Vernemlassung_EL_Reform

Der Regierungsrat des Kantons Thurgau
Staatskanzlei, Regierungsgebäude, 8510 Frauenfeld
Eidgenössisches
Departement des Innern
Herr Alain Berset
Bundesrat
3003 Bern
Frauenfeld, 1. März 2016
Teilrevision des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 2006 über Ergänzungsleistungen
zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung (EL-Reform)
Vernehmlassung
Sehr geehrter Herr Bundesrat
Mit Schreiben vom 25. November 2015 haben Sie uns eingeladen, zur Teilrevision des
Bundesgesetzes vom 6. Oktober 2006 über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung (EL-Reform) Stellung zu nehmen. Wir danken für
die Gelegenheit zur Vernehmlassung.
1.
Allgemeine Bemerkungen
Wir begrüssen es, dass sich der Bund der Reform der EL annimmt, und unterstützen
die Revision in ihrer grundsätzlichen Ausrichtung.
Ein Fragezeichen setzen wir hinter den Aspekt der finanziellen Entlastung, welche mit
der Reform erzielt werden soll:
Wie dem erläuternden Bericht zu entnehmen ist, werden die vorgeschlagenen Massnahmen zu Einsparungen von rund 170 bzw. 150 Mio. Franken führen. Praktisch
gleichzeitig hat der Bundesrat dem Parlament eine Anpassung der EL-Mietzinsmaxima
vorgeschlagen, die voraussichtlich Mehrkosten von 178 Mio. Franken zur Folge haben
werden. Werden beide Projekte wie vorgeschlagen durchgeführt, resultiert netto keine
Einsparung, sondern eine leichte Mehrbelastung. Zwar dürften die für die Kantone erwähnten Einsparungen tatsächlich zu einer Entlastung führen. Dabei handelt es sich jedoch grösstenteils nicht um Massnahmen, die sich kostendämpfend im EL-Bereich
auswirken, sondern um Änderungen im Bereich der Individuellen Prämienverbilligung,
deren Finanzierung nicht über die EL erfolgt. Zu berücksichtigen ist zudem das Stabilisierungsprogramm 2017-2019, in welchem sich der Bund bei der Finanzierung der
Regierungsgebäude
8510 Frauenfeld
T +41 58 345 5310, F +41 58 345 5354
www.tg.ch
2/3
Verwaltungskosten für den Vollzug der EL entlasten will. Die für die Kantone in Aussicht
gestellten Einsparungen sind dementsprechend zu relativieren.
2.
Zu den Elementen der Vorlage
2.1
Beschränkungen der Kapitalbezüge der beruflichen Vorsorge
(Bericht Ziff. 2.1.1)
Wir begrüssen die vorgeschlagenen Einschränkungen des Kapitalbezugs und favorisieren bei der Ausrichtung des Altersguthabens in Kapitalform Variante 2 (Beschränkung
Umwandlung auf maximal Hälfe des Guthabens). Unter gewissen strengen und einschränkenden Bedingungen soll der Vorbezug bei Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit weiterhin möglich sein.
2.2
Senkung der Freibeträge auf dem Gesamtvermögen (Bericht Ziff. 2.1.2.2)
Wir unterstützen die Absicht, die Freibeträge wieder zu senken. Unseres Erachtens sollten sie jedoch bei Alleinstehenden und Ehepaaren auf den Stand vor der Einführung
der neuen Pflegefinanzierung (Alleinstehende: Fr. 25‘000.--; Ehepaare: Fr. 40‘000.--)
gesenkt werden.
2.3
Ermittlung des Reinvermögens bei Personen mit Wohneigentum
(Bericht Ziff. 2.1.4)
Weil künftig Hypothekarschulden nur noch vom Wert der Liegenschaft abgezogen werden können, fällt eine doppelte Privilegierung weg, weswegen wir die vorgesehene Regelung unterstützen.
2.4
Aufteilung des Vermögens bei Ehepaaren, bei denen ein Ehegatte in einem
Heim oder Spital lebt (Bericht Ziff. 2.1.5.2)
Die vorgesehene Lösung, dem Ehegatten im Heim drei Viertel des Vermögens und dem
Ehegatten zuhause ein Viertel des Vermögens anzurechnen, wenn der zu Hause lebende Ehegatte in einer eigenen Liegenschaft wohnt, erachten wir als wenig sinnvoll.
Stattdessen wäre es aus unserer Sicht naheliegender, dass der jeweilige Vermögensverzehr zu Hause (Art. 11 Abs. 1 bst. c ELG) bzw. im Heim (Art. 11 Abs. 2 ELG) zu tragen käme.
2.5
Massnahmen zur Reduktion von Schwelleneffekten
2.5.1 Anpassung der EL-Mindesthöhe (Bericht Ziff. 2.2.1.2 )
Wir begrüssen die neue Regelung. Damit wird ein Schwelleneffekt gemildert, ohne dass
zu befürchten ist, dass eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation eintreffen
wird.
3/3
2.5.2 Aufhebung der privilegierten Anrechnung hypothetischer Erwerbseinkommen (Bericht Ziff. 2.2.2.3)
Wir unterstützen die vorgeschlagene Massnahme, welche die Arbeitsaufnahme bzw.
die Arbeitsbemühungen belohnt. Den von SODK, GDK und FDK befürchteten Effekt, es
könnten durch die Aufhebung der privilegierten Anrechnung des hypothetischen Einkommens Personen mit tiefen Einkommen soviel an EL einbüssen, dass sie vermehrt
auch auf Sozialhilfe angewiesen wären, können wir nicht nachvollziehen.
2.6
Prämien für die obligatorische Krankenpflegeversicherung
(Bericht Ziff. 2.3)
Wir begrüssen die vorgesehenen Anpassungen und unterstützen von den Lösungsvarianten Variante 2, wonach für die Festlegung eines Pauschalbeitrags an die Prämien die
Höhe der Prämie des drittgünstigsten Krankenversicherers im Kanton massgebend sein
soll, sofern dessen Prämie unter der kantonalen Durchschnittsprämie liegt.
2.7
EL-Berechnung von Personen, die in einem Heim oder Spital leben
(Bericht Ziff. 2.4)
Wir unterstützen die vorgesehenen Massnahmen.
2.8
Massnahmen zur Verbesserung der Durchführung
Wir erachten insbesondere die Erweiterung des Zugriffs auf das zentrale Rentenregister
als sinnvoll.
3.
Übergangsbestimmungen zur Änderung des ELG
Aufgrund der relativ kurz gehaltenen Erläuterungen ist schwer abschätzbar, wie sich die
Umsetzung der Übergangsbestimmungen konkret auf den Vollzug auswirken wird. So
ist beispielsweise unklar, ob nach Ablauf der Drei-Jahresfrist eine individuelle Fallüberführung ansteht oder ob alle laufenden Fälle überzuführen sind. Dies ist bei der Bereinigung der Vorlage zu präzisieren.
Wir danken Ihnen für die Berücksichtigung unserer Vernehmlassung.
Mit freundlichen Grüssen
Der Präsident des Regierungsrates
Der Staatsschreiber