7. Gottesdienst: Ich bin der Weinstock

Jesus ist… Projekt 2016, Gottesdienst-Serie „Ich bin Worte Jesu“
7. Gottesdienst: Ich bin der Weinstock
(einführende Gedanken zur Serie siehe Datei 00-Konzept, Jesus-ist, GdSerie.pdf)
Theologische Hinweise
Im letzten Bildwort verdeutlicht Jesus die untrennbare Einheit zwischen ihm und seinen Nachfolgern. Wie er selbst ohne den Vater nichts tun kann, können auch seine Jünger ohne ihn
nichts tun.
Bibelstellen (Elberfelder Übersetzung)
Joh 15,1-8 Ich bin der wahre Weinstock, und mein Vater ist der Weingärtner. 2 Jede Rebe an
mir, die nicht Frucht bringt, die nimmt er weg; und jede, die Frucht bringt, die reinigt er, daß
sie mehr Frucht bringe. 3 Ihr seid schon rein um des Wortes willen, das ich zu euch geredet
habe. 4 Bleibt in mir und ich in euch. Wie die Rebe nicht von sich selbst Frucht bringen kann,
sie bleibe denn am Weinstock, so auch ihr nicht, ihr bleibt denn in mir. 5 Ich bin der Weinstock,
ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht, denn getrennt von
mir könnt ihr nichts tun. 6 Wenn jemand nicht in mir bleibt, so wird er hinausgeworfen wie die
Rebe und verdorrt; und man sammelt sie und wirft sie ins Feuer, und sie verbrennen. 7 Wenn
ihr in mir bleibt und meine Worte in euch bleiben, so werdet ihr bitten, was ihr wollt, und es
wird euch geschehen. 8 Hierin wird mein Vater verherrlicht, daß ihr viel Frucht bringt und meine
Jünger werdet.
Ps 80,9-14.17 Einen Weinstock hobst du aus Ägypten. Du vertriebst Nationen und pflanztest ihn
ein. 10 Du machtest Raum vor ihm, und er schlug Wurzeln und erfüllte das Land. 11 Die Berge
wurden bedeckt von seinem Schatten, von seinen Ästen die Zedern Gottes. 12 Er streckte seine
Zweige aus bis ans Meer, bis zum Strom hin seine Triebe. 13 Warum hast du seine Mauern niedergerissen, so daß ihn alle berufen, die des Weges kommen? 14 Es frißt ihn ab das Wildschwein aus dem Wald, das Wild des Feldes weidet ihn ab. 17 Er ist mit Feuer verbrannt, er ist
abgehauen. Vor dem Schelten deines Angesichtes kommen sie um.
Jes 5,1-2 Singen will ich von meinem Freund, das Lied meines Liebsten von seinem Weinberg:
Einen Weinberg hatte mein Freund auf einem fetten Hügel. 2 Und er grub ihn um und säuberte
ihn von Steinen und bepflanzte ihn mit Edelreben. Er baute einen Turm in seine Mitte und hieb
auch eine Kelterkufe darin aus. Dann erwartete er, daß er Trauben bringe. Doch er brachte
schlechte Beeren.
Alttestamentlicher Bezug
— Die Propheten brauchen oft das Bild des überfliessenden Weinfasses, wenn sie den Segen
Gottes verdeutlichen wollen (Joel 4,18; Amos 9,13; Prediger 9,7)
— Auf der anderen Seite ist ein Mangel an Wein auch ein symbolisches Zeichen für Gottes Gericht und Zurechtweisung (5Mose 28,39.51; Joel 1,10)
— Die Weinpresse illustriert diese Botschaft von Gottes Gericht (Klagelieder 1,15; Joel 4,11-13)
— Das Bild des Weinstocks wird auf das Volk Israel angewandt (Ps 80,9-16; Jes 5 und 27; Jeremia 2,21; 12,10ff; Hes 15 und 17; 19,10ff; Hos 10,1f).
— Nach Hes 15 dienen Weinreben nur zwei möglichen Zielen: Entweder bringen sie Frucht oder man braucht sie als Brennholz.
