Safety first '316BA4=@;E/6:37<;/:/<23@A03B@/16B3B Gestaltungen zur Vermeidung der Wegzugsbesteuerung Nach der Idee und dem Businessplan folgt für Euch Gründer eine richtungsweisende Entscheidung: die Wahl der „richtigen“ Rechtsform für Eure Idee. Dabei spielt zu Beginn die Beschränkung der persönlichen Haftung oft die zentrale Rolle – was verständlich ist. Ein Blick über den Tellerrand der Gründungsphase hinaus lohnt sich jedoch – vor allem aus steuerlicher Sicht. n den meisten Fällen entscheiden sich die Gründer, ihr Startup als Kapitalgesellschaft anzumelden: Besonders beliebt ist in Deutschland die Rechtsform der GmbH. Die Vorteile liegen klar auf der Hand: Neben der Beschränkung der persönlichen Haftung auf das Stamm- bzw. Grundkapital sind Anteile an Kapitalgesellschaften gut handelbar. Dies wirkt sich vor allem bei den ersten Finanzierungsrunden positiv aus. Gerade die GmbH besitzt bei den Investoren ein sehr gutes Image und eine hohe Akzeptanz. I .C9C@H532/16B Doch was nützt Euch Gründern das positive Image, wenn finanzielle Risiken und Gefahren von ganz anderer Seite drohen? Lebt Eure Idee in Gedanken einmal drei, vielleicht auch fünf Jahre weiter. Nach ein oder zwei erfolgreichen Finanzierungsrunden hat sich Eure Idee im Zielmarkt etabliert und durchgesetzt. Eure Umsätze wachsen stetig. Um die nächste Stufe zu erklimmen, sollen nun auch wichtige ausländische Märkte erobert werden. Da ihr die zentrale Rolle im Start-up spielt, ist der Umzug ins Ausland nur die logische Konsequenz. Oder der Investor fordert gleich: Verlagerung des Start-ups ins Ausland und Ihr reist hinterher. Hört sich alles perfekt an? Möglich – doch wahrscheinlich nur so lange, bis Euch Euer Steuerberater sagt: „Wartet mal, da fällt dann aber Steuer an!“ Oder noch schlimmer: Einer von Euch wohnt bereits im Ausland und bekommt Post vom deutschen Finanzamt. ,=:735B2/A%@=0:3; Der Grund hierfür ist eine – oftmals unbekannte – deutsche Steuernorm. In § 6 Außensteuergesetz (AStG) wird geregelt, dass der Wegzug des Gründers ins Ausland zur Besteuerung der stillen Reserven führt – ohne dass ein einziger Anteil veräußert wird. Am konkreten Beispiel betrachtet bedeutet dies: Bei Gründung betrugen die Anschaffungskosten für zwei Gründer je 12.500 EUR. Im Rahmen der Finanzierungsrunde(n) wurde das Kapital erhöht, ein Anteilsverkauf fand jedoch nicht statt. Nun 70 steht die Expansion in die USA an, einer der Gründer soll den Standort dort leiten. Die Anteile am ursprünglichen Start-up will er aber behalten. Schließlich beträgt der aktuelle Wert zwar bereits 1 Mio. EUR, aber das muss ja noch nicht das Ende sein. Kurzum die schwer verständliche Realität: Das löst (Einkommen-)Steuern von mehr als 450.000 EUR aus. Obwohl Du keinen Cent privat erhalten hast. O/A>/AA73@BC<A2=16<716BJ Nun mag das wie ein Ausnahmefall erscheinen. Doch der private Umzug ins Ausland kann in unserer globalisierten Welt auch andere Gründe haben: der Exit aus der Geschäftsführung wegen eines anderen Jobs, die Neuausrichtung des eigenen Start-ups oder private Gründe. Die Weichen dafür sollten rechtzeitig gestellt werden. ,/A7AB;V5:716 Steuerrecht wäre nicht Steuerrecht, wenn es keine Möglichkeiten gäbe, diese erhebliche Steuerbelastung zu vermeiden. X In einigen Fällen hat sogar der Gesetzgeber eingesehen, dass eine solch hohe Steuerzahlung ungerechtfertigt ist, und daher in § 6 AStG sogenannte Stundungsregelungen eingeführt. – Sofern der Wegzug von vornherein für nicht länger als fünf Jahre geplant ist (z.B. durch einen Entsendevertrag mit dem Start-up oder dem Investor), kann die Steuer auf Antrag gestundet werden. Erfolgt in den fünf Jahren keine Anteilsveräußerung, erlischt der gestundete Steueranspruch des deutschen Finanzamts mit dem Rückzug nach Deutschland. Liegen ausschließlich berufliche Gründe für den Aufenthalt im Ausland vor, kann die Stundung bis zu zehn Jahre lang gewährt werden. Bei einem Wohnsitzwechsel innerhalb der EU kann sogar eine Stundung auf unbegrenzte Zeit, d.h. bis zur tatsächlichen