Matthias Glomb Kandidatur als stellvertretender Juso-Bundesvorsitzender [email protected] www.facebook.com/glombmatthias www.twitter.com/mat_glomb Liebe Genossin, lieber Genosse, auf dem Bundeskongress in Bremen werden wir einen neuen Bundesvorstand wählen. Dort werde auch ich als stellvertretender Bundesvorsitzender kandidieren. Deshalb möchte ich mich mit diesem Schreiben vorstellen und Dir einen Überblick über meine Themenschwerpunkte und Ideen für die Arbeit der kommenden zwei Jahre geben. Welche Geschichte wollen wir erzählen? Nicht erst seit Ausbruch der internationalen Finanz- und Wirtschaftskrise wächst das Unbehagen über die wirtschaftlichen Verhältnisse, die Prekarisierung von Arbeitsbedingungen und die ungleiche Verteilung von Vermögen und Teilhabemöglichkeiten. Dennoch fehlt dieser Empörung ein zukunftsweisendes Ziel. Es ist beinah so, als mangele es dem weitverbreiteten Unbehagen am Vermögen, über das Bestehende hinauszudenken und sich einen gesellschaftlichen Zustand jenseits des Kapitalismus vorzustellen. Aber weshalb bestehen so große Schwierigkeiten, andere Gesellschaftsordnungen zu entwerfen? Warum sind wir nicht imstande, alternative Strukturen zu entwickeln, die zum Vorteil aller sind? Allein der Zusammenbruch der kommunistischen Staatenwelt im Jahr 1989 kann die fehlende Zukunftsorientierung gesellschaftlicher Krisenanalysen nicht erklären. Zu ergänzen ist, dass die Komplexität und Dynamik wirtschaftlich-sozialer Vorgänge zu einem gesellschaftlichen Zustand geführt haben, in dem die Bedingungen des Zusammenlebens als kaum mehr veränderbar wahrgenommen werden. Linke Politik, will sie wieder Mehrheiten hinter sich vereinen, muss sich eben dieser Auffassung gesellschaftlicher Verhältnisse widmen und die Betroffenen davon überzeugen, dass sozialistische Gegenentwürfe die Kraft haben, die versteinerten Verhältnisse zum Tanzen zu bringen. Hierfür bedarf es aber einer sozialdemokratischen Erzählung, die weder in konservativen Politikent1 würfen noch neoliberalen Ordnungsvorstellung Zuflucht sucht. Doch wie sieht sie aus, die sozialdemokratische Erzählung im 21. Jahrhundert? Und wo können wir mit unserer sinnstiftenden Geschichte ansetzen? Zukunft gibt’s nicht für lau! Marode Schulen, gesperrte Brücken, fehlende Wohnungen, geschlossene Bäder und Bibliotheken prägen vielerorts den Alltag der Menschen. Diese Missstände sind die konkret erfahrbaren Auswüchse einer Politik, die den Staat im Namen der „Schwarzen Null“ in Geißelhaft hält. Mit fatalen Folgen: Die Gesellschaft steht nicht nur vor einer ungeheuren Investitions- und Modernitätslücke, die kurzfristig nicht allein durch Steuerpolitik geschlossen werden kann, sondern auch vor einer klaffenden Gerechtigkeitslücke. Wenn Staatsausgaben als „verschwenderisch“ zusammengestrichen werden, dann sind es nämlich nicht die an der Spitze der Einkommensverteilung, die ihren Gürtel enger schnallen müssen, sondern jene, die auf staatliche Dienstleistungen angewiesen sind. Hier können wir als Richtungsverband, der sich seiner sozialistischen Wurzeln bewusst ist, ansetzen. Es gilt aufzuzeigen, dass der von Konservativen und Marktradikalen vorgetragene Verweis auf die Herstellung von Generationengerechtigkeit mittels Konsolidierung der Staatsfinanzen fadenscheinig ist. Denn Austeritätspolitik dient vor allem neoliberalen Verteilungsinteressen und wirkt ganz im Sinne des Credos „Privat vor Staat“. Es wird jedoch nicht reichen, allein die Glaubenssätze des zeitgenössischen Diskurses zu entzaubern. Wir müssen der wirtschaftspolitischen Erzählung des Neoliberalismus unsere Vorstellungen eines handlungsfähigen, vorsorgenden Staates entgegensetzen, der durch eine fortschrittliche Steuerpolitik in die Lage versetzt wird, Investitionen in Infrastruktur, Daseinsvorsorge und Bildung zu tätigen. Mit einer solchen, an den Lebenserfahrungen der Menschen anknüpfenden Erzählung kann es uns gelingen, eine neue mehrheitsfähige Klammer für sozialdemokratische Politik zu formulieren. Gemeinsam mit allen Interessierten und internen wie externen Expert*innen möchte ich in den kommenden zwei Jahren an einer solchen sinnstiftenden Erzählung arbeiten und dabei auch an unsere Kampagne „Links Leben“ anknüpfen. Die Kräfte der Gegenreform sind angetreten! Auf vielen gesellschaftlichen Feldern droht der Rollback. Die Errungenschaften des Modernisierungs- und Liberalisierungskurses der Bundesrepublik werden zunehmend in Frage gestellt. Dies gilt in besonderem Maße für jene Fortschritte, die in den vergangenen Jahrzehnten auf dem Feld der Gleichstellungspolitik erstritten werden konnten. Konservative wie reaktionäre Kulturkritiker*innen sehen in den staatlichen wie gesellschaftlichen Bemühungen um die Gleichstellung der Geschlechter den Ausdruck eines „Genderwahnsinns“, gar einer „linksgrünen Meinungsdiktatur“. Ihr Ziel ist die Rückabwicklung dessen, was seit den sechziger und siebziger Jahren immer weiter in die Mitte der Gesellschaft vorgedrungen ist. So setzen sie den Vorstellungen einer geschlechtergerechten Gesellschaftsordnung, der Pluralisierung von Lebensentwürfen und der Akzeptanz gegenüber gleichgeschlechtlichen Partnerschaften reaktionäre Entwürfe gesellschaftlichen Zusammenlebens entgegen. Wir Jusos können dies nicht hinnehmen und müssen gemeinsam mit unseren Bündnispartner*innen für eine offene und gerechte Gesellschaft kämpfen, in der jeder Mensch ein selbstbestimmtes Leben führen kann. In diesem Zusammenhang wollen wir im Rahmen einer Kampagne mit dem verstaubten Familienbild der fünfziger Jahre aufräumen, das mit politischen Maßnahmen wie dem Ehegatten2 splitting bis heute am Leben erhalten wird. Für uns ist klar, dass Familie heute viele Gesichter hat und da ist, wo Menschen füreinander Verantwortung übernehmen. Mit unserer Kampagne wollen wir das gesellschaftliche Bewusstsein für die Pluralität von Lebensentwürfen stärken und Verantwortungsgemeinschaften durch die Veränderung institutioneller Rahmenbedingungen unterstützen. Damit wollen wir einen wichtigen Beitrag dazu leisten, dass die Sozialdemokratie weiterhin als Dach wahrgenommen wird, unter dem sich alle versammeln können, die sich reaktionären Tendenzen widersetzen und für eine offene Gesellschaft streiten. Unser Blick muss sich aber auch auf unseren eigenen Verband richten, in dem es nach wie vor strukturelle Ungleichheiten gibt. Sie spiegeln sich unter anderem darin wider, dass Frauen in unserem Verband an verantwortlicher Stelle seltener sichtbar sind. Durch ein gezieltes EmpowermentProgramm müssen wir junge Frauen dazu ermutigen und in die Lage versetzen, Verantwortung in unserem Verband zu übernehmen. Den Weg für linkes Engagement bereiten Das Angebot von Bildungsmöglichkeiten stellt einen zentralen Pfeiler jungsozialistischer Verbandsarbeit dar. Dieses muss sowohl Einsteiger*innen als auch erfahrenen Genoss*innen eine Plattform zur Weiterbildung und innerverbandlichen Diskussion bieten. Insbesondere unsere Linkskongresse haben sich in der Vergangenheit als offene Räume erwiesen, in denen wir wichtige Verbandsdebatten führen und unsere Positionen weiterentwickeln konnten. Auch mit dem Politikdiplom wurde ein bundesweites Bildungsangebot geschaffen, das engagierte Genossinnen und Genossen an einen Tisch gebracht hat, an dem sowohl über inhaltliche als auch methodische Fragen der jungsozialistischen Arbeit gesprochen werden konnte. Gleichwohl gilt es, die Bildungsarbeit des Bundesverbandes eng mit den Angeboten der Landesverbände und Bezirke zu verzahnen. Wir müssen noch stärker Synergien nutzen und vermeiden, dass tolle Bildungsmöglichkeiten miteinander konkurrieren. Auch in diesem Bereich möchte ich mich innerhalb des Verbandes engagieren. Zu meiner Person Ich bin 26 Jahre alt und arbeite an der Universität Münster in einem Promotionsprojekt zu bildungspolitischen Entscheidungsprozessen in der Bundesrepublik Deutschland. Seit 2009 bringe ich mich bei den Jusos und in der SPD ein, zunächst in Mönchengladbach, später in Münster, wo ich seit 2013 Vorsitzender der Jusos bin. Ein besonderer Schwerpunkt meiner Arbeit lag und liegt bis heute auf der Ebene meines Landesverbandes. Für diesen betreue ich derzeit einen der drei Bausteine zur Kampagne „Zukunft gibt’s nicht für lau“. Meine Erfahrungen möchte ich nun gerne in den Bundesvorstand einbringen und hoffe, dass ich Dir meine Schwerpunkte und Ziele darstellen konnte. Bei Fragen oder Anregungen kannst Du dich gerne jederzeit an mich wenden. Mit sozialistischen Grüßen, Matthias Glomb 3
© Copyright 2024 ExpyDoc