INSTITUTIONENGESCHICHTE (RÖMISCHES P RIVATRECHT) SOMMERSEMESTER 2015 PROF. DR . JOHANNES PLATSC HEK VII. 1. Ersitzung - usucapio Kaser, RPR § 25 Ausgangspunkt: Kauf mit mancipatio → actio auctoritatis "Gewährschaftsklage" XII-Tafel-Gesetz: Usus auctoritas fundi biennium, ceterarum rerum annus esto. „Die Gewährleistung für den Gebrauch eines Grundstücks soll zwei Jahre, für den der übrigen Sachen ein Jahr sein.“ Adversus hostem aeterna auctoritas esto. „Gegen den Fremden soll ewige Gewährleistung sein.“ lex Atinia (3./2. Jh. v. Chr.): Quod subruptum erit, eius rei aeterna auctoritas esto. „Was entzogen sein wird, dafür soll ewige Gewährleistung sein.“ Voraussetzungen der usucapio (mittelalterlicher Hexameter): rés habilís, titulús, fidés, posséssio, témpus 2. Klage des Ersitzungsbesitzers - actio Publiciana Kaser, RPR § 27.25-31 Richtereinsetzung "Der und der soll Richter sein. intentio = Klagebegehren in factum konzipiert (Kauf und Übergabe) in ius konzipiert (ziviles Eigentum nach Fiktion des Besitzes über Ersitzungsfrist) Wenn der Kläger den Sklaven Stichus, um den es hier geht, gekauft hat und er ihm übergeben worden ist, exceptio iusti dominii replicatio rei venditae et traditae clausula arbitraria = Eröffnung der Restitution in natura condemnatio = Verurteilungsbefehl intentio (Grundtatbestand) exceptio iusti dominii replicatio rei venditae et traditae und wenn er ihn ein Jahr über besessen hätte, wenn es sich dann erwiese, dass die Sache nach dem Recht der Quiriten dem Kläger gehört ... es sei denn, die Sache gehört nach dem Recht der Quiriten dem Beklagten, es sei denn wiederum, gerade der Beklagte hat die Sache dem Kläger verkauft und übergeben, und wenn die Sache nicht nach deinem Ermessen (arbitratu tuo) dem Kläger zurückgegeben wird dann sollst du, Richter, den Beklagten zu soviel Geld verurteilen, wieviel diese Sache wert ist usw. schützt schützt schützt Ersitzungsbesitzer zivilen Eigentümer bonitarischen gegen jedermann gegen Ersitzungsbesitzer gegen zivilen Eigentümer LUDWIG-MAXIMILIANS-UNI VERSITÄT MÜNCHEN SEITE 2 VON 2 * D. 21,3,2 (Pomp. 2 Plaut.) „Wenn du von Titius ein Grundstück gekauft hast, das im Eigentum des Sempronius stand, und dir dieses Grundstück übergeben worden ist, jedoch nach Bezahlung des Preises Titius den Sempronius beerbt hat und dasselbe Grundstück dem Maevius verkauft und übergeben hat, so sagt Julian, es sei gerechter, dich als den Früheren zu schützen, da auch Titius selbst, wenn er das Grundstück von dir herausverlangen wollte, mittels Einrede abgewiesen würde und du, auch wenn Titius das Grundstück besäße, mit der actio Publiciana klagen könntest.“ D kauft von T das Grundstück des S, erhält es übergeben und bezahlt den Kaufpreis. T wird Erbe des S. T verkauft und übergibt dasselbe Grundstück an M. Wessen Position genießt im Verhältnis D-M Schutz? ** D. 6,2,9,4 (Ulp. 16 ed.) „Wenn einer eine Sache unabhängig voneinander an zwei gutgläubige Käufer verkauft hat, so wollen wir untersuchen, wer eher die actio Publiciana gebrauchen kann: derjenige, dem die Sache zuerst übergeben wurde, oder derjenige, der sie <vorher> gekauft hat. Und Julian hat im siebten Buch seiner Digesten geschrieben, dass – vorausgesetzt sie haben vom selben Nichteigentümer gekauft – derjenige in der besseren Position sei, dem die Sache zuerst übergeben worden ist. Wenn sie von verschiedenen Nichteigentümern gekauft haben, dann sei die Lage des Besitzenden besser als die des Fordernden. Diese Auffassung ist zutreffend.“ Nichtberechtigter V verkauft dieselbe Sache nacheinander an A und B. Die Sache wird beiden übergeben. Wem steht im Verhältnis A-B die actio Publiciana zu? Ist der frühere Kauf oder die frühere Übergabe ausschlaggebend? 3. Putativtitel? Kaser, RPR § 25.10 * D. 41,4,11 (Iul./Afr. 7 quaest.) „Wenn es seit jeher gemeinhin heißt, derjenige, der meint, etwas gekauft zu haben, und es doch nicht gekauft hat, könne nicht als Käufer (pro emptore) ersitzen, so sei dies – sagt Afrikan – insofern zutreffend, wenn der Käufer keinen anerkannten Grund für diesen Irrtum hat. Denn wenn etwa ein Sklave oder Verwalter, dem er den Kauf der Sache anvertraut hat, ihn überzeugt hat, dass er gekauft habe, und infolgedessen [die Sache] übergibt, so spreche mehr dafür, dass die Ersitzung folgt.“ ** D. 41,10,5,1 (Nerat. 5 membr.) „Aber auch das, was jemand in Besitz genommen hat, weil er es für das Seine hielt, wird er ersitzen, auch wenn seine Auffassung unzutreffend war. Das aber ist so zu verstehen, dass ein billigenswerter Irrtum des Besitzers der Ersitzung nicht im Wege steht, zum Beispiel wenn ich etwas deshalb besitze, weil ich fälschlich der Auffassung bin, dass mein Sklave oder derjenige, an dessen Stelle ich durch Erbrecht getreten bin, es gekauft habe, weil im Unwissen über fremdes Tun ein hinzunehmender Irrtum liegt.“ *** D. 41,7,6 (Iul. 3 Urs. Fer.) „Niemand kann [eine Sache] als derelinquiert (pro derelicto) ersitzen, wenn er unzutreffend der Auffassung war, dass die Sache als derelinquiert zu betrachten sei.“ **** D. 41, 3, 27 (Ulp. 31 ad Sab.) Celsus schreibt im 34. Buch, diejenigen befänden sich im Irrtum, die glauben, wer auch immer Besitz an der Sache eines anderen im guten Glauben erlangt habe, könne als das Seine (pro suo) ersitzen, und es komme nicht darauf an, ober gekauft hat oder nicht, ob geschenkt worden sei oder nicht, wenn er nur geglaubt hat, es sei ihm gekauft oder geschenkt worden weil die Ersitzung weder als Vermächtnis (pro legato) noch als geschenkt (pro donato) noch als Mitgift (pro dote) wirksam ist (valeat), wenn keine Schenkung, keine Mitgift, kein Vermächtnis vorhanden ist.
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