KMU Magazin 12/15

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Strategie & Management
Vertrauen als Erfolgsfaktor, Teil 1 / 2
Die Grundbedingung
für Kooperation und Teamwork
Welche Rolle Vertrauen für die Arbeits- und Geschäftsbeziehungen einer Organisation spielt
und welche Herausforderungen sich dadurch im Manageralltag ergeben, hat jetzt eine
internationale Forschungsgruppe mit einer praxisnahen Befragung von Führungskräften
untersucht. Die wichtigsten Ergebnisse dokumentiert dieser zweiteilige Beitrag.
››Dr. Eva-Eliane Tammena, Davide Miggiano
Ohne Vertrauen erzielt man kein effizientes Teamwork in Organisationen. Wovon
aber hängt der Grad des Vertrauens ab?
Welches sind die Verstärker, was kann
eine Kooperation behindern? Und wie beeinflussen moderne, IT-basierte Hilfsmittel (E-Mail, Internet, Social Media usw.)
die Vertrauensbildung und die Kommunikation? Dies und anderes hat die un­
abhängige, internationale Forschungsgruppe Iconfi, mit Sitz in St. Gallen, im
Rahmen einer breit angelegten Studie im
DACH-Raum (Deutschland, Österreich,
Schweiz) untersucht. Daraus leiten sich
drei Thesen ab.
These 1:
Differenziertes Vertrauen
bleibt die Basis der Kooperation.
Vertrauen ist ein hohes Gut. Dies bestätigen 98 Prozent der 400 befragten Führungskräfte aus Deutschland, Österreich
und der Schweiz. Für sie ist das Vertrauen
«wichtig» oder «sehr wichtig», sowohl
privat als auch geschäftlich. Kein einziger
der befragten Manager bewertete Vertrauen als «unwichtig».
Dabei handelt es sich nicht um naives,
blindes Vertrauen, hier differenzieren Füh-
KMU-Magazin Nr. 12, Dezember 2015
rungskräfte deutlich: Die Wichtigkeit von
Vertrauen im Privatleben ist höher, auch
Arbeitskollegen auf der gleichen Hierarchieebene wird weniger vertraut als den
eigenen Mitarbeitern und Vorgesetzten.
! ››
kurz & bündig
Eine Herausforderung des Manageralltags ergibt sich nicht nur
beim Aufbau von Vertrauenskapital, sondern auch aus dem Ringen um praktische Kooperation
und dem Einbringen der Leistung
in ein soziales Gefüge. Bei dieser
Interaktion bildet das Gewähren
eines Vertrauensvorschusses eine
entscheidende Rolle.
Erfolgreiches Teamwork funktioniert ab einem gewissen Punkt
nicht mehr, wenn das Vertrauen
dadurch erschöpft wurde, dass
es zu oft missbraucht wurde.
Sympathie ist vor allem bei jüngeren Mitarbeitern unter 40 ein
höchst wichtiger Faktor, während ältere Mitarbeiter hier stark
differenzieren.
››
››
Im Vergleich mit externen Stakeholdern –
also gegenüber Kunden und Klienten,
Dienstleistern und Geschäftspartnern –
sinkt die Bedeutung noch mehr ab. Hier
wird Vertrauen nur noch mit zirka 50 Prozent als sehr wichtig eingestuft und zehn
Prozent der Führungskräfte betrachten es
in dieser Beziehung tatsächlich als eher
unwichtig. Vertrauen scheint die Grundbedingung für Kooperation und Teamwork
innerhalb von Organisationen zu sein.
Genauer nachgefragt, wem die Führungskräfte denn jetzt tatsächlich ihr Vertrauen
schenken, gibt es weitere Unterschiede. So
ist das bestehende Vertrauen gegenüber
Vorgesetzten geringer als gegenüber Arbeitskollegen und Mitarbeitenden. Ausserdem unterscheidet es sich nach der Form
der Organisation. Das grösste Vertrauen
besteht bei Familienunternehmen und eigentümergeführten Unternehmen, gefolgt
von Aktiengesellschaften. Das geringste
Vertrauensniveau besteht bei öffentlichen
und halb-staatlichen Einrichtungen.
Basierend auf den erhobenen Daten bedeutet dies, dass Vertrauen höchst wichtig
für die Arbeits- und Geschäftsbeziehung
ist. Zudem sind die Ansprüche und Vo­r­
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Strategie & Management
Welche Rolle Vertrauen für Führungskräfte spielt
Wie wichtig ist Vertrauen … (N = 400)
… für Sie im Allgemeinen?
… für Sie in der Arbeit?
… im Umgang mit Ihren Mitarbeitern?
… im Umgang mit Ihren Vorgesezten?
… im Umgang mit Ihren Arbeitskollegen?
… im Umgang mit Kunden / Klienten?
… im Umgang mit Geschäftspartnern?
0 %
Sehr wichtig
Wichtig
aussetzungen, wie Vertrauen zustande
kommt, sehr differenziert zu betrachten.
These 2: Fassbare Faktoren
entscheiden die Zusammenarbeit.
Die Forschungsgruppe fragte auch die
Verstärker für Kooperation ab. Welche
Faktoren sind im Führungskräftealltag
wichtig, damit vertraut wird? Bei den
20 %
40 %
Eher wichtig
60 %
Unwichtig
Ergebnissen finden sich Klassiker der
Führungslehre wie Sympathie und Ge­
meinsamkeiten, das Vorliegen persön­
licher Informationen und fachbezogene
Berufserfahrung. Dies sind alles be­
kannte Teamworkverstärker. Es gibt je­
doch auch überraschende Erkenntnisse:
Hierarchie und Seniorität wirken dem­
nach kontraproduktiv, vor allem wenn
80 %
100 %
Keine Antwort
dies der beherrschende Faktor der Zu­
sammenarbeit ist.
Im Einzelnen erwarten 70 Prozent der
Befragten von einer Person, welche sie
sympathisch finden, mehr Kooperation.
Sympathie ist vor allem bei jüngeren Mit­
arbeitern unter 40 ein höchst wichtiger
Faktor, während ältere Mitarbeiter hier
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KMU-Magazin Nr. 12, Dezember 2015
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ganz stark differenzieren. Über 60-jährige
Mitarbeiter vertrauen nur noch zu 40 Prozent. Dies erweckt den Anschein, als ob
sich Vertrauen manchmal über längere
Frist aufbrauchen würde.
Berufsbezogene Erfahrung und das Mitteilen von persönlichen Informationen
(Hobbys, Familie und Interessen) – um
Gemeinsamkeiten und Sympathie zu
schaffen – haben einen stark positiven
Einfluss auf das Vertrauensniveau. Dies
gaben 60 Prozent der Befragten an. Überraschend ist allerdings, dass berufliche
Stationen in renommierten Unternehmen
weit weniger ins Gewicht fallen, was das
Vertrauen in Teamwork und Kooperation
betrifft. Diese Information ist nur für zirka
20 Prozent der Befragten wichtig und
kann sogar zu negativen Effekten führen.
Was bedeuten die Ergebnisse für die Managementpraxis? Die klassischen Sympathietreiber (wie etwa die Betonung gemeinsamer Interessen) sollen an dieser
Stelle nicht weiter diskutiert werden. Jedoch ist es wichtig, dass tatsächlich über
KMU-Magazin Nr. 12, Dezember 2015
Strategie & Management
alle wesentlichen Kanäle der Kommunikation auch die oben genannten Sympathietreiber und persönlichen Informationen bereitgestellt werden. Kommt dies zu
kurz, wird die Schnittmenge der möglichen Gemeinsamkeiten kleiner und das
Vertrauen kann weniger wachsen. Andere polarisierende Informationen sollten eher in den Hintergrund treten. Hier
sind insbesondere das Plädieren auf das
Renommee bisheriger Stationen, die Hier­
archieebene und die Dauer der Unternehmenszugehörigkeit zu nennen.
nichts tun und abwarten, ob und wie sich
die anderen Mitglieder engagieren. Lediglich zwei werden – unabhängig von
den Reaktionen der anderen – ihre Leistung für das Team erbringen. Der Rest
besteht entweder aus grundsätzlichen
Kooperationsverweigerern – zirka zehn
Prozent haben bereits mental gekündigt
– oder Menschen, welche andere Prioritäten haben. Aus praktischer Erfahrung
heraus ist diese Konstellation Führungskräften sicherlich bekannt, durch die Studie ist sie jetzt auch empirisch belegt.
Der Arbeitsalltag ist kein Bewerbungsgespräch mehr, sondern ein dauerhaftes, situatives und reflektiertes Streben nach
Vertrauen, Sympathie und erfolgreichem
Teamwork.
Dies zeigt jedoch zugleich, dass eben das
klassische Bestreben der Führungskraft
um Vertrauen und Sympathie alleine
nicht ausreicht. Erfolgreiches Teamwork
funktioniert ab einem gewissen Punkt
nicht mehr, wenn das Vertrauen dadurch
erschöpft wurde, dass es zu oft missbraucht wurde.
These 3: Alle sind gleich
und manche sind gleicher.
