starke Währung immer gut

Stimmt es, dass …
…eine starke Währung immer gut ist?
J
e stärker der Euro, umso größer ist die Kaufkraft. Das gilt für die Verbraucher beim Kauf japanischer
Autos oder beim Ägypten-Urlaub ebenso wie für die Unternehmen beim Import von Rohstoffen. Eine
starke Währung ist zudem in der Regel auch ein Zeichen für eine gute wirtschaftliche Entwicklung.
Doch gilt die Gleichung „je stärker, desto besser“ generell?
Euro-Dollar-Kurs und Konjunkturrisiko Wechselkurs
30
1,45
28
1,40
26
1,35
24
1,30
22
1,25
20
1,20
18
1,15
16
1,10
14
1,05
12
1,00
10
Risiko Wechselkurs in Prozent (DIHK-Umfrage)
Risiko Wechselkurs (exportorientierte Industrie)
01.2010
03.2010
05.2010
07.2010
09.2010
11.2010
01.2011
03.2011
05.2011
07.2011
09.2011
11.2011
01.2012
03.2012
05.2012
07.2012
09.2012
11.2012
01.2013
03.2013
05.2013
07.2013
09.2013
11.2013
01.2014
03.2014
05.2014
07.2014
09.2014
11.2014
01.2015
03.2015
05.2015
07.2015
Euro/Dollar-Wechselkurs
Euro/Dollar-Wechselkurs (Monatsdurchschnitt, Quelle EZB)
1,50
Quelle: DIHK, EZB, finanzen.net
D
enn ein hoher Außenwert der Währung bedeutet auch, dass die eigenen Produkte für das Ausland
teurer sind. Die Nachteile einer allzu starken Währung sind in den letzten Jahren am Beispiel der
Schweiz deutlich geworden: Damit Schweizer Exportgüter im Ausland und ein Urlaub in der Schweiz
für ausländische Touristen weiterhin erschwinglich bleiben, sieht sich die Zentralbank zu einer gezielten
Schwächung des Franken gezwungen. In der Eurozone atmen derzeit gerade die südeuropäischen Länder
auf, weil der schwächere Euro italienische Autos und spanischen Wein günstiger macht und das Exportgeschäft weiter belebt. Davon profitieren nicht nur die Unternehmen, sondern auch der Arbeitsmarkt.
Hier zeigen sich freilich zugleich die Grenzen, die Exporte über eine Währungsschwächung anzukurbeln:
Eine höhere Wettbewerbsfähigkeit allein durch einen schwachen Wechselkurs ist auf längere Sicht
eine Illusion. Versucht ein Land, den Wechselkurs bewusst zu manipulieren, droht sogar ein Wettlauf
um die schwächere Währung durch niedrige Zentralbankzinsen. Dabei verschwinden die Vorteile eines
Landes schnell wieder, wenn andere Länder ihre Währung ebenfalls schwächen. Und am Ende verlieren
alle. Denn wenn Zinserhöhungen zu lange aufgeschoben werden, drohen nicht nur Kaufkraftverluste,
sondern auch neue Finanzmarktblasen.
Ein Ärgernis für Unternehmen sind in jedem Fall starke und unerwartete Kursschwankungen. Die Preiskalkulation wird über den Haufen geworfen, Absicherungsgeschäfte sind teuer. In der DIHK-Konjunkturumfrage nennt mittlerweile jeder vierte Industriebetrieb den Wechselkurs als Geschäftsrisiko – mehr als
in den bisherigen Umfragen.
Unter dem Strich ist eine schwache Währung somit nicht per se ein Grund zur Besorgnis. In wirtschaftlichen
Schwächephasen kann sie sogar eine willkommene Konjunkturstütze sein. Dauerhaft hilft dem Export,
der Beschäftigung und der Kaufkraft aber nur eine höhere Produktivität. Dazu tragen gut ausgebildete
Beschäftigte sowie moderne Maschinen und Anlagen ebenso bei wie eine leistungsfähige Infrastruktur.
Ansprechpartner im DIHK:
Dr. Tim Gemkow | [email protected] | Tel: 030203081507,
Dr. Dirk Schlotböller | [email protected] | Tel: 030203081504