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Deutsches Notarinstitut
Gutachten-Abruf-Dienst
G u t a c h t e n d e s D e u t s c h e n No t a r i n s t i t u t s
Abruf-Nr.:
143802
l e t zt e A k t u a l i s i e r un g :
25. August 2015
BeurkG § 13; BGB § 1365
Fehlende Unterschrift eines formell Urkundsbeteiligten; Zustimmung des Ehegatten zu
einem Verpflichtungsgeschäft des erwerbenden anderen Ehegatten
I. Sachverhalt
Es wurde ein Vertrag betr. die Verpflichtung zum Abschluss eines Kaufvertrages geschlossen.
Für den Fall, dass dieser nicht abgeschlossen wird, hat der Käufer eine Vertragsstrafe zu zahlen.
Mitgewirkt haben der Verkäufer, der Käufer und seine Ehefrau. Die Erklärung der Ehefrau des
Käufers bestand darin, dass sie dem Vertrag gemäß den Vorschriften des § 1365 BGB zugestimmt hat.
Die Ehefrau war bei der Beurkundung anwesend, hat aber den Vertrag „versehentlich“ nicht unterschrieben. Der Notar hat daraufhin eine Nachtragsurkunde vorbereitet und sich mit der
Ehefrau in Verbindung gesetzt, um zeitnah die Beurkundung der Nachtragsurkunde
vorzunehmen. Die Nachtragsurkunde ist bislang nicht unterschrieben, obwohl von Seiten des
Notariats fast täglich nachgehakt und an die fehlende Unterschrift erinnert wurde.
Dem Notar ist nicht bekannt, ob der Käufer in der Urkunde über sein wesentliches Vermögen
verfügt hat. Er geht jedoch davon aus, dass sich die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts nach
materiellem Recht richtet und insofern eine Zustimmung nach § 1365 BGB nicht erforderlich ist,
wenn es um die Erwerberseite geht. Ferner wird erwogen, den Verkäufer und den Käufer, die
seinerzeit die Urkunde unterschrieben haben, zu einer Wiederholungsbeurkundung ohne
Mitwirkung der Ehefrau zu laden, ggf. unter fester Terminvorgabe mit einer großzügigen Frist.
II. Fragen
1.
Welche Auswirkungen hat die fehlende Unterschrift der Ehefrau des Käufers auf die Wirksamkeit des der Niederschrift zugrunde liegenden Rechtsgeschäftes?
2.
Kann der Käufer ohne die Zustimmung der Ehefrau sich zu einem Ankauf von Grundbesitz
und zur Zahlung einer Vertragsstrafe verpflichten oder ist hier – Verfügung über das wesentliche Vermögen vorausgesetzt – die Genehmigung der Ehefrau erforderlich?
3.
Gilt es als endgültige Verweigerung, wenn der Notar die Beteiligten unter Fristsetzung zur
Nachtragsbeurkundung auffordert?
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III. Zur Rechtslage
1.
Fehlende Unterschrift eines Urkundsbeteiligten
Nach § 13 Abs. 1 S. 1 HS 1 BeurkG muss die Niederschrift in Gegenwart des Notars den
Beteiligten vorgelesen, von ihnen genehmigt und eigenhändig unterschrieben werden. An
der Beurkundung beteiligt sind die Erschienenen, deren im eigenen oder fremden Namen
abgegebene Erklärungen beurkundet werden sollen (sog. formell Beteiligter, vgl. § 6 Abs. 2
BeurkG). Die Bestimmung des § 13 Abs. 1 S. 1 HS 1 BeurkG ist für eine wirksame Beurkundung zwingend zu beachten.
Dies schließt jedoch nicht aus, dass ein formell Beteiligter, welcher der notariellen Verhandlung bis zum Abschluss der Niederschrift durch Verlesung und Genehmigung beigewohnt
hat, seine vergessene Unterschrift nachholen kann. So hält die h. M. unter Berufung auf
das Urteil des OLG Düsseldorf vom 7.10.1998 (DNotZ 2000, 299 mit Anm. Wochner) die
Nachholung einer vergessenen Unterschrift durch eine Nachtragsverhandlung grundsätzlich
für zulässig (vgl. auch Grziwotz/Heinemann, BeurkG, 2. Aufl. 2015, § 13 Rn. 30; Winkler,
BeurkG, 17. Aufl. 2013, § 13 Rn. 67; Eylmann/Vaasen/Limmer, BNotO/BeurkG, 3. Aufl.
2011, § 13 BeurkG Rn. 24; Armbrüster/Preuß/Piegsa, BeurkG/DONot, 7. Aufl. 2015, § 13
BeurkG Rn. 61-66, vgl. insbesondere Rn. 55 zur Nachholung der Unterschrift eines
Vertreters ohne Vertretungsmacht; Staudinger/Hertel, BGB, 2012, Vorbem. zu §§ 127a, 128
(BeurkG), Rn. 396 f., auch zu den Folgen einer vergessenen Unterschrift). Etwas anderes
gilt freilich dann, wenn die gleichzeitige Abwesenheit der Beteiligten bei der Erklärung
erforderlich ist (BayObLGZ 2001, 41 = DNotZ 2001, 560 = NJW-RR 2001, 734 – zur
Auflassung gem. § 925 Abs. 1 S. 2 BGB).
