Rede von Herrn Bürgermeister Kessler zum Haushalt 2016 in der Ratssitzung am 17.12.2015 Sehr geehrter Herr Vorsitzender, werte Ratsmitglieder, meine Damen und Herren, angesichts der Tatsache, dass der Haushalt in allen Ausschusssitzungen detailliert vorgetragen und beleuchtet wurde, werde ich mich in der Einbringung auf allgemeine Bemerkungen beschränken. Ich möchte an dieser Stelle aber nicht versäumen, mich bei allen Mitgliedern der Ortsräte und Fachausschüsse für die sehr sachlichen Beratungen zu bedanken. Der Haushaltsentwurf der Verwaltung wurde in den Ausschüssen von einer ganz breiten Mehrheit mitgetragen und im Gegensatz zu vorigem Jahr habe ich auch keinen bedeutsamen Dissens erkennen können. Die Stadt Peine hat nun schon zum sechsten Mal einen nicht ausgeglichenen Haushalt – das ist alles andere als befriedigend und darf gerade auch von einem scheidenden Bürgermeister nicht bemäntelt oder beschönigt werden. Seite 1 Es muss aber gestattet sein, dass ich auf folgende Punkte hinweise, die auch für den Nachfolger/Nachfolgerin Bedeutung haben: Wir haben kein Ausgabeproblem, sondern im Wesentlichen ein Einnahmeproblem – zu Beginn meiner Amtszeit regnete es Golddukaten vom Himmel der Gewerbesteuer – ich verrate kein Geheimnis, dass dies mit der damals glänzenden Situation bei P & S zu tun hatte und wahrlich nicht mein Verdienst war – aber es war in der Folge Geld da. Diese Situation bei P & S änderte sich wie jeder weiß und plötzlich machte der Konzern keine Gewinne mehr und die Stadt Peine stand im Regen, wofür sie nichts konnte – genauso wenig wie derzeit die Städte von VW-Standorten, die durch einen Dieselskandal bei VW dem Vernehmen nach plötzlich auf einen dreistelligen Millionenbetrag an Einnahmen verzichten müssen. Zudem: dass die eben von mir gegebene Einschätzung zum Einnahmeproblem nicht nur auf einer subjektiven Bewertung meinerseits fußt, wurde in diesem Jahr durch das Landesamt für Statistik mit objektivem Zahlenmaterial untermauert: der Stadt wird eine weit unterdurchschnittliche Steuereinnahmekraft bescheinigt. Seite 2 Die Gründe mögen vielschichtig sein, ändern aber nichts am Ergebnis. Die Verpflichtungen einer Stadt sind da, ob sie Geld hat oder nicht. Eine Stadt kann ihre Einnahmemöglichkeiten nur bedingt selbst steuern – sie ist auch auf von außen kommende Finanzströme angewiesen, die sie nicht beeinflussen kann – das sind neben der erwähnten Gewerbesteuer z.B. die Schlüsselzuweisungen oder die Gemeindeanteile an der Einkommensteuer. Die Stadt hat zwar auch eigene Möglichkeiten der Einnahmeverbesserungen, aber sie kann nicht im Falle mangelnder sonstiger Erträge beliebig an der Stellschraube der Steuern und Gebühren drehen, denn diese haben sich u. a. an Vergleichsgrößen anderer Kommunen zu orientieren und setzen letztlich auch politische Mehrheiten des Rates voraus. Das bedeutet: auch in finanziell schlechten Zeiten müssen wir investieren, speziell wenn es um Bereiche wie dem der Bildung geht, die in der Politik unumstritten sind. Die Investitionen in die Bildung sind Investitionen in die Zukunft und deshalb wollen wir moderne Grundschulen, in denen ein zeitgemäßes Konzept, nämlich die Ganztagsschule, praktiziert werden kann. Software Seite 3 braucht Hardware. Die Stadt hat ihre Hausaufgaben gemacht: rd. 16 Mio. € fließen oder sind bereits in drei Grundschulstandorte geflossen. Die im Haushalt vorgesehenen Kreditermächtigungen klingen gewaltig für unsere Verhältnisse, sie sind aber notwendig, um die bereits erwähnten Investitionen in kommunale Infrastruktur in den nächsten Jahren bewerkstelligen zu können. Dass dabei die Inanspruchnahme einer Ermächtigung wohlüberlegt und immer unter Berücksichtigung aktueller Entwicklungen erfolgt, ist für mich selbstverständlich. Lassen Sie mich dies an einem Beispiel verdeutlichen: obwohl die Stadt zz. aus Liquiditätsgründen die im Haushalt 2015 eingestellten Ermächtigungen bisher nicht hätte zwingend in Anspruch nehmen müssen, haben