Elektromobile Fuhrparks Ein Blick auf die Vorreiter

Erste Flotten und Fuhrparkmanagement - Forschungsprojekt PREMIUM
Elektromobile Fuhrparks
Ein Blick auf die Vorreiter
Der Nutzung von Elektrofahrzeugen im Geschäftsumfeld
wird großes ökonomisches Potenzial zugesprochen. Durch
höhere Auslastungsgrade, planbare Standzeiten und Routen sowie professionelles Flottenmanagement können elektrische Pkw hier wirtschaftlich eingesetzt werden. Für die
Marktdurchdringung von elektrisch betriebenen Fahrzeugen könnte der Einsatz im Kontext von Flotten ein entscheidender Faktor sein. Schließlich werden zwei Drittel der Neuwagen in Deutschland im gewerblichen Bereich zugelassen.
Das Projekt PREMIUM greift den Aspekt der gewerblichen
Nutzung in einem großangelegten Feldversuch auf.
Flottenmarkt für Elektrofahrzeuge in Deutschland ziehen:
Von den ersten 60 Firmen, die im Rahmen des Projekts den
Schritt in die Elektromobilität wagten, stammt knapp ein
Drittel (28%) aus der Energiebranche, gefolgt von Unternehmen aus dem Dienstleistungs- und Beratungssektor (23 %)
und dem Verarbeitenden Gewerbe (20%). Mit Abstand auf
den Plätzen 4 und 5 vertreten sind die Branchen Finanzen und
Versicherungen (10%) sowie Chemie (7%).
Das Projekt wird von einem Konsortium aus Industrie und Wissenschaft unter der Führung der Bayerischen Motoren Werke
AG bearbeitet. Erstmalig erfolgt eine umfassende Betrachtung des gesamten Nutzerspektrums: Vom Privatanwender
über Kleinstflottennutzer bis hin zu Großkunden sollen neben
den Kundenanforderungen auch die umwelttechnischen Auswirkungen von elektrisch betriebenen Fahrzeugen erforscht
werden. Es soll ermittelt werden, welches Antriebskonzept
das jeweils am besten geeignete ist, wenn Faktoren wie der
spezifische Einsatzzweck, Ladeinfrastruktur, Ladezeiten, Batteriekosten, Verbrauch und Emissionen berücksichtigt werden. Aus dieser Motivation steht das Akronym PREMIUM für
Plug-In-, Range-Extender- und Elektrofahrzeuge unter realen
Mobilitätsumständen: Infrastruktur, Umweltbedingungen
und Marktakzeptanz.
Branchenverteilung der teilnehmenden Flotten
28%
23%
20%
10%
Insgesamt 360 Kundenfahrzeuge werden für die Analyse von
Nutzerverhalten, Nutzerakzeptanz und Fahrdaten über eine
Projektlaufzeit von drei Jahren eingesetzt. Neben 60 Privatfahrzeugen werden auch 300 gewerblich genutzte Fahrzeuge
verschiedener Hersteller in Firmenfuhrparks durch die Universität Duisburg-Essen untersucht, um herauszufinden, wie
Fahrzeugflotten schon heute sinnvoll mit alternativen Antrieben durchmischt werden können.
Etwa 6 Monate nach dem Start der wissenschaftlichen Begleitforschung lassen sich erste Schlüsse über den frühen
Ausgabe 17/Juni 2015
7%
Energie
Finanz- und Versicherung
Dienstleistung und Beratung
Chemie
Verarb. Gewerbe
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Neuland betreten haben dabei fast alle Unternehmen: nur
11 % der verantwortlichen Fuhrparkmanager gaben an, bereits vorher Elektrofahrzeuge im Einsatz gehabt zu haben.
Für eine klare Mehrheit stellt die Teilnahme am Projekt eine
Testphase dar, um herauszufinden wie sich die Stromer im
betrieblichen Alltag beweisen.
»Als Unternehmen der Energiebranche sehen wir in der Elektromobilität ein mögliches Geschäftsfeld für die Zukunft«, erläutert Steffen Hommel, Beauftragter für Elektromobilität der
Stadtwerke Bochum, die Teilnahme am Projekt PREMIUM.
