"Betrug am Wähler" Plansalat im hessischen

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Vierphasenplan, Optimierter Vierphasenplan, Bewirtschaftungsplan Salz 2015, Masterplan Salz,
Detaillierter Bewirtschaftungsplan Salz 2015
- Hat das Plänechaos der Hessischen Umweltministerin Priska Hinz (B'90/Die Grünen) ein System?
"Betrug am Wähler"
Plansalat im hessischen Kommunalwahlkampf
Ein Kommentar der Werra-Weser-Anrainerkonferenz e.V.
27.01.2016
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Vorbemerkung
Seit September 2014 zaubert die Hessische Umweltministerin Priska Hinz (B'90/Die Grünen) alle paar Monate
einen neuen Plan zur Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie (EU-WRRL) in Werra und Weser aus der mi­
nisteriellen Schublade. Gesetzlich vorgeschrieben waren nur zwei Bewirtschaftungspläne, aber die wurden
verspätet vorgelegt.
Nicht alle Pläne der Ministerin sind veröffentlicht worden. Sie haben eine Gemeinsamkeit: sie missachten die
Umsetzungsfristen und die Qualitätsziele der EU-WRRL und werden bislang von der EU-Kommission abge­
lehnt. Es drohen deshalb eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof und in der Folge hohe Strafzahlun­
gen.
Worum geht es?
Im September 2014 hat die Ministerin einen mit K+S abgestimmten
"Vierphasenplan"
angekündigt, der die Versalzung von Werra und Weser bis zum Jahre 2075 beschreibt und der offen lässt, ob
und wann die Vorgaben der EU-WRRL in der Flussgebietseinheit Weser umgesetzt werden sollen. Die Ewig­
keitslast des versalzenen Grundwassers wird verschlimmert und die Salzhalden werden sich sogar noch ein­
mal verdoppeln; eine Sicherung der ausgebeuteten Bergwerke ist dort nicht geregelt. Eine neue
Verklappungsstelle für K+S-Abwasser an der Oberweser soll wohl verhindern, dass K+S wegen des Ver­
schlechterungsverbots in der Werra seine Produktion drosseln muss. Es ist klar, dass Hessen und K+s mit
diesen Plänen an der Versalzung von Werra und Weser nichts ändern und die Wasserrahmenrichtlinie nicht
zielgerecht umsetzen wollen.
Der Vierphasenplan ist der Öffentlichkeit nie zugänglich gemacht worden, es gibt nur eine vage Beschrei­
bung in Form einer Pressemitteilung Der Plan ist mit den anderen Anrainerländern nicht abgestimmt worden,
obwohl sie lt. EU-WRRL gleichberechtigt an der Umsetzung der Richtlinie beteiligt werden müssen. Der Kon­
flikt führte dazu, dass sich die Anrainerländer nicht fristgerecht auf einen Bewirtschaftungsplan einigen konn­
ten.
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Anfang 2015 hat die Ministerin Landtag mehrfach von einem
"Optimierten Vierphasenplan"
gesprochen, über den aber nichts bekannt ist, weil er noch nicht einmal in Andeutungen offen gelegt worden
ist.
Die Anrainer der Flussgebietseinheiten sind nach der Wasserrahmenrichtlinie verpflichtet, in festgelegten Ab­
ständen Bewirtschaftungspläne zu beschließen, in denen die Umsetzung der EU-WRRL geplant und doku­
mentiert wird. Sie müssen offen gelegt werden, damit die betroffenen Anrainer Stellung nehmen können.
Wenn sie beschlossen sind, stellen sie den Rechtsrahmen für alle Bewirtschaftungsmaßnahmen und Erlaub­
nisse dar. Der für Dezember 2015 verpflichtend vorgegebene endgültige Bewirtschaftungsplan wird dann bis
2021 gelten.
Mit vier Monaten Verspätung haben sich die Umweltminister der Anrainerländer im April 2015 auf den
"Entwurf Bewirtschaftungsplan Salz 2015"
geeinigt. Schon bald sollte sich zeigen, dass die Bundesländer diesen Plan unterschiedlich interpretieren. Un­
einigkeit bestand vor allem hinsichtlich der Frage, ob der Plan noch die (in Thüringen abgelehnte) Laugen­
verpressung und die (vom Niedersächsischen Landtag ausgeschlossene) Oberweserpipeline enthält. Schon
die Lektüre des Plans hätte alle Ungewissheiten beseitigen können. Der Bewirtschaftungsplan hat dann die
Öffentlichkeitsbeteiligung durchlaufen und hätte am 22.12.2015 beschlossen werden müssen.