Piegsa weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der Notar dienst- und berufsrechtlich verpflichtet sei, die notwendige Nachtragsverhandlung unverzüglich herbeizuführen,
nachdem ihm das Fehlen der Unterschrift eines Urkundsbeteiligten aufgefallen ist
(Armbrüster/Preuß/Renner, § 13 BeurkG Rn. 66 a. E.).
Verweigert der betreffende Beteiligte die Nachholung der Unterschrift, ist die Erklärung
des betreffenden Beteiligten nicht wirksam beurkundet. Die Erklärungen der anderen Beteiligten sind hingegen formwirksam beurkundet (vgl. Staudinger/Hertel, Vorbem. zu
§§ 127a, 128 (BeurkG), Rn. 397; Armbrüster/Preuß/Piegsa, § 13 BeurkG Rn. 60). Die Folgefrage, welche Auswirkungen die Verweigerung der Unterschrift eines Beteiligten für die
Wirksamkeit des der Beurkundung zugrunde liegenden Rechtsgeschäfts zwischen den
übrigen Beteiligten hat, ist nach Maßgabe des materiellen Rechts zu beurteilen (vgl.
Armbrüster/Preuß/Renner, § 13 BeurkG Rn. 60; Grziwotz/Heinemann, § 13 Rn. 20; Eylmann/Vaasen/Limmer, § 13 BeurkG Rn. 16). Demgemäß sei das eigentliche Rechtsgeschäft
wirksam, wenn die Erklärungen des die Unterschrift verweigernden Beteiligten selbständige
Bedeutung haben und nur (zufällig) aus Anlass der Beurkundung des Rechtsgeschäfts der
anderen Beteiligten in eine einheitliche Niederschrift aufgenommen wurden; sind die Erklärungen des die Unterschrift verweigernden Beteiligten demgegenüber für das zu beurkundende Rechtsgeschäft „wesentlich“, sei die Beurkundung insgesamt nichtig (vgl.
Winkler, § 13 Rn. 43, 64; unter Hinweis auf § 139 BGB auch Staudinger/Hertel, Vorbem. zu
§§ 127a, 128 (BeurkG), Rn. 397). Entscheidend ist damit im vorliegenden Fall, welche
(materiell-rechtliche) Bedeutung die Zustimmungserklärung der Ehefrau gem. § 1365 BGB
für den Vertrag zwischen den materiell Beteiligten (Verkäufer und Käufer) hat.
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2.
Keine Zustimmungspflicht gem. § 1365 BGB zur Begründung einer Geldschuld
Von einem Verstoß gegen die verfahrensrechtlichen Vorschriften des BeurkG zu unterscheiden ist die Frage nach den materiell-rechtlichen Auswirkungen auf das zu beurkundende
Rechtsgeschäft.
In Rede steht hier ein Vertrag, der die Verpflichtung zum Abschluss eines Kaufvertrages
zum Inhalt hat. Wir gehen davon aus, dass es sich bei dem abzuschließenden Kaufvertrag
um einen solchen über Grundstücke handelt, so dass die maßgeblichen Verpflichtungen
gem. § 311b Abs. 1 BGB der notariellen Beurkundung bedürfen. Die entsprechenden Willenserklärungen des künftigen Verkäufers und des künftigen Käufers sind in der Urkunde
aber enthalten und offenbar auch unter Beachtung des § 13 BeurkG wirksam beurkundet
worden, da sowohl Verkäufer als auch Käufer die Niederschrift unterschrieben haben.
Es war jedoch auch die Ehefrau des Käufers an der Urkunde beteiligt, und zwar ausschließlich deshalb, um ihre Zustimmung gem. § 1365 BGB zu dem von ihrem Ehemann
geschlossenen Vertrag zu erklären. Die Ehefrau hat die notarielle Niederschrift jedoch versehentlich nicht unterschrieben und weigert sich nun, die Unterschrift nachzuholen.
Nach ganz h. M. ist die Zustimmung des Ehegatten gem. § 1365 BGB zur Begründung von
Geldschulden nicht erforderlich (vgl. BGH FamRZ 2008, 1435; FamRZ 1983, 455; OLG
Rostock NJW 1995, 3127; Palandt/Brudermüller, BGB, 74. Aufl. 2015, § 1365 Rn. 3;
BeckOK-BGB/J. Mayer, Stand: 1.11.2014, § 1365 Rn. 19.8a; MünchKommBGB/Koch,
6. Aufl. 2013, § 1365 Rn. 43 jew. m. w. N.). Mithin bedarf es keiner Zustimmung, wenn
sich der Ehegatte auf Käuferseite zur Bezahlung des Kaufpreises verpflichtet. Dies bedeutet, dass auch im vorliegenden Fall, bei dem sich der Ehegatte zum Abschluss eines
Kaufvertrages verpflichtete, bei dem er die Rolle des Käufers innehaben würde, die Zustimmung gem. § 1365 BGB materiell-rechtlich nicht erforderlich war. Das Versprechen
einer Vertragsstrafe ist ebenfalls auf Begründung einer Geldschuld gerichtet und löst daher
das Zustimmungserfordernis gem. § 1365 BGB ebenfalls nicht aus.
War materiell-rechtlich eine Zustimmung der Ehefrau gem. § 1365 BGB nicht erforderlich,
um die Verpflichtungen des Ehemannes (Käufer) gegenüber dem Verkäufer wirksam zur
Entstehung zu bringen, liegt jedoch der Schluss nahe, dass Käufer und Verkäufer ungeachtet
der fehlenden Unterschrift der Ehefrau auf der notariellen Urkunde an ihre darin enthaltenen
Verpflichtungen gebunden sind. Der Verstoß gegen das Beurkundungsverfahrensrecht im
Hinblick auf die fehlende Unterschrift der insofern nur formell beteiligten Ehefrau des
Käufers (§ 13 Abs. 1 S. 1 HS 1 BGB), ändert an der materiellen Rechtslage im Verhältnis
Verkäufer-Käufer nichts. Die Rechtslage mag allenfalls dann anders zu beurteilen sein,
wenn die Zustimmung eines Dritten zur (aufschiebenden) Bedingung für den Vertrag zwischen Verkäufer und Käufer erhoben wurde; in diesem Fall hätte die Zustimmungserklärung
– anders als hier – auch für das Rechtsverhältnis zwischen Verkäufer und Käufer konstitutive Bedeutung. Wenn jedoch – wie hier – die Zustimmungserklärung der Ehefrau ausdrücklich nur im Hinblick auf § 1365 BGB erfolgen sollte, die genannte Vorschrift aber tatbestandlich nicht einschlägig ist, liegt die Annahme fern, dass die materiell Beteiligten
(Verkäufer und Käufer) die Wirksamkeit ihrer Erklärungen an die Erklärung der Ehefrau
des Käufers geknüpft haben. Solange ein dahingehender Wille der materiell Beteiligten
nicht dargelegt und im Bestreitensfall bewiesen wird, ist u. E. von der Wirksamkeit der beurkundeten Erklärungen des Verkäufers und des Käufers auszugehen.
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Im Übrigen geben wir zu Bedenken, dass – ein Zustimmungserfordernis gem. § 1365 BGB
unterstellt – diese Zustimmungserklärung materiell-rechtlich keiner besonderen Form
bedarf (Palandt/Brudermüller, § 1365 Rn. 15). Sie ist insbesondere nicht vom Beurkundungserfordernis des § 311b Abs. 1 BGB erfasst. Sie kann daher auch durch schlüssiges
Verhalten, z. B. im Rahmen der Beurkundungsverhandlung, abgegeben worden sein.
Freilich besteht insofern nicht der Beweiswert einer öffentlichen Urkunde, wenn die
Zustimmungserklärung nicht unter Beachtung des § 13 BeurkG notariell beurkundet wurde.
3.
Überlegungen zum weiteren Vorgehen
Für die Frage des weiteren Vorgehens möchten wir uns auf die nachfolgenden Aspekte beschränken.
Der Notar ist zwar – wie in Ziffer 1. ausgeführt – verpflichtet, auf die notwendige Nachtragsverhandlung unverzüglich hinzuwirken, wenn ihm das Fehlen einer Unterschrift des
Urkundsbeteiligten auffällt. Eine Möglichkeit, die erforderliche Mitwirkung der Beteiligten zu erzwingen, besteht jedoch nicht. Die Rechtslage ist insofern nicht anders, als würde
ein Beteiligter nach dem Verlesen der notariellen Niederschrift seine Unterschriftsleistung
bewusst verweigern (vgl. hierzu Winkler, § 13 Rn. 64).
War – wie hier – die Unterschrift eines formell Urkundsbeteiligten für die materiell-rechtliche Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts zwischen Verkäufer und Käufer nicht erforderlich,
ändert dies nichts mehr am Bestand der (wirksam beurkundeten) Rechte und Pflichten der
materiell Urkundsbeteiligten. Hieran ändert sich auch dadurch nichts, dass der Ehefrau vom
Notar erfolglos eine Frist zur „Nachholung“ ihrer Unterschrift gesetzt wurde. Gleiches gilt,
wenn der Notar dem Verkäufer und dem Käufer eine Frist zur „Wiederholungsbeurkundung“ setzt. Verkäufer und Käufer sind bereits aus der ursprünglichen Urkunde im
dort genannten Umfang einander verpflichtet und berechtigt. Einer „Wiederholung“ bzw.
„Bestätigung“ dieser Rechtspflichten in einer weiteren notariellen Niederschrift ohne Beteiligung der Ehefrau des Käufers bedarf es daher nicht.
Welche weiteren Vollzugsschritte (Grundbuchvollzug o. ä.) für den „Vertrag betr. die Verpflichtung zum Abschluss eines Kaufvertrages“ erforderlich wären, ist uns nicht ersichtlich.