GRÜNDUNG UND ZUSTÄNDIGKEIT Die Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen (im Weiteren nur „Zentrale Stelle" genannt) hat ihre Tätigkeit als gemeinschaftliche Einrichtung aller Landesjustizverwaltungen in der Bundesrepublik Deutschland am 1. Dezember 1958 aufgenommen. gen Zuchthausstrafen verurteilt worden. Im Rahmen dieses Verfahrens ergaben sich Hinweise auf weitere nicht - oder nicht ausreichend - aufgeklärte ähnliche Komplexe in den vom ehemaligen Deutschen Reich besetzten Gebieten sowie auf Vernichtungsmaßnahmen in Konzentrationslagern. Die Zentrale Stelle war zunächst nur für Taten außerhalb des Bundesgebiets zuständig, die im Zusammenhang mit den Kriegsereignissen gegenüber der Zivilbevölkerung begangen worden waren (ohne die eigentlichen Kriegshandlungen); daneben insbesondere auch für Taten in Konzentrationslagern. Diese Zuständigkeit wurde 1964 auf das Bundesgebiet erweitert, mit der Folge von Vorermittlungen auch gegen Angehörige der obersten Reichsbehörden. Der Grundsatz, dass nur nationalsozialistische Verbrechen gegenüber der Zivilbevölkerung zu verfolgen sind, ist darüber hinaus insoweit durchbrochen worden, als seither auch (bestimmte) Verbrechen gegenüber Kriegsgefangenen aufzuklären sind. Die Zuständigkeit von Staatsanwaltschaften und Strafgerichten erstreckt sich in erster Linie auf Straftaten in deren Bezirk oder dort lebende Täter; es hatte sich gezeigt, dass diese Zuständigkeitsordnung die nationalsozialistischen Verbrechen nicht in ihrer Komplexität erfassen konnte. Insbesondere für Massenverbrechen außerhalb des Bundesgebiets hing es bis zur Gründung der Zentralen Stelle meist vom Zufall ab, ob ein nationalsozialistisches Verbrechen von deutschen Justizbehörden verfolgt wurde. ANLASS UND HINTERGRUND Unmittelbarer Anlass für die Schaffung der Zentralen Stelle war der so genannte Ulmer Einsatzkommando-Prozess gegen zehn ehemalige Angehörige des „Einsatzkommandos Tilsit“; die Angeklagten waren sämtlich wegen Massenerschießungen, insbesondere von Juden, im August 1958 zu langjähri- Es bedurfte und bedarf zur Überbrückung dieser gravierenden Lücke einer im Vorfeld der Staatsanwaltschaften tätigen Behörde, die Vorermittlungen gegen nationalsozialistische Verbrecher zusammenträgt und die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen vorantreibt, bündelt und unterstützt. ARBEITSWEISE Aufgabe der Zentralen Stelle ist es, das gesamte erreichbare ermittlungsrelevante Material über nationalsozialistische Verbrechen weltweit zu sammeln, zu sichten und auszuwerten. Hauptziel ist es dabei, nach Ort, Zeit und Täterkreis begrenzte Tatkomplexe herauszuarbeiten und noch verfolgbare Beschuldigte festzustellen. Ist dies so weit wie möglich gelungen, schließt die Zentrale Stelle ihre Vorermittlungen ab und leitet den Vorgang der zuständigen Staatsanwaltschaft zu. Dieser leistet die Zentrale Stelle weiterhin Amtshilfe. Seit Mai 1960 kann im Wesentlichen nur noch Mord (§ 211 Strafgesetzbuch) bestraft werden: also eine besonders grausame oder heimtückische oder eine mit gemeingefährlichen Mitteln, aus Mordlust oder aus niedrigen Beweggründen begangene Tötung eines Menschen, die im Gegensatz zum „bloßen“ Totschlag nicht verjährt ist. In diesem Rahmen bleibt die Verfolgung der Täter gesetzlich vorgeschrieben und ist weiterhin Grundlage des Fortbestehens der Zentralen Stelle. Jedermann hat sich bis zum Ende seines Lebens seiner strafrechtlichen Verantwortung zu stellen - vorausgesetzt er ist heute noch vernehmungs- und verhandlungsfähig. Für Überlebende oder Angehörige ist es häufig von größter Wichtigkeit und für zukünftige Generationen bleibt es Mahnung, dass derartige Taten konsequent bis zum Schluss verfolgt werden. Dies dient dem Rechtsfrieden und kennzeichnet unseren Rechtsstaat. BESETZUNG Zur Bewältigung ihrer Aufgabe sind der Zentralen Stelle Richter, Staatsanwälte und Polizeibeamte zugewiesen, die mit ihrer Zustimmung aus den Ländern hierher abgeordnet werden. Insgesamt besteht die Zentrale Stelle heute - neben dem Behördenleiter Jens Rommel - aus sechs Dezernenten sowie weiteren zwölf Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. 18.397 Verfahren wegen nationalsozialistischer Verbrechen waren und sind seit 1958 bei Staatsanwaltschaften und Gerichten in der Bundesrepublik Deutschland anhängig geworden. Soweit diese nicht durch die Zentrale Stelle eingeleitet wurden, hingen sie doch zumeist mittelbar mit deren Tätigkeit zusammen. ZENTRALE STELLE DER LANDESJUSTIZVERWALTUNGEN ZUR AUFKLÄRUNG NATIONALSOZIALISTISCHER VERBRECHEN Zur Zeit der größten Arbeitsbelastung zwischen 1967 und 1971 waren jeweils gleichzeitig mehr als 600 Vorermittlungsverfahren zu bearbeiten; damals betrug der Personalbestand der Zentralen Stelle insgesamt 121 Mitarbeiter, davon 49 Staatsanwälte und Richter. Die Zentrale Stelle hat ferner bislang über 117.829 Überprüfungs- und Rechtshilfevorgänge sowie Auskünfte bearbeitet. Die Zentralkartei umfasst mehr als 1,7 Millionen Karteikarten: gegliedert in Personen, Tatorte und Einheiten. Die gesonderte Dokumentensammlung enthält über 558.300 Kopien, deren Auffinden mit Hilfe von rund 163.000 Karteikarten erfolgt, auf denen auch der Verbleib der Originaldokumente festgehalten ist. TÄTIGKEIT IN ZAHLEN Seit ihrer Gründung hat die Zentrale Stelle 7.590 Ermittlungsverfahren eingeleitet. Bei dieser Zahl ist zu berücksichtigen, dass es sich in vielen Fällen um Sammelverfahren mit einer großen Zahl von Beschuldigten und/oder einer Vielzahl von Straftaten handelt. Es wurden 7.583 Vorermittlungssachen abgeschlossen, in erster Linie durch Abgabe an Staatsanwaltschaften zur Einleitung strafrechtlicher Ermittlungsverfahren. Derzeit sind sieben Vorermittlungsverfahren anhängig; dazu kommt eine Vielzahl von so genannten Verwaltungsvorgängen sowie von Überprüfungsvorgängen, die sich häufig mit der Sichtung weiterer - insbesondere ausländischer Archivbestände befassen. KONTAKT Telefon: (07141) 4987-70 Fax: (07141) 4987-73 E-Mail: [email protected] Internetseite: www.zentrale-stelle.de Schorndorfer Straße 58 71638 Ludwigsburg Buslinien 425, 426, 431, 433 (Haltestelle „Schorndorfer Tor“) sowie 422 (Haltestelle „Klinikum“) in Ludwigsburg - Stand 1. Januar 2016 -
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