Wenn es «grüne» Herbizide gäbe

Datum: 11.09.2015
St. Galler Bauer
9230 Flawil
071/ 394 60 15
www.bauern-sg.ch
Medienart: Print
Medientyp: Fachpresse
Auflage: 12'133
Erscheinungsweise: wöchentlich
Themen-Nr.: 541.003
Abo-Nr.: 1008268
Seite: 37
Fläche: 48'367 mm²
Beim Thema «Bioherbizide» scheiden sich die Geister
Wenn es «grüne» Herbizide gäbe
Der Pflug ist gut gegen das
Unkraut, aber schlecht fürs
Klima und den Boden. Die
Biobauern sind im Clinch:
Weil sie keine Herbizide
einsetzen dürfen, setzen sie
seit jeher auf den Pflug. Nun
wird in Deutschland über
den Einsatz von Bioherbiziden
diskutiert.
Text: Eveline Dudda, LID
aus. All das ist auch gut fürs Kli- dustrie hergestellt werden, sind
ma, und da bei Direktsaaten weni- sie im Biolandbau tabu. Dazu
ger Arbeitsgänge notwendig sind, kommt, dass die meisten als nawird ganz nebenbei auch noch türlich geltenden Herbizide nur
Treibstoff gespart.
dann zuverlässig wirken, wenn sie
mit Netzmitteln ausgebracht werDas Direktsaat-Dilemma
Allerdings haben die Direktsaat- den. Bislang gibt es auf dem
verfahren auch einen Haken: Ohne Markt ausschliesslich synthetische
Herbizide, insbesondere ohne das Netzmittel, aber diese sind alles
Totalherbizid «Roundup», geht es andere als biokompatibel.
meistens nicht. Die Saaten haben Pro- und Kontra-Diskussionen
Wo Boden ist, herrscht Konkursonst keine Chance gegen die Das Thema Bioherbizide ist desrenz. Damit ist für einmal nicht die
konkurrierenden Unkräuter. Ver- wegen nicht vom Tisch. Im Geeinfacht gesagt ist Direktsaat zwar genteil: In der Fachzeitschrift
Landwirtschaftsland gemeint, songut für den Boden, aber schlecht «Ökologie & Landbau» wurde akdern die Konkurrenz zwischen Kulfür die Umwelt. In der EU wird tuell eine Pro- und Kontra-Diskusturpflanzen und Unkräutern.
Konkurrenz zwischen Bauland und
momentan darüber diskutiert, ob
Mechanisch oder thermisch
«Roundup» wegen des Wirkstoffs
Da Unkraut den Kulturen Platz,
Nährstoffe und Wasser streitig Glyphosat ganz verboten werden
macht, wird es in der Landwirt- solle.
schaft bekämpft. Das geht entwe- Essigsäure als Lösung?
sion um die Zulassung von Bioherbiziden publiziert. Befürworter
wie Ulrich Köpke von der Universität Bonn orten in Bioherbiziden
grosses Potenzial, zum Beispiel für
die Direktsaat von Körnerleguminosen: «Damit würde die Bewirtschaftung von erosionsgefährdeten Grenzstandorten erleichtert.
Biolandwirte könnten so auf Grenzertragsstandorten ihren Gewinn
steigern.» Köpke hat wenig Vereine begrenzte Wirkung, denn sie
ständnis dafür, dass der Biolandwirkt nicht selektiv: Sie brennt alle
bau Herbizide generell ablehnt:
Blätter gleich ab und kann zudem
«Wenn keine Persistenz oder
Regenwürmer schädigen. ThymianWarmblütlertoxität bestehe, ist
oder Nelkenöl wirken in hohen
nicht einzusehen, warum CitronelMengen ebenfalls keim- und wuchslaöl nicht zulässig sein sollte. Es
hemmend, aber auch ihnen werden
ist dasselbe Citronellagras, das
negative Effekte auf Umwelt und
wir getrocknet als Tee aus dem
der mechanisch mit Hacke oder Der Clinch liesse sich lösen, wenn
Pflug oder thermisch mit Feuer es biologische Herbizide gäbe. Tatund Flamme oder chemisch mit sächlich sind in Ländern wie Ausder Herbizidspritze. Der letzte tralien Bioherbizide im BiolandPunkt ist den Schweizer Biobau- bau erlaubt, zum Beispiel Essigern verwehrt: Im Biolandbau sind säure. Essigsäure hat aber nur
keine Herbizide zugelassen. Biobauern greifen deshalb öfter zum
Pflug als Nicht-Biobauern. Bodenschonende Bewirtschaftungsmethoden wie die Direktsaat sind
deswegen kaum durchführbar.
Leider. Denn solche Direktsaaten
haben allerhand Vorteile: Sie
schützen den Boden vor Erosion, Kulturpflanzen nachgesagt Produkerhöhen den Humusgehalt, sind te auf der Basis von Citronella, Pigut für die biologische Aktivität, nienöl oder Maisgluten gelten als
verträglicher, sind dafür aber teufördern Regenwürmer und die
er. Die naturidentischen Stoffe ZitDurchwurzelung und wirken sich
ronensäure und Pelargonsäure
positiv auf die Wasserversorgung
sind vergleichsweise günstig; da
und mögliche Nährstoffverluste
sie jedoch synthetisch von der In-
Medienbeobachtung
Medienanalyse
Informationsmanagement
Sprachdienstleistungen
Bioladen geniessen.
Müsste dann nicht der klassische
Einsatz von Schachtelhalmextrakt
als
Biofungizid
ebenfalls abge-
lehnt werden?» Auch die ins Feld
geführten hohen Kosten will Köpke nicht gelten lassen. Die Kosten
ARGUS der Presse AG
Rüdigerstrasse 15, Postfach, 8027 Zürich
Tel. 044 388 82 00, Fax 044 388 82 01
www.argus.ch
Argus Ref.: 59035375
Ausschnitt Seite: 1/2
Datum: 11.09.2015
St. Galler Bauer
9230 Flawil
071/ 394 60 15
www.bauern-sg.ch
Medienart: Print
Medientyp: Fachpresse
Auflage: 12'133
Erscheinungsweise: wöchentlich
Themen-Nr.: 541.003
Abo-Nr.: 1008268
Seite: 37
Fläche: 48'367 mm²
liessen sich mit der Entwicklung bens. «Es ist wie mit der Gentech- hat dies zum ersten Mal ohne masvon präziseren Applikationstech- nologie: Da verspricht man auch sive Ertragseinbusse gegenüber
niken und Einzelpflanzenbehand- schon jahrzehntelang sensationel- dem Verfahren mit dem Pflug gelung senken, meint er. «Die dafür le Erfolge und Möglichkeiten, die klappt.
benötigte Technik ist im Prinzip bis heute nicht eingetroffen sind.» Die Wahl der vorangehenden GrünChemisch-synthetische Herbizide düngung scheint für die Unkrautverfügbar.»
Arnd Verschwele vom Julius-Kühn- durch nicht selektive Bioherbizide konkurrenz und damit die WirtInstitut in Deutschland hält dage- wie Essigsäure zu ersetzen hält schaftlichkeit der Maiskultur entgen, dass man erst einmal belegen Dierauer für nicht erstrebenswert. scheidend zu sein; auch auf die
müsse, dass die ins Feld geführten «Da nähern wir uns nur der kon- Messerwalze kann offenbar nicht
Bioherbizide tatsächlich wirksam ventionellen Landwirtschaft an.» verzichtet werden.
Insgesamt bleibt die Direktsaat
«Biolandwirte könnten so Gründüngung knicken
Statt auf Herbizide zu setzen, die von Mais in eine Gründüngung,
auf Grenzertragsstandorten
vielleicht nie entwickelt oder zuge- und ohne den Einsatz von Glyihren Gewinn steigern.»
lassen werden, geht das FiBL einen phosat, jedoch sehr anspruchsUlrich Köpke
Schritt weiter und versucht Direkt- voll. Das Verfahren ist noch nicht
sind und definitiv keine herbizid- saaten ganz ohne Herbizide. Dabei praxisreif, aber der Ansatz wird
freien Alternativen bestehen. «Die- wird Mais direkt in eine Gründün- weiterverfolgt. Dieses Jahr hat
ser Beweis steht, zumindest für gung eingesät und die Gründün- das FiBL erneut einige Versuche
die Anbaubedingungen in Deutsch- gung nicht, wie in der konventio- auf Praxisbetrieben angelegt - im
land, meines Erachtens noch aus.» nellen Landwirtschaft üblich, mit Glauben daran, dass der Weg zu
Vor allem aber fürchtet Verschwe- einem Herbizid abgebrannt, son- einer herbizidfreien und bodenle, dass der Biolandbau durch den dern mit einer Messerwalze me- schonenden Direktsaat zwar weit,
Einsatz von Herbiziden zu sehr in chanisch geknickt. Vor drei Jahren aber nicht unmöglich ist.
Nähe des konventionellen
Landbaus rücken und dadurch an
die
Glaubwürdigkeit und Vertrauen
verlieren würde.
Es geht auch anders
Für Hansueli Dierauer vom Forschungsinstitut für biologischen
Landbau (FiBL) sind diese Diskus-
sionen nicht neu. «Bioherbizide
waren schon vor 30 Jahren ein
Thema, als ich nach dem Studium
noch in der Herbologie gearbeitet
habe.» Geforscht wurde damals
an Rostpilzen zur Bekämpfung
von Blacken und später von Winden. In der Zwischenzeit gibt es
neuere, spannende Ansätze mit In-
sekten. Doch auf den Durchbruch Rechts wird die Gründüngung mechanisch niedergewalzt, links erfolgt
wartet man noch immer verge- die Direktsaat in die abgewalzte Gründüngung. Bild: Hansueli Dierauer, FiBL
Medienbeobachtung
Medienanalyse
Informationsmanagement
Sprachdienstleistungen
ARGUS der Presse AG
Rüdigerstrasse 15, Postfach, 8027 Zürich
Tel. 044 388 82 00, Fax 044 388 82 01
www.argus.ch
Argus Ref.: 59035375
Ausschnitt Seite: 2/2