Norwegian University of Science and - AAA

Erfahrungsbericht
Name: A n n a H ö f l e
Studiengang und -fach: Lehramt an Grundschulen, Hauptfach Musik
Austauschjahr: SoSe 2015
Gastuniversität: HiST - Høgskolen i Sør-Trøndelag
Stadt: Trondheim
Land: Norwegen
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Die Erfahrungsberichte werden von Studierenden verfasst und spiegeln nicht zwangsläufig die Meinung der Universität Augsburg wider. Für den Inhalt des Berichts ist der/die Verfasser/in verantwortlich. Das Akademische Auslandsamt behält sich vor, ggf. Änderungen vorzunehmen.
Da Skandinavien, insbesondere Norwegen, eines der schönsten Plätze auf Erden sei und
auch das Bildungssystem einen sehr guten Ruf innehätte, wollte ich unbedingt für längere
Zeit in ein skandinavisches Land reisen. Letztendlich fiel meine Wahl auf Trondheim in Norwegen, da es dort eine Partner-Universität, nämlich die HiST, mit der Universität Augsburg
gibt und Trondheim angeblich auch eine sehr schöne Studentenstadt sei. Außerdem liegt
Trondheim mittig in Norwegen und ist daher auch sehr geeignet, um weiter gen Norden oder
Süden zu reisen.
Trondheim ist die drittgrößte Stadt Norwegens (nach Oslo und Bergen) und liegt, umgeben
von Bergen und viel Natur, direkt am Fjord. Mit ihren vielen bunten Holzhäusern und Hügeln
hat diese Stadt für mich einen ganz besonderen Charme und bietet besonders für OutdoorMenschen eine Vielzahl von Möglichkeiten. Man kann sehr gut spazieren gehen, wandern,
joggen, klettern, schwimmen (!) und im Winter Langlaufen. Trondheim ist also wirklich nichts
für Sportmuffel. Für mich hätte es jedenfalls kein besseres Austauschland geben können.
Natürlich fiel meine Wahl auch auf Trondheim, weil es eine lebendige Studentenstadt ist und
man überall auf junge Menschen trifft.
Ich habe hier wirklich viele Freunde aus den unterschiedlichsten Ländern gewonnen und
weiß auch, dass es Freundschaften für länger sind.
Trondheim ist auch durch die NTNU (Norwegian University of Science and Technology) sehr
bekannt. Die Universität gewann schon drei Nobelpreise; unter anderem 2014 im Bereich
Medizin und Physiologie. Ich selbst habe allerdings an der HiST studiert und hatte ein etwas
praxisorientierteres Studium als die meisten meiner Freunde an der NTNU.
Folgende Kurse habe ich dort belegt: Musik I (15LP) und Comparative Perspectives on Education, Citizenship and Democracy in Norway (15LP).
Musik I fand grundsätzlich auf Norwegisch statt, allerdings hatte ich sehr nette Kommilitonen
und Dozenten, die übersetzt haben, wenn etwas unklar war. Für Deutsche ist Norwegisch
auch nicht allzu schwer, da es ein Mix aus Englisch und Deutsch ist und man sich daher
schnell in die Sprache einfühlt.
Zudem war Musik sehr praxisorientiert und man musste daher nicht unbedingt jedes einzelne
Wort verstehen. Für die Prüfung in Musik sollten wir ein Lied vor einer Jury mit einem Chor
dirigieren und eine Band leiten. Die Prüfung war allerdings nicht allzu schwer. Wir probten
die Chorlieder schon während des Semesters, dann standen fünf zur Auswahl und eines
davon wurde jedem Studenten zwei Wochen vor der Prüfung zugeteilt. Für die Leitung einer
Band wurden wir Anfang des Semesters in Bandgruppen aufgeteilt und probten mit dieser
Gruppe unsere Songs. In der Prüfung mussten wir dann zeigen, dass wir eine Band leiten,
mehrere Instrumente beherrschen und gemeinsam proben können.