Noch vor Ablauf dieser Frist hat sich die EU-Kommission zu Wort gemeldet und am 22.10.2015 den vorgeleg­
ten Bewirtschaftungsplan abgelehnt, weil er die Vorgaben der EU-WRRL verfehlt:
•
er missachtet die Fristen und Ziele der EU-WRRL, ohne dass die notwendigen Voraussetzungen hier­
für vorliegen,
•
er gibt dem Unternehmen K+S keine Maßnahmen zur Zielerreichung verbindlich vor,
•
für die aufgezählten Maßnahmen wird nicht der Nachweis erbracht, dass damit die gesetzten Ziele
erreicht werden können,
•
wegen der genannten Mängel haben die Anrainerländer die Pflicht zur Anhörung der Öffentlichkeit
versäumt.
Es musste also wieder ein neuer Plan her.
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Anfang Dezember 2015 wurde bekannt, dass sich die Umweltminister der Anrainerländer auf einen
"Masterplan Salz"
geeinigt haben. Nach Meinung der Hessischen Umweltministerin setzt er ihren Vierphasenplan konsequent
um, ihre Kollegen aus Thüringen und Niedersachsen scheinen wieder einmal übersehen zu wollen, dass er
nach wie vor die Laugenverpressung und die Oberweserpipeline (jetzt schönrednerisch "Werra-Bypass" ge­
nannt) als Entsorgungsoptionen enthält.
Auch der "Masterplan Salz" ist nicht veröffentlicht, aber angeblich der EU-Kommission vorgelegt worden. Die
Kommission habe dem Masterplan Salz zugestimmt und sie habe deshalb das Vertragsverletzungsverfahren
eingestellt. Für die Richtigkeit dieser Angaben fehlt bisher jeder Nachweis, sie sind vielmehr völlig unglaub­
würdig. Bekanntlich richtet die Kommission bewertende Stellungnahmen nur an den deutschen Außenminis­
ter und nicht an Delegationen von Bundesländern.
K+S selbst hat den "Masterplan Salz" abgelehnt, soweit er vom "Vierphasenplan" abweicht.
Es scheint überflüssig zu sein, den Masterplan Salz zu kennen, denn nur zwei Wochen nach seiner ersten Er­
wähnung ist er von dem
"Detaillierten Bewirtschaftungsplan Salz 2015"
abgelöst worden. Dieser enthält folgende Elemente:
•
Die Laugenverpressung soll bis mindesten 2021 fortgesetzt werden.
•
Die "Ewigkeitslasten" der Salzhalden und des versalzenen Grund- und Trinkwassers sollen sich bis
zur Betriebseinstellung noch einmal vervielfachen.
•
Ab 2021 soll eine Abwasserpipeline zur Oberweser gebaut werden und dort die Verklappung der
K+S-Abwässer in die Oberweser ermöglichen. Sie wird jetzt "Werra-Bypass" genannt und soll jetzt
angeblich wesentlich weniger Abwasser transportieren. Wieder fehlt jeder Nachweis, dass mit den
angegebenen Maßnahmen der Salzabstoß so weit reduziert werden kann, dass man mit einer kleine­
ren Abwasserpipeline auskommen könnte.
•
In der Werra und in der Weser bis zum Pegel Boffzen sollen die Ziele der EU-WRRL nicht angestrebt
werden, die notwendigen Voraussetzungen für eine Ausnahmeregelung werden wieder nicht nachge­
wiesen.
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•
Ab 2027 soll angeblich unterhalb des Pegel Boffzen der "gute ökologische Zustand" und damit ein
Qualitätsziel der Wasserrahmenrichtlinie erreicht werden. Auch hier wird versäumt, die Wirksamkeit
der Maßnahmen nachzuweisen und das Erreichen dieses Ziels plausibel zu machen.
