Herr Stadtverordnetenvorsteher, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren, bevor ich zum Haushalt 2012 komme, muss ich noch einmal kurz auf das eingehen, was uns hier in der letzten Sitzung von Seiten des CDU Fraktionsvorsitzenden aufgetischt wurde. Da stand der Kollege Jackel hier vorne und versuchte uns allen Ernstes zu erzählen, die positiven Entwicklungen im Nachtragshaushalt seien einzig und allein das Ergebnis der guten Zusammenarbeit der großen Koalition. Nur zum Verständnis: Der Nachtragshaushalt bildet die außer- oder überplanmäßigen Einnahmen und Ausgaben zum laufenden, beschlossenen Haushaltsplan ab. Also quasi die Veränderungen in einem Haushaltsplan, den die CDU-Fraktion mit allen Stimmen abgelehnt hat weil, ich zitiere Hans Jackel: die Nettoneuverschuldung von ca. 2 Mill. zu hoch sei, der Überschuss nicht durch Sparbemühungen entstanden, sondern der Tatsache geschuldet sei, dass sich die Gewerbesteuereinnahmen positiv entwickelt hätten, die Personalkosten im interkommunalen Vergleich zu hoch seien und die Ausgaben für Sach- und Dienstleistungen in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen seien. Die Kosten bei diversen Bauvorhaben nicht eingehalten worden seien und überhaupt kein Ansatz zum Schuldenabbau zu erkennen sei. In der letzten Sitzung, wollte er uns dann glauben machen, dass die Mehreinnahmen bei der Gewerbesteuer von 1,3 Millionen, die erhöhten Schlüsselzuweisungen und die Erhöhung bei den außerordentlichen Erträgen, einzig der guten Arbeit der großen Koalition zu verdanken seien – und das in gerade mal, wenn man die Sommerpause abzieht, vier Monaten. Hut ab! Das nenn ich doch mal effektive politische Arbeit. Auf die höheren Ausgaben bei Personalkosten und den Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen ist er dann mal lieber gar nicht eingegangen, weil er dann – wäre er bei seiner Argumentationslinie vom letzten Jahr geblieben, den Nachtragshaushalt hätte ablehnen müssen. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, so ein Haushaltsplan ist nun mal – wie der Kollege Enenkel in der letzten Sitzung schon richtig bemerkt hat – leider nur teilweise durch politische Entscheidungen vor Ort zu beeinflussen. Leider allzu Vieles, was sich in unserem Haushalt widerspiegelt, ist auf politische Entscheidungen auf Landes- und Bundesebene zurückzuführen. Entscheidungen, die die finanziellen Spielräume der Kommunen immer weiter schrumpfen lassen. Solange wir keine echte Gemeindefinanzreform haben, können wir nur schauen, wie wir aus dem uns verbleibenden kläglichen Rest, das Beste machen. Und so haben wir auch im Haushaltsplan 2012 wieder eine Neuverschuldung von knapp drei Millionen Euro für Investitionen und wir haben auch in 2012 eine Steigerung bei den Personalkosten von 4,025 Prozent – die Ergebnisse der anstehenden Tarifverhandlungen noch nicht mit eingerechnet. Wundersamerweise findet der Kollege Jackel das heute völlig in Ordnung – wir als Opposition aber auch. Warum? Weil wir sehen, dass die geplanten Investitionen, zum größten Teil Investitionen in die Zukunftsfähigkeit unserer Stadt sind: 700.000 Euro für die Erweiterung der Kita Konrad-Adenauer-Straße, um die Betreuung der unter Dreijährigen sicherzustellen – damit verbunden natürlich auch höhere Personalkosten. Insgesamt 730.000 Euro für die weitere Sanierung – insbesondere auch die energetische Sanierung - von Bürgerhäusern und Hallen und weiteres Geld für Maßnahmen wie Breitbandversorgung, Hochwasserund Katastrophenschutz, Straßensanierung etc. ich will jetzt hier nicht alles im Einzelnen aufzählen. Kritisch und mit einigem Kopfschütteln betrachten wir allerdings die eingestellten 300.000 Euro für die Klimatisierung des Rathauses, die jetzt als Folge der vorgeschriebenen Brandschutzsanierung – die ja auch schon eine schlappe dreiviertel Million verschluckt hat – notwendig geworden ist. Wo dieser Brandschutz-Wahnsinn vermutlich noch enden wird, hat Jörg Weirich vom Tageblatt ja in einer Kolumne kürzlich sehr schön dargestellt. Bei der weiteren Erschließung und Planung des Baugebietes Alsbach – die mit 360.000 Euro zu Buche schlägt – werden wir sehr genau hinsehen und sehen dringenden Informationsbedarf : zum einen was die Frage der Entwässerung angeht zum anderen, ob hier auch das neue Gesetz zur Förderung des Klimaschutzes bei der Entwicklung von Städten und Gemeinden – vom Juli 2011 – zur Anwendung gebracht wird. Und wo ich gerade beim kritisieren bin komme ich zu einem ganz wichtigen Aspekt, auf den wir Grüne eigentlich jedes Jahr erneut hinweisen, an dessen Umsetzung es allerdings nach wie vor hapert: Der Aspekt der nachhaltigen Stadtentwicklung auch in diesem Haushalt können wir keine Ansätze zur Vernetzung ökologischer, sozialer und ökonomischer Ansprüche erkennen, die sind aber zur Entwicklung des Nachhaltigkeitsprozesses dringend erforderlich. Wir als Kommune spielen die entscheidende Rolle, die unterschiedlichen Ansprüche der Bürgerinnen und Bürger, in den einzelnen Aufgabenfeldern kommunaler Daseinsvorsorge, zu koordinieren und miteinander in Einklang zu bringen. Dazu bedarf es einer integrierten und integrierenden Stadtentwicklungsplanung die zum Ziel hat, die kommunale Infrastruktur in allen Aufgabenbereichen kommunaler Daseinsvorsorge nachhaltig zu verbessern. Was wir brauchen, ist eine ganzheitliche – und nicht nur eine fachlich sektorale - Betrachtung unserer Investitionen und unserer Entscheidungen für die Zukunft. Städtebauliche Entwicklung, Bodennutzung, Energieversorgung, Verkehr, Umwelt und alle sozialen Aspekte müssen gemeinsam betrachtet und entwickelt werden. Dabei sind alle Verantwortungsebenen und Verwaltungsbereiche mit einzubeziehen und auch der Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger kommt eine immer größere Bedeutung zu. Nur so können wir den sozialen Zusammenhalt in unserer Stadt stärken und die natürlichen Lebensgrundlagen schützen. Vielleicht schaffen wir es ja in 2012 endlich ein Leitbild für nachhaltige Stadtentwicklung auf die Beine zu stellen. Noch eine letzte kritische Anmerkung sei mir gestattet: Im Juni diesen Jahres wurde von diesem Gremium der Antrag der Grünen mit der Zielsetzung, bis zum Jahr 2030, alle vor Ort verbrauchte Energie, zu 100% lokal aus erneuerbaren Quellen zu gewinnen, in den Ausschuss für Bauen, Umwelt, Energie und Verkehr überwiesen. Hier sollten Details erarbeitet werden. Nicht nur zur möglichen Nutzung von Wind-, Solar- und Biomasse-Energie, sondern auch zu dem breiten Feld der Energieeinsparmöglichkeiten. Was ist bisher passiert? Nichts. Und dass, obwohl wir in diesem Ausschuss im Oktober eine Sitzung mit einem einzigen Tagesordnungspunkt hatten. Da wäre durchaus die Gelegenheit gewesen, das Thema zu behandeln. Und man hätte zudem noch einen Beitrag zum Sparen geleistet. Vielleicht weiß die Ausschussvorsitzende ja nicht so recht, wie sie das Thema anpacken soll – liebe Judith, frag uns, wir können und wollen dir da gerne helfen. Wenn wir allerdings in diesem Tempo weitermachen, werden uns alle Kommunen rundum – mit Außnahme vielleicht von Dillenburg – sehr schnell überholen. Da genügt der tägliche Blick in die Zeitung, um staunend zu sehen, was da so alles passiert. Wir bedanken uns an dieser Stelle bei der Verwaltung und insbesondere dem Kämmerer und seinen Mitarbeitern für die gute Arbeit, die durch Einführung der Kennzahlen deutliche Tendenzen hin zu einem wirkungsorientierten Haushalt zeigt. Und wir möchten hier die Gelegenheit nutzen, uns für die Arbeit der ehrenamtlich Tätigen in unserer Stadt zu bedanken, denn ein Gemeinwesen funktioniert nur insoweit, wie wir alle uns füreinander einsetzen. Dem Haushalt werden wir – auch wenn wir Opposition und damit frei sind – zustimmen. Denn, ich zitiere: „Freiheit und Verantwortung gehören zusammen. Nur wer frei ist und immer auch anders agieren könnte, kann verantwortlich handeln.“ Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit
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