Anteilsveräußerung, erfolgen. Start-up 2016 | VentureCapital Magazin X Für alle anderen Fälle gibt es weitere Gestaltungsmöglichkeiten. Ziel ist es zu verhindern, dass § 6 AStG überhaupt zur Anwendung kommt: M =@;E316A3:7<37<3%3@A=<3<53A3::A16/4B Durch diese Umstrukturierung wird in Deutschland eine sogenannte Betriebsstätte im Sinne der DBA entstehen. In der Folge erzielen sowohl die inländischen Anteilseigner als auch ein im Ausland ansässiger Gesellschafter gewerbliche Einkünfte. Für diese wird Deutschland das Besteuerungsrecht zugewiesen und im Ausland eine Steuerfreistellung gewährt. Der Formwechsel kann steuerneutral erfolgen, sodass sich hieraus keine zusätzliche Steuerbelastung ergibt. Nachteilig ist aber, dass dann alle Gesellschafter, insbesondere die Investoren, eine Beteiligung an einer Personengesellschaft halten und die steuerlichen Vorteile in kapitalistischen Beteiligungsstrukturen – Stichwort „Steuerfreiheit von Dividenden und Veräußerungsgewinnen“ – verloren gehen. Zudem ergibt sich z.B. für die Tätigkeitsvergütung von Euch Gründern eine Umqualifizierung in gewerbliche Einkünfte. M 7<:/53 23@ <B37:3 7< 37<3 %3@A=<3<53A3::A16/4B 273 53A16T4BA:37B3<23)TB75937B3<W03@<7;;B Hier wird zwischen die Gesellschafter und die operativ tätige Kapitalgesellschaft eine sogenannte geschäftsleitende Personengesellschaft eingeschoben. Der Übergang der Geschäftsführung ist (mindestens) notwendig, um die gewerbliche Tätigkeit der neuen Gesellschaft zu sichern. Die Gestaltung hat im Vergleich zum Formwechsel mehrere Vorteile: Zunächst wird das operative Business im bestehenden Start-up fortgesetzt. Es sind keine Änderungen in den aufgebauten Geschäftsbeziehungen mit Kunden nötig, für das Personal bleibt alles beim Alten, und auch die Vorteile der Rechtsform der Kapitalgesellschaft – insbesondere die beschränkte Haftung – bleiben erhalten. Zudem ist es durch spezielle Vertragsausgestaltungen möglich, dass (ein Teil der) Investoren ihre Gewinnanteile weiterhin aus dem Start-up bekommen. Gleichzeitig sind sie aber auch an der geschäftsleitenden Personengesellschaft beteiligt, sodass es zu keiner Verschiebung der Mehrheits- und Stimmrechtsverhältnisse kommt. Mögliche Struktur zur Vermeidung von Wegzugsbesteuerung Quelle: PKF Wulf & Partner /H7B In der ersten Gründungsphase scheint die Kapitalgesellschaft in vielerlei Hinsicht die beste Rechtsform zu sein. Dies kann sich mit der erfolgreichen Entwicklung des Start-ups aber ändern – oft schneller, als es Euch Gründern lieb ist. Vor allem steuerlich gilt es, sich regelmäßig Gedanken über die passende Rechtsform zu machen und Vor- und Nachteile abzuwägen. Das deutsche Steuerrecht bietet hier ausreichend Flexibilität, so dass Ihr den Königsweg für das Start-up und für Euch persönlich finden könnt. Ralph Setzer, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, ist internationaler Partner bei PKF Wulf & Partner mit 15 Jahren Berufserfahrung. Er ist spezialisiert auf Start-ups, Venture Capital, Online Advertising, Software und Technologies. <B3@3AA/<B/C164W@<D3AB=@3< Zwar ist aktuell – aus steuerlicher Sicht – die Rechtsform der Kapitalgesellschaft für Investoren oft noch interessanter. Wenn aber ein sogenannter Streubesitzanteil (<= 10%) an einer Kapitalgesellschaft von einer anderen Kapitalgesellschaft gehalten wird, ist aktuell bereits die Dividende nicht mehr steuerbefreit. Nun hat die Bundesregierung einen Gesetzentwurf vorgelegt, um in solchen Fällen auch die Steuerfreiheit des Veräußerungsgewinns abzuschaffen. Sind an dem Start-up also viele Personen/Investoren mit Streubesitzanteilen beteiligt, könnte sich die Personengesellschaft zukünftig zur echten steuerlichen Alternative entwickeln. VentureCapital Magazin | Start-up 2016 Clemens Eilhoff, Steuerberater, ist Leiter der Steuerabteilung bei PKF Wulf & Partner und betreut den UKund US-Desk. Er ist auf die Bereiche Startups, Venture Capital, Alternative Investmentfonds, E-Commerce und Automotive spezialisiert. 71
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