93 14 Freie Schwingungen Wird ein System durch Anfangsauslenkungen oder Anfangsstöße zu Schwingungen angeregt und dann sich selbst überlassen, bezeichnet man die entstehende Bewegung als freie Schwingung. Im Falle eines linearen Schwingers mit einem Freiheitsgrad wird sie durch das sogenannte Anfangswertproblem bestehend aus einer homogenen Schwingungsdifferentialgleichung 2.Ordnung und Anfangsbedingungen für Lage und Geschwindigkeit beschrieben. Für lineare Schwingungsgleichungen besteht ein abgeschlossenes Lösungskonzept zur Berechnung der Schwingungsfunktion. Entsprechend der Schwingungsgleichung wählt man einen parametrisierten Lösungsansatz und bestimmt die freien Parameter durch Einsetzen in die Differentialgleichung. Die gefundenen Einzellösungen können superponiert werden, um zur allgemeinen Lösung zu gelangen. Dabei verbleiben freie Konstanten, die durch Einsetzen in die Anfangsbedingungen ermittelt werden und auf eine spezielle Lösung des Anfangswertproblems führen. Ungedämpfte Schwingungen können durch trigonometrische Funktionen beschrieben werden. Charakteristische Kennwerte der Schwingung sind ihre Amplitude und Frequenz. Zu unterscheiden sind dabei die Frequenz gemessen in Hertz [Hz] als Kehrwert der Schwingungsperiode und die Kreisfrequenz gemessen in [radńs]. Bei gedämpften Schwingungen sind verschiedene Fälle der Dämpfung zu unterscheiden, die durch das Lehr’sche Dämpfungsmaß charakterisiert sind. Für schwache Dämpfung bleibt das System schwingungsfähig und wird durch trigonometrische Funktionen mit exponentiell abklingender Amplitude beschrieben. Bei starker Dämpfung geht die Schwingungsfähigkeit verloren, die Lösungsverläufe sind dann Exponentialfunktionen. 94 14 Freie Schwingungen 14.1 Lineare Schwingungsgleichung Anfangswertproblem .. . Schwingungsgleichung: x(t) ) 2dx(t) ) w 20x(t) + 0 Anfangsbedingungen: Lage: x(0) + x 0 . . Geschwindigkeit: x(0) + x 0 Superpositionsprinzip Sind x 1(t) und x 2(t) Lösungen der linearen Schwingungsgleichung, dann auch Z x(t) + cx 1(t) , c + const. Z x(t) + x 1(t) ) x 2(t) Beweis durch Einsetzen: .. . .. . Z ǒcx 1Ǔ ) 2dǒcx 1Ǔ ) w 20ǒcx 1Ǔ + cǒx 1 ) 2dx 1 ) w 20x 1Ǔ + 0 n Z ǒx 1 ) x 2Ǔ ) 2dǒx 1 ) x 2Ǔ ) .. .. . . w20ǒx 1 ) x 2Ǔ 0 + ǒx 1 ) 2dx 1 ) w 20x 1Ǔ ) ǒx 2 ) 2dx 2 ) w 20x 2Ǔ + 0 n .. . .. 0 . 0 Beispiele Linearisierte Pendelschwingung ö Ơ 1 g .. ö) ö + 0 l ö L m x Feder-Masse-Schwinger .. d x. ) c x + 0 x)m m c d m 14 Freie Schwingungen 95 14.2 Ungedämpfte Schwingungen Anfangswertproblem .. Schwingungsgleichung: x(t) ) w 20x(t) + 0 Anfangsbedingungen: Lage: x(0) + x 0 . . Geschwindigkeit: x(0) + x 0 Allgemeine Lösung der Schwingungsgleichung Lösungsansätze: x 1(t) + sin wt x 2(t) + cos wt Superposition: x(t) + A sin w 0t ) B cos w 0t , A, B Ů 9 Spezielle Lösung des Anfangswertproblems Anfangsbedingungen: x(0) + x 0 . . x(0) + x 0 . Lösung: x x(t) + x 0 cos w 0t ) w0 sin w 0t 0 cos(y * ö) + cos ö cos y ) sin ö sin y Trigonometrie: x(t) + C cosǒw 0t * ö Ǔ Kenngrößen: Periode T + 2p w [s] Frequenz f+1 T 1[Hz] + 1 1s 0 Kreisfrequenz w 0 + 2p + 2pf T ƪƫ ƪrads ƫ 96 14 Freie Schwingungen x C ö w0 *C t 14 Freie Schwingungen 14.3 Gedämpfte Schwingungen Anfangswertproblem .. . Schwingungsgleichung: x(t) ) 2dx(t) ) w 20x(t) + 0 Anfangsbedingungen: Lage: x(0) + x 0 . . Geschwindigkeit: x(0) + x 0 Allgemeine Lösung der Schwingungsgleichung Lösungsansatz: x(t) + e lt Superposition: x(t) + C 1e l1t ) C 2e l 2t , C 1, C 2 Ů 7 Diskussion der Eigenwerte allgemein: l 1,2 + * d " Ǹd 2 * w 20 Fallunterscheidung: 1) keine Dämpfung d + 0 2) schwache Dämpfung d 2 t w 20 3) Grenzfall d 2 + w 20 4) starke Dämpfung d 2 u w 20 97 98 14 Freie Schwingungen Diskussion der Lösungen 1) keine Dämpfung d + 0 x(t) + C 1e iw0t ) C 2e *iw0t Euler−Formel e "iw 0t + cos w 0t " i sin w 0t x(t) + ǒC 1 ) C 2Ǔ cos w 0t ) iǒC 1 * C 2Ǔ sin w0t 2) schwache Dämpfung 0 t d t w 0 x(t) + C 1e (*d)iw)t ) C 2e (*d*iw)t + e *dtǒC 1e iwt ) C 2e *iwtǓ Euler−Formel x(t) + e *dt(A sin wt ) B cos wt) Trigonometrie x(t) + Ce *dt cos(wt * ö) x C ö w *C t 14 Freie Schwingungen Kenngrößen: Kreisfrequenz w 2 + w 20 * d 2 Periode T + 2p w + Lehr’sches Dämpfungsmaß D + wd + logarithmisches Dekrement Ǹ ƪrads ƫ 2p * d2 w 20 d Ǹd 2 ) w 2 x í + dT + ln x n n)1 0 99 [s] [*] [*] 100 14 Freie Schwingungen 3) Grenzfall d + w 0 x(t)+ e *dt(A sin wt ) B cos wt) schwach gedämpft, d t w 0 : Grenzübergang d ³ w 0 x(t) + e *dtǒAt ) BǓ x t 4) starke Dämpfung d u w 0 x(t) + C 1e l1t ) C 2e l 2t , x * l 1, l 2 Ů 9 t
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