»Wir haben seit 2009 in Bochum den Aufbau öffentlicher
Ladeinfrastruktur forciert und schon damals erste serientaugliche Elektrofahrzeuge und Elektroroller getestet. Für uns
ist es nur folgerichtig, selbst zu den Pionieren beim Einsatz
von Elektrofahrzeugen zu gehören. Wir sind daher bestrebt
sowohl für uns selbst als auch für unsere Kunden herauszufinden, ob und wie Elektroautos sich im harten Fuhrparkalltag schlagen.«
»Die Elektromobilität muss erst noch besser ausgetestet werden. Es gibt noch immer zu wenige Erfahrungswerte aus dem
echten Alltagsbetrieb«, meint auch Andreas Allebrod, geschäftsführender Gesellschafter der Drive CarSharing GmbH,
die mit 25 PREMIUM-Fahrzeugen zu den Großabnehmern des
Projekts gehört. Er sieht den Praxistest mit PREMIUM-Fahrzeugen vor allem auch als Möglichkeit, seinem Unternehmen
Wettbewerbsvorteile gegenüber den Konkurrenten zu verschaffen: »Carsharing und die vernetzte Mobilität bieten großes Potenzial für den Einsatz von Elektroautos - ich erwarte
auch Kostenvorteile für unsere Firmenkunden. Die direkten
Einsparpotenziale können die Kunden aber erst mit dem Praxistest wirklich einschätzen.«
So wurde von den Unternehmen als Motiv für die Anschaffung
der Fahrzeuge am häufigsten der Wunsch genannt, die Elektrofahrzeuge auf Alltagstauglichkeit prüfen zu wollen. Dies
gaben 75% aller Flottenverantwortlichen als einen der Gründe
an. Für gut die Hälfte der Teilnehmer (50%) waren aber auch
der positive grüne Image-Effekt sowie die Verbesserung der
Umweltbilanz des Unternehmens (49%) wichtige Faktoren.
Die treibende Kraft bei der Anschaffung der Elektrofahrzeuge
stellten neben den Geschäftsführern (37 %) auch gleichermaßen die Fuhrparkmanager (33%) dar. Weitere an der Entscheidung beteiligte Unternehmensbereiche waren auch das
Nachhaltigkeits- und Innovationsmanagement (19 %) und
nicht zuletzt die Pressestellen (11%).
Die hohe Bedeutung der Geschäftsleitung wird auch am Beispiel der Stadtwerke Bochum deutlich. »Die Initiative zum
Einstieg in die Elektromobilität mittels Poolfahrzeuglösung
ging von unserer Geschäftsführung aus, um möglichst viele
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die Elektromobilität zu
begeistern«, erläutert Steffen Hommel. Ein ähnliches Bild
auch bei der Drive CarSharing GmbH. Andreas Allebrod zeichnet sich als geschäftsführender Gesellschafter persönlich für
das Engagement seines Unternehmens in der Elektromobilität verantwortlich: »Ich habe ein Elektroauto eine Woche lang
ausprobiert und bin so mit dem Thema in Berührung gekommen. Für mich war sofort klar, dass zukunftsfähige Antriebsund Mobilitätskonzepte die Verbrennungsmotoren mittelfristig ersetzen werden.«
Welcher Unternehmensbereich war die »treibende Kraft«
bei der Anschaffung Ihrer EVs?
11%
37%
19%
33%
Geschäftsleitung
Fuhrparkmanagement
Nachhaltigkeits-/
Innovationsmanagement
PR/CSR
Die bisher am Projekt teilnehmenden Unternehmen besitzen
überwiegend Fuhrparks, die aus Flottengrößen von 10 bis
49 Fahrzeugen bestehen (77%). Weniger als 10 Pkw besitzen 17% der Firmen und nur 6% verfügen über mehr als 50
Fahrzeuge. Drei Viertel der eingesetzten Elektroautos werden dabei als Poolfahrzeuge verwendet, die von mehreren
Mitarbeitern im Wechsel genutzt werden, während ca. ein
Drittel der elektrisch betriebenen Fahrzeuge als Dienstwagen einzelnen Mitarbeitern fest zugeordnet sind. Interessant ist der Vergleich zu den ebenfalls in den Unternehmen
eingesetzten Verbrennerfahrzeugen: hier ist das Verhältnis
zwischen Dienstwagen und Poolfahrzeugen mit etwa 50:50
ausgeglichen.
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Doch welche Arten von Fahrzeugen können durch die Elektrofahrzeuge eigentlich ersetzt werden?
Ein Blick auf das bisherige typische Nutzungsverhalten der
Flottennutzer offenbart einen erheblichen Anteil von Kurzstreckenfahrten. Im Mittel werden nur 27,4 km pro Werktag
mit Flottenfahrzeugen zurückgelegt. Streckenlängen über
100 km werden nur von 24% der Nutzer häufiger als einmal
im Monat gefahren. Rund 40% der Flottennutzer gaben an,
fast nie Streckenlängen über 100 km mit Fuhrparkfahrzeugen zu bewältigen. Daraus ergibt sich durch ein cleveres
Fuhrparkmanagement ein enormes Einsparpotenzial.
Die im Rahmen des PREMIUM Projekts eingesetzten elektrischen Poolfahrzeuge werden überwiegend im Außendienst
(69%) und für Fahrten des Managements (63%) genutzt.
Aber auch im Service und Kundendienst (47%), bei Auslieferungen an die Kunden (34%) und für private Zwecke (27%)
finden sie Verwendung. Bauartbedingt weniger häufig werden sie als Baustellenfahrzeuge oder zur Montage bzw. im
Handwerk sowie im technischen Kundendienst in Anspruch
genommen. Dabei unterscheiden sie sich in ihrem Einsatzzweck nicht wesentlich von den bisher verwendeten konventionellen Poolfahrzeugen. Das ist nicht weiter verwunderlich: schließlich ersetzen die Elektrofahrzeuge häufig einen
Diesel- oder Benzin-Pkw derselben Fahrzeugklasse im Pool.
Verteilung der Einsatzbereiche in den teilnehmenden
Flotten (Mehrfachnennung möglich)
69 %
Natürlich gilt es auch die Mitarbeiter und damit Fahrzeugnutzer der beteiligten Unternehmer auf die Reise in die Elektromobilität mitzunehmen. Insgesamt zeigten sie sich bislang
im Projektverlauf gegenüber den mit Strom betriebenen Geschäftsautos offen. Rund 52 % gaben zwar zunächst vor allem den Wunsch des Vorgesetzten als Grund für die Teilnahme an. Aber natürlich spielten das Interesse herauszufinden,
ob Elektrofahrzeuge eine Alternative darstellen (28 %) und
die Neugier etwas Innovatives auszuprobieren (26%) ebenfalls eine zentrale Rolle.
Die vorläufigen Ergebnisse sprechen dafür, dass die elektrifizierten Fahrzeuge die Mobilitätsanforderungen im Alltag erfüllen können. Mit einem Lächeln berichtet Andreas Allebrod
von »Aha-Erlebnissen« bei seinen gewerblichen und privaten Carsharing-Kunden: »Die Zufriedenheit ist nach den ersten Wochen mit den Elektroautos im Alltag wirklich hoch. Die
üblichen Befürchtungen im Vorfeld der Nutzung - wie etwa der
Reichweitenstress - treten überraschend schnell völlig in den
Hintergrund.«
»Wir setzen die Elektrofahrzeuge imagewirksam als Poolfahrzeuge in unserer Unternehmenskommunikation und unseren vertrieblichen Bereichen ein. Dadurch können unsere
Kolleginnen und Kollegen im beruflichen Alltag Elektromobilität erleben und präsentieren. Dies erhöht die Akzeptanz für
umweltfreundliche Mobilität und baut Vorurteile, wie bspw.
Reichweitenängste, ab«, weiß Steffen Hommel aus dem Betriebsalltag der Stadtwerke Bochum zu berichten. »Unsere
Mitarbeiter sind sehr zufrieden mit den Fahrzeugen. Wir sind
Energieversorger Nr. 1 in Bochum und überwiegend hier und
in der Umgebung tätig. Dabei stellt die geringere Reichweite
für die allermeisten Aufgaben kein Problem dar. Und falls es
doch mal eng wird, sorgt unser Netz an eigenen Ladesäulen
in Bochum dafür, dass die Mitarbeiter immer schnell nachladen können.«
63 %
Viktoria Zott (BMW Group), Timm Kannstätter (Universität
Duisburg-Essen), Andreas Klein (Spiegel Institut), Andreas
Kain (BMW Group), Andreas Keinath (BMW Group)
47%
34%
27%
Vertriebl. Außendienst
Auslieferung (an Kunden)
Management
Privatnutzung
Service/Kundendienst
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