Kandidatinnenschreiben Sonja Pellin

Liebe Genossinnen und Genossen,
der nächste Bundeskongress steht vor der Tür und ich möchte mich auf diesem
wieder als stellvertretende Bundesvorsitzende zur Wahl stellen. Eineinhalb Jahre
Arbeit im fast komplett neu gestarteten Juso-Bundesvorstand liegen hinter mir. Ich
möchte in den nächsten zwei Jahren an die erfolgreiche Arbeit anknüpfen, sie
weiterführen, aber auch weiterentwickeln.
Die große Herausforderung wird es sein, in den nächsten Wochen und Monaten
Antworten auf die Wirtschaftskrise zu geben.
Die Ursachen der Krise sind bisher nur rudimentär aufgearbeitet. Dennoch ist uns
klar, dass die Gründe nicht oberflächlich in politischen und unternehmerischen
Entscheidungen zu finden sind, sondern dass der Kapitalismus selbst diese Krisen
produziert.
Die Umverteilung hat sich in den letzten Jahren sowohl global als auch in den
einzelnen Volkswirtschaften zu Gunsten des Kapitals verschoben. Auch ideologisch
hat die Landnahme des Kapitalismus dazu geführt, dass Alternativen zum
neoliberalen Mainstream kaum diskutiert wurden bzw. VertreterInnen dieser
Alternativen diffamiert wurden – auch in unserer Partei.
Jetzt geht es darum, kurzfristig Lösungen anzubieten, die die Auswirkungen der Krise
abfedern. Gleichzeitig muss aber die Frage gestellt werden, was wir am jetzigen
System, sofern wir dieses (noch) nicht überwinden können, so verbessern können,
dass Umverteilung im Sinne von mehr Gerechtigkeit und Gleichheit stattfindet. Die
VertreterInnen des Neoliberalismus sind in Anbetracht der Mächtigkeit der Krise in
die Defensive geraten, was sie allerdings nicht daran hindert, wieder ihre alten
Rezepte hervorzuholen und damit u.a. Wahlkampf zu machen. Leider haben sie im
Moment in der Bevölkerung auch noch Erfolg damit.
Momentan in der Politik vorgenommene kurzfristige Abweichungen vom neoliberalen
Kurs sind „aktuellen Handlungsnotwendigkeiten“ geschuldet und nur die Ausnahme,
wie auch die Diskussion um die Verstaatlichung von Banken beispielsweise zeigt.
Doch gerade dazu darf es nicht kommen: Einem weiter so!
An dieser Stelle sind auch wir Jusos gefragt. Hier gilt es anzusetzen und die Fragen
zu beantworten: Wie wollen wir wirtschaften? Wie soll wirtschaftspolitisches Handeln
gestaltet sein? Welche Bereiche und Entscheidungen sollen in der Hand des Staates
sein und wie soll das organisiert werden? Wie schaffen wir es, dass mehr Menschen
vom Reichtum profitieren und ein selbstbestimmtest Leben führen können?
Auch wenn die Wahlergebnisse zeigen, dass wir nicht mit einem automatischen
Aufwind für linke, progressive Ideen rechnen können, der Kampf hat gerade erst
begonnen.
Die im Bundesarbeitsprogramm vorgeschlagene Kampagne und die Schwerpunkte
für die Perspektivprojekte werden dazu beitragen, auf diese Fragen Antworten zu
liefern. Auch werden wir unseren Anspruch an eine gerechte Gesellschaft
untermauern und für gesellschaftliche Mehrheiten werben und kämpfen.
Ich möchte mich im Rahmen dessen einbringen, so wie ich es auch im
Perspektivprojekt „Gute Arbeit und Mitbestimmung“ sowie innerhalb der Kampagne
für „Gute Arbeit und Ausbildung“ getan habe. Hier ist es uns als Verband gelungen,
gemeinsam einen Themenbereich zu besetzen, gemeinsam zu diskutieren und
politische Vorschläge zu entwickeln. Bei der jetzigen Kampagne wird es aber noch
stärker darum gehen müssen, in die Partei hinein zu wirken und dort unsere
Vorschläge zu diskutieren und durchzusetzen.
Ich möchte mich zudem in den Bereichen innerverbandliche Bildung und
Gleichstellung einbringen.
Mit unserem bisherigen Bildungsangebot konnten wir viele Genossinnen und
Genossen im Verband erreichen. Ich möchte daran mitwirken, die bisherigen
Angebote weiterzuentwickeln und zum Beispiel durch Gender Trainingsbausteine zu
ergänzen. Gleichzeitig möchte ich gemeinsam mit den Landesverbänden und
Bezirken schauen, wo es darüber hinaus Bedarf für Bildungsarbeit gibt. Bereits im
Wahlkampf haben wir Module zur innerverbandlichen Bildung angeboten. Dies gilt es
meines Erachtens weiter auszubauen und auf die Bedarfe vor Ort abzustimmen.
Beim Thema Gleichstellung sind wir noch lange nicht am Ziel angekommen. Ob es
die noch immer eklatante Lohndifferenzen von Männern und Frauen von über 20%
sind oder die geringere Beteiligung von Frauen an Angeboten in unserem Verband.
Die Realität verdient noch immer nicht den Stempel gleichgestellt. Im Rahmen der
Kampagne muss es uns auch wieder darum gehen, den Genderaspekt zu
integrieren, die spezifischen Auswirkungen der Krise für Frauen in den Blick zu
nehmen, aber auch unsere eigenen Vorschläge daraufhin zu prüfen, ob sie auch zur
Gleichstellung der Geschlechter beitragen. Insbesondere das Thema Equal Pay
möchte ich vertiefend bearbeiten und in die innerparteiliche Debatte einbringen.
Darüber hinaus sollen gleichstellungspolitische Themen auch stärker in den
Perspektivprojekten verankert werden.
Einen weiteren Ansatz für unsere Arbeit bieten uns die Diskussionen rund um den
sogenannten „neuen Feminismus/ Pop-Feminismus“. Auch wenn uns klar ist, dass
Feminismus immer auch bedeutet, die Machtfrage zu stellen und eine harmonische
individuelle Durchsetzung von Gleichstellung ein Irrweg oder eine Illusion ist,
verdienen die neueren Initiativen Beachtung. Sie stellen in Anknüpfung auch an
frühere feministische Bewegungen die Verbindung von Politik und Kultur in den
Vordergrund, die ich gerne aufgreifen würde. Durch Bündnisarbeit und die Arbeit u.a.
im web 2.0. möchte ich, durch den Aufbau von Netzwerkstrukturen den
innerverbandlichen Austausch zwischen den gleichstellungspolitisch Aktiven stärken.
Dass es viele Genossinnen und Genossen gibt, die das Thema besetzen, haben der
Feminismuskongress, aber auch die Linkswendeveranstaltungen gezeigt.
Über die Schwerpunkten hinaus werde ich auch in Zukunft da mitarbeiten, wo Hilfe
und Zuarbeit gebraucht wird.
Über eine Unterstützung in München würde ich mich sehr freuen. Für Anregungen
und Kritik, aber auch Fragen stehe ich euch gerne unter [email protected] oder
über facebook zur Verfügung. Gerne stelle ich mich auch euren Delegationen vor,
beim Bundeskongress selbst oder auf euren Vorbereitungstreffen.
Sozialistische Grüße