wir aufgrund von zinsgünstig durch die KfW angebotenen Darlehen für den Flüchtlingswohnbau diese abgerufen, um den hierdurch erzielten finanziellen Spielraum für die anderen vor uns liegenden schwergewichtigen Projekte – ich spreche von unseren Schulen – nutzen zu können. Unsere Liquidität wird noch eine ganze Weile im Jahr 2016 reichen – trotz hoher Investitionen. Seite 4 Noch eins ist mir wichtig:„Wir können nicht nur Flüchtlinge“ – diese Botschaft ist mir wichtig als Signal an die Bevölkerung, will sagen, dass wir Investitionen und Pläne, die wir uns vorgenommen haben, wegen der Flüchtlinge nicht verschieben - diesbezüglich werden in diesem Haushalt keine Abstriche gemacht. Wir bleiben im Übrigen trotz dieser enormen Zusatzbelastung auch handlungsfähig: durch die Bildung der Stabsstelle können sich die anderen Abteilungen im Haus auf ihre Kernaufgaben konzentrieren – lediglich die Abteilung Architektur ist mehrfach belastet: durch Schulund Flüchtlingsbauten, da mag es kleine Verzögerungen im sonstigen Bereich geben. „Wir können mehr als Flüchtlinge“ – das trifft auch auf die Wirtschaftsförderung zu, die bei Unternehmen – auch überregional – einen sehr guten Ruf genießt. Dies vor allem dadurch, dass sie die Zügel des Handelns im Haus fest in der Hand hält – das bewerbende Unternehmen hat einen Ansprechpartner – der sich intern mit den planenden und genehmigenden Einheiten des Hochbauamtes kurz schließt. Somit kann extrem schnell auf potenzielle Interessenten reagiert werden, ohne dabei jedoch den „roten Faden“ Seite 5 einer äußerst wirtschaftsfördernden kommunalen Ansiedlungspolitik zu verlieren. Neben der günstigen Lage ist das unser Hauptvorteil. Das hat sich herumgesprochen und wir sind oft im Rennen wenn es um interessante Projekte geht. Mit den Erfolgen der Wirtschaftsförderung, sprich mit dem Verkauf von Gewerbegebiet, das der Stadt gehört, haben wir uns in den letzten Jahren finanziell gut über Wasser gehalten. Da die Stadt zu Beginn meiner Amtszeit ständig kritisiert wurde, dass wir viel zu viel „totes Kapital“ hätten, haben wir daraus „lebendiges“ Kapital gemacht. Ich erwähne dies auch deshalb, weil mit den großen Ansiedlungen neben den neuen Arbeitsplätzen der Grundstein für zukünftige städtische Einnahmen gelegt wird, die wir auf möglichst vielen Schultern verteilt sehen wollen. Wichtig aber ist mir, dass die Stadt Peine keine infrastrukturellen Defizite hat – andere Kommunen müssen diese Tatsache ausblenden und überpinseln. Denn machen wir uns nichts vor – der Bürger kann zwar den Schuldenstand erkennen, aber er weiß nichts über den infrastrukturellen Zustand und der lässt sich leicht verschleiern. Wahrscheinlich liegt darin die größte Manipuliermasse – ich höre das immer wieder nach Fusionen, weil der eigentliche Zustand vorher nie analysiert wurde. Seite 6 Ich freue mich darüber, dass dieser Haushalt offenbar breit mitgetragen wird und danke für eine faire Diskussion – da dies der zehnte und letzte Haushalt ist, für den ich Verantwortung trage, möchte ich auch Dank an alle Ratsmitglieder loswerden (auch an die früheren) – mal wurde der Haushalt breit mitgetragen, mal nur mit Mehrheit, mal auch einstimmig. Es war in der Summe eine überwiegend sachliche Diskussion – zu einzelnen Positionen gibt es immer unterschiedliche Ansichten, die eine Partei möchte lieber da sparen und dort ausgeben und andere genau umgekehrt, weshalb der Streit, wer Sparweltmeister ist, mir müßig erscheint. In anderen Räten geht es wesentlich unsachlicher zu, verbunden mit persönlichen Angriffen. Da brauchen wir im Landkreis gar nicht weit schauen. Das ist in Peine nicht der Fall und bei diesem Stil sollten wir bleiben - das findet im Übrigen auch der Bürger gut – er will vernünftige Entscheidungen und keine Krawalligkeit. Dass dies bei immerhin 8 Parteien im Wesentlichen gelingt, ist ein gutes Signal nach draußen in unsere Stadt hinein. Seite 7
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