Teil 1: Kostenstruktur und Personalkostenquote in gynäkologischen Praxen Christoph Gasten Auf die Höhe der Personalkosten stößt jeder Arzt, wenn er sich mit den Zahlen seiner Praxis beschäftigt. Denn erfahrungsgemäß bilden die Personalkosten mit den Raummieten den größten Kostenblock. Umso wichtiger ist es, diese Kosten zu überprüfen und zu überlegen, ob sie angemessen sind. Ziel dieses Beitrags ist es, die Personalkosten genauer zu analysieren und Transparenz zu schaffen. Der Beitrag wird in FRAUENARZT 7/2015 fortgesetzt und Wege aufzeigen, um Missstände in der Personalkostenstruktur zu beheben. Ein reines „Zur-Kenntnis-Nehmen“ der Kosten reicht für eine wirtschaftliche Praxisführung nicht aus. Es ist vielmehr notwendig, sich vor allem mit den Personalkosten detailliert auseinanderzusetzen und sie gegebenenfalls zu optimieren. Das bedeutet nicht zwangsläufig Personalabbau, eine Optimierung kann aus vielen einzelnen Schritten bestehen. Kosten (z. B. Materialkosten, Verwaltungskosten, Abschreibungen etc.), die aber vergleichsweise nur einen kleineren Teil ausmachen (s. Tab. 1). Umso wichtiger ist es, die Raumkosten und vor allem die Personalkosten gezielt zu analysieren. Denn eine Einsparung hier kann absolut betrachtet die größten Einsparungen beim Gewinn bewirken. Kostenstruktur in gynäkologischen Praxen Die Personalkostenquote ermittelt sich wie folgt: Summe aller Personalkosten / Summe aller Einnahmen. Auch wenn jede gynäkologische Praxis von anderen zu unterscheiden ist, sind die Praxen im deutschlandweiten Durchschnitt durchaus vergleichbar, wenn es um ihre Kostenstrukturen geht. Die sogenannten „Kostenquoten“ stellen hierbei ein Verhältnis zwischen dem Umsatz und den Kosten in der Praxis her. Durch diese „Umrechnung“ der absoluten Zahlen in Prozentsätze lassen sich Praxen gut vergleichen und auf Effektivität überprüfen. Auch wenn eine Praxis absolut betrachtet mehr Umsatz als eine vergleichbare macht, kann eine Kostenquote in Prozenten ausgedrückt die beiden Praxen mitein ander vergleichen. Zu den Kostenpositionen in gynäkologischen Praxen zählen neben den beiden größten Blöcken Personalkosten und Raumkosten die sonstigen Beispiel: Eine gynäkologische Ein zelpraxis hat einen Umsatz von 200.000 Euro. Die Personalkosten betragen 60.000 Euro. Das heißt, die Personalkostenquote liegt bei (60.000 / 200.000 = 0,3) 30 %. Aber Achtung: Die Personalkosten bestehen immer aus allen Kosten für das Personal. Hierzu gehören nicht nur die (Brutto-)Gehälter, sondern auch die Arbeitgeber-Anteile an den Sozialversicherungsbeiträgen. Diese betragen im Regelfall etwa 20 % des Bruttogehalts. Außerdem werden in die Berechnung häufig auch die sogenannten „freiwilligen sozialen Leistungen“ einbezogen, also zum Beispiel die Kosten für Weihnachtsfeiern oder die Zurverfügungstellung von Getränken für die Mitarbeiter (s. Tab. 2). Kennzahl Personalkostenquote PRAXIS + ÖKONOMIE Die Personalkosten Ihrer Praxis – richtig analysiert Diese Personalkostenquote macht es möglich, die eigene Praxis mit anderen Praxen zu vergleichen, sofern diese in etwa den gleichen Umsatz machen. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn die Umsätze deutlich voneinander abweichen. So können Praxen mit großen Umsätzen (z. B. Typische Kostenstruktur einer gynäkologischen Einzelpraxis KV-Einnahmen PV-Einnahmen Gesamteinnahmen 60 % 40 % 100 % Personalkosten Raumkosten Praxismaterial Beiträge/Versicherungen Kfz-Kosten Leasingkosten Zinsen Abschreibungen sonstige Kosten Gesamtkosten 23 % 8 % 5 % 3 % 1 % 1 % 2 % 4 % 8 % 55 % Gewinn 45 % Hinweis: Bei den %-Angaben handelt es sich um Näherungswerte, die nicht auf einer statistischen Auswertung beruhen. Tab. 1: Die Auflistung der Kosten einer gynäkologischen Praxis zeigt, dass die Personalkosten den größten Kostenblock bilden. FRAUENARZT 56 (2015) Nr. 6 545 PRAXIS + ÖKONOMIE über 500.000 Euro) auf Grund ihrer Größe häufig effizienter arbeiten, weil viele Leistungen gleichartig erbracht werden und damit schneller erledigt werden können. Im Idealfall vergleicht man also Praxen mit ungefähr gleichem Umsatz miteinander. Für den Vergleich der Kostenstrukturen kann man auf unterschiedliche Quellen zurückgreifen. Es gilt: Je größer die Datenbasis der Quelle, desto besser ist die Vergleichbarkeit. Ein Vergleich zwischen drei Praxen ist weniger aussagekräftig als ein Vergleich zwischen 100 Praxen, da bei einer größeren Datenbasis so genannte „Ausreißer“ von sehr erfolgreichen oder sanierungsbedürftigen Praxen weniger Einfluss nehmen können. Es gibt unterschiedliche Datenquellen mit unterschiedlichster Qualität, auf die man zurückgreifen kann. Spezialisierte Steuerberater haben häufig bereits aus der eigenen Mandantschaft einen großen Erfahrungsschatz, mit dem sie die Kostenquoten beurteilen und auf einen Blick erkennen können, ob eine Praxis wirtschaftlich erfolgreich ist oder nicht. Zusätzlich sind sie vielleicht an externe Datenbanken und/oder Berufskollegen angeschlossen, mit deren Hilfe sie die Quoten auf „gute oder schlechte“ Zahlen analysieren und die Datenbasis so verbreitern können. Als ungefähre Faustregel gilt: In einer durchschnittlichen gynäkologischen Einzelpraxis mit einem Umsatz von unter 500.000 Euro sollte die Personalkostenquote etwa zwischen 20 und 25 % liegen. Wenn die Quote unter 20 % liegt, ist die Praxis sehr gut aufgestellt, bei einer Quote von mehr als 25 % sollten die Ursachen hierfür gefunden werden. Was bedeutet eine Personalkostenquote konkret? Wichtig ist, sich hierbei die Tragweite der Quoten bewusst zu machen. Dies möge folgendes Beispiel verdeutlichen: 546 FRAUENARZT 56 (2015) Nr. 6 Beispiel Umsatz Personalkostenquote Praxis 1 Praxis 2 500.000 500.000 20 % 25 % Beide Praxen haben also eine „normale“ Personalkostenquote. In absoluten Zahlen ausgedrückt, zahlt Praxis 1 aber 100.000 Euro und Praxis 2 125.000 Euro an Personalkosten. Das heißt, die Personalkosten in Praxis 2 sind 25 % höher als in Praxis 1 (und nicht nur 5 %, wie man beim Vergleich der Prozentwerte meinen könnte). Hinter vergleichsweise geringen Abweichungen in den Kostenquoten können sich große Abweichungen in absoluten Beträgen verbergen, denn die Kostenquote bezieht sich immer auf den Umsatz als Vergleichsgröße. Schafft es Praxis 2 also, die Personalkosten auf das Niveau von Praxis 1 zu senken, könnte der Gewinn der Praxis um 25.000 Euro steigen. Hinweis: Bei der Überlegung, Personalkosten zu senken, muss selbstver- ständlich auch beachtet werden, dass der Umsatz weiter erbracht werden muss. Sollte das verbliebene Personal den Umsatz der Praxis nicht mehr erzielen können, wäre der Abbau fatal. Die Gründe für eine im Vergleich zu anderen Praxen höhere Personalkostenquote können vielfältig sein und müssen sich nicht zwangsläufig negativ auswirken. Häufig kommt man zu dem Ergebnis, dass in Einzelfällen die Quote zwar höher als der Durchschnitt ist, was sich aber durch die Besonderheiten der Praxis erklären lässt. In diesen Fällen könnte man die Quote nicht verbessern. Dennoch hilft es, diese zu analysieren und Transparenz zu erhalten. Gründe für eine hohe Personalkostenquote Folgende Gründe sind für eine im Vergleich hohe Personalkostenquote möglich: −−Der Anteil der GKV-Patienten ist hoch. Da diese bei vergleichbarem Arbeitsaufwand weniger Umsatz als PKV-Patienten erbringen, verschlechtert