Comparative Perspectives on Education, Citizenship and Democracy in Norway ist ein Kurs
für Austauschstudenten und war daher auf Englisch. Die Vorlesungen hatten wir zusammen
mit allen anderen Austauschstudenten (u.a. auch BWL-Studenten). Überdies hatten wir neben Vorlesungen auch zwei Exkursionen. Die erste Exkursion unternahmen wir in ein Museum in Trondheim und die zweite nach Röros, einem der kältesten Orte Norwegens, mit einer
schönen historischen Altstadt und stillgelegten Kupferminen. Zusätzlich musste ich in diesem
Kurs ein sog. „Term Paper“, eine ca. 20-seitige Hausarbeit, über Musik als Schulfach an
norwegischen und deutschen Grundschulen, schreiben und die beiden Schulsysteme miteinander vergleichen. Am Ende des Semesters hatte ich dann eine mündliche Prüfung über
diese Hausarbeit.
Ich belegte außerdem einen Norwegisch-Kurs für Anfänger, der allerdings keine Leistungspunkte hatte und mehr zum Spaß und aus Interesse an der einheimischen Sprache für alle
Austauschstudenten der HiST angeboten wurde. Es gab auch keine Prüfung, allerdings
musste man möglichst regelmäßig teilnehmen und eine Präsentation über ein bestimmtes
norwegisches Thema halten. Zum Schluss gab es ein Zertifikat über die erfolgreiche Teilnahme an dem Kurs.
Die Organisation vor dem Semesterstart war recht unkompliziert und mein damaliger internationaler Koordinator, Arne Hestholm, stand mir mit Rat und Tat zur Seite. Er half mir bei der
richtigen Kurswahl und leitete mich an Sit, eine Organisation, die unter anderem Studentenwohnungen vermietet, weiter.
Leider ging Arne genau zu meinem Semesterstart in Trondheim in Rente und es gab einen
Wechsel; Margret Hovland war zwar bemüht uns zu helfen, hatte allerdings wenig Ahnung
und wusste oft nicht, wie sie uns helfen konnte. Daher war es etwas chaotisch und es gab
einige Missverstände. Allerdings konnte ich auch immer zu meinen Dozenten gehen, welche
mir meist mehr helfen konnten, als Margret.
Schade war auch, dass die HiST leider keine Einführungsveranstaltungen für die Austauschstudenten anbot. Trotzdem hatte ich Glück, da ich gleich an meinem ersten Tag jemanden
von der NTNU kennen lernte, der mich dann zu den ganzen Kennenlernveranstaltungen der
NTNU mitnahm. So lernte ich bereits in der ersten Woche viele Austauschstudenten kennen,
die mich durch das ganze Semester begleiten sollten und zu engen Freunden wurden.
Durch Sit bekam ich ein Zimmer in einem Appartement im „Moholt Studentby“, einem Studentendorf in Moholt, vermittelt. Da es sich um eine der billigsten Unterkünfte für Studenten
handelt, werden hier hauptsächlich Austauschstudenten untergebracht. In Moholt leben immer vier Studenten in einem Appartement. Ich teilte die Wohnung mit einer Französin, einem
Ghanaer und einem Serben, der allerdings schon seit elf Jahren in Norwegen lebt und daher
perfekt norwegisch sprach. Besonders mit der Französin und dem Serben unternahm ich
viel; wir kochten unter anderem jede Woche einmal für einander (mal bayrisch, serbisch und
französisch), schauten Filme zusammen oder unternahmen andere Dinge gemeinsam. In der
Uni hatte ich hauptsächlich Kontakt zu Norwegern, jedoch konnte ich, dank Moholt, auch
viele andere Kulturen kennen lernen.
Durch meine Freunde an der NTNU fand ich mich schon in meiner zweiten Woche auf einem
Cabintrip wieder, da die NTNU Hütten für wenig Geld an ihre Studenten vermietet. Außerdem unternahmen wir gemeinsam einen Trip nach Tromsö, zum Geirangerfjord und auf die
schönsten Inseln Norwegens: die Lofoten. Wir gingen viel wandern und versuchten uns im
Langlaufen. (Die Langlauf-Ski kann man übrigens auch in einem der Keller im „Moholt Studentby“ ausleihen, man muss allerdings schnell sein, um die guten Ski zu ergattern.) Dieses
Jahr fand auch die Skispring-WM in Trondheim statt und dort war ich ebenfalls mit meinen
Freunden und fieberte dem Sieg von Severin Freund entgegen.