Gedanken zu den Texten
Der Grundgedanke in der Metapher: Wenn unser Tun nicht bei Christus beginnt, in Christus begründet ist und bleibt und sein darin besteht, Christus zu verherrlichen, wird es nicht bestehen
können!
Frucht wird von andern erlebt
Frucht ist das, was in und aus unserem Leben und unserer Beziehung mit Jesus Christus entsteht und für andere zugänglich wird. Andere erfahren daraus Freude und Befreiung – Leben
wird ermöglicht, Tötendes besiegt. Dadurch wird Jesus verherrlicht. Konkret benennt Paulus
diese Frucht in Galater 5,22-24 als das, was wächst, wenn der Heilige Geist uns bestimmen
kann. Er kann auch ermahnen, dass diese Frucht in gutem Verhalten und Tun sichtbar werden
soll (Kol 1,10). Hebräer 13,15 nennt Lobpreis und Anbetung die Frucht unserer Lippen. Was in
unsern Herzen eingepflanzt wurde (Gottes Wort, der Heilige Geist) wächst und drängt nach
aussen in unserer Anbetung. In Johannes 15 braucht Jesus den quantitativen Ausdruck «viel
Frucht». Es wird also wirklich etwas sichtbar – und eben nicht wenig. Im Umfeld von Jesus finden wir immer überfliessende Grosszügigkeit – z.B. Joh 7,37ff.
Das Gute abschneiden lassen
Doch wie entsteht diese Frucht? Wie wächst sie? – Frucht ist kein Resultat, keine «maschinelle
Produktion». Frucht ist immer nur durch Leben möglich und nicht durch tote Maschinen. Paulus
vertieft das Bild und beschreibt, wie wir in Christus verwurzelt sind (Kol 2,7), in der Liebe verwurzelt sind (Eph 3,17) – der Boden ist also perfekt. Nun kommt der Weingärtner dazu, der den
Weinstock pflegt, beschneidet und säubert. Wenn er die Reben beschneidet, dann kommt zuerst das tote Holz weg. Doch das ist nicht das, was weh tut. Er schneidet lebendiges Holz ab,
damit die Rebe bessere Trauben hervorbringt. Das Gute muss weg, damit das Bessere möglich
wird. Es ist eine Fokussierung nötig. Sind wir bereit, das Gute in unserem Leben Gottes Händen
so zu überlassen, dass er es abschneiden darf? Was an Gutem müssen wir loslassen, damit Gott
wirklich zum Zug kommt und das Gute nicht im Weg steht?
Gehorsam – motiviert durch Liebe
Das Wort Gehorsam irritiert mich immer wieder. Wenn Jesus in Joh 14,15 sagt: «Wenn ihr mich
liebt, werdet ihr meine Gebote halten», dann lese ich diesen Vers immer von hinten. Im Sinn
von: Jesus will, dass wir seine Gebote halten. Ich höre Zwang, Gehorsam und Forderung. Oft
gehorche ich auch nur aus Angst vor der Strafe und nicht, weil mir die Gesetze einleuchten oder
ich von ihnen überzeugt wäre (Strassenverkehr als typisches Beispiel). Oft habe ich den Eindruck: Gesetze und Gebote beschränken meine Eigenverantwortung und entmündigen mich.
Doch wie wäre es nun, wenn der Motor, sich an eine Ordnung zu halten, ein ganz anderer
wäre? Wenn ich aus Liebe das tun würde, was Jesus sagt? Liebe ist ganz an die Beziehung gebunden! Ich tue es, weil ich ihn liebe! Wir können uns nämlich Gottes Liebe und Segen auch
nicht durch das Halten von Geboten verdienen. Wenn wir alles richtiggemacht haben, bedeutet
das noch lange nicht, dass wir dann Gott lieben (Falle der Pharisäer). Eltern freuen sich, wenn
ihre Kinder alles perfekt und vollkommen erledigt haben – nur weil sie das von ihnen verlangen.
Wir können die Gