Ein Novum in der Rhenus-Flotte

Foto: Rhenus Partnership
Schiffstechnik
Ein Novum in der Rhenus-Flotte
In wenigen Wochen tauft die Duisburger Reederei Rhenus PartnerShip ihren jüngsten
Flottenzugang. Der 186 m lange Koppelverband, der künftig von Rotterdam aus das Kraftwerk
in Lünen mit Kohle versorgen soll, erhält einen modernen Diesel-Antrieb nach dem VaterSohn-Prinzip.
Von Krischan Förster
R
Foto: Rhenus Partnership
und 350 Schiffe disponiert die zum Logistikkonzern Rhenus gehörende Reederei mit Stammsitz in Duisburg sowie
Niederlassungen in Berlin, Hildesheim,
Mannheim, Regensburg oder den niederländischen, belgischen, französischen, ös-
terreichischen und rumänischen Standorten. Rund 20 Mio. t an Gütern werden
jedes Jahr von den Rhenus-Schiffen transportiert, das sind in etwa 9 % des Transportaufkommens von zuletzt insgesamt
226 Mio. t auf Deutschlands Flüssen. Vornehmlich werden Trockengüter transportiert, daneben aber auch eigene Bunker-
Der Flextunnel: Deutlich sichtbar ist die hydrauisch ausklappbare Schürze
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schiffe und Bilgenentöler betrieben. Die
»Rhenus Duisburg« wird, so viel steht
heute schon fest, die modernste Einheit
der Flotte.
Generalauftragnehmer zur schlüsselfertigen Ablieferung des neuen Schiffs war
die Firma Dolderman B.V. in Dordrecht
in den Niederlanden. Das Kasko entstand
im Auftrag von Rensen Driessen Shipbuilding B.V. in Rumänien auf der Schiffswerft
SC Santierul Naval in Orsowa.
Der Koppelverband, bestehend aus einem Motorschiff von 110 m x 11,45 m x
3,20 m und einem Leichter von 76,50 m x
11,40 m x 3,47 m Länge, steht kurz vor seiner Vollendung. Mit zwei weiteren Schubleichtern längsseits soll er künftig bis zu
8000 t Kohle in Rotterdam laden und in
zwei Etappen – zunächst über den Rhein,
danach über den Wesel-Datteln-Kanal –
bis nach Lünen transportieren.
Der Wechsel im Fahrprofils – zu 1/3 volle Last, zu 2/3 Kanal- oder Leerfahrt –
führte zu einer besonderen, bislang kaum
verbreiteten technischen Lösung. Für den
Antrieb sorgen insgesamt vier Motoren,
die ihre Leistung über Getriebe und Welle auf die beiden Propeller übertragen. Es
handelt sich dabei um einen sogenannten
Vater-Sohn-Antrieb: Dabei arbeiten jeweils
ein 1117 kW starker Caterpillar 3512 sowie
ein deutlich kleinerer Caterpillar C18 mit
357 kW über ein Getriebe an der gleichen
Welle. »In der Rhein-Bergfahrt im Verband mit Motorschiff und drei Schubleichtern brauchen wir die volle Leistung
der beiden großen Motoren«, sagt Rhenus
PartnerShip-Geschäftsführer Wolfgang
Hönemann.
An der Schleuse Friedrichsfeld, dem
Eingang zum Wesel-Datteln-Kanal, wird
der Vierer-Verband getrennt. Während
die »Rhenus Duisburg« als Koppelverband mit rund 4.300 t Kohle weiterfährt
und sich fortan mit der Leistung der beiden Sohn-Motoren begnügt, übernehmen
eines der beiden Schubboote »Rhenus Wesel« oder »Rhenus Datteln« die beiden anderen Leichter mit der restlichen Ladung
für die Kanalfahrt bis nach Lünen. Für die
Leerfahrt talwärts zurück nach Rotterdam
reichen ebenfalls die beiden kleineren Motoren aus.
»Wir hatten uns auch sehr intensiv mit
alternativen Antriebsvariaten befasst«, berichtet Hönemann. Der Einsatz von Gasmotoren auf Basis von LNG (Liquified Natural Gas) sei jedoch wegen der fehlenden
Bau- und Zulassungsvorschriften sowie
der hohen Investitionskosten verworfen
worden. »Das hätten wir in der Kohlefahrt nie zurückverdienen können«, so
Hönemann.
Auch ein diesel-elektrischer Antrieb,
technisch ohne weiteres möglich, schied
aus. »Auch diese Lösung hätte sich wegen
der Anschaffungs- und Wartungskosten
und angesichts der hohen Spannungsverluste von 10 bis 15 % nicht rentiert«, sagt
Hönemann. Bei einem Tanker mit großen
Stromverbrauchern wie den Pumpen und
einer Heizung falle die Rechnung dagegen
durchaus anders aus. .Den Versorgungsauftrag für das Kraftwerk werden künftig also
zwei eigene Koppelverbände erfüllen, neben der »Rhenus Duisburg« fährt auch die
»Rhenus Lünen« auf der Route.
Die »Rhenus Duisburg« glänzt mit einer
weiteren Innovation. Am glatt gezeichneten Hinterschiff wurden zwei Propeller
mit jeweils 2 m Durchmesser angebracht,
düsenummantelt und mit Spoiler angebracht – die größten ihrer Art für Motorgüterschiffe. Vorteil: Während der voll
abgeladenen Rheinfahrt werden die Propeller von ausreichend Wasser umströmt
und entfalten vollen Schub.
Dies wird ermöglicht durch den Einbau
von einem Flextunnel am Heck, den Van
der Velden lieferte und installierte. Dieses System ersetzt den an Binnenschiffen
im Heck integrierten »Tunnel«. Das Prin-
Foto: Rhenus Partnership
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Die Propeller sind mit einem Durchmesser von je 2 m die größten ihrer Art
Rhenus PartnerShip
Die Rhenus PartnerShip war einst
aus der Reederei Stinnes entstanden, schon 1808 als Schifffahrtsunternehmen für Kohletransporte gegründet. Heute wie damals ist Kohle
für die Reederei, seit 1998 Teil der
Rhenus-Gruppe, das mit Abstand
wichtigste Transportgut. Sie sorgt
für fast jede zweite Tonne in den
Frachträumen. Es folgen Eisenerze,
Baustoffe und Metalle mit jeweils
um die 10 %. Das restliche Fünftel
machen andere Güterarten wie Getreide, Futter- und Düngemittel oder
Abfälle aus.
zip der hydraulisch ausklappbaren Schürzen war in Duisburg bei der DST entwickelt
worden. Bei einer Fahrt durch tiefes Wasser
sind die beiden Schürzen strömungsgünstig im Rumpf versenkt. Bei Leerfahrt dagegen werden die »Schürzen«hydraulisch
ausgeklappt, schmiegen sich an die Propellerdüse und stellen so den bekannten
»Tunnel« her.
Neben dem Wasserstand waren für die
Kanalfahrt auch die Durchfahrtshöhen
unter den Brücken zu beachten. Maximal
5,20 m sind möglich, der Rhenus-Neubau
kommt ballastiert auch mit 4,80 m noch
zurecht. Sollte der Wesel-Datteln-Kanal
mal gesperrt sein, »was ja gar nicht selten
vorkommt«, so Hönemann, könne daher
auch auf den Rhein-Herne-Kanal ausgewichen werden.
Motorenkonfiguration, Propeller und
Flextunnel sollen für einen erheblich effizienteren Schiffsbetrieb sorgen. Dazu
kommen mehr Fahrkomfort und eine
bessere Manövrierbarkeit. Denn die kleinen Motoren laufen bei niedrigster Drehzahl nur mit 60 statt mit 100 U/min wie
bei den großen Dieseln. Beim Einkuppeln gibt es also einen wesentlich sanfteren Schub und bessere Beweglichkeit.
Rhenus hat in jüngster Vergangenheit
nicht nur in die Flotte investiert. Von der
französischen Compagnie Française de
Navigation Rhénane (CFNR) wurden zu
Jahresbeginn der serbische Terminalbetreiber und Binnenschifffahrtslogistiker
CFND samt der Flotte von elf Schiffen,
darunter auch zwei weitere Koppelverbände aus dem Baujahr 2009, und
schließlich sämtliche Binnenschifffahrtsaktivitäten der CFNR in Nord- und Ostfrankreich sowie entlang von Rhein und
Mosel übernommen. »Die Verfrachtungsaktivitäten der CFNR ergänzen hervorragend die bestehenden Verkehre der
Rhenus«, hatte Hönemanns Geschäftsführer-Kollege bei der Rhenus Port Logistics, Thomas Maaßen, den Erwerb seinerzeit begründet.
Während im hart umkämpften westund mitteleuropäischen Raum kaum noch
organische Wachstumschancen gesehen
werden, halten Experten zum Beispiel an
der Donau eine Steigerung der Gütermenge um ein Viertel von 80 auf 100 Mio. t. bis
2020 für realistisch. Bereits vor zwei Jahren war die Rhenus-PartnerShip-Niederlassung in Regensburg daher der Rhenus
Mierka Danube Shipping (RMDS) zugeschlagen worden, einem Gemeinschaftsunternehmen mit der Mierka-Gruppe aus
Krems. An diesem österreichischen Hafen
hatte Rhenus zuvor die Mehrheit übernommen.
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