Therapie der radiogen induzierten urogenitalen Nebenwirkungen

Therapie der radiogen induzierten
urogenitalen Nebenwirkungen
Frank Zimmermann
Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie
Universitätsspital Basel
Petersgraben 4
CH – 4031 Basel
[email protected]
Nebenwirkungen
Uterus
Akut: Nicht beschrieben
Chronisch: Blutungen, Hämo-/Pyometra,
Ulzerationen, Nekrosen, Stenosen, Schmerzen
Signifikante Erhöhung von Totgeburten
Reduktion des Uterusvolumens nach
Strahlentherapie im Kindesalter
Prophylaxe und Therapie der
Nebenwirkungen am Uterus
Empfehlungsgrad
A
Die Therapie der klinischen Nebenwirkungen erfolgt symptomatisch. Sie
beinhaltet lokale Maßnahmen sowie antibiotische und analgetische
Therapie bei Infektionen, blutstillende und substituierende Maßnahmen
C
(Eisentherapie, Transfusionen) bei starken Blutungen und eventuell
chirurgische Interventionen (Debridement bei Nekrosen, Hysterektomie).
Es gibt Hinweise, daß die Kombination aus Pentoxifyllin und Tocopherol
(unter Hormonsubstitution) manifeste Spätfolgen der Bestrahlung
reduzieren kann.
Nebenwirkungen
Vagina
Akut: Mukositis
Chronisch: Schleimhautatrophie, Trockenheit,
Blutungsneigungen, Verklebungen,
Vaginalverkürzung, Stenosierung,
Dyspareunie, Fisteln, Ulzerationen, Nekrosen
Prophylaxe der Nebenwirkungen an der
Vagina
Empfehlungsgrad
C
B
A
Topische Applikation von α-tocopherol und orale hydrolytische
Enzyme (Wobe-Mugos®) gegen die akute Entzündungsreaktion.
Lokal appliziertes Östrogen unmittelbar nach RT: gegen atrophische
Schleimhautveränderungen, Vaginalverengung und Dyspareunie.
Die Stenosierung der Vagina kann durch regelmäßige, frühzeitige,
Dilatation unmittelbar nach akuter Reizung. Verordnung eines
individuellen Vaginalstents. Dilatator-Gebrauch mehr als 3x /
Woche.
Therapie der Nebenwirkungen an der
Vagina
Empfehlungsgrad
B
Spülungen mit Benzydamin und lokale Östrogenapplikation bei der
Behandlung
der
akuten
radiogenen
Vaginitis
gegen
die
Schleimhautatrophie.
C
In Einzelfällen eine regelmäßige digitale Dilatation mit einer
Östrogen-Creme
bei
seit
Jahren
bestehender
kompletter
Vaginalokklusion, ggf. topisch Mitomycin.
B
Bei anhaltenden vaginalen Ulcera bzw. Nekrosen kann die
hyperbare Sauerstofftherapie in Betracht gezogen werden. Bei
Versagen der konservativen Maßnahmen operative Prozeduren zur
Behandlung der vaginalen Stenose.
Chronische Nebenwirkungen
Perkutane primäre Strahlentherapie
Harnwege (Algurie, Pollakisurie, Inkontinenz):
RTOG° III 1 - 6 %
RTOG° II 7 – 19 %
Kupelian et al, 2007
Vora et al. 2007
Zimmermann et al. 2008 Elliott and Malaeb 2011
Cahlon et al. 2008
Persönliche Empfehlung
Akut:
1. Balsalazid (NSAID)
2. Chlorpromazin (entzündungshemmend)
3. Natrium-Butyrat-Einläufe (80 mmol/L in 80 ml
Wasser, 2x tgl.; Schleimhautregeneration)
Persönliche Empfehlung
Chronisch: Interdisziplinär
1. Lokale Gefäßveränderungen: Endoskopische Therapie
2. Flächige Veränderungen
- Essentielle Fettsäuren (täglich 2 x 40 ml 40 mmol/l)
- Einläufe mit Sucralfat (2 x 2g in 20 ml Wasser
supp./Tag) oder Sodium pentosanpolysulfat oder
Metronidazol mit Kortison
- Je nach Erfahrung: 4 %-iges Formaldehyd, 10%-iges
Silbernitrat, Dibunol 1-10 %
- Endoskopische Therapie
Persönliche Empfehlung
Chronisch: Interdisziplinär
Beim Versagen:
- hyperbare Sauerstofftherapie (HBO)
- prophylaktischer Anus praeter
- Rektumresektion
Stenosen:
- Dilatation
- protektive Kolostomie
- Rektumresektion
Zusammenfassung
• Es existiert keine gesichert wirksame prophylaktische
verträgliche medikamentöse Therapie
• Im Vordergrund stehen bei chronischen Proktitiden
symptomatische Therapien
• Protokoll individuell auswählen (Aggressivität)
• Die Therapie der chronischen radiogenen
Organeffekte ist eine interdisziplinäre Aufgabe
• Vor invasiven Verfahren sollten alle konservativen
Therapieversuche ausgeschöpft werden