Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, Stellen Sie sich Folgendes vor: Sie kaufen ein Grundstück, auf dem sie für sich und ihre Familie ein Haus bauen möchten. Im Rahmen der Bauvorbereitung wird ihr Grundstück nach Kampfmitteln abgesucht. Und dann bekommen Sie die Nachricht, dass vier 250 Kilogramm-Bomben aus dem Zweiten Weltkrieg gefunden wurden. Oder: Sie haben bereits ein neues Eigenheim errichtet und dann werden diese vier Großbomben auf dem Nachbargrundstück gefunden. Sie können gerade noch Ihre wichtigsten Dokumente und Wertsachen zusammenkramen und anschließend heißt es hoffen, dass nicht gesprengt werden muss, denn dann bestünde auch für Ihr Haus kaum Hoffnung ohne Schaden zu bleiben. Das, meine Damen und Herren, ist in Oranienburg - auch noch 70 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg - trauriger Alltag! Erst vor wenigen Wochen entschärften die Kampfmittelbeseitiger des Landes -in einer beispiellosen Aktion- auf einem 700 Quadratmeter großen Grundstück die vorgenannten vier 250-Kilo-Bomben. 4300 Menschen mussten ihre Häuser und Wohnungen verlassen. Der Einsatz dauerte mehr als 16 Stunden, die Sprengmeister arbeiteten unter Hochspannung, und der Einsatz kostete am Ende etwa 400.000 Euro. Und es geht weiter: Auf einem Unternehmensgelände wurden jetzt sogar sechs „klärungsbedürftige Anomalien“ gefunden. Es wird davon ausgegangen, dass es sich auch hier um Bombenblindgänger handelt. Die Entschärfung oder Sprengung beträfe dann 12.000 Personen, sieben Kitas, fünf Schulen, das städtische Krankenhaus, eine Seniorenwohnanlage und beide Bahnhöfe der Stadt. Diese Einrichtungen müssten geräumt werden. Mit diesen Details möchte ich auf die enorme Belastung der Kommunen aufmerksam machen, die durch die Kampfmittelsuche verursacht wird. Neben den Alltagseinschränkungen geht es dabei vor allem um die psychische Belastung vieler Menschen, ja sogar um Leben und Tod! Am gefährlichsten sind dabei die Bomben mit Langzeitzünder, wie sie in Oranienburg regelmäßig gefunden werden: Diese Zünder verrotten und die Gefahr einer Selbstdetonation steigt somit von Tag zu Tag! Und natürlich sind auch die finanziellen Folgen der Kampfmittelbelastung enorm, denn: Zahlreiche Investitionen in der Kommune werden aus Angst vor Bombenfunden gar nicht erst getätigt. Großflächige Infrastruktur wird bei der Bombensuche zerstört und muss anschließend wieder hergestellt werden. Die Suchfirmen müssen bezahlt werden. Rahmenbedingungen für eine Entschärfung oder Sprengung zu schaffen ist teuer und insbesondere nach einer Sprengung entstehen oft enorme Folgekosten. In Brandenburg sind seit 1991 rund 350 Millionen Euro Landesgeld in die Kampfmittelsuche geflossen. Nur 125 Millionen Euro erstattete der Bund für „reichseigene Kampfmittel“. Nichts bezahlte der Bund bisher bei der Bergung amerikanischer, englischer oder russischer Blindgänger! Deshalb freuen wir uns, dass seit diesem Jahr 1 nun endlich auch Bundesgeld für Suche und Beseitigung „alliierter Kampfmittel“ bereitgestellt wird. Zwar sind die 60 Millionen Euro für ganz Deutschland, verteilt auf 4 Jahre, nur ein kleiner Tropfen auf den sehr heißen Stein! Zum Vergleich: Das ist pro Jahr in etwa so viel wie das Land Brandenburg und die Stadt Oranienburg allein ausgeben. Dennoch haben wir die Hoffnung, dass die Beseitigung der tödlichen Altlasten nun weiter beschleunigt werden kann! Und ich bedanke mich an dieser Stelle bei der Brandenburgischen Landesregierung und den beteiligten Bundestagsabgeordneten aller Fraktionen für ihren unermüdlichen Einsatz! Es ist nun wichtig, dass wir die zusätzlichen Mittel des Bundes nutzen, um die Kampfmittelbeseitigung in Brandenburg noch schneller voranzutreiben, denn die Menge der Blindgänger und ihre zunehmende Gefährlichkeit lassen keinen Zeitverzug mehr zu! Und um dem CDU-Beitrag, der gleich vom Kollegen Bommert erläutert wird, entgegen zukommen: Natürlich gilt das Spyra-Gutachten und die damit verbundene Prioritätensetzung bei der Bombensuche weiter! Und selbstverständlich bleiben die Landesmittel zur Kampfmittelsuche in gleicher Höhe erhalten! Mit Blick auf die weiterhin großen Herausforderungen bleiben wir aber auch dabei, dass der Bund perspektivisch sämtliche Kosten für die Bergung und Vernichtung alliierter Kampfmittel übernehmen muss. Lassen Sie uns fraktionsübergreifend weiter dafür streiten! 2
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