Eine weitere Herausforderung des Manageralltags ergibt sich nicht nur beim Aufbau von Vertrauenskapital, sondern auch
aus dem Ringen um praktische Kooperation und dem Einbringen der Leistung in
ein soziales Gefüge. Bei dieser Interaktion bildet das Gewähren eines Vertrauensvorschusses eine entscheidende Rolle.
Während 20 Prozent der befragten Führungskräfte grundsätzlich in allen Fällen
kooperieren (dominante Verhaltensart
A) – also vertrauensvoll und gutwillig
handeln – agiert der Hauptteil absolut
strategisch. Viele kalkulieren ihren eigenen Nutzen und Aufwand in die zukünftige Kooperation ein. Hierbei zeigen die
empirischen Ergebnisse der Studie auf,
dass an dieser Stelle grundsätzlich zwei
unterschiedliche Verhaltensarten auf­
treten: Typus B wartet immer erst mit der
Kooperation ab, bis der andere sich proaktiv zeigt, also kooperiert. Typus C leistet in allen Fällen genauso viel an Teamwork wie der andere auch.
Beispielhaft bedeutet dies in etwa Folgendes. Wenn ein Team mit zehn Mitarbeitern im Sitzungszimmer sitzt und gerade
ein Projekt begonnen wird, werden etwa
sieben Projektmitglieder immer zuerst
Daraus resultieren für Manager folgende
Handlungsimplikationen: Im Idealfall
geht die Führungskraft voran und setzt
sich in der ersten Phase des Projektes
proaktiv ein. Dies gibt ein hohes Niveau
an Vertrauen vor und zieht die anderen
Mitglieder auf das entsprechende Kooperationsniveau. Kooperation als Grundhaltung zahlt sich allerdings aus. Fast zwei
Drittel derjenigen, die nicht automatisch
kooperieren, reagieren auf Zeichen von
Teamwork mit eigener Kooperation. Der
Vertrauensvorschuss trägt in diesem Fall
Früchte.
Dennoch gibt es auch Kooperationsverweigerer, bei denen sogar dieses Verhalten nicht zu einem gewünschten Ergeb­nis führt. Mit einem empirisch belegten
25-Prozent-Chancenanteil begegnet man
ihnen – und zwar auf jeder Hierarchieebene. Hier wirken Kommunikation und
Sympathie nur eingeschränkt. Eher ist auf
handlungsauslösende Massnahmen zu
setzen, wie Informations- und Kommunikationssysteme, wie auch Entlohnungsund Bewertungssysteme, die Mitarbeiter
honorieren, welche immer kooperieren
oder proaktiv sind. Der Nutzen der Kooperation für den Mitarbeiter im Projekt
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Strategie & Management
muss sich «lohnen». Auch spielt hierbei
die Unternehmensgrösse eine Rolle. Insbesondere bei kleineren und mittelständischen Unternehmen bis zu 250 Mitarbeitenden ist die Strategie «gleich viel
kooperieren wie der andere» deutlich
ausgeprägt. «
Der zweite Teil dieses Artikels setzt sich
in der nächsten Ausgabe des «KMU-Magazin» damit auseinander, über welche In­
formations- und Kommunikationskanäle
Vertrauen in der digitalen Welt zustande
kommen und damit für Unternehmen und
Institutionen gefördert werden können.
Porträt
Dr. Eva-Eliane Tammena
Bereichsleiterin Wissenschaft
Dr. Eva Tammena hat Betriebswirtschaftslehre an der
Ludwig-Maximilians-Universität München, Philosophie
an der Philosophischen Fakultät S. J. und Kommunikation
an der Bayerischen Akademie für Werbung und Marketing studiert. Anschliessend hat sie im Bereich Strategie,
Kommunikation, Information, Organisation und nachhaltige Unternehmensführung an der Ludwig-Maximilians-Universität München promoviert. Neben ihrer Tätigkeit als internationale Beraterin für Strategie, Kooperation, Information
und Kommunikation (u.a. Accenture, Malik, Sky, Red Bull) ist Dr. Tammena seit
1999 wissenschaftlich und sozial in diesem Bereich tätig.
Davide Miggiano
Bereichsleiter Analyse
Davide Miggiano studiert Strategie und Internationales
Management an der Universität St. Gallen. Zudem hat er
Praktika in der Konsumgüter- und der Finanzbranche
absolviert, zahlreiche Auslandserfahrungen (USA, Niederlande, Spanien) gesammelt und sich als Freiwilliger
bei AFS Schweiz sowie St. Gallen Model United Nations engagiert.
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