Die EU-Kommission hatte den Bewirtschaftungsplan Salz 2015 abgelehnt. Trotzdem sind die von der Kom­
mission genannten Mängel von den Anrainerländern nicht beseitigt worden. In dem jetzt vorliegenden über­
arbeiteten Entwurf des Bewirtschaftungsplans sind zwar einzelne Maßnahmen konkret benannt worden,
allerdings ist deren Machbarkeit und Wirksamkeit weiterhin ungeklärt. Damit bleibt auch dieser Plan unver­
bindlich und verfehlt die Anforderungen der Wasserrahmenrichtlinie erneut. Die Mahnungen der EU-Kommis­
sion wurden auch 2015 nicht berücksichtigt.
Der "Detaillierte Bewirtschaftungsplan Salz 2015" soll im Februar 2016 m Weserrat beschlossen werden.
Die Hessische Umweltministerin schafft Tatsachen
Ungeachtet der schwelenden Konflikte mit den Anrainerländern Thüringen und Niedersachsen setzt Priska
Hinz die Umsetzung des "Vierphasenplans" fort und schafft zwischen November 2015 und Januar 2016 Tat­
sachen:
•
Aufhebung der Grenzwertsenkung in der Werra November 2015)
•
Fortsetzung der Laugenverpressung im Werrarevier (Dezember 2015)
•
Eröffnung des Raumordnungsverfahrens für die Oberweserpipeline (Januar 2016)
Der Konflikt mit der EU-Kommission und dem Anrainerland Niedersachsen verschärft sich, aber
Thüringen geht in Deckung
Da auch der "Detaillierte Bewirtschaftungsplan Salz 2015" die Vorgaben der EU-WRRL missachtet, wird die
EU-Kommission nicht umhin kommen, das Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik fortzuset­
zen und damit eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof vorzubereiten.
Die Thüringer Umweltministerin Anja Siegesmund hatte sich öffentlich gegen die Fortsetzung der Laugenver­
pressung ausgesprochen, denn schließlich bedroht diese Entsorgungspraxis die Trinkwasserversorgung der
Thüringer Gemeinde Gerstungen. Allerdings mochte sie sich auch nicht gegen ihre hessische Kollegin und
Parteifreundin wenden, und hat deshalb in den Bewirtschaftungsplänen und im "Masterplan Salz" die Lau­
genverpressung als Entsorgungsoption akzeptiert. Als Priska Hinz im November mit der Erlaubnis zur Fortset­
zung der Laugenverpressung Tatsachen schafft, duckt sich Anja Siegesmund weg; seitdem schweigt
Thüringen. Die Gemeinde Gerstungen bleibt erneut sich selbst überlassen.
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Der Niedersächsische Landtag hatte den Umweltminister aufgefordert, "keinem Bewirtschaftungsplan für die
Flussgebietsgemeinschaft Weser zuzustimmen, der eine Einleitung von Produktionsabwässern der Kaliförde­
rung in die Weser mittels einer Pipeline vorsieht" und stattdessen die Aufbereitung der Abwässer vor Ort ge­
fordert. Aber auch der Niedersächsische Umweltminister Stefan Wenzel wollte lieber den Vorgaben seiner
Kollegin aus Wiesbaden folgen, statt die Beschlüsse des Landtags umzusetzen. Mit den "Bewirtschaftungs­
plan Salz 2015" und dem "Masterplan Salz" hat er auch die Verklappung der K+S-Abwässer in die Oberweser
passieren lassen. Den "Detaillierten Bewirtschaftungsplan Salz 2015" hat mit einer Stimmenthaltung ermög­
licht, ohne von seinem Vetorecht Gebrauch zu machen.
Erst als die CDU-Fraktion und der Abgeordnete Roland Schminke (SPD) mit parlamentarischen Anfragen im
Landtag Druck machen, bequemt sich der Minister zu einem müden Protest gegen das Raumordnungsver­
fahren für die Oberweserpipeline. Priska Hinz habe sich nicht an den Masterplan Salz gehalten, der nur eine
"kleinere Oberweserpipeline" vorgesehen habe. "Unter diesen Umständen" könne sich der Minister gezwun­
gen sehen, "die Beschlussfassung abzulehnen".
Offenbar will der Minister doch seine Zustimmung zur Oberweserpipeline vorbereiten - wenn sie nur umbe­
nannt wird, in "Werra-Bypass" oder "Mini-Pipeline". Es geht aber immer um eine Abwasserpipeline mit einem
Transportvermögen von mehr als 5 Mio. cbm/Jahr, denn diese Menge kann K+S künftig nicht mehr in die
Werra einleiten, weil die Rückläufe aus dem Untergrund und von den Halden wegen der hierzu erteilten Ge­
nehmigungen unkontrollierbar zunehmen. Es droht an der Werra eine Verletzung des Verschlechterungsver­
bots der EU-WRRL und damit ein Entsorgungskollaps. Es gibt keine Lösung dieses Problems ohne in
geeignete Aufbereitungsanlagen für die K+S-Abwässer zu investieren. Für die im Masterplan und den Bewirt­
schaftungsplänen genannten Maßnahmen sind weder die Wirksamkeit noch die Machbarkeit nachgewiesen.
Setzt der Niedersächsische Landtag nach?
Der Niedersächsische Landtag hatte seinerzeit auch gefordert, die Salzabfälle in den K+S-Werken an der
Werra mit geeigneten Aufbereitungsverfahren vor Ort zu vermindern. Hier setzt die CDU-Fraktion mit einem
Entschließungsantrag nach. Der Landtag soll die Landesregierung auffordern, die noch ausstehende Wirt­
schaftlichkeitsuntersuchung der K-UTEC-Verfahren auf eigene Kosten in Auftrag zu geben, denn der Umwelt­
minister "hat es versäumt, frühzeitig die gründliche Untersuchung sinnvoller Alternativen zur Oberweser-
Lösung in Auftrag zu geben. Stattdessen (hat) sich der niedersächsische Vertreter in den Sitzungen des
„Runden Tisches Gewässerschutz Werra/Weser Kaliproduktion" verfrüht und ohne weitere Überprüfungen
gegen die sogenannte Eindampfungslösung, bei der die Abwässer vor Ort aufgearbeitet werden, ausgespro­
chen. Angeblich würde sie ähnlich hohe Kosten verursachen, wie die aufgrund der erheblichen Nachteile für
Niedersachsen heftig umstrittene Nordseepipeline. Richtig wäre es gewesen, gerade diese ‚Eindampfungslö­
sung' offensiv zu fordern. Das fahrlässige Handeln des Umweltministers macht den Bau der für Niedersach­
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sen höchst problematischen Oberweser-Pipeline immer wahrscheinlicher" , so der umweltpolitische Sprecher
der CDU-Fraktion im Niedersächsischen Landtag, Martin Bäumer.
Darum geht es - Betrug am Wähler!
Das oben beschriebene Plänechaos der Hessischen Umweltministerin kann man nur noch kopfschüttelnd zu
Kenntnis nehmen.
Priska Hinz hat zweifellos das Problem, den mit K+S vereinbarten Vierphasenplan gegen die Gesetzeslage
und gegen den Widerstand der Anrainerländer und der EU-Kommission durchzusetzen. Davon hängt ihr
politisches Überleben ab. Wenn ihr das Kunststück nicht gelingt, die K+S-spezifische Vorstellung von der
"Verbindung von Bergbau und Umweltschutz" zulasten der Werra Wirklichkeit werden zu lassen, dann dürfte
sie in der schwarz-grünen Koalition in Wiesbaden nicht mehr tragbar sein.
Aber sie hat auch ein anderes Problem, denn ihre Parteibasis muss im hessischen Kommunalwahlkampf er­
klären, warum sie während ihrer Amtsführung aus "Werrakämpfern" zu "Werraversalzern" geworden sind.
Um zu verhindern, dass die Parteibasis für ihre Politik abgestraft wird, könnte sie ein starkes Interesse ha­
ben, nicht schon vor der Wahl in Hessen ihr Versagen als Umweltpolitikerin deutlich werden zu lassen.
Das sieht auch Jürgen Lenders so, der umweltpolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Hessischen Landtag:
"Das Verschieben einer klaren Aussage ist in diesem Fall wohl eher der Kommunalwahl im März 2016 als
sachlichen Umständen geschuldet. Hier wird versucht Nebelkerzen zu zünden, um abzulenken. Ein durch­
schaubares, taktisches Manöver, welches letztlich eine Vorbereitung des Betruges am Wähler ist“.
Danach mag die Salzflut kommen.
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