Foto: K. Schmidt Schwarzwildbejagung im Raps Löcher machen‘s leichter Unsere Kulturlandschaft unterliegt einem ständigen Wandel. Das bleibt nicht ohne Folgen für die Jagd, und deshalb müssen wir auch unsere Jagdmethoden immer wieder neu überdenken. Das gilt ganz besonders fürs Schwarzwild. Klaus Schmidt erklärt, warum sich manchmal ein Umdenken lohnt. Bisher haben sich bei der Bejagung von Schwarzwild vor allem drei Strategien bewährt: ■ Die Reduktion von Schwarzwild sollte außerhalb der Vegetationszeit im Wald erfolgen. ■ Abschüsse im Feld während der Sommermonate sollten nur der Schadensabwehr dienen, sie liefern nur einen vergleichsweise geringen Anteil an der Gesamtstrecke. ■ Im Feld darf während der Vegetationszeit keinesfalls gekirrt werden, um die Sauen nicht zusätzlich ins Feld zu locken. Diese Strategien machten auch Sinn, denn nach der Ernte verschwand die Deckung im Feld, die Sauen haben sich auf den Wald konzentriert und konnten dort gezielt bejagt werden. Doch dieses 34 6/2015 Rezept funktioniert nicht mehr. Der Lebensraum Feldflur ist fast ganzjährig für die Sauen nutzbar geworden. Es reicht nicht mehr, wenn nun alle Probleme an den Waldjäger weitergereicht werden. Auch im Feld müssen Sommerfrischlinge erlegt werden. Wer Schwarzwild reduzieren will, kann nicht bis zum Ende der Vegetationszeit warten, diesen Aufschub können wir uns nicht mehr leisten. Der Blick aufs Rapsfeld könnte uns dabei helfen. Unser Fokus lag viel zu lange nur auf dem Mais, dabei ist ein Rapsschlag als Einstand fürs Schwarzwild wesentlich attraktiver. Auf keiner anderen Fläche haben die Schwarzkittel so viel Ruhe. Es stören keine Querfeldeinwanderer und keine Pilzesucher wie im Wald, die Deckung könnte nicht Klaus Schmidt ist stellvertretender Teamleiter und Jagdsachbearbeiter bei den Bayerischen Staatsforsten, Forstbetrieb Fichtelberg, und Referent an der BJV-Landesjagdschule Wunsiedel. besser sein und Lücken im Bestand ermöglichen auch einmal ein Sonnenbad. Unsere Erfahrungen haben gezeigt, dass die Schwarzwildjagd im Feld heute andere Strategien braucht. Der Raps ist ein Schlüssel dazu. Im Revier haben wir schnell gemerkt, dass die Sauen – auch ohne Kirrung – tagsüber gern in den großen waldnahen Rapsschlägen steckten. Das brachte uns auf die Idee, Bejagungsschneisen anzulegen, wie sie sich im Maisfeld bewährt haben. Die Bejagungsschneisen im Raps müssen allerdings genau berechnet werden, damit der Landwirt seine Förderung nicht verliert. Die förderunschädliche Fläche für ein Feld errechnet sich aus dem Umfang des Feldes in laufenden Metern multipliziert mit dem Faktor 1,25. Ein acht Hektar großes Rapsfeld zum Beispiel misst Länge mal Breite 400 mal 200 Meter. Daraus errechnet sich ein Umfang von 1.200 laufenden Metern. Multipliziert mit dem Faktor 1,25 ergibt sich die Fläche, die frei bleiben kann, ohne die Förderung zu gefährden. In unserem Beispiel sind das 1.500 Quadratmeter, das entspricht einer Bejagungsschneise von zehn mal 150 Metern. Das ist ziemlich viel Fläche für eine Bejagungsschneise. So groß muss die gar nicht sein, im Gegenteil, kleinere Flächen kommen dem Sicherheitsbedürfnis der Sauen viel mehr entgegen. Das heißt also, auch im Raps können Bejagungsschneisen oder besser „Schusslöcher“ geschaffen werden, ohne die Förderung zu gefährden. Die richtige Größe dieser „Schusslöcher“ ist eine schwierige Frage. Die Schusslöcher sollten so klein wie möglich, doch so groß wie nötig sein. Was heißt das? Ein Schussloch ist zu klein, wenn sich eine große Rotte darin gegenseitig selbst deckt. In einem solchen Fall ist die Bejagung schier unmöglich. Das Schussloch ist leicht herzustellen. Es wird zunächst mit dem Freischneider ausgeschnitten, das Schnittgut kann liegen bleiben. Soll das Schuss- Die Wildkamera zeigt uns, wann sich die Sauen in den Schusslöchern tummeln. loch vergrößert werden, genügt es, eine Hand voll Mais einzustreuen, den Rest erledigen dann die Sauen. Das Schussloch sollte mindestens 30 Meter vom Feldrand entfernt sein. Wichtig für das Sicherheitsbedürfnis der Sauen ist der fehlende Blick nach außen. Ideal ist die Anlage an einem Kreuzungspunkt von Spritzspuren, denn dort wechseln die Sauen in aller Regel bevorzugt. In trockenen Zeiten wirkt die Anlage einer kleinen Suhle Wunder. Dabei werden je nach Gewohnheit der Sauen am Spätnachmittag ein paar Eimer Wasser in eine Mulde geschüttet. So haben Sie an heißen Tagen einen zusätzlichen Anziehungspunkt geschaffen. Ein Malbaum kann dazu dienen, dass die Sauen den Platz schneller finden. Auch eine Wasserstelle außerhalb des Rapsfeldes wird gern angenommen. In einem solchen Fall ergeben sich erfolgsversprechende Wechsel vom Feld zum Wasser. Dort reicht in der Regel ein Drückjagdbock als Ansitzeinrichtung aus. An den Schusslöchern im Raps – und nur dort – kann die Sommerkirrung wieder sinnvoll sein. Die Schwarzkittel ernähren sich in dieser Zeit hauptsächlich von den halbreifen Schoten. Die Kirrung wirkt da nur wie eine Art Nachtisch oder etwas Abwechslung. Zur Kirrung eignet sich hauptsächlich Körnermais, vermischt mit anderem Getreide. Rehwildbruch kam bei uns in eine flache Kiste mit Deckel. Durch den Einsatz einer Wildkamera wissen wir immer, wann die Sauen an der Kirrung erscheinen. Je nach Stand der Ansitzeinrichtung können wir die Sauen sogar angehen und die Leiter besteigen, ohne sie zu stören. Lange Wartezeiten sind in der Regel nicht notwendig. Als wir den Landwirten von unseren Plänen, Schusslöcher im Raps anzulegen, berichtet haben, waren sie schnell begeistert. Pro Loch errechnet sich ein Ernteausfall von 20 bis 50 Euro. Doch die Bauern verzichten gern auf diesen Betrag, wenn dadurch mehr Sauen erlegt werden können. In den beiden benachbarten Revieren wurden elf Sauen gestreckt, in den Jahren zuvor lag keine einzige oder höchstens eine auf der Strecke. Während Sauen, die im Mais beschossen werden, den Schlag daraufhin meistens sofort meiden, können die Rotten im Raps – das zeigen unsere Erfahrungen – mehrmals bejagt werden. Schon nach wenigen Tagen nehmen die Sauen das Schussloch im Nachbarschlag an. Da häufig bei gutem Licht geschossen wird, ist eine selektive Bejagung gut möglich. Die Striche der säugenden Bachen sind gut zu erkennen und so können natürlich nichtführende weibliche Überläufer bevorzugt erlegt werden. 6/2015 35
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