Raritäten

Raritäten aus dem Jagdmuseum
Ein kaiserliches
Weihnachtsgeschenk
Foto: S. Riepe
Der begeisterte Jäger Kaiser Wilhelm II. überraschte seine Kaiserin Auguste Viktoria an gleich
zwei Weihnachtsfesten mit prachtvollem Schmuck aus seinen Trophäen. Die einzigartigen
Schmuckstücke sind heute im Deutschen Jagd- und Fischereimuseum zu bestaunen.
Als Wilhelm II. für seine Frau den Grandelschmuck anfertigen
ließ, war er als König von Preußen Herr mehrerer Jagdreviere.
Seit frühester Jugend war er ein begeisterter Jäger und erlegte bereits als 13-jähriger Prinz sein erstes Stück Wild, eine
Fasanenhenne. Seine große Leidenschaft allerdings gehörte
dem Rotwild und der Jagd auf den „König der Wälder“.
Wilhelm II. galt als guter, ausdauernder Jäger und hervorragender Schütze, der sein Wild schnell ansprach und sicher
erlegte. Dass er beim Rotwild bevorzugt Hirsche schoss und
sich in seinen Leibrevieren den Abschuss starker Trophäenträger vorbehielt, war in der damaligen Zeit ebenso wenig ungewöhnlich wie die hohen Strecken.
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Wilhelm verbrachte viel Zeit auf der Jagd. Andreas Gautschi
spricht in seinem Werk „Wilhelm II. und das Waidwerk“ von
etwa 40 Jagdtagen jährlich. Die Jagd nahm in seinem Leben
zweifellos einen großen Stellenwert ein.
Seine zweite Liebe gehörte seiner Frau. Auguste Viktoria hat
seine Jagdleidenschaft stets wohlwollend begleitet. Obwohl
selbst nicht Jägerin, dokumentierte sie mehrmals mit ihrer
Kamera Jäger und Beute – eine Fotostrecke, die im Jagdmuseum zu sehen ist. Allerdings hätte sie sich sicher einen häuslicheren Gatten gewünscht. Als sie 1882 mit dem ersten Sohn
schwanger war, beklagte sie, dass Wilhelm auf Jagdreise ging
und nichts von sich hören ließ.
Foto: SZ-Photo
Foto: SZ-Photo
Im Deutschen Jagd- und
Fischereimuseum in München
ist ein Grandlschmuck einer
illustren Besitzerin ausgestellt –
der letzten deutschen Kaiserin
Auguste Viktoria.
ilhelm schenkte seiner Frau Schmuck zu den Weihnachtsfesten
W
1896 und 1897 – warum in zwei Chargen, ist nicht klar. Vielleicht
konnte der Hofjuwelier Froehlich nicht rechtzeitig liefern, oder
die Kosten überstiegen die Summe, die er für ein Geschenk für
angemessen hielt.
Dabei hatte es die im ländlichen Schlesien aufgewachsene
Prinzessin am Hof in Berlin ohnehin nicht leicht. Die Hofgesellschaft trug ihr die „provinzielle Herkunft“ nach. Es mag
sein, dass sie – wie der langjährige Hofmarschall Robert von
Zedlitz-Trütschler später schrieb – deshalb versuchte, ihren
Mann einzuhegen.
Foto: S. Riepe
Wenn innerhalb der kaiserlichen Familie Geschenke gemacht
wurden, hielt man normalerweise ein bestimmtes Maß ein.
Die Kinder des Kaiserpaares erhielten gewöhnlich Geschenke im Wert von rund 300 Mark, Mutter und Großmutter von je
900 Mark. Ein solch wertvolles Geschenk wie Auguste Viktorias Jagdschmuck brauchte daher einen besonderen Anlass:
1896 jährte sich die Erlegung von Wilhelms erstem Hirsch zum
20. Mal. Er schoss ihn Anfang Oktober 1876 in der Schorfheide. Vielleicht war dies der geeignete Anlass, seiner Frau als
Weihnachtsgeschenk diesen Schmuck aus seinen Trophäen
herstellen zu lassen.
Gold und Edelsteine bilden ein filigranes Geflecht aus Eichenlaub
und fassen Grandlpaare, von Kaiser Wilhelm II. selbst erbeutet. Rubine und Brillanten verzierten ein „AV“, die Initialen der Besitzerin.
Die Zeitschrift „Wild & Hund“ empfahl ihren Leser damals
übrigens, es dem Kaiser gleichzutun, geschmackvolle Kleinodien herstellen und ihre Ehefrauen an dem Erfolg der Jagd
teilhaben zu lassen. S. Riepe
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