Denkexkurs 17 - Wilfried Grenz

Dr. phil. Wilfried Grenz
Denkexkurs 17
Mein Terminkalender ist übervoll, die Tage sind gefüllt mit Arbeit, energiegeladen absolviere
ich erfolgreich einen Job nach dem anderen - und doch will das Gefühl nicht weichen, auf der
Stelle zu treten. Die Angst kommt in mir auf, in einen burn-out zu geraten. Der Begriff entstammt der Situation: Jemand sitzt auf dem Motorrad, gibt Vollgas, so dass das Hinterrad in
Höchstgeschwindigkeit durchdreht. Aber die angezogene Vorderbremse verhindert ein Vorankommen. Allein der Hinterreifen brennt aus.
Der Umstand, der wie eine Fessel jede Weiterentwicklung hindert, kann treffend mit dem Satz
beschrieben werden:
Operationalisierte Hektik ersetzt geistige Funkstille.
Für den Ausstieg aus der kräftezehrenden, aber nicht voranbringenden Hektik, braucht es die
Erkenntnis, was für mich wirklich wichtig ist und die Energie, diese Ziele auch nachhaltig zu
operationalisieren.
Am Anfang jeder Weiterentwicklung steht allerdings deren klare Konzeption. Dafür braucht es
Ruhe. Das bedeutet, ich muss aus der Alltagshektik temporär aussteigen. Und auch den Mut
haben, meine augenblicklichen geistigen Lebens- und Arbeitsstrukturen auf ihre aktuelle
Unsinnigkeit und Sinnhaftigkeit hin zu überprüfen. Wenn an dieser Stelle sich zwar der
Wunsch nach Ruhe realisieren lässt und der Mut nach Reflexion bereits vorhanden ist, kann
trotzdem das Gefühl bleiben, im Sumpf der Alltagsarbeit zu versinken. Keinen Boden unter
den Füßen zu bekommen. Münchhausen zog sich allein an den Haaren aus dem Sumpf. Ich
werde wohl eine Unterstützung in Anspruch nehmen müssen. Wer untergeht, ruft eben um
Hilfe! Aber habe ich den Mut in einer Gesellschaft von jungen, energiegeladenen und scheinbar
erfolgreichen Kollegen mein Untergehen zu outen?
Ich werde mich für einen Weg entscheiden müssen:
Explosion nach außen, die mich leben lässt.
Implosion nach innen, die mich zerstört.
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