Sicherheit vor was?

Sicherheit im Alter
aus geriatrischer Sicht
PD Dr. med. Albert Wettstein
alt Chefarzt Stadtärztlicher Dienst Zürich
Mitglied Leitung Zentrum f. Gerontologie UniZH
FMH-Delegierter Gesundheitsförderung im Alter
Spitex Eglisau 17.6.2015
17.6.2015
WeA ZfG UZH
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Sicherheit vor was?
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Vor nicht mehr selber bestimmen können
Vor auf Hilfe angewiesen sein
Vor langem Leiden
Vor nur noch dahin vegetieren müssen
Vor allein irgendwo hilflos liegenbleiben
Vor Vereinsamung
Vor Sterben müssen, wenn das Leben noch gut
17.6.2015
WeA ZfG UZH
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Was bestimmt unsere Zukunft?
Genetische
Veranlagung
20%
Sozioökonom.
Bedingungen und
Lebensstil
20-30%
10-15%
Gesundheitsversorgungssystem
40-50%
Umwelt
Ökosystem
17.6.2015
WeA ZfG UZH
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Das letzte Lebensjahr
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Sicherheit vor nicht mehr
selber bestimmen können
Schutzfaktoren vor Abhängigkeiten imAlter
1. Hohe Reserven
• mental
• emotional
• körperlich
• sozial (Partnerschaft, Familie, Freundeskreis)
„Wer viele soziale Beziehungen hat, lebt
länger
17.6.2015
WeA ZfG UZH
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Sicherheit vor nicht mehr
selber bestimmen können
2. Erhöhung der Reserve-Kapazitäten
• Bildungs-Massnahmen
• Pflege des sozialen Netzes
• Präzisieren von Lebenszielen
• Körperliches Training
• Gesunde Ernährung
• Aufgabe von schädigenden Lebensstilen
17.6.2015
WeA ZfG UZH
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Sicherheit vor nicht mehr selber
bestimmen können: neues ES-Recht
• ++++ Autonomierechte der Erwachsenen
-Vorsorgeauftrag
-Patientenverfügung
-weniger Rechte für Ärzte
-zeitliche Limitierung Zwangsunterbringung
- Schutzbestimmungen für Heimaufenthalte
• +++ (patchwork-) Familien-Solidarität:
Vertretungsrechte in Admin + Medizin bei UU
• ++ Subsidiarität der ES- Behörde
17.6.2015
WeA ZfG UZH
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Patientenverfügung 1
• Urteilsfähige legen medizin.Massnahmen fest,
-ja oder nein, falls urteilsunfähig
-und/oder Person ,die entscheiden soll bei UU
• Unterschrift und Datum genügen
• Kann auf Versicherungskarte eingetragen
werden, incl. wo gelagert
• Ist verpflichtend
• Rekurs an ESB möglich
19.11.2012
FAKO/UBA/Wea
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Patientenverfügung 2
• Jederzeit änderbar
• Nur gesetzliches darf verlangt werden
• Problem bei Demenz: muss frühzeitig gemacht
werden, sonst nicht mehr urteilsfähig dafür
• Aufgabe der Fachpersonen, Alz + Angehörigen:
«Alz=unheilbar, progressiv: mehr als Palliation?»
• Verantwortungslos dieses Gespräch nicht führen
• Alz-Pat vergessen es wieder!
19.11.2012
FAKO/UBA/Wea
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weniger Rechte für Ärzte
• Nicht mehr Ärzte sondern Angehörige
entscheiden bei UU, was mutmasslicher Wille
• Wer Angehörigen weniger vertraut, muss Arzt
bevollmächtigen mit PV
• Arzt muss Angehörige wie sonst Pat. Informieren
• Nur in Notfällen entscheidet noch Arzt
• Wenn Pat.-Interessen gefährdet: Arzt kann ESB
einbeziehen >> Vertretungsbeistandschaft?
19.11.2012
FAKO/UBA/Wea
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Welche Angehörigen entscheiden?
• Art. 378 1) Vertretungsberechtigt bei medizinischen
Massnahmen sind:
1. in PV oder VA bezeichnete Person
2. BeiständIn mit Vertretungsrecht in Gesundheitsfragen
3. Ehegatte oder eingetragene PartnerIn mit gemeinsamem
Haushalt oder regelmässig persönlich Beistand leistend
4. Person mit gemeinsamem Haushalt und regelmässig
persönlich Beistand leistend
5. Nachkommen, wenn sie regelmässig und persönlich
Beistand leisten
6. Eltern, wenn sie regelmässig und persönlich Beistand
leisten
7. Geschwister, wenn sie regelmässig und persönlich Beistand
leisten
19.11.2012
FAKO/UBA/Wea
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Sicherheit vor
auf Hilfe angewiesen sein
Wegen Stürzen
• 30%/ J der >65j.
40%/J der >80j
• 15 % Notfall-Spitaleintritte
• 10% mit Verletzungen
• 5% mit Knochenbruch
• Gefahr Verlust Selbständigkeit
17.6.2015
WeA ZfG UZH
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Sicherheit vor
auf Hilfe angewiesen sein
Schutz vor Stürzen durch:
• Jede Woche 50Tr. ViDe 3
• Nichts unter Knie-, über Kopf-Höhe versorgt
• Keine Stolperfallen, Geländer (Draussen!)
Schutz vor Demenz:
• Regelmässig geistig und körperlich aktiv
• Gesunde Ernährung ( Mittelmeerkost)
• Aktiv Beziehungen Pflegen
• Hohen Blutdruck, Zucker, Cholesterin behandeln
• Mässig Alkohol trinken
17.6.2015
WeA ZfG UZH
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Kungsholmen Studie aus Schweden
•Untersucht wurden: 1‘203 nicht demente,
zuhause lebende über 75-Jährige
•erfasst wurde:
das soziale Netz
•Nachkontrolle auf Demenz nach 3 Jahren:
neu dement:
176 Personen
allein Lebende: 1,9mal Demenzrisiko
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:
Resultat
Korrigiert für Alter, Geschlecht, Ausbildung, Hirnleistung initial
und Depressivität
• Ausgedehntes soziales Netz (7%):
(verheiratet, und Kinder, und Freunde)
19 Demenzen/1000 Pers. Jahre
• Mässiges soziales Netz (73%)
(in >1 Bereich gute Beziehungen)
50 Demenzen/1000 Pers. Jahre
=5%
• Eingeschränktes soziales Netz (19%)
(1 Bereich gute Beziehungen)
69 Demenzen/1000 Pers. Jahre
= 7%
• kein soziales Netz (1%):
157 Demenzen/1000 Pers. Jahre
=16%
–
16
=2%
USA: Alzheimer Risiko (76 ± 7j, n=1984)
•regelmässig Mittelmeerkost und mässig Alkohol
-69%
•(bei Kontrolle für Alter, Geschlecht, Rasse,
Bildung, Alzheimer-Gen, Gewicht, Rauchen,
Comorbidität und
8 vaskuläre Risikofaktoren)
•ohne diese Kontrollen:
-60%
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Sicherheit vor langem Leiden
2 grosse US Studien (Ärzte,Pflegende)
• Gesunder Lebensstil (Nichtrauchen,
Mittemeerkost, Alkohol1-2Glas/d,
Normalgewicht, Bewegen,):
• reduzieren Streberisiko je 5.5 - 1.4 x
• Reduzieren Schweregrad der Abhängigkeit
auf 50% (alle 5 vs 0)
• Verschieben Abhängigkeit um 7 Jahre
(alle5 vs 0)
17.6.2015
WeA ZfG UZH
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Sicherheit vor nur noch dahin
vegetieren: Patientenverfügung 1
Im Falle, dass bei mir eine schwere unheilbare
Behinderung (wie Demenz oder Coma vigile)
festgestellt wird oder zu erwarten ist,
verlange ich, dass
künstliche lebenserhaltende Massnahmen
(z.B. Respirator-Beatmung, künstliche Ernährung und
Flüssigkeitszufuhr oder Antibiotikatherapie)
abgebrochen und keinesfalls begonnen werden.
Ort , Datum und Unterschrift
17.6.2015
WeA ZfG UZH
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Sicherheit vor nur noch vegetieren:
erweiterte Patientenverfügung
• Im Falle, dass bei mir eine schwere unheilbare Behinderung (wie Demenz
oder Coma vigile) festgestellt wird oder zu erwarten ist, verlange ich, dass
künstliche lebenserhaltende Massnahmen (z.B. Respirator-Beatmung,
künstliche Ernährung und Flüssigkeitszufuhr oder Antibiotikatherapie)
abgebrochen und keinesfalls begonnen werden.
• Für den Fall einer fortgeschrittenen Demenz verlange
ich, dass mir keine Nahrung und Flüssigkeit mehr
eingegeben wird, sobald ich mir diese nicht mehr
selbst zuführen kann. Ab dann verlange ich eine
ausreichende Sedierung. Das alles gilt auch dann, wenn
reflexartiges Verhalten von mir als Ausdruck von
Hunger oder Durst gedeutet werden könnte. Dann soll
höchstens die Sedierung verstärkt werden.
• …[Place/Ort]…, den …[Date/Datum]…
17.6.2015
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Sicherheit vor allein irgendwo hilflos
liegenbleiben
Nicht nur Sturz auch Hirnschlag oder akute Kh
Alarm-»Uhr» nützt nur 20%,meist nicht betätigt
Elektronische Sturzmelder etwas besser
Besser persönlicher Kontakt 365 T/J per Tel oder
Absprache mit Nachbarn ( z.B. Zeitung geholt)
• Tel. täglich 2x von Securitas z.B. Fr. 200.-/Mt+Bes.
Nichts tun = unverantwortlich >>> viel Leid
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17.6.2015
WeA ZfG UZH
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Sicherheit vor Vereinsamung
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Aktive Beziehungspflege 3 Generationen
facebook oder I-phone von Enkel instralieren
Aktive soziale Teilnahme an Veranstaltungen
Dazu Hilfen nutzen , z.B. Nachbarschaft-Hilfe
Sich auch Taxi leisten!
Grosszügigkeit lohnt sich langfristig sehr
Besuchsdient anmelden 1. aktiv, 2. passiv
17.6.2015
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Sicherheit vor Vereinsamung
• Pflegende , betreuende Beziehungen >>> 0
• Beziehungen nützen nur, wenn
-zusammen Zeit verbringen ohne Aufgabe(Tel=Bes)
-mit Zärtlichkeit verbunden (Hand streicheln)
• Freunde schützen mehr als Familie ( z.B. vor
Komplikationen nach einer Operation -5x vs -3x)
• Mache Sie Besuche attraktiv z.B. für Enkel,
Nachbarskinder
17.6.2015
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Sicherheit vor Sterben müssen,
wenn das Leben noch gut
• Vermeiden von Risikofaktoren für Herz-kreislauf+
- Nicht Rauchen
- Mittelmeerkost mit 5x Früchte-Gemüse/T
wenig Fett aber Oliven/RapsÖl
wenig rotes Fleisch, mehr Poulet, Fisch etc
• 3-4 Std/ Wo körperlich so aktiv >>schwitzen
• Mässig 1-2 Drinks Alkohol/ T
• Blutdruck, Zucker, Cholesterin >>> in Norm
• Mässiges Übergewicht ab 70 j = Schutz
17.6.2015
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Sicherheit vor Sterben müssen,
wenn das Leben noch gut
Gehgeschwindigkeit sagt Lebenserwartung voraus!
Geh- 65j 75j 85j 95j 65j 75j 85j 95j
geschwindig ♂ ♂ ♂ ♂ ♀ ♀ ♀ ♀
keit
≥ 1.6 m/sec 35 18 11
7 42 23 13
7
1.3 m/sec
24
14
8
5
32
18
10
6
1.0 m/sec
18
10
7
4
25
15
8
5
0.6 m/sec
13
7
4
3
18
12
7
4
≤ 0.2 m/sec
8
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WeA ZfG UZH
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2
13
8
66
425
12.5.2015
Sicherheit im Alter
aus geriatrischer Sicht heisst also
• Sie können etwas wesentliches tun!
• Tun sie es, verdrängen schafft später Probleme
• Gesunder, sicherer Lebensstil ist nicht
genussfeindlich sondern macht Freude
• Beginnen sie jetzt, nicht erst im hohen Alter,
bei ersten Schwierigkeiten
• Vorbeugen ist besser als Heilen
17.6.2015
WeA ZfG UZH
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