Baasch: „Denn sie wissen nicht, was sie tun“

Wald & Jagd
■ BAUERNBLATT l 3. Oktober 2015
Interview mit dem Präsidenten des Landesjagdverbandes
Baasch: „Denn sie wissen nicht, was sie tun“
sen, wie Sie damit umgehen sollen.
Schafft Lösungen und klärt auf. Was
soll mit einem angefahrenen Wolf
passieren? Wir Jäger dürfen ihn
nicht erlösen. Er unterliegt dem Artenschutzgesetz und nicht dem
Jagdrecht. Wir könnten helfen, auch
bei der Aufklärung der Bevölkerung
im Umgang mit dem Wolf. Wir sind
flächendeckend vertreten. Wir
könnten die Schnittstelle sein. In anderen Ländern mit Wolfsaufkommen ruft man die Jäger, bei uns die
Polizei. Wir führen auch bei anderen
Arten das Monitoring (Bestandserfassung) durch, warum nicht beim
Wolf?
Nachdem die Landwirte ihre Ernte
eingefahren haben, beginnt nun die
Haupterntesaison für unsere Jäger.
Spannend ist es derzeit aber nicht
nur auf der Flur und in den Wäldern,
sondern auch mit der Landespolitik.
Nach der Novellierung des Landesjagdgesetzes und des Landesnaturschutzgesetzes durch die Küstenkoalition, haben die Jäger unlängst sogar in der Landeshauptstadt protestiert. Isa-Maria Kuhn, Landwirtschaftskammer, sprach mit dem Präsidenten des Landesjagdverbandes
Dr. Klaus-Hinnerk Baasch.
Anfang September haben Sie und Ihre Mitjäger gegen das neue Landesnaturschutzgesetz protestiert, vor allem gegen das Betretungsrecht der
Felder für jedermann. Was regt Sie
daran so auf?
Dr. Klaus-Hinnerk Baasch: Das geht
alles so nicht. Wir haben den Eindruck, dass wir entrechtet werden
sollen. Was uns ratlos macht, ist, dass
wir eine anerkannte Naturschutzorganisation sind und die Jagd als Gemeinwohl im Landesjagdgesetz verankert ist. Wir verstehen nicht, dass
wir viel fürs Land tun können und
man nicht auf uns zurückkommt.
Man will uns ausschalten. Durch die
neuen Gesetze werden wir weniger
Naturschutz, Tierschutz und Biodiversität bekommen.
Nehmen Sie das Beispiel der Gänse.
Die Massen der Nonnengänse, die
sich bis Ende Mai an der Westküste
aufhalten, führen nicht nur zum Verlust des ersten und zweiten Schnitts
der Landwirte. Die Nonnengänse vertreiben auch andere Arten wie die
Trauerseeschwalbe und den Kiebitz.
Noch ein Beispiel, das neue Betretungsrecht abgeernteter Felder. Es ist
schön für die Bevölkerung, wenn sie
dort Drachen steigen lassen kann,
aber sind die Menschen auch geschult? Wissen Sie, ob schon die Aussaat erfolgt ist?
Verstehen Sie mich nicht falsch, ich
gönne jedem sein Naturerlebnis aber
die Menschen kennen sich oft nicht
aus auf dem Land. Das Wild wird massiv gestört und das gerade in der
wichtigen Phase, wo es vor dem Winter Reserven anlegen muss. Wenn die
Menschen nun über die Flächen laufen ist das ein Problem, denn die Leute wissen vielfach nicht, was sie tun.“
Dr. Klaus-Hinnerk Baasch (r.), hier im Gespräch mit Präsident Claus Heller, sagt,
dass die Jäger entrechtet werden.
Foto: Isa-Maria Kuhn Geänderte Jagdzeiten, Diskussion
ben Einzelnen nun auch juristische
Personen, also Vereine und Verbände, die Jagd auf ihrem Grund verbieten können?
Das bewegt uns sehr, denn es hätte
zur Konsequenz, dass die notwendige flächendeckende Jagd etwa bei
Wildschäden oder Seuchen zum Erliegen kommt. Auch über das Erlösen
angefahrenen oder verletzen Wildes,
das diese Flächen aufsucht, hat sich
wohl keiner Gedanken gemacht. Wo
wir nicht jagen können, können wir
auch nicht hegen und pflegen. Das
hat wenig mit Tierschutz, Artenschutz und Biodiversität zu tun.
Der Jagdverband fühlt sich in seiner
Kritik an der Verkürzung der Jagdzeit
bestätigt. Es sieht so aus, als würde
eine ganze Reihe Reviere den Abschussplan nicht erfüllen können.
Gerade beim Damwild macht uns
die Situation zu schaffen. Wenn
Landwirte einen Trupp von 20 bis 30
Tieren im Weizen stehen haben, dann
macht das nervös. Wir hatten dieses
Jahr viele Reviere, die wegen der Schäden Sonderabschüsse beantragt haben. Die Erlaubnis bekommen sie
nach einer Woche. Das ist ein Behördenakt. Wenn Sie Pech haben, ist das
Rudel weitergezogen, der Schaden
bleibt. Die mehrmonatige Verkürzung macht uns die Bejagung schwieriger aber wir sollen unserem Auftrag,
die Land- und Forstwirtschaft zu schützen nachkommen. Das passt alles
nicht zusammen. Ein Stück weit werden hier auch die Jäger und Landwirte
gegeneinander aufgebracht.
Treibt es sie um, dass mit der Novel- In der vergangenen Ausgabe von
lierung des Landesjagdgesetzes ne- „Wald und Jagd“ haben wir über den
starken Anstieg der Marderhundpopulation berichtet. Er hat hierzulande
keine natürlichen Feinde und ist keine heimische Art. Sind Sie in Sorge
ums Niederwild?
Ja, denn er ist ein weiterer Räuber
in der 10-kg-Klasse, und das Niederwild hat schon mit den heimischen
Prädatoren (Dachs, Fuchs, Marder)
genug zu kämpfen. Er ist sehr scheu
und somit auch sehr schwer zu bejagen. Für den Artenschutz ist es absolut notwendig, mit der Falle noch
mehr Prädatoren zu fangen.
Kommen wir zu einem weiteren Neubürger: Dieses Jahr hat der Wolf für
sehr viele Schlagzeilen gesorgt. Sie
wollen die Bevölkerung im Umgang
mit dem Wolf schulen und ihn ins
Jagdrecht aufnehmen aber das Land
lässt Sie nicht. Misstraut man Ihnen?
Wir haben schon früh darauf aufmerksam gemacht, dass der Wolf
kommt. Die Behörden müssen wis-
um die bleifreie Munition, Sie sprechen von der Entrechtung der Jäger
und sehen sich als Wolfsgegner
missverstanden. Dennoch haben die
Jäger keine Nachwuchssorgen.
Rund 17.000 gibt es im Land, Tendenz stabil und im Schnitt 21 Jahre
jung bei Absolvierung der Prüfung
zum Jagdschein. Warum haben wir
trotz einer Stimmung, in der man
demonstrieren geht, noch so viele
Jäger in Schleswig-Holstein?
Die Frage kann ich natürlich nur
aus meiner persönlichen Sicht beantworten. Ich bin trotz aller Erschwernisse und Verschlechterung der Rahmenbedingungen gern Jäger, weil
ich hier aufgewachsen bin. Ich hänge
an dem Land, den Menschen, den
Tieren und Pflanzen. Ich würde gern
einen Teil davon erhalten. Es ist einfach eine Freude, draußen zu sein.
Interview:
Isa-Maria Kuhn
Landwirtschaftskammer
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