die Festpredigt

Christian Kalis
Diözesanlandvolkpfarrer – Seelsorger der KLJB im Diözesanverband Regensburg
11. Sonntag im Jahreskreis (B) – 14. Juni 2015
„Zeit vergeht – Freundschaft besteht“ - KLJB-Fahnenweihe in Hohenthann
1. Lesung: Phil 1,27a.2, 1-4 / Evangelium: Mk 4, 26-34
Die Landwirtschaft zur Zeit Jesu, hat mit der heutigen Arbeit
auf dem Land nur mehr sehr wenig zu tun:
Alles geht heute maschinell, vielfach schon computergesteuert,
auf
riesigen
Flächen,
mit
ganz
wenigen
Arbeitskräften. Leben auf dem Land – Jugend auf dem Land –
Landjugend hat sich verändert! „Zeit vergeht …“
Aber eines ist bis heute geblieben, und das wird keine
Technik ändern können: Die Saat wächst nach ihrem
Rhythmus. Ob der Landwirt schläft oder wacht, "der Samen
keimt und wächst, und der Mann weiß nicht wie". Er kann nur
warten. Und auf Regen – den wir heute nicht brauchen – und
das rechte Wetter hoffen. "Automatisch", "von selber", aus
eigener Kraft, bringt die Saat „ihre Frucht, zuerst den Halm,
dann die Ähre, dann das volle Korn in der Ähre."
Auf Eurer neuen Fahne habt ihr verschiedene Getreidesorten
abgebildet.
Was will Jesus mit diesem Gleichnis sagen?
Ich denke, Jesus will uns alle zuerst einmal zum Beobachten
anregen. Wir sollen hinschauen, nachdenken, staunen: über
die einfachsten Dinge der Natur und des menschlichen
Lebens. Alles beginnt mit der Fähigkeit zu staunen. Was für
ein Wunder ist das Wachsen des Getreides auf unseren
Feldern! Je mehr wir dank der Wissenschaft über die Natur
erkennen, desto mehr Grund hätten wir, zu staunen. Was für
ein
Wunderwerk
der
Statik,
der
Flexibilität,
der
Materialverarbeitung ist ein einziger Getreidehalm. Keine
Technik vermag das perfekt nachzubauen.
Schau hin, wie alles wächst! Was hast du dazu getan? Ob du
wach bist oder schläfst, es wächst alles in der Natur "von
selbst", aus Eigenem, aus dem inneren "Wissen" heraus, das
in allen Lebewesen, Pflanzen, Tieren, Menschen gespeichert
ist. Und trotzdem reicht es uns nicht. Wir müssen uns fragen:
Wieviel ist genug für die Erde?
Wieviel ist genug für unsere Gemeinschaft?
Wieviel ist genug für meine Zufriedenheit?
Die KLJB Bayern hat vor wenigen Wochen ein neues Projekt
gestartet: „Ausgewachsen – wie viel ist genug?“
Die jungen Menschen in ländlichen Räumen sollen über die
Auswirkungen ihres Lebensstils Bescheid wissen. Dabei sollen
die Mitglieder der KLJB dazu ermutigt und befähigt werden,
sich engagiert einzubringen und Verantwortung im Hinblick
auf einen Lebensstil zu übernehmen, der möglichst vielen
Menschen der Welt ein "gutes Leben" ermöglicht.
Worauf will Jesus hinaus? Steckt da etwas drin, was man für
das heutige Fest der Fahnenweihe auslegen kann?
Liebe Landjugendliche!
Vor über 80 Jahren haben hier junge Leute etwas ausgesät,
ihre Saat ist – leider durch den 1. Weltkrieg verzögert aufgegangen. Auch durch schwierige Zeiten hindurch, als zu
Zeiten der beiden Kriege andere versucht haben, die noch
jungen Triebe abzuschneiden, hat sich die Saat gehalten.
„Zeit vergeht – Freundschaft besteht“. Die „Saat“ konnte
weiterreifen. Heute steht die KLJB Hohenthann als einer der
größten Jugendvereine in der Region da. Es ist ein gut
bestelltes Feld!
Auch das wollte uns Jesus mit seinem Gleichnis sagen: Die
Zeit der Ernte kommt bestimmt. Auf sie musst du dich
einstellen. Auf sie darfst du hoffen. Jesus will hier wohl ein
Wort des Trostes in einer Zeit der Not sagen: Ihr könnt das
Reich Gottes nicht herbeizwingen, mit Gewalt, mit Terror (wie
es schon damals manche versuchten). Es kommt so sicher wie
die Ernte.
Auch wenn Euch jungen Menschen Not, Unrecht und Leid oft
viel größer als Gottes Nähe, Gottes Reich erscheinen – ich
nehme eure Sorgen in den Begegnungen und Gesprächen
durchaus so wahr - : Habt Geduld, der Tag Gottes kommt.
Habt Vertrauen: Das Reich Gottes wächst, es wird groß, es
wird für viele zum Ort der Geborgenheit. So wie auch eure
Gruppe, eure Gemeinschaft für viele zum Ort der
Geborgenheit geworden ist. Amen.