42 Management Fleckvieh 1/ 2016 Foto: Haubner Kaum ist frisch eingefüttert, versuchen die Kühe sich die besten Happen herauszusortieren, indem sie das Fütter hin und her schieben oder werfen. Ein Bild, das viele Landwirte kennen. Schluss mit dem Rumgewühle Das Controlling im Stall umfasst die ständige Optimierung der am Trog vorgelegten Rationen. Jede Kuh muss jederzeit das gleiche Futter fressen können. Immer mehr Betriebe arbeiten deshalb mit der Kompakt-TMR. E ine höchstmögliche Futteraufnahme ist das Ziel jedes Milchviehhalters. Das wird durch eine nährstoff- und energieangepasste, wiederkäuergerechte und homogene Ration erreicht, die unter idealen Bedingungen im Tagesverlauf die gleiche Zusammensetzung aufweist. Das entscheidet auch über das Fressverhalten und damit über Leistung und Stoffwechselgesundheit. Gleichzeitig muss dafür Sorge getragen werden, dass der Konkurrenzdruck am Trog gering gehalten, der ständige Zugang zu Futter und Wasser gesichert und der Kuhkomfort hoch gehalten wird. Ausreichende Licht- und Luftverhältnisse sowie eine einwandfreie Hygiene am Trog gehören hier selbstverständlich dazu. Hinweise für Futterselektion Oftmals spiegelt sich die gerechnete und gefütterte Ration nicht in der Leistung wider. Beim Gang über den Futtertisch müssen die Signale erkannt werden, die auf Einbußen in der Umsetzung hindeuten. Ein häufig anzutreffendes Phänomen ist die Futterselektion. Die Kühe versuchen, besonders schmackhafte Komponenten, wie etwa Kraftfutter, aus der Ration herauszusuchen. Einige Hinweise darauf: •Laktationsstart: Starten einige Kühe sehr hoch in der Milch während ande- re nicht in Leistung kommen? Gibt es Stoffwechselprobleme rund um die Geburt? Das könnte daran liegen, dass die trockenstehenden Kühe beim Fressen selektieren. Sie suchen sich die Konzentrate heraus und lassen das Stroh liegen. •Leistungsentwicklung: Leistungsschwankungen im Vergleich zum Vormonat oder innerhalb der Herde deuten auf Futterselektion hin; •Die Inhaltsstoffe in der Tankmilch variieren zwischen den Abholungen; •Gesundheit: Pansenübersäuerung (Azidose) durch verstärkte Kraftfutterselektion, gehäuft Mastitiden oder Klauenrehe treten auf; •Körperkondition: Manche Kühe verfetten stark, während andere abmagern; •Kotbild: Die Kotkonsistenz in der Herde schwankt zwischen dick und dünn, und das sogar im Tagesverlauf; •Pansenfüllung: Manche Kühe zeigen leere, manche volle Pansen; •Viel Stroh im Futterrest; •Fressverhalten: Wenn die größten Futtermengen unmittelbar nach der Futtervorlage aufgenommen werden, wenn Unruhe und viel Bewegung am Fressgitter zu erkennen sind, die Kühe ›Löcher‹ in die vorgelegte Ration fressen oder das Futter hin und her geschoben wird, deutet das ebenfalls auf Futterselektion hin. •Trockensteher: Wenn Schwergeburten auftreten und einige Kühe bereits vor dem Kalben Ketose zeigen (NEFA- und Ketonkörpergehalte), könnte das durch Selektion entstanden sein. Der Landwirt muss vermeiden, dass Kühe Futter selektieren können. Das gelingt dadurch, dass die Konzentrate so am Grundfutter haften, dass sie sich auch durch Wühlen, Hin- und Herschieben und Schütteln nicht davon lösen. Das Kraftfutter bindet sich stärker ans Grundfutter, wenn es vorher mit Wasser zu einem Brei vermischt wurde – die Idee der Kompakt-TMR. So funktioniert´s Über das Thema ›selektionsfreies Füttern‹ wurde kürzlich in Fachartikeln berichtet, zum Beispiel im Beitrag ›KompaktTMR‹ in der Fleckviehwelt 01/2015. Diese neu aufgelegte Art des Futtermischens umfasst das Einweichen des Kraftfutters mit Wasser über Nacht. Die Silagen werden am nächsten Morgen bei ausreichender Mischdauer hinzugefügt, während auf Stroh laut Verfasser verzichtet wird. Da viele Kraftfutterkomponenten die Einwirkzeit über Nacht nicht benötigen, hat sich seit einigen Jahren auf vielen Betrieben die vereinfachte Variante des selektionsfreien Mischens mit der Zugabe von Wasser kurz vor dem Mischen bewährt. Dabei wird mit allen ›festen‹ Komponenten (Kraft- und Mineralfutter, Viehsalz und Futterkalk) und Wasser ein homogener Brei zubereitet. Auf 1 kg Kraftfutter kommen etwa 1 l Wasser, je nach TS-Gehalt und Ration. Anschließend kommen die Silagen hinzu. Wenn nötig, können wirksame Granulate oder Säuren hinzugegeben werden, damit die Mischung stabil bleibt. Um eine bestmögliche Homogenität der TMR zu erreichen, sollten bei jedem Futterwechsel die Einstellungen der Mischzeit, die Reihenfolge der Befüllung, die Drehzahl und die Gegenschneiden der Mischtechnik angepasst werden. Scharfe Messer verkürzen dabei die Mischdauer. Erfolge der Kompakt-TMR Die Kompakt-TMR führt zu einer deutlichen Veränderung des Fressverhaltens. Das ›Rennen nach Kraftfutter‹ hört auf und Ruhe entsteht am Futtertisch, auch Management während der Futtervorlage. Verdrängungen von rangniedrigeren Kühen nehmen ab. Die längeren und gleichmäßig über den Tag verteilten Fresszeiten sind effektiver und führen zu einer höheren Futteraufnahme. Dadurch steigt die Milchleistung an. Die Kühe merken schnell, dass sie das Kraftfutter nicht mehr aus der Ration selektieren können, alles wird ruhiger, entspannter und gleichmäßiger. Die homogene Mischung erzeugt ein gleichmäßiges Kotbild in der Herde, weniger Azidosen treten auf und die Streuung in der Herde nimmt ab. Die tatsächliche Milchmenge nähert sich der berechneten Ration an. Durch die höhere Futteraufnahme wird mehr Rohfaser aufgenommen. Gegebenenfalls kann auf Stroh oder Heu verzichtet werden, da durch die höhere und gleichmäßigere Futteraufnahme auch mehr Faser aufgenommen wird. Eine Leistungssteigerung von 1 – 3 kg Milch pro Kuh und Tag sowie eine bessere Tiergesundheit wurden in vielen Betrieben ohne Änderung der Futterkomponenten beobachtet. Das Verfahren erfordert etwas mehr Zeitaufwand und Disziplin, es bringt nichts, wenn man es einige Tage macht und dann wieder nicht. Ein Fokus sollte auf die Trockensteher gelegt werden, sie kriegen häufig die KuhTMR verdünnt mit Stroh, das aber oft zu lang ist, ausselektiert wird und liegen bleibt. Die Folge: Die Trockensteher fressen eine ähnliche Ration wie die Laktierenden, sie verfetten, kriegen Ödeme und preschen zu stark in die Leistung. Welche Möglichkeiten hat der Betrieb, der nicht homogen mischen will oder kann? Kühe können durch Selektion deutlich mehr auswählen, wenn sie sich von einem Platz zum anderen bewegen. Durch Fixierung über einen längeren Zeitraum beim Futteranschieben kann dies verhindert werden. Eine weitere Möglichkeit bietet die mehrmalige Vorlage von frischen Teilmengen. Dabei soll erreicht werden, dass das Kraftfutter einer Teil- oder Voll-TMR, das für 24 Stunden berechnet wurde, nicht binnen 12 Stunden aussortiert wird.Die Kontrolle über die tatsächliche pansengerechte Aufnahme der Futtermittel am Trog hat der Landwirt selbst. Durch Selektion schaden Kühe ihrer eigenen Gesundheit und der Milchleistung. Kilian Linsenmeier, Fa. Schaumann So sieht es aus, wenn mit dem zu Beginn in den Mischwagen gegebenen Kraft- und Mineralfutter und Wasser ein Brei angerührt wird, der deutlich besser an den Silagen haftet als trockenes Kraftfutter. Bericht eines Praktikers Der Betrieb Stefan Wöllhaf aus Wolpertswende im Landkreis Ravensburg hält 120 Kühe mit einer Herdenleistung von 9500 Milch, 4,14 % Fett und 3,42 % Eiweiß. Gefüttert wird eine Teil-TMR über einen selbstfahrenden Lohn-Mischwagen mit Grassilage, Maissilage, Gerste, Rapsschrot und Körnermais. Ein MLF 22-4 gibt es am Melkroboter. Die Trockensteher und Kalbinnen erhalten Grassilage, Maissilage, Stroh und Rapsschrot. Seine Erfahrung mit der Kompakt-TMR: »Die Futterselektion am Trog war in Vergangenheit sichtbar. Der teilweise leicht klumpige Rapsschrot und die Gerste konnten trotz guter Voraussetzungen (Häckselsilage, Mischtechnik) 43 Foto: Linsenmeier Fleckvieh 1/ 2016 aus der Mischung selektiert werden. Durch das Mischen mit Wasser kleben sie nun an den Silagen. Dies führte zu einem deutlichen Anstieg in der Futteraufnahme. Innerhalb kürzester Zeit musste mehr Futter vorgelegt werden. Parallel dazu stieg die Leistung um gut 1 kg/Kuh und Tag an. Ebenso verringerte sich die Streuung in der Herde (Leistung, Kotbild). Ein ruhigeres Fressverhalten war und ist festzustellen. Ziel ist es, mehr Milch je gefressenen kg Trockensubstanz zu melken. Durch das Mischen mit Wasser wurden die Kosten je kg erzeugter Milch gesenkt und der richtige Schritt zur Steigerung der Effizienz getan.« Kilian Linsenmeier Anzeige
© Copyright 2024 ExpyDoc