Da mein Hauptfach Musik ist und ich Posaune spiele, schrieb ich zu Beginn des Semesters
einige „Musikkorps“ (Blaskapellen) an, um bei diesen für ein halbes Jahr mitspielen zu können. Ich erhielt prompt Antwort von zwei Musikkorps, hatte danach zweimal die Woche Orchesterprobe und somit noch mehr Kontakt zu Norwegern.
Vor meinem Reiseantritt hörte ich von Vielen, dass die Norweger sehr distanziert und kühl
seien, aber ich wurde genau vom Gegenteil überzeugt. Zu meiner Überraschung waren wirklich alle Norweger sehr hilfsbereit, nett, offen und ich fühlte mich wirklich sehr integriert.
Ein besonderer Höhepunkt meines Austausches war der 17. Mai, dem Nationalfeiertag in
Norwegen. Die Norweger feiern an diesem Tag ihre Unabhängigkeit von Dänemark und
Schweden in Form einer großen (Kinder-)Parade durch die ganze Stadt. Da ich bei den Musikkorps mitspielte, hatte ich nicht nur die Gelegenheit, die Parade von außen zu bestaunen,
sondern auch mitten in der Parade zu sein. Los ging es um 7 Uhr morgens mit einem Weckruf durch Trondheim. Dann marschierten wir weiter Richtung Hafen und begrüßten dort die
Touristen, die mit dem Hurtigruten-Schiff nach Trondheim gekommen waren, um die große
Parade mitzuerleben. Um 10 Uhr ging es los mit der Kinder-Parade, danach, nach einer kurzen Mittagspause, ging es dann mit der Parade für alle anderen weiter (bestimmte Vereine
etc.) und beendet war der Tag um 17 Uhr nach 17 km marschieren. Allen schmerzten die
Beine, aber es war wirklich ein wahnsinnig tolles Erlebnis und ich bekam außerdem die einmalige Gelegenheit, eine norwegische Musikkorps-Uniform zu tragen und mich wie ein
waschechter Norweger zu fühlen.
Das einzig Negative an Norwegen sind die hohen Lebenshaltungskosten und das Wetter.
Besonders Lebensmittel (vor allem Fleisch und Alkohol) sind teilweise doppelt so teuer als in
Deutschland und darüber war ich anfangs sehr schockiert. Vor allem im ersten Monat habe
ich so viel ausgegeben, weil ich es gar nicht gewohnt war, auf Kilogrammpreise oder ähnliches zu achten und ich doch öfter mal mit Freunden Essen gegangen bin. Allerdings gewöhnt man sich schnell daran und bekommt auch irgendwann ein Gefühl dafür, weniger
auszugeben. Außerdem fährt fast täglich ein Bus zu einem Supermarkt nach Schweden, da
man dort etwas billiger einkaufen kann, als in Norwegen. Man sollte sich also wirklich im Voraus im Klaren darüber sein, dass es kein billiges Austauschsemester wird und die Erasmusförderung nicht unbedingt ausreicht.
Das Wetter in Norwegen wechselt minütlich und man sollte keiner Wettervorhersage trauen.
Es kann also wirklich sein, dass man von wolkenlosem Himmel und strahlendem Sonnenschein geweckt wir, aber innerhalb von fünf Minuten sich der ganze Himmel über einem ergießt. Wetterfeste Kleidung ist daher sehr angebracht. Laut den Norwegern gibt es kein
schlechtes Wetter, sondern nur schlechte Kleidung.
Alles in allem kann ich allerdings sagen, dass ich in Norwegen bestimmt die beste Zeit meines Lebens hatte. Ich habe viele neue Freunde gewonnen, eine neue Sprache gelernt, wunderschöne Landschaften und Naturphänomene (Nordlichter, 24h Helligkeit etc.) gesehen und
ein anderes Bildungssystem kennengelernt, von dem sich Deutschland einiges abschneiden
kann. Der Abschied fällt mir wirklich schwer, aber ich weiß, dass ich auf jeden Fall noch einmal zurückkommen werde, um meine ganzen Freunde hier zu besuchen und vielleicht noch
einmal den 17. Mai mitzuerleben.