sich die Personalkostenquote. Personalkosten für den Arbeitgeber am Beispiel einer MFA in Euro Bruttoarbeitslohn 100,000 % 2.000,00 € AG-Zuschuss Krankenversicherung 7,300 % 146,00 € AG-Zuschuss Rentenversicherung 9,350 % 187,00 € AG-Anteil Arbeitslosenversicherung 1,500 % 30,00 € AG-Anteil Pflegeversicherung 1,175 % 23,50 € Berufsgenossenschaft 1,500 % 30,00 € (geschätzt; variiert) Umlage 1+2 2,000 % 40,00 € (variiert je nach Tarif) Gesamt 122,825 % 2.456,50 € Tab. 2: Zu den Personalkosten können noch freiwillige soziale Leistungen hinzukommen, die der Praxisinhaber zahlt. Hierzu gehören z. B. Weihnachtsfeiern, Betriebsausflüge, Geburtstagsgeschenke oder Getränke für die Mitarbeiter etc. Diese Leistungen sind ebenfalls in den Personalkosten des Arbeitgebers zu berücksichtigen. Kostenquote negativ aus, da sie auch hohe Kosten produzieren. Dennoch kann die Anstellung häufig wirtschaftlich sinnvoll sein, da der Praxisinhaber so mehr Umsatz und damit letztlich mehr Gewinn realisieren kann. −−Die Praxis bietet hochspezialisierte Leistungen zur Erlangung eines großen Leistungsspektrums an. Diese hochqualifizierten Leistungen benötigen häufig einen höheren Personalaufwand, können aber dennoch dazu dienen, die Praxis insgesamt für Patienten attraktiv zu machen. Neben diesen Möglichkeiten gibt es noch viele andere, die für eine hohe Personalkostenquote ausschlaggebend sein können. Wichtig ist es daher, jede Praxis im Einzelfall zu betrachten. Fazit Eine hohe Personalkostenquote allein ist nicht zwangsläufig negativ. Kommt man zu dem Ergebnis, dass die Praxisabläufe effizient sind und das Personal gut arbeitet, kann diese Quote auch durch Faktoren bedingt sein, die man nicht beeinflussen kann. Dennoch ist es wichtig, im Rahmen der Effizienz die Personalkostenquote kritisch zu überprüfen. Denn ineffektives Personal kostet den Praxisinhaber schnell viel seiner kostbaren Arbeitszeit und seines Geldes. Teil 2 des Beitrags unter dem Titel „Optimierung der Personalkosten“ erscheint im FRAUENARZT 7/2015. Autor Christoph Gasten, LL.M. Steuerberater, Dipl.-Finanzwirt (FH) Partner der Kanzlei Laufenberg, Michels und Partner mbB Robert-Perthel-Str. 81 50739 Köln [email protected] PRAXIS + ÖKONOMIE −−Die Mitarbeiter werden übertariflich bezahlt. Auch dies ist ein möglicher Grund für eine hohe Personalkostenquote, was aber nicht zwangsläufig negativ sein muss. Qualifiziertes und kompetentes Personal kostet selbstverständlich mehr als geringer qualifiziertes Personal. Dennoch kann die Entscheidung, durch übertarifliche Bezahlung qualifiziertere Kräfte einzustellen, eine wirtschaftliche und richtige Entscheidung sein. −−Das Personal arbeitet ineffektiv. Lange Leerzeiten und ineffektive Arbeitsabläufe führen dazu, dass mehr Personal eingestellt werden muss. −−Es werden mehrere Praxisstand orte betrieben, die automatisch mehr Personal erfordern, zum Beispiel durch eine komplexere Terminkoordination oder durch das doppelte Vorhalten von speziell ausgebildeten Kräften. −−Die Praxis hat einen oder mehrere angestellte Ärzte. Diese erwirtschaften zwar selbst Umsatz, wirken sich aber dennoch auf die Hinweise für Autoren Allgemeines Der FRAUENARZT publiziert Originalarbeiten, Berichte, Kommentare, Buchbesprechungen und Leserbriefe. Die übersandten Manuskripte dürfen in der Regel weder publiziert noch gleichzeitig bei einer anderen Zeitschrift zur Veröffentlichung eingereicht worden sein. Die Annahme eingesandter Manuskripte bleibt den Herausgebern vorbehalten. Es werden nur druckreife Manuskripte angenommen. Eine redaktionelle Bearbeitung behält sich die Redaktion vor. 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