Direktsaat – ein Ackerbausystem für Baden

Direktsaat – ein Ackerbausystem für Baden-Württemberg
Technik zur Direktsaat
Gegenüber einer konventionellen Bewirtschaftung entfallen bei der Direktsaat die
ganzen Arbeitsgänge der Bodenbearbeitung und damit auch die energieaufwändige
Grundbodenbearbeitung für die die Mechanisierung eines Betriebes üblicherweise
dimensioniert ist. Bei den oft vorherrschenden Winterfruchtfolgen muss die
Bodenbearbeitung und die Bestellung innerhalb der knappen Zeitspanne
Hackfruchternte-Herbstbestellung erfolgen und wird damit zum Arbeitsengpass auch
wegen der durch Witterungseinflüsse eingeschränkten Anzahl der Arbeitstage. Das
Bestreben die Herbstbestellung zeitgerecht durchzuführen führt meist dazu, dass die
Maschinenausstattung für diesen Engpass vorgehalten wird.
Erforderliche Maschinenausstattung
Bei der Direktsaat oder besser -„no-till“ also ohne Bodenbearbeitung wie das
Verfahren im anglikanischen Sprachraum genannt wird, - reduzieren sich die
Arbeitsgänge auf das eigentliche Säen mit einer Direktsaatmaschine entweder in
einen Zwischenfruchtbestand oder in die Rückstände der Vorfrucht. Die
Unkrautfreiheit zur Saat wird in der Regel durch eine Glyphosatspritzung vor oder
unmittelbar nach der Saat erreicht. Ist der Zwischenfruchtbestand üppig, was
wünschenswert ist, denn auch er unterstützt die Unkrautkontrolle, sollte er
niedergewalzt und dabei geknickt werden. Die weiteren erforderlichen Arbeitsgänge
des Pflanzenschutzes und der Düngung sind die gleichen wie bei konventioneller
Bestellung.
Die Bestellung „no till“ erfordert neben dem Traktor nur eine Direktsämaschine,
einen Düngerstreuer, eine Pflanzenschutzspritze und eine Walze, wenn die Ernte
und die Getreideabfuhr im Lohn erfolgen.
Anforderungen an die Sämaschine
Die eigentliche Anforderung an eine Direktsämaschine besteht darin, das Saatgut in
einer gewünschten Tiefe, auch bei wechselnden Verhältnissen bei einem Minimum
an Bodenbewegung abzulegen, um die noch vorhandenen Unkrautsamen nicht zum
Keimen zu bringen und ein Mineralisieren organischer Substanz zu vermeiden.
Grundsätzlich unterscheidet man zwei verschiedene Bauarten an
Direktsämaschinen, zum einen die Scheibenmaschinen und die Zinkenmaschinen.
Welches die bessere Bauart ist, hängt von den Einsatzbedingungen ab. So sind in
Kanada und Australien neben den Scheibenmaschinen auch Zinkenmaschinen
verbreitet. Dort herrschen zum Saatzeitpunkt ja meist trockene Bedingungen und die
verbleibende Menge organischer Rückstande ist wegen geringerer Erträge beim
dortigen Getreideanbau kleiner als in klimatisch günstigeren Gegenden. Diese
Maschinen gingen vielfach aus der Weiterentwicklung der „Airseeder“ hervor, bei
denen der Saatgutstrom unter ein Grubberschar eingeblasen wird. Dieses Prinzip gilt
auch für die Zinkenschare, wobei hier die Scharbreite und damit die Bodenbewegung
minimiert wurde. Es gibt auch Entwicklungen bei denen eine exakte Tiefenführung
der Einzel-Zinken und deren parallele Führung konstruktiv gelöst sind.
In Südamerika, dem Subkontinent wo Direktsaat die höchsten Flächeanteile
einnimmt, sind nahezu ausschließlich Scheibenmaschinen verbreitet.
Scheibenmaschinen arbeiten auch bei hohen Rückstandsmengen funktionssicher,
laufen über Steine hinweg und die Arbeitstiefe ist durch Tasträder einstellbar.
Nachteilig ist, dass bei feuchten Saatbedingungen vor den Scheiben liegende
Rückstände nicht durchschnitten und in den Saatschlitz gedrückt werden, was dem
Auflaufen de Samens nicht gerade förderlich ist. Abhilfe schaffen Strohräumer die
unmittelbar vor der Scheibe einen schmalen Streifen freilegen oder wie bei einem
kanadischen Hersteller verwirklicht, beidseitig der Scheibe laufende Rollen, die das
Stroh am Boden fest pressen und so ein Durchschneiden erzwingen sollen.
Eine weitere wichtige Anforderung an die Säwerkzeuge ist, dass nach dem
Einbringen des Saatgutes der Saatschlitz wieder zuverlässig geschlossen wird.
Wünschenswert wäre, dass nach dem Säen nicht sichtbar ist, dass gesät worden ist.
Bauarten von Scheibenmaschinen sind konstruktiv als Einscheiben-, Zweischeibenoder Dreischeibenmaschinen (jeweils pro Reihe) ausgelegt. In Südamerika weit
verbreitet sind die Zwei- und Dreischeibenmaschinen.
Bei den neueren Maschinen werden die Saatwerkzeuge, also Scheiben,
Tiefenführungsrollen und Anpressrollen an einem Parallelogramm geführt. Die
Saatwerkzeuge können bei einigen Herstellern auch mit Einzelkornsämaschinen
versehen werden, die aus einem zentralen Saatguttank nachgefüllt werden, so dass
sie für sowohl für grobkörnige (Mais und Soja), aber auch für feinkörnige Kulturen
(Weizen, Raps etc.) eingesetzt werden können. Scheibenmaschinen haben aber,
besonders bei großen jährlichen Einsatzfläche, wie sie in Südamerika üblich sind den
Nachteil eines höheren Wartungsaufwandes für das Abschmieren der Scheiben, den
Austausch der Scheibenlager und abgenutzter Scheiben. Dieser Nachteil scheint
aber, so zeigt die Verbreitung der Bauarten, durch die Vorzügen einer besseren
Arbeitsqualität und Funktionssicherheit kompensiert zu sein.
Bild 1: Sorgfältiges Arbeiten - hier die Einhaltung der Tiefenablage - ist für den
Erfolg der Direktsaat wichtiger als die Werkzeuge der Sämaschine
Die Frage des Verschmierens der Saatschlitze bei den beiden verschiedenen
Bauarten ist weniger eine Frage der eingesetzten Werkzeuge, als eine Frage der
Bodenart und –feuchte sowie seines Gehaltes an organischer Substanz. Das
Verschmieren beruht ja auf der Relativbewegung zwischen Boden und Werkzeug.
Diese ist bei beiden Bauarten, der Zinken- und der Scheibenmaschine gegeben.
Zu entscheiden, welches die bessere Bauart ist, ist schwierig. Letztendlich sind es
der Zustand des Bodens und die Saatbedingungen sowie die sorgfältige
Durchführung der Saat, welche die Voraussetzung für einen gleichmäßigen Aufgang
der Saat schaffen.
In Nord- und Südamerika sind die Sämaschinen bei konventioneller und bei
Direktsaat fast immer mit einer Düngereinrichtung oder sogar mit einem dritten Tank
für ein Granulat ausgerüstet. Meist wird dort im gleichen Arbeitsgang mit der Saat
auch der Dünger ausgebracht. Hier in Deutschland kämen bei Wintergetreide nur die
Grundnährstoffe oder eine Startstickstoffgabe in Frage. Die hohe Schlagkraft der
Mineraldüngerausbringung bei dem meist relativ kleinen Flächenumfang der Betriebe
verringert aber die Vorteilhaftigkeit des kombinierten Verfahrens. Bei größeren
Betrieben oder überbetrieblichem Einsatz kann die Kombination von Saat und
Düngung aber doch zu Einsparungen führen.
Anforderungen an den Traktor
Das Säen mit einer Direktsämaschine erfolgt in einem Geschwindigkeitsbereich
zwischen 8 und 12 km/h, wobei die maximal mögliche Geschwindigkeit von der
nötigen Arbeitsqualität und der Ebenheit des Ackers abhängt. Die erforderliche
Leistung des Traktors ist zwar höher als bei einer konventionellen, solo gefahrenen
Drillmaschine bei ähnlicher Arbeitsgeschwindigkeit, einfach weil diese Maschinen
schwerer sein müssen, um für den erforderlichen Schardruck auch bei fast leerem
Saatgutbehälter das nötige Gegengewicht zu haben und weil das Saatgut in
unbearbeiteten Boden abgelegt wird. Dagegen ist aber der Fahrwiderstand auf
unbearbeitetem Boden geringer. Als Faustzahl für den erforderlichen
Leistungsbedarf rechnet man mit etwa 20 bis 25 kW/m Arbeitsbreite . Bei hängigen
Verhältnissen entsprechend mehr, wenn man nicht langsamer fahren möchte.
Da beim Säen gegenüber der Grundbodenbearbeitung fast doppelt so schnell
gefahren wird, sind beim Traktor höhere Anforderung an den Fahrkomfort zu stellen.
Die erforderliche Zugleistung ist ein Produkt aus Zugkraft mal Geschwindigkeit.
Doppelte Fahrgeschwindigkeit ermöglicht also nur die halbe Zugkraft Die höhere
Fahrgeschwindigkeit bei Direktsaat hat demnach zur Folge, dass ein höherer Anteil
der Leistung des Traktors durch die höhere Arbeitsgeschwindigkeit verbraucht wird.
Da das Gewicht des Traktors nur für die Zugkraft von Bedeutung ist, braucht ein
Traktor bei Direktsaat also nicht mehr so schwer zu sein. Dadurch verringern sich
aber auch Bodendruck und Rollwiderstand.
Vorhandene leistungsstarke Traktoren ermöglichen mit Direktsaatmaschinen relativ
grosse Arbeitsbreiten. Die Schlagkraft der Direktsaat ist zwar schon bei kleineren
Breiten um 3 m recht hoch, hohe Arbeitsbreiten verringern aber auch den
Fahrverkehr mit seinen meist nicht förderlichen Auswirkungen. So ist das
Anschlussfahren, weil ja auch die Spuranzeiger in ihrer Funktion eingeschränkt sind,
nicht ganz einfach. Hier könnten Parallel - Fahrsyteme hilfreich sein, die gegenwärtig
wegen der hohen Kosten zwar wünschenswert, meist aber finanziell zu aufwändig
sind. Neuere Entwicklungen wie Zugkraftregelung oder Vorgewendemanagement
haben bei der Direktsaat nicht die Bedeutung wie bei konventioneller
Wirtschaftsweise.