Studienbeispiel Protect AD (van den Berg)

Ein Einblick in die Forschung zum
Extinktionslernen bei Angststörungen
Linda van den Berg
11. Januar 2016
Ringvorlesung „Forschungs- und Anwendungsfelder der Klinischen Psychologie“
Gliederung und Lernziele
TEIL I
TEIL II
Expositionstherapie bei Angststörungen Was wirkt wie und warum?
Was kann man untersuchen?
Wie kann man es untersuchen?
Wo stehen wir?
Gliederung und Lernziele
Teil I - Expositionstherapie bei Angststörungen
1. Was sind Konfrontationsverfahren?
2. Was sind die Wirkmechanismen von Konfrontationsverfahren?
3. Zeitlich verdichtete Therapie
Teil II - Protect-AD (Studienvorstellung)
Literatur
Kapitel 24 (Reizkonfrontationsmethoden)
Kapitel 5 (Lernpsychologische Grundlagen, p. 108-118)
Kapitel 30 (Entwicklung + Beurteilung therapeutischer Interventionen, p. 613-23, 629-31)
Konfrontationsverfahren
Konfrontationsverfahren sind wichtigstes
Einzelbehandlungselement bei
Angststörungen. (Linden & Hautzinger, 2000)
Die Verfahren sind hoch effektiv bei der
Reduktion der Angstsymptomatik.
(Hofmann & Smits, 2008; Norton & Price, 2007)
Aber: 19-62% der Patienten erleben
Return of Fear (ROF) – einen
Wiederanstieg der Symptome nach
Therapieende. (Craske & Mystkowski, 2006)
Wirkmechanismen
Emotional Processing Theory
Repräsentation der Angst/Furcht im Gedächtnisnetzwerk in einer Furchtstruktur
– Informationen über den Stimulus
– Informationen über die Reaktionen auf den Stimulus
– Informationen über die Bedeutung des Stimulus und der damit einhergehenden Reaktionen
Veränderung der Furchtstruktur („emotional processing“) durch
– Aktivierung der Furchtstruktur
– Verarbeitung neuer, inkompatibler Informationen
Indikatoren für Veränderung der Furchtstruktur
– hohe Angstaktivierung
– Angstreduktion während der Übung (within-session)
– Angstreduktion über Übungen hinweg (between-session)
‚Habituation‘
Foa & Kozak (1986), Foa & McNally (1996)
Emotional Processing Theory
Repräsentation der Angst/Furcht im Gedächtnisnetzwerk in einer Furchtstruktur
– Informationen über den Stimulus
– Informationen über die Reaktionen auf den Stimulus
– Informationen über die Bedeutung des Stimulus und der damit einhergehenden Reaktionen
Veränderung der Furchtstruktur („emotional processing“) durch
– Aktivierung der Furchtstruktur
– Verarbeitung neuer, inkompatibler Informationen
Foa & Kozak (1986), Foa & McNally (1996)
Emotional Processing Theory
Wittchen & Hoyer (2003), S. 831
Emotional Processing Theory
Vorhersage: Angstreduktion ist Voraussetzung für neues Lernen
- WSR als Voraussetzung für BSR
- beide sind Voraussetzung für die Integration korrektiver Erfahrungen
FA
WSR
BSR
-.23***
.13
.42***
Therapie
-effekt
Lang (2013, unveröffentlichte Dissertation)
Bisher keine eindeutige Bestätigung dieser Annahmen: Befundlage für FA und WSH
schwach, für BSH gemischt. (Craske et al., 2008; Baker et al., 2010; Hayes, Hope & Heimberg, 2008, Meuret et al., 2012)
Emotional Processing Theory
Repräsentation der Angst/Furcht im Gedächtnisnetzwerk in einer Furchtstruktur
– Informationen über den Stimulus
– Informationen über die Reaktionen auf den Stimulus
– Informationen über die Bedeutung des Stimulus und der damit einhergehenden Reaktionen
Veränderung der Furchtstruktur („emotional processing“) durch Expositionsübungen
– Aktivierung der Furchtstruktur
– Verarbeitung neuer, inkompatibler Informationen
Indikatoren für Veränderung der Furchtstruktur
– hohe Angstaktivierung
– Angstreduktion während der Übung (within-session)
– Angstreduktion über Übungen hinweg (between-session)
‚Habituation‘
Foa & Kozak (1986), Foa & McNally (1996)
Emotional Processing Theory
Repräsentation der Angst/Furcht im Gedächtnisnetzwerk in einer Furchtstruktur
– Informationen über den Stimulus
– Informationen über die Reaktionen auf den Stimulus
– Informationen über die Bedeutung des Stimulus und der damit einhergehenden Reaktionen
Veränderung der Furchtstruktur („emotional processing“) durch Expositionsübungen
– Aktivierung der Furchtstruktur
– Verarbeitung neuer, inkompatibler Informationen
Indikatoren für Veränderung der Furchtstruktur
– hohe Angstaktivierung
– Angstreduktion während der Übung (within-session)
– Angstreduktion über Übungen hinweg (between-session)
Foa & Kozak (1986), Foa & McNally (1996)
Konditionierung
Extinktionslernen
Extinktion ist eine Lernprozess, nach dem eine zuvor konditionierte Reaktion (CR) bei einer
Darbietung des zuvor konditionierten Stimulus (CS) nicht mehr gezeigt wird. Es ist kein
Löschen, sondern ein zusätzliches Lernen, das die Wirkung des konditionierten Stimulus
vorübergehend und kontextabhängig außer Kraft setzt.
