WISSENSCHAFTLICHE SPRACHE

Wissenschaftliche Sprache Handout
SchreibzentrumTH
Autorin: Maria Noll
WISSENSCHAFTLICHE SPRACHE
Was heißt das eigentlich – wissenschaftlich schreiben?
Die Antwort finden Sie in diesem Handout sowie in unserem ergänzenden Handout
„Wissenschaftlich formulieren“.
Wissenschaftliche Texte dienen der schriftlichen Kommunikation unter Experten. Sie
schreiben also Texte für Menschen mit Vorwissen und streben deshalb fachlich höheres
Niveau als in der Umgangssprache an. Damit der Leser Ihren Text so versteht, wie er
gemeint ist, sollte er folgende Eigenschaften haben:
→ sachbezogen, belegt und neutral
→ präzise, eindeutig
→ kurz und prägnant
Das ist leichter gesagt als getan, aber da Schreiben ein Handwerk ist, lässt es sich
erlernen – mit etwas Übung.
1.
S ACHBEZOGEN , BELEGT UND NEUTRAL
Sachbezogen:
Formulieren Sie Aspekte, die für Ihr Thema an dieser Stelle relevant sind.
Beispiel:
Die Verpackung weist Sollbruchstellen auf, damit sie leichter zu öffnen ist.
Nicht:
Die in Rot und Grün gehaltene Verpackung weist Sollbruchstellen auf, damit
sie leichter zu öffnen ist.
In diesem Fall ist es nicht relevant, welche Farbe die Verpackung hat, da es nur um die
Sollbruchstelle geht.
Belegt:
Stellen Sie nur Erkenntnisse dar, die nachprüfbar und belegbar sind. Stellen Sie keine
subjektiven Vermutungen an.
Beispiel:
30.12.2015
Der AOK-Studie aus dem Jahr 2011 ist zu entnehmen, dass 73 % der Kinder
im Alter von 12–17 Jahren bewusster mit ihren Ernährungsgewohnheiten
umgingen. Sie hatten an schulischen Projekten wie „Forschungsreise durch
den Supermarkt“ und „Ausgewogene Ernährung – Was ist das“
teilgenommen.
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Nicht:
Die Studie der AOK ergab, dass viele Jugendliche ihre Ernährung umstellten.
Ernährungsseminare sind gut für Schulkinder.
Wörter wie „viele“ sind zu ungenau. Auch Studien sollten genau benannt sein sowie
deren Zweck.
Neutral:
Vermeiden Sie Wertungen und eigene Einschätzungen.
Beispiel:
Eine Statistik aus dem Jahre 2012 zeigt, dass die Kriminalrate in den letzten
20 Jahren gestiegen ist. Dies ist laut einer Studie des Kriminalamtes auf die
steigende Verbreitung von Schusswaffen zurückzuführen.
Nicht:
Eine Statistik aus dem Jahre 2012 zeigt jedoch, dass die Kriminalrate in den
letzten 20 Jahren leider gestiegen ist. Dies ist laut einer Studie des
Kriminalamtes wahrscheinlich auf die viel zu hohe Verbreitung von
Schusswaffen zurückzuführen.
„Viel zu hohe“ und „wahrscheinlich“ sind sowohl wertende als auch vage Wörter.
2.
P RÄZISE , EINDEUTIG
Vermeiden Sie Füllwörter und kommen Sie möglichst schnell auf den Punkt.
Beispiel:
Um die Abwärme einer isothermen Verdichtung abzuführen, ist diese zu
klein.
Nicht:
Natürlich muss die Abwärme einer isothermen Verdichtung abgeführt
werden, doch um dies zu tun, ist die Verdichtung allerdings viel zu klein.
Füllwörter wie „allerdings“ und „viel“ sind überflüssig.
Verwenden Sie keine mehrdeutigen Adjektive.
Beispiel:
In der heutigen Generation ist Übermut der Jugend nicht selten.
Nicht:
In der heutigen Generation ist jugendlicher Übermut nicht selten.
Jugendlicher Übermut kann auch einen 60-jährigen betreffen, und ist somit kein
Jugendproblem. Das Adjektiv „jugendlich“ ist hier nicht eindeutig.
30.12.2015
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Vermeiden Sie lange Umschreibungen, die Sie mit einem Fachbegriff ausdrücken
können. Aber erklären Sie den Fachbegriff einmal in Ihrem wissenschaftlichen Text.
Beispiel:
An dieser Stelle empfehlen Experten Ganztagsschulen.
Nicht:
An dieser Stelle empfehlen Experten Schulen, die über den vormittäglichen
Unterricht hinaus an mindestens drei Tagen in der Woche ein ganztägiges
Angebot haben, das täglich mindestens sieben Zeitstunden umfasst.
Nicht jeder Laie muss Ihren Text verstehen können. Achten Sie hierbei auf Ihre
Zielgruppe.
3.
K URZ UND PRÄGNANT
Lange, verschachtelte Sätze sind für den Leser schwierig zu verstehen. Lassen Sie
deshalb unwichtige Informationen weg, und bilden Sie lieber zwei Sätze statt einen
langen. Auch deshalb sollten Sie auch Füllwörter vermeiden, denn sie verlängern den
Satz nur unnötig.
Beispiel:
Zahlreiche Anwendungen des Internets lassen sich mit der Client-ServerTechnik realisieren – heute jedoch nur noch mit erheblichem Aufwand.
Gründe dafür sind die ständig steigende Teilnehmerzahl und die
wachsenden Anforderungen neuer Anwendungsarten.
Nicht:
Aufgrund des weiterhin anhaltenden Wachstums des Internets hinsichtlich
Teilnehmerzahlen und Datenaufkommen, aber auch durch die gestiegenen
Anforderungen ständig wachsenden Anwendungsspektrums lassen sich
zahlreiche Anwendungen mit den traditionellen, auf Client-Server-Ansätzen
basierenden Methoden oft nur noch mit erheblichem Aufwand realisieren.
Bis der Leser zum Ende dieses langen und verschachtelten Satzes kommt, hat er den
Anfang schon wieder vergessen.
L ITERATUR
Kühtz, Stefan (2015): Wissenschaftlich Formulieren. Tipps und Textbausteine für
Studium und Schule, 3. Auflage. Stuttgart: UTB.
Rechenberg, Peter (2006): Technisches Schreiben: (nicht nur) für Informatiker. 3.,
erweiterte und aktualisierte Auflage. München: Hanser.
Esselborn-Krumbiegel, Helga (2010): Richtig wissenschaftlich schreiben. Stuttgart: UTB.
30.12.2015
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