Kommentar vom 31. August 2015 Volatilität – Wie viel Würze vertragen Sie? «Wenn Du redest, dann muss deine Rede besser sein, als dein Schweigen es gewesen wäre.» Griechenland-Saga. China-Krise. „Black Monday“. Dieser Sommer wird nicht nur wegen der hohen Temperaturen in Erinnerung bleiben. Das Börsen-Auf und -Ab hat manchem Anleger zusätzlich den Schweiss aus den Poren getrieben. Dazu kommen noch die unangenehmen Nachwirkungen, wie bei einem scharfen asiatischen Essen, wenn man diese Kost nicht gewohnt ist. Vor sechs Monaten habe ich meinen letzten Kommentar zu den Aktienmärkten, Währungen und Zinsen veröffentlicht. Es ist Zeit zurückzublicken und gleichzeitig zu überlegen, was jetzt zu tun ist. Wer sich ans Börsensprichwort „Sell in May and go away...“ gehalten hat, verbrachte einen bedeutend ruhigeren Sommer, als alle die investiert geblieben sind. Aber lohnt sich der Ausstieg jetzt noch? Wenn Sie solide Dividenden-zahlende Aktien besitzen, nein. Augen zu und durch. Einzig überlegenswert ist der Ausstieg in den USA wegen der Gefahr der baldigen Leitzinserhöhung, wenn sich die Konjunkturzahlen dort weiterhin so robust präsentieren. Wie Sie sicher bemerkt haben, ist das Sprichwort unvollständig zitiert. Der zweite Teil heisst: „...and remember to be back in September.“ Obwohl die Existenz dieses sog. Wintereffekts (überdurchschnittliche Renditen in den Wintermonaten) immer wieder nachgewiesen1 wurde, trifft er nicht jedes Jahr zu. Bevor ich mich aber zu einem September-Einstieg in den Aktienmarkt äussere, ein kurzer Rückblick. Der Schweizer Hauptaktienindex hat in den vergangenen sechs Monaten in einer Bandbreite von rund 6 % geschwankt – ausgenommen die kürzlichen Bewegungen. Der Stand des Indexes liegt wieder ungefähr auf dem Niveau am Tag der Veröffentlichung meines Kommentars vom 16. Februar 2015. Anders hat sich das von mir empfohlene Auslandsportefeuille verhalten. Es liegt zurzeit bei minus 15 % mit dem schwachen Trost, dass wenigstens keine Fremdwährungsrisiken drin sind. Mit je 6 Prozentpunkten Verlust waren der Euro-Raum und China die grossen Verlustbringer. Bei den CHF-Anleihen sind wir exakt beim Stand von Mitte Februar. Der Index für Schweizer Staatsanleihen hatte ebenfalls eine Schwankungsbreite von rund 6 % - eigentlich verrückt für eine in der Vergangenheit als stabile Anlageklasse gesehene Anlage. Bleiben noch die Hypothekarzinsen. Nachdem die 10-jährigen im Sommer bis auf 2.25 % angestiegen sind, sank dieser Preis zwischenzeitlich beinahe wieder auf dem Stand von vor sechs Monaten. 1 http://www.nzz.ch/finanzen/strukturierte-‐produkte/sell-‐in-‐may-‐-‐-‐-‐1.18534813 Seite 1 Kommentar vom 31. August 2015: Volatilität – Wie viel Würze vertragen Sie? www.consiliumhafner.ch Die Sätze der einzelnen Anbieter liegen aber immer noch bis zu einem halben Prozentpunkt auseinander. Zum Thema Hypotheken muss ich meine Meinung und Empfehlungen nicht revidieren. Schon vor zwei Jahren2 schrieb ich, dass wer über Budgetreserven verfügt noch nicht von Libor- auf Festhypotheken umsteigen muss. Wir werden in der Schweiz keinen anhaltenden Zinsanstieg sehen, solange die Eurozinsen sich nicht bewegen. Und das wird auch bei einer Leitzinserhöhung der amerikanischen Notenbank Fed nicht passieren. Dazu müsste unbedingt ein stärkeres Wachstum in Europa einsetzen. Zudem verharrte die Teuerung im Juli auf 0,2 %. Da kann die EZB noch so mit ihrem Anleihe-Kaufprogramm drohen, um die angestrebten 2 % Inflation zu erzwingen3, ich glaube nicht an eine schnelle Veränderung. Zu den Währungen habe ich mich anfangs Jahr dezidiert geäussert. Die NZZ hat mit ihrem Artikel „Dem Fluch des starken Frankens entgehen“ am 10. August 2015 in die gleiche Kerbe geschlagen: „In Zeiten eines sehr starken Frankens sollten Anleger bei Investitionen in Aktien- oder Obligationen-ETF stets das Währungsrisiko im Auge behalten, sonst drohen böse Überraschungen.“ Schweizer Anleger schlafen bedeutend ruhiger und sind von der Aktien-Performance am Jahresende viel weniger überrascht, wenn sie nur in währungsgesicherte, börsengehandelte Fonds, sog. ETF investieren. Womit wir zum Schlüsselthema kommen. Aktien. Der Anlagenotstand hält an. Die Rückkehr in Obligationen muss weiterhin aufgeschoben werden. Die Coupons der Kurzläufer geben nichts her und die der Langläufer entschädigen nicht für das Risiko eines allfälligen Buchverlustes bei steigenden Zinsen. Wer aber deswegen zusätzlich in den Aktienmarkt investiert, der muss wissen, dass momentan scharf angerichtet wird. Deshalb rate ich meinen Kunden aktuell noch keine neuen Aktienengagements einzugehen bis eine Stabilisierung der Märkte feststellbar ist. Das kann noch mehrere Wochen dauern, in denen es rauf und runter geht. Das Vermeiden des Einstiegs in einen volatilen Markt ist aber nicht der einzige Grund, noch die Finger von weiteren Aktien zu lassen. Alle Anlageberater sollten sich stets vor Augen halten, dass es für Privatanleger wichtiger ist, Verluste zu vermeiden als zuvorderst dabei sein zu wollen, wenn die Börse haussiert. Die Glücksforschung hat nämlich schon lange festgestellt, dass 1 Fr. Gewinn nicht im gleichen Masse glücklich macht wie 1 Fr. Verlust schmerzt. Jetzt gilt nur noch zu hoffen, dass meine Rede besser gewesen sein wird, als mein weiter andauerndes Schweigen gewesen wäre. 2 3 Immobilien -‐ Keine Panik vor der Angst, Kommentar vom 5. Juli 2013 http://www.handelsblatt.com/politik/konjunktur/ezb-‐chefvolkswirt-‐inflationsziel-‐in-‐gefahr/12236584.html Seite 2 Kommentar vom 31. August 2015: Volatilität – Wie viel Würze vertragen Sie? www.consiliumhafner.ch
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