16.06.2015 Konsensualverträge Institutionengeschichte (Römisches Privatrecht) XVII. obligationes consensu contractae Sommersemester 2015 Prof. Dr. J. Platschek Zustandekommen durch bloße Einigung (nudo consensu) emptio venditio Kauf / Verkauf Klagen: begründet vertragliche Hauptpflichten: actio empti des Käufers 1. Pflicht zur Verschaffung des dauerhaften, ungestörten Besitzes an einer Sache actio venditi des Verkäufers 2. Pflicht zur Bezahlung eines Preises bonae fidei iudicia - "Klagen nach guter Treue"/"Treu und Glauben" Hauptpflichten stehen im Austauschverhältnis ("Synallagma") 1 16.06.2015 Formel der actio empti demonstratio = (streitiger) Sachverhalt QUOD AULUS AGERIUS A NUMERIO NEGIDIO STICHUM SERVUM EMIT, QUA DE RE AGITUR, "Was das betrifft, dass Aulus Agerius von Numerius Negidius den Sklaven Stichus gekauft hat, worum es hier geht, QUIDQUID OB EAM REM was auch immer deshalb intentio NUMERIUM NEGIDIUM Numerius Negidius dem = fragliche Aulus Agerius geben Leistungspflicht AULO AGERIO DARE FACERE OPORTET EX FIDE BONA, EIUS, IUDEX, condemnatio = Verurteilungs- NUMERIUM NEGIDIUM AULO AGERIO befehl CONDEMNATO, SI NON PARET, ABSOLVITO! oder tun muss aufgrund/gemäß der guten Treue, dazu, Richter, sollst du den Numerius Negidius zugunsten des Aulus Agerius verurteilen; wenn es sich nicht erweist, dann sprich ihn frei! Zustandekommen durch Einigung über essentialia negotii ("vertragswesentliche Merkmale"): - Parteien - Vertragstyp - Kaufsache - Kaufpreis zur Irrtumslehre beim Kauf: Irrtum ist jede von der Wirklichkeit abweichende Vorstellung Irrtum über essentialia negotii verhindert Vertrag vorgestellte/vereinbarte Kaufsache entspricht der wirklichen Sache - auch wenn diese qualitativ schlechter (peius) - auch wenn anders bezeichnet (falsa demonstratio non nocet) entspricht nicht der wirklichen Sache (aliud) - hins. corpus "äußere Identität" - hins. substantia (str.) Ulp.: Wesen/("innere Ident.") Vertrag kommt zustande ggf. Ansprüche wegen Sachmängeln kein Vertrag D. 18,1,28 (Ulp. 41 Sab.) Verkauf einer fremden Sache "Es besteht kein Zweifel, dass eine dem Verkäufer nicht gehörende Sache verkauft werden kann. Denn es ist ein wirksamer Kauf. Aber die Sache kann dem Käufer weggenommen werden." 2 16.06.2015 Rechtsmängelhaftung Kauf mit mancipatio: actio auctoritatis auf den doppelten Kaufpreis im Fall der Eviktion Kauf mit mancipatio → actio auctoritatis "Gewährschaftsklage" Kauf mit mancipatio V K actio auctoritatis rei vindicatio (so gen. Eviktion) E Rechtsmängelhaftung Kauf mit mancipatio: actio auctoritatis auf den doppelten Kaufpreis im Fall der Eviktion bei Kauf mit traditio nachgebildet mit stipulatio duplae: Versprechen des doppelten Kaufpreises (dupla pecunia) für den Fall der Eviktion D. 21,2,21 pr.1 (Ulp. 29 Sab.) - stipulatio duplae "Wenn der Sklave gestorben ist, bevor er evinziert worden ist, so verfällt die Stipulation nicht, da ihn kein Mensch, sondern die Umstände des menschlichen Schicksals evinzieren. Er kann nichtsdestotrotz wegen dolus klagen, wenn Arglist vorgelegen hat. Deshalb definiert Julian im dreiundvierzigsten Buch logisch richtig, dass die Stipulation des doppelten (Kaufpreises) nur dann verfalle, wenn die Sache in der Weise verloren geht, dass sie der Käufer wegen der Eviktion selbst nicht behalten kann." 3 16.06.2015 D. 19,1,30,1 (Afr. 8 quaest.) - Haftung aus actio empti Rechtsmängelhaftung Kauf mit mancipatio: actio auctoritatis auf den doppelten Kaufpreis im Fall der Eviktion bei Kauf mit traditio nachgebildet mit stipulatio duplae: Versprechen des doppelten Kaufpreises (dupla pecunia) für den Fall der Eviktion Haftung aus actio empti: auf Interesse an Erfüllung der Verkäuferpflicht, dem Käufer den ungestörten Besitz zu verschaffen; weitergehende Haftung bei dolus "Wenn du mir eine Sache verkauft hast, von der du, nicht aber ich, gewusst hattest, dass sie nicht dir gehört, so glaubte er (der Jurist Julian), dass ich auch schon vor Eviktion aus dem Kauf zu Recht auf das, was mir an der Eigentumserlangung gelegen ist, klagen könne. Ansonsten trifft es freilich zu, dass der Verkäufer nur dafür haftet, dass dem Käufer die Innehabung der Sache gestattet ist (habere licere), nicht auch dafür, dass sie in sein Eigentum übergeht. Weil er aber auch dafür einzustehen habe, dass Arglist (dolus) nicht gegeben ist, hafte der, welcher eine ihm nicht gehörende Sache bewusst einem Ahnungslosen verkauft. Das gilt auch dann, wenn er einem Käufer verkauft, der freilassen oder verpfänden will." Rechtsmängelhaftung D. 21,2,9 (Paul. 76 ed.) Haftung aus actio empti bei dolus des Verkäufers (= Haftung wegen verletzter Pflicht zur Aufklärung): kann nicht abgewendet werden, also auch vor Eviktion verschuldensunabhängige / Garantie-Haftung aus stipulatio duplae und/oder actio empti (= Haftung wegen fehlender Verschaffung des ungestörten Besitzes) kann abgewendet werden durch erfolgreichen Beistand im Eviktionsprozess Haftung also grds. erst nach Eviktion Sonderfall: ungestörter Besitz ex alia causa "Für den Fall, dass du mir einen Sklaven des Titius verkauft hast und mich Titius später als Erben hinterlassen hat (= "alia causa"), sagt Sabinus, die Klage wegen Eviktion (= aus stipulatio duplae) sei verloren, weil der Sklave nicht mehr evinziert werden kann. Aber man kann auf die Käuferklage zurückgreifen." 4
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