Drucksache 6/5066 - Landtag Mecklenburg Vorpommern

LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN
6. Wahlperiode
Drucksache 6/5066
13.01.2016
ANTRAG
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Tierschutzkonforme Sauenhaltung gewährleisten
Der Landtag möge beschließen:
Der Landtag fordert die Landesregierung auf,
1. sich im Rahmen einer Bundesratsinitiative für eine Ergänzung der Tierschutz-Nutztierhaltungs-Verordnung (TierschNutztV) in folgender Weise einzusetzen:
a) Erweiterung des § 24 Abs. 4 in der Form, dass die Breite (lichtes Maß) eines Kastenstandes mindestens der maximalen Widerristhöhe des Schweines im Stehen entspricht;
b) Schaffung einer Regelung in § 30 Abs. 2 in der Form, dass Sauen, bei denen die
Besamung nicht erfolgreich war, vor einer erneuten Besamung eine angemessene Zeit
außerhalb des Kastenstandes gehalten werden;
2. die Nutztierhalter und die Kontrollbehörden abweichend von den „Ausführungshinweisen
(Stand: 23.02.2010) zur Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung in der Fassung vom
30. November 2006 (BGBl. I S. 2759), geändert durch Verordnung vom 01.10.2009
(BGBl. I S. 3223) Abschnitt 5, Anforderungen an das Halten von Schweinen“ auf die
Umsetzung der aktuellen Rechtsprechung zu verweisen (z. B. OVG Magdeburg, zuletzt
mit Urteil vom 24.11.2015, AZ: 3 L 386/14 MD). Dementsprechend ist ein Kastenstand für Schweine nur dann tierschutzkonform, wenn er
mindestens so breit ist, wie die darin gehaltenen Sauen hoch sind. Deshalb ist bei Kontrollen der Breite der Kastenstände immer auch die individuelle Widerristhöhe der darin
gehaltenen Sauen zu kontrollieren;
Drucksache 6/5066
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3. zu prüfen, welche alternativen Haltungssysteme und Möglichkeiten anwendbar sind, damit
Schweinezuchtanlagen mittelfristig ohne Kastenstände auskommen oder diese nur für
einen sehr kurzen Zeitraum nutzen müssen. Über das Ergebnis der Prüfung soll die
Landesregierung vor der Sommerpause 2016 im Agrarausschuss und im Landtag
berichten.
Jürgen Suhr und Fraktion
Begründung:
Zu Ziffer 1 a)
Die temporäre Haltung von Zuchtsauen in zu engen Kastenständen stellt aus unserer Sicht
eine tierschutzwidrige Haltungsform dar. Die Größe des Kastenstandes ist in § 24 Abs. 4 Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung (TierSchNutztV) geregelt. Dort heißt es:
„Kastenstände müssen so beschaffen sein, dass
1. die Schweine sich nicht verletzen können und
2. jedes Schwein ungehindert aufstehen, sich hinlegen sowie den Kopf und in Seitenlage die
Gliedmaßen ausstrecken kann.“
Nach den „Ausführungshinweisen (Stand: 23.02.2010) zur Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung in der Fassung vom 30. November 2006 (BGBl. I S. 2759), geändert durch Verordnung vom 01.10.2009 (BGBl. I S. 3223) Abschnitt 5, Anforderungen an das Halten von
Schweinen“ gelten die Anforderungen des § 24 Abs. 4 Tierschutz-Nutztierhaltungs-Verordnung als erfüllt, wenn der Kastenstand für Jungsauen die Innenmaße von 200 x 65 cm und für
ausgewachsene Sauen 200 x 70 cm besitzt.
Untersuchungen des Sächsischen Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie
haben ergeben, dass auf einer von den Ausführungshinweisen vorgesehenen Fläche (65 bzw.
70 x 200 cm), das Liegen der Sauen mit angezogenen, aber nicht mit ausgestreckten Beinen
möglich ist.
Die Tiere müssen in diesen engen Kastenständen ihre Beine anwinkeln oder in die Kastenstände der Nachbarsau strecken. Dadurch wird begünstigt, dass sich die Sauen gegenseitig
treten und es sogar zu Beinbrüchen kommt. Laut verschiedener Gerichtsentscheidungen
(zuletzt Oberverwaltungsgericht Magdeburg vom 24.11.2015; AZ: 3 L 386/14) ergibt sich aus
§ 24 Abs. 4 Nr. 2 TierSchNutztV zwingend, dass den in einem Kastenstand gehaltenen
(Jung-)Sauen die Möglichkeit eröffnet sein muss, jederzeit in dem Kastenstand eine Liegeposition in beiden Seitenlagen einzunehmen, bei der ihre Gliedmaßen auch an dem vom
Körper entferntesten Punkt nicht an Hindernisse stoßen.
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Die Vorgabe der Regelung erfüllen danach nur Kastenstände, deren Breite mindestens dem
Stockmaß (d. h. der Widerristhöhe bzw. der Entfernung vom Boden zum höchsten Punkt des
stehenden Schweins) des darin untergebrachten Schweins entspricht oder Kastenstände,
welche dem Tier die Möglichkeit eröffnen, die Gliedmaßen ohne Behinderung in die beiden
benachbarten leeren Kastenstände oder beidseitige (unbelegte) Lücken durchzustecken. Dass
die Tiere ihre Gliedmaßen in benachbarte belegte Kastenstände durchstecken könnten, ist
nicht ausreichend.
Die durchschnittliche Widerristhöhe beträgt bei Sauen der in Deutschland gebräuchlichen
Zweirassenkreuzung aus Large White (bzw. Edelschwein) und Deutscher Landrasse nach
Messungen des Sächsischen Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie 90 cm,
wobei Höchstwerte bei 97 cm lagen. Demzufolge muss die Breite der Kastenstände diesen
Widerristhöhen entsprechen.
Zu Ziffer 1 b)
In der TierSchNutztV muss klargestellt werden, dass Sauen ohne Unterbrechung nie länger
als vier Wochen im Kastenstand gehalten werden dürfen. Aktuell bezieht der § 30 Abs. 2 der
Verordnung die maximal erlaubte Verweildauer von vier Wochen im Kastenstand auf den
Zeitpunkt des Deckens und eröffnet den Betrieben damit die Möglichkeit, die Sau bei nichterfolgreicher Besamung erneut zu besamen und im Kastenstand zu belassen. Diese Mehrfachbesamungen finden in der Praxis zum Teil bis zu viermal statt und führen dazu, dass Sauen
oft monatelang im Kastenstand gehalten werden. Damit wird die Regelung, wonach die Tiere
nie länger als vier Wochen im Kastenstand verbringen sollen, unterlaufen. Zum Wohle der
Tiere muss der Gesetzgeber klarstellen, dass der ununterbrochene Aufenthalt im Kastenstand
vier Wochen nicht überschreiten darf.
Zu Ziffer 2
Die mit den „Ausführungshinweisen zur Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung“ empfohlenen Mindestmaße für die lichte Breite von Kastenständen (65 cm bzw. 70 cm) dürfen nicht
als feste Werte interpretiert werden, da jede Sau unterschiedlich groß ist und die Tiere Widerristhöhen von bis 97 cm erreichen können. Deshalb müssen Tierhaltern und Kontrollbehörden
vermittelt werden, was mit Gerichtsurteilen in dieser Sachfrage klargestellt wurde. Dementsprechend ist ein Kastenstand für Schweine nur dann tierschutzkonform, wenn er mindestens
so breit ist, wie die darin gehaltenen Sauen hoch sind. Eine Sau, die höher als 70 cm ist, kann
sich in einem Kastenstand mit 70 cm Breite liegend nicht ausstrecken. Sauen sind naturgemäß
unterschiedlich groß und benötigen unterschiedlich viel Platz. Dementsprechend müssen die
Tierhalter ihre Haltungsanlagen und die Kontrollbehörden ihre Kontrolltätigkeiten anpassen.
Zu Ziffer 3
Die Haltung von Sauen in zu engen Kastenständen zum Zwecke der Besamung ist nicht tierschutzkonform. Von daher muss mittelfristig nach Lösungen gesucht werden, die Kastenstände ganz abzuschaffen oder lediglich nur für den kurzen Zeitraum der Besamung zu
nutzen.
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