Extinktionslernen ist inhibitorisches Lernen!
(Pearce, 1987; Bouton, 2004)
Nachweise für Lernprozess
Vervliet, Hermans & Craske (2013)
Zwischenfazit
1.
Konfrontationsverfahren sind kurzfristig hochwirksam, die Rückfallraten sind jedoch
(noch) hoch.
2.
Die EPT bedient sich sowohl Habituations- als auch Extinktionskonzepten. Ihre
Vorhersagen konnten jedoch bisher nicht bestätigt werden.
3.
Die Mechanismen des Extinktionslernen sind konsistent mit vielen Phänomenen der
Konfrontationstherapie und stellt einen möglichen Wirkmechanismus dar – allerdings
wahrscheinlich nicht den einzigen.
Viel hilft viel?
Viel hilft viel?
Zeitliche Verdichtung der Expositionsintervalle zeigt bisher insgesamt widersprüchliche
Forschungsergebnisse. Anzeichen für…
… schnellere Extinktion
… aber auch für…
… höheres Rückfallrisiko
… nach der Exposition im Gegensatz zu
längeren Expositionsintervallen.
Ist vielleicht die optimale Kombination eine verdichtete Therapiephase mit
nachfolgenden längeren Expositionsintervallen zur Rückfallprävention?
Orinstein, Urcelay & Miller (2010), Tsao & Craske (2000)
Gliederung und Lernziele
TEIL I
TEIL II
Expositionstherapie bei Angststörungen Was wirkt wie und warum?
Was kann man untersuchen?
Wie kann man es untersuchen?
Wo stehen wir?
BMBF Call und Förderbescheid
Zentren:
Greifswald (P3)
Bochum (P2)
Münster
Marburg (P4)
Würzburg (P5)
Berlin
Dresden (P1, P7)
Förderzeitraum: 01.02.2015 – 01.02.2019
Fördersumme:
5,3 Mio. €
FPI:
voraussichtl. 01.01.2017
N = 700 (TBA 620)
Design
Baseline
Post IPI
Intermediate
1 2
3 4
5-7
8-10
11
1 2
3 4
5
6
7
Post TAU
12
B1
FU IPI
FU TAU
B2
IPI
Randomization
Informed Consent
Screening
TAU
8
9
Ambulant assessment
P3: Experimental tasks
P4: fMRI
P5: (Epi)genetics
10
11
12
B1
B2
P5: (Epi)genetics
P3: Experimental tasks
P4: fMRI
P5: (Epi)genetics
Ambulant assessment
Ambulant assessment
Wk 1
Wk 2
Wk 3
Wk 4
Wk 5
Wk 6
Wk 7
Wk 8
Wk 9
Wk 10
Wk 23
Wk 32
Wk 40
Studienprotokoll
Studienprotokoll
Studienprotokoll – vor der Übung
Studienprotokoll
Was macht Ihnen in der Situation am meisten
Angst? Was könnte schlimmstenfalls passieren?
Wie stark ist Ihre Angst jetzt?
Wie sehr glauben Sie gerade daran, dass Ihre
Befürchtung eintritt?
Was denken/fühlen Sie gerade?
Was tun Sie, um die Situation leichter aushalten
zu können?
Gibt es irgendwelche äußeren Umstände, die es
für Sie leichter machen?
Gibt es irgendetwas, was es jetzt schlimmer
machen würde?
Studienprotokoll – nach der Übung
Anhand welcher Instrumente werden die Effektivität der
Treatments verglichen? Was sind die Outcome-Variablen?
Instrument/Fragebogen
Was wird gefragt?
Diagnostik
Baseline
Post
Follow-up
2h
2h
2h
HAM-A
Angstsymptome (somatisch + psychisch)
x
x
x
CGI
CIDI (DIA-X)
DSM-5 Cross-D5
BSI (SCL-90)
Symptomschwere
Diagnose
Angstscreening
Psychopathologische Symptome
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
BDI-II
ASI
PAS
ACQ
BSQ
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
MI
GAD-7
LSAS
DSM-5 SP Scale
WHODAS 2.0 12 item
Depressive Symptome
Angstsensitivität
Panik/Agoraphobie
Kognitionen Agoraphobie
körperbezogene Ängste, Kognitionen und
Vermeidung
Vermeidung Agoraphobie
Sorgen
Soziale Angst
Spezifische Phobien
Beeinträchtigung anhand verlorener LJ
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
EQ5D
Lebensqualität
x
x
x
Design
Baseline
Post IPI
Intermediate
1 2
3 4
5-7
8-10
11
1 2
3 4
5
6
7
Post TAU
12
B1
FU IPI
FU TAU
B2
IPI
Randomization
Informed Consent
Screening
TAU
8
9
Ambulant assessment
P3: Experimental tasks
P4: fMRI
P5: (Epi)genetics
10
11
12
B1
B2
P5: (Epi)genetics
P3: Experimental tasks
P4: fMRI
P5: (Epi)genetics
Ambulant assessment
Ambulant assessment
Wk 1
Wk 2
Wk 3
Wk 4
Wk 5
Wk 6
Wk 7
Wk 8
Wk 9
Wk 10
Wk 23
Wk 32
Wk 40
Patient flow P3/P4
P3 Behaviorale und psychophysiologische Marker für
Extinktionslernen und Outcome
- Differentielles
Konditionierungsparadigma
- Zielstellung:
- Darstellung
interindividueller Verläufe
des multimodalen
Extinktionslernens
- Abbildung von LernIndikatoren zur Assoziation
mit Psychopathologie und
Therapieeffekte
P4 Neural Response und fear circuits von Extinktionslernen und
Outcome
Neural response + fear circuits werden vor und
nach Therapie (IPI, TAU) mittels fMRI
untersucht.
Zielstellung:
Was sind neuronale Korrelate von
Extinktionslernen? Wie unterscheiden sich
treatments und Diagnosen in ihrem
neuronalen Aktivitätsmuster?
Regions of Interest:
Lueken et al. (2013), Am J Psychiatry
⇒ Gleiches Paradigma wie
Psychophysiologie
Rückblick - Lernziele
TEIL I
TEIL II
Was kann man untersuchen?
Wie kann man es untersuchen?
Wo stehen wir?
Expositionstherapie bei Angststörungen Was wirkt wie und warum?
Habituation
Emotional Processing Theory
WSR, BSR, FA
Extinktionslernen
Zeitliche Verdichtung
Optimierungsstrategien nach Craske
Struktur RCT
experimentelle Paradigmen
Literatur
Wittchen, H. U., & Hoyer, J. (2011). Klinische Psychologie & Psychotherapie.
Heidelberg: Springer.
Craske, M. G., Treanor, M., Conway, C. C., Zbozinek, T., & Vervliet, B. (2014). Maximizing
exposure therapy: an inhibitory learning approach. Behaviour research and therapy, 58, 10-23.
Foa, E. B., & Kozak, M. J. (1986). Emotional processing of fear: exposure to corrective
information. Psychological bulletin, 99(1), 20.
Lueken, U., Straube, B., Konrad, C., Wittchen, H.-U., Ströhle, A., Wittmann, A., . . . Kircher, T.
(2013). Neural Substrates of Treatment Response to Cognitive-Behavioral Therapy in Panic
Disorder With Agoraphobia. American Journal of Psychiatry, 170(11), 1345-1355. doi: 10.1176
Margraf & Schneider (2009). Lehrbuch der Verhaltenstherapie (Band 1). Heidelberg: Springer.
[Kapitel 32: Konfrontationsverfahren]