
10
Vgl. auch Sch/Sch/Stree/Sternberg-Lieben § 224 Nr. 10
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Gefahr nahe, da er an die Lebensgefährlichkeit der Behandlung bzw. der konkrete Tathandlung
anknüpft und nicht an den Taterfolg.
Es genügt daher eine abstrakte Lebensgefahr.
§ 224 I Nr. 5 (+)
2. Subjektiver Tatbestand
a. Vorsatz Grunddelikt (+)
b. Qualifikationen
Vorsatz (+), insbesondere kannte T die Umstände hinsichtlich der Lebensgefährlichkeit § 224 I
Nr. 5.
II.
Rechtswidrigkeit und Schuld (+)
Ergebnis: Strafbarkeit gem. §§ 223 I, 224 I Nr. 2, Nr. 3, Nr. 5 (+)
H. §§ 226 I, 22
T hat sich durch dieselbe Handlung nicht gem. §§ 226 I, 22 strafbar gemacht, es fehlt insoweit
am Tatentschluss. Ein Eventualvorsatz hinsichtlich der Herbeiführung einer der schweren Folgen
des § 226 I ist nicht ersichtlich.
Anmerkung:
Am Ende der Klausur hat man kaum noch Zeit. Daher bietet sich ein Vorgehen im Urteilsstil an.
Dolus eventualis ist von §§ 226 I, 22, 18 erfasst und reicht auch aus. Die gesteigerte Vorsatzform
des § 226 II ist nicht Voraussetzung für den Versuch.
I. § 239 I durch Sitzen auf A
Hier: (-), da nicht ersichtlich, dass des Sitzenbleiben länger als ein „Vater unser“ angedauert hat.
J. § 239b (-) zu Lasten des A
Es fehlt hinsichtlich des Sichbemächtigens des A an einer stabilen Zwischenlage. Das Setzen auf
A fällt mit der Nötigungshandlung des Raubes zusammen. Die Nötigungsabsicht ist auch nicht
i.S.v. § 239b qualifiziert.
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K. § 239a (-) zu Lasten des A
Es fehlt ebenfalls am Sichbemächtigen. Zudem handelte T nicht in der Absicht, die Sorge des A
um sein Wohl auszunutzen.
L. § 221 I (-) zu Lasten der F
Es ist nicht ausreichend deutlich, dass sich F in einer hilflosen Lage befand. Zudem fehlt es auch
hier an einer stabilen Zwischenlage, aus der eine konkrete Gefahr der schweren Gesundheitsgefahr hätte erwachsen können.
Ergebnis/Konkurrenzen TK 2:

Die §§ 252, 250 I Nr. 1a, II Nr. 1 verdrängen § 249 I kraft Gesetzeskonkurrenz und Spezialität,
der § 249 I ist als Vortat im § 252 enthalten. § 252 ist durch § 250 qualifiziert, § 249 I nicht,
daher fällt § 249 I weg.

An diesem Ergebnis ändert auch die Tatsache nichts, dass sich zwei vollendete Nötigungen
vorliegen und sie sich jeweils gegen ein anderes Opfer richten. Die Verletzung des Eigentums
darf nur einmal Berücksichtigung finden.

Streitig ist, ob die in § 249 I enthaltene Nötigung gem. § 240 hier ebenfalls wegfällt. Aus
Klarstellungsgründen sollte sie im Urteilstenor aufgeführt werden. Allerdings liegt trotz
unterschiedlicher Handlungen Tateinheit vor, da der räuberische Diebstahl alle Taten
verklammert, die mit dem Raub und dem räuberischen Diebstahl zusammenhängen, also auch
die erste Nötigung.
Anmerkung:
Normalerweise ist es andersrum: § 249 verdrängt den § 252. Hier ist der § 252 über § 250 aber
qualifiziert und wiegt schwerer bzw. ist spezieller. Löst man den Fall nach der Ansicht der Rechtsprechung (also Schlag auf den Kopf der F noch Teil des Raubes), so wäre § 249 I auch über §
250 qualifiziert und würde §§ 252, 250 verdrängen.

§ 250 II Nr. 1 ist spezieller als § 250 I Nr. 1a.

§ 223 I, verwirklicht durch das Schlagen des A, steht zu §§ 252, 250 in Realkonkurrenz, § 53,
da es sich um ein sowohl vom Raub als auch vom räuberischen Diebstahl abgetrenntes
Geschehen handelt.

§§ 223 I, 224 I zu Lasten der F stehen zu §§ 252, 250 I in Tateinheit, § 52, da die gefährliche
Körperverletzung einen selbstständigen Unrechtsgehalt hat und in dieser Schwere nicht
typischerweise in § 252 enthalten ist.
T hat sich strafbar gemacht gem. §§ 223 I; 53; 240 I; 52; 252 I, 250 II; 52; 223 I, 224 I. Zum TK 1
steht diese Strafbarkeit in Tatmehrheit.
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Anregungen und Verbesserungsvorschläge bitte an: [email protected]
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