Selbstkontrolle ist gut – Regulierung ist besser

Selbstkontrolle ist gut – Regulierung ist besser
NGO Bericht deckt auf: Soziale und ökologische Selbstverpflichtungen von
Unternehmen und Banken verhindern Menschenrechtsverletzungen,
Ausbeutung, Umweltzerstörung und Korruption nicht
(M ünchen/Berlin, 16.02.16) – SPERRFRIST 11:00 - Anlässlich des „Welttages der
Sozialen Gerechtigkeit“ am 20.2.2016 stellt die Berliner NGO FACING FINANCE e.V. ihren
Bericht DIRTY PROFITS 4 vor. Dieser belegt: Selbstverpflichtungen von Unternehmen und
Banken sind nicht geeignet, Konflikte mit sozialen und ökologischen Standards zu Lasten
von Mensch und Umwelt angemessen zu verhindern.
17 AutorInnen aus 10 Ländern berichten exemplarisch über 50 Fälle von Menschenrechtsverletzungen, Korruption, Ausbeutung und Umwelt- sowie Klimazerstörung - zu
verantworten von 20 global agierenden Unternehmen (u.a. ExxonMobil, Zara, Nestlé,
HeidelbergCement und Sanofi) und ihren Finanzdienstleistern (u.a. Deutsche Bank und
Allianz). Die 20 Unternehmen setzten im Jahr 2014 mehr als 1 Billion Euro um und erzielten
dabei einen Nettogewinn in Höhe von über 83 Mrd. Euro. Gegen 8 dieser Unternehmen
wurden Beschwerdeverfahren bei der OECD eingereicht.
Der heute in München vorgestellte DIRTY PROFITS Bericht deckt auch umfangreiche Defizite
in den Selbstverpflichtungen der Unternehmen und Banken auf. Dies gilt besonders für die
Bereiche Menschenrechte, Umwelt- und Klimaschutz. 18 der 20 analysierten Unternehmen
sind in einen oder mehrere Fälle von Menschenrechtsverletzungen verwickelt. Im Umweltbzw. Klimabereich wurden bei 13 von 20 Unternehmen Konflikte festgestellt. Arbeitsrechtliche Verstöße wurden bei 10 Unternehmen dokumentiert, wohingegen 6 Unternehmen in
Bezug auf Korruption auffällig wurden. „W ir dürfen es einfach den Banken und
Unternehm en nicht selbst überlassen, für die Beachtung von M enschen- und
Um weltrechten allein und hinter verschlossenen Türen Sorge zu tragen“, sagt
Thomas Küchenmeister von Facing Finance.
Obwohl sich 16 der 20 analysierten Unternehmen längst auf Ausschlusslisten hunderter
internationaler Investoren wiederfinden, halten die 12 ausgewählten Finanzdienstleister des
DIRTY PROFITS Berichtes an diesen fest. Allein in ExxonMobil, verantwortlich für bislang fast
47 Mrd. Tonnen klimazerstörender C0-2 Emissionen, wurden über 55 Mrd. Euro investiert.
Der DIRTY PROFITS Bericht belegt, dass 5 der 12 ausgewählten Finanzinstitute (u.a. Allianz
und BlackRock) Finanzbeziehungen zu allen 20 kontroversen Unternehmen unterhalten; die
Deutsche Bank kommt auf 19 Unternehmen. Zu den größten Emittenten von Aktien- und
Anleihen bzw. Kreditgebern der Unternehmen gehören u.a. HSBC (9,9 bzw. 2,2, Mrd. Euro)
und die Deutsche Bank (7,9 bzw. 1,1 Mrd. Euro). Neben der Allianz ist auch u.a. Vanguard (74
Mrd. Euro) an allen kontroversen Unternehmen beteiligt, häufig im Auftrag Dritter als
Vermögensverwalter.
Die LEITPRINZIPIEN FÜR WIRTSCHAFT UND MENSCHENRECHTE, ein 2011 vom UNMenschenrechtsrat verabschiedeter globaler Standard zur Verhütung und Behebung von
Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit Wirtschaftsaktivitäten, finden bei den
untersuchten Unternehmen und Banken bislang kaum Beachtung. Nur 6 der 20
Unternehmen erwähnen und/oder unterstützen die Leitprinzipien auf ihren Webseiten.
Ähnliche Werte zeigen die Finanzdienstleister. Nur 3 von 12 (u.a. die Deutsche Bank)
erwähnen die Leitlinien als (zu beachtenden) Standard. Keine der sechs untersuchten Banken
(ohne Vermögensverwalter) hat außerdem spezifische Richtlinien z.B. in Bezug auf
Zwangsarbeit bei Geschäftspartnern installiert.
„Die Hälfte der untersuchten Finanzinstitute ist noch nicht einmal bereit unverbindliche
Minimalstandards wie den UN Global Compact zu unterzeichnen“, beklagt Thomas
Küchenmeister. Nur 5 der 12 ausgewählten Finanzinstitute folgen den Äquator-Prinzipien,
einem freiwilligen Regelwerk von Banken zur Einhaltung von Umwelt- und Sozialstandards
bei Projektfinanzierungen.
Sollen Umwelt- und Sozialstandards vollumfänglich Anwendung finden, müssen
Finanzdienstleister Unternehmen ausschließen, die:
•
•
•
•
•
fundamentale internationale Arbeits- und Menschenrechte missachten;
massive Umweltzerstörung in Kauf nehmen;
massiv von Korruption profitieren bzw. diese zum Teil des Geschäftsmodells erheben;
kontroverse, geächtete Waffen herstellen;
Geschäfte betreiben, die geltendes Völkerrecht verletzen oder die in Konfliktgebiete
investieren.
Finanzdienstleister müssen zudem umfassendere Richtlinien installieren, die die Beachtung
von Menschen- und Umweltrechten sicherstellen. Sie müssen außerdem einen einfach
zugänglichen und effektiven Beschwerdemechanismus für Einzelpersonen oder
Organisationen einrichten und in Bezug auf soziale und ökologische Auswirkungen ihrer
Geschäfte transparenter werden.
Da dies auf freiwilliger Basis offensichtlich nicht hinreichend gelingt, müssen
Finanzdienstleister und Unternehmen per Gesetz verpflichtet werden, vollständig Bericht zu
erstatten, inwieweit ESG-Risiken in ihre Geschäftsentscheidungen einbezogen sind, bzw.
welche sozialen und ökologischen Auswirkungen diese haben. Die Bundesregierung muss
die Europäische Richtlinie (2014/95/EU) zur Offenlegung von nichtfinanziellen Informationen
durch Unternehmen bis zum Ende des Jahres 2016 in deutsches Recht umsetzen und sollte
diese Offenlegungspflicht nicht nur auf die größten, börsennotierten Unternehmen
anwenden. Sie muss bei der Umsetzung der UN Leitprinzipien für Wirtschaft und
Menschenrechte auch darauf achten, dass die Rolle und die Verantwortung der
Finanzwirtschaft angemessen berücksichtigt wird.
Kontakt
Thomas Küchenmeister
Geschäftsführender Vorstand Facing Finance e.V.
+49 (0)175 4964 082
[email protected]