Freitag, 7. August 2015 / Nr. 180 Obwalden/Nidwalden Neue Luzerner Zeitung Neue Zuger Zeitung Neue Nidwaldner Zeitung Neue Obwaldner Zeitung Neue Urner Zeitung 23 «Nidwaldner Deutsch ist reinste Poesie» NIDWALDEN Schönes «Stanser Deutsch» sei wie Musik, sagt Felix Stöckli. Mit seinen Geschichten will er helfen, zur Mundart Sorge zu tragen. Die Musik des Stanser Dialekts liege im Tonfall und in Doppellauten wie ui, ai und oi. Ein bisschen Ironie stehe ihm nicht schlecht an. Und dann folgt eine Liebeserklärung, wie man sie schöner nicht formulieren könnte: «I der Stanser Mundart uifwachse, das häissd Muisig i d Wiäge und uf d Zunge-n-ubercho, das häisst vo Muisig umgä und sälber volle Muisig sii.» ROMANO CUONZ [email protected] «Sirippili» oder «ärdige Wii»? «In Nidwalden ist es Brauch und Ordnung, dass der Lehrer in der Schule Hochdeutsch spricht», postuliert der Stanser Mundartautor Felix Stöckli (78). Doch im gleichen Atemzug fügt er mit einem schelmischen Lächeln hinzu: «Aber ich ha s Glick: ich bi Religionslehrer und darf ai i dr Schuel eso rede, wem r de Schnabel gwachse-n-isch.» Dass er als einer der wohl bedeutendsten «Gralshüter» des Stanser Dialekts überhaupt damit begann, Texte und Geschichten in Mundart zu schreiben, kommt einem kleinen Wunder gleich. «Als Knabe durfte ich nämlich zu Hau- O bw ald ä ! Der Stanser Mundart-Autor Felix Stöckli blättert in einem seiner Bücher. Bild Romano Cuonz Wie redsch dui? Nid wa u dä ! se gar nicht Nidwaldner Dialekt reden, ebenso wenig wie mein Vater, der in Stans Bahnhofvorstand war», gesteht Stöckli. «Meine Mutter mit deutscher Abstammung wünschte dies nicht, weil sie unsere Mundart grob und bäuerisch fand.» So hat denn der Stanser Bub Felix die Mundart weder als Mutter- noch als Vatersprache gelernt. Viel mehr bei seinen Schulkameraden und auf einem Bauernhof, wo er in der Freizeit gerne und viel mithalf. Auch später, als er im Churer Priesterseminar St. Luzi vier Jahre Theologie studierte, sprach er wohl eher noch Latein als Nidwaldner Dialekt. «Scharihiender» gackern in Mundart Seine Mundart habe er erst mit der Zeit entdeckt, erzählt der spätere Sekundarlehrer, Katechet und kirchliche Gemeindeleiter Felix Stöckli. «Als ich zusammen mit ein paar Kolleginnen und Kollegen das erfolgreiche Lokalkabarett Nidwaldner Einzigartigkeit! SPRACH-TAGEBUCH cuo. Jede Schweizer Mundart hat typische Eigenarten, an denen man sie erkennt. Die Nidwaldner Mundart besitzt gar Alleinstellungsmerkmale. Etwa die «Diminui-Tiifili», die Felix Stöckli in seinem Sprach-Tagebuch, zusammen mit anderen musikalischen Tönen, trefflich festhält. Ein Auszug daraus: Gaar niid – bitzili – nid eppis – echli grai – näiwis – gchruisled – echli mee – es Miniitli – tipfeled – schiär niid – uberhaipt niid – Tupfili – ggringled – Pinktli – nid gmietili – es Schutzili – schwerzlich – gchräiweled – e Tupf – es Wichili – epis – es Bräämi -uifghelled – gegged – Chnechili – pinkteled – echli weniger – Strichli – echli wiiss – gaar niid: Steckli, Du bringsch iis zur Verzwiiflig! ‹Scharihiender› gründete, schrieben wir vorerst noch hochdeutsche Nummern.» Davon aber seien sie «gleitig» abgekommen. «Wir spürten, wie Mundart aufs Publikum im ‹Chäslager› viel direkter wirkte», erinnert sich der frühere Kabarettist. Ihm sei klar geworden: «Die Stanser Mundart ist mein ureigenes Idiom und ein stimmiges Sprachrohr zu Zuhörern.» Ausgleich zum Beruf Auch habe er gespürt, wie das Schreiben von witzigen und bissigen Mundartgedichten und -geschichten ein vorzüglicher Ausgleich zu seinem eher ernsten kirchlichen Beruf war. «Auf der Kanzel konnte ich ja nicht Dampf ablassen!» schmunzelt Stöckli. Die Vorzüge des Stanser Dialekts aber – gerade auch fürs Kabarett – könne er nicht genug rühmen: Er rede gerne in Bildern, sagt er. Und: «Är isch nid schlächt im Stäiriäre, Stäi, wo nid sälte träffid, aber käini beesartige Biilä gänd. Är isch nid ruich, aber chreftig und nahrhafd wiäs täglich Brood.» Und der Mann, der in der Mundart bald alle Register zu ziehen verstand, wurde zum eigentlichen Dialektkenner: «Der mundartliche Einheitsbrei, der mehr und mehr um sich greift, lässt sich wohl kaum mehr verhindern.» F E L I X STÖ C K L I , M U N DA RT-AU TO R Natürlich gebe es Leute, denen Nidwaldner Deutsch zu urchig oder gar zu rau sei, sinniert Felix Stöckli. Und er urteilt: «Das sind äbe die Mäntsche, wo lieber es Siripili suifid as än ärdige Wii, wo lieber es Griespäpili ässid as ä rässe Bärgchäs.» Wer Mundart rede, dürfe Kerniges und Bodenständigkeit nicht scheuen. Er sei aber überzeugt: «Im Nidwaldner Deutsch gibt es keine Prosa, da ist alles Poesie.» Selbst in einer Geschichte müsse diese Sprache «tschederle wenes tifigs Bächli». Ja, für ihn sei seine Mundart wie Musik, und Musik habe er unglaublich gerne. Das spürt man, wenn man seine Erzählungen liest. Als der «Beobachter» 1984 einen Wettbewerb unter dem Titel «Ein Volk schreibt Geschichten» ausschrieb, reichte Stöckli die Mundarterzählung mit dem vielsagenden Titel «Wunderscheeni Dissonanze» ein. Unter lauter hochdeutschen Kurzgeschichten wurde diese Erzählung über ein altes verrunzeltes Weibchen, welches das Handwerk – oder Mundwerk – der Leichenbeterin aus dem Effeff verstand, für die hochkarätige Anthologie ausgewählt. Etwas nachdenklich wird der längst pensionierte Laientheologe, wenn man ihn auf die Zukunft der heimischen Mundart anspricht. Heute wisse jeder, dass man grosse Sorge dazu tragen müsse, dass in einer fluktuierenden Grossgemeinde wie Stans Mundart nicht «uisglootsched» und «verwässered» werde. Genau dies habe er mit seinen Versen, Liedern und Geschichten all die Jahre zu tun versucht. Aber Stöckli kennt sein Stans zu gut, als dass er nicht wüsste: «Der mundartliche Einheitsbrei, der mehr und mehr um sich greift, lässt sich wohl kaum mehr verhindern.» Umso grösser ist die Freude bei ihm und seiner Frau Margrit, wenn sie Schulkinder an ihrem Haus an der «NägiliGasse» vorbeigehen sehen und hören, wie diese durchaus noch «Tipfili und Strichili» setzen! HINWEIS In unserer Sommerserie «Wie redsch dui?» treffen wir verschiedene Leute aus Ob- und Nidwalden, die den Dialekt ihrer Gemeinde mit Stolz und Freude pflegen. Bereits erschienen: Heidy Gasser aus Lungern (15. 7.), Josef Hess aus Engelberg (25. 7.), Schüpferi-Meitli aus Buochs (29. 7.). Abonnenten finden die Beiträge auch unter www.nidwaldnerzeitung.ch/serien Auf der Seerose wird geschwungen und gesungen ALPNACHSTAD Seit gestern läuft das kunterbunte Programm auf der Seerose, die hier bis 23. August gastiert. mvr. Täglich kann man auf der Seerose bei der Allee neben der Schifflände in Alpnachstad Geschichten aus Koffern hören oder mit historischen Figuren der Tourismusgeschichte reden. Als lokaler Stoff erwähnenswert sind die Geschichten von Romano Cuonz um Hotelpionier Josef Durrer, gespielt von Guido Dillier, und die Erzählungen von Margrit Bischof über das Leben von Marie Blättler-von Wyl als letzter Winterwartin auf dem Pilatus. Zum wiederkehrenden Tagesprogramm gehören Gastfreundschaftskurse oder Hörspielstationen, etwa zur Käspredigt am Älplerfest Sachseln. Tagsüber sehen die Organisatoren die Seerose als Begegnungsort und lebendiges Museum. Ein Tagesbillett (bis 17.30 Uhr) oder Abendbillett (ab 18 Uhr) kostet je 15 Franken (Kinder/AHV 10). In den Abendstunden wird die Seerose zur Konzert- und Theaterbühne. Nachtschwärmer können sie nach den Vorstellungen ab etwa 22/23 Uhr bis Mitternacht gratis besuchen. Ein Auszug der Einzelanlässe (Abendveranstaltungen sind, wenn nicht anders vermerkt, immer um 20.15 Uhr), drei Anlässe sind bereits ausverkauft. " Freitag, 7. August: Singer-Songwriter Michael Werner, 11.30/12.30/13.30 Uhr, abends Akkordemotion-Uraufführung. " Samstag, 8. August: Center Orion, Rock, 11.30/12.30 Uhr (ab 15 Uhr keine historischen Figuren), abends gastiert der Stanser Sänger Ivo mit einem Programm mit Überraschungsgästen. " Sonntag, 9. August: Goodron (Rock), 12.30/13.30 Uhr, Jazz & Ballazeden Silk’n Piano, 15 Uhr, ab 19.30 Uhr Comedy mit Dominic Deville. " Montag, 10. August: Bis 12 Uhr keine historischen Figuren; ab 13 Uhr lädt der Kanton zur offenen Seerose ein, freier Eintritt, aber Zutrittsbeschränkung aus Kapazitätsgründen möglich. 16 Uhr Ländler-Volksmusik mit der 9er-Muisig Sarnen, abends «eine seekranke Talkshow» mit Beat Schlatter. " Dienstag, 11. August: Kleinformation Paarwiis (Volksmusik) um 12.30/15 Uhr, am Abend Round and Far and High (Urner Carte blanche), eine musikalische Reise über das Reisen. " Mittwoch, 12. August: Tagesspezialprogramm (ohne historische Figuren): 13.30 bis 16.30 Uhr Jungschwinger aus Alpnach zeigen, was zu diesem Sport Antworten rund um den boomenden Schwingsport gibts am Beispiel der Alpnacher Jungschwinger. Bild Corinne Glanzmann gehört, abends laden die Jodlergruppe Bärgröseli, Siidhang, die Alphorngruppe Edelweyss und andere zum Jodel- und Folkloreabend. " Donnerstag, 13. August: Alpiner Jazz mit Peter Schärli ab 20.15 Uhr. " Freitag, 14. August: Abends Carte blanche des Kantons Schwyz: «Mein lieber Schwan», Annäherung an die Schweizer Reise von König Ludwig II., 20.15 Uhr. " Samstag, 15. August: Abends Luzerner Carte blanche, musikalische Revue, Canaille du Jour und Les Maisonettes. " Sonntag, 16. August: Kinderkonzert mit Pigo auf dem Floss (11 Uhr), Guuggemusig Städerschränzer (13.30/ 15 Uhr), und um 19.30 Uhr verlässt das Leipziger Streichquartett das Lucerne Festival. " Montag, 17. August: «Seekranke Talkshow» mit Dominic Deville, abends. " Dienstag, 18. August: Am Abend Obwaldens Carte blanche: Musik-TanzSpektakel über Innerschweizer Bräuche und Sagengeschichten. " Mittwoch, 19. August: 14 Uhr Seerosen-Märchen der Alpnacher Autorin Marbeth Reif, Abendanlass mit Hanspeter Müller-Drossaart, ausverkauft. " Donnerstag, 20. August: Film «Härdöpfel im See» von Luke Gasser, ausverkauft. " Freitag, 21. August: Abends Nidwaldens Carte blanche, ausverkauft. " Samstag, 22. August: Rock ’n’ Roll und Rockabilly 11.30/13.30 Uhr, Marie Louise Werth im Duo mit Heinz Affolter, 15/16 Uhr, abends Theater Improphil. " Sonntag, 23. August: Ab 13.30 Uhr Verabschiedung der Seerose nach Uri. www... Gästival: Mehr Infos finden Sie unter gaestival.ch, das ganze Programm von Alpnach unter www.obwaldnerzeitung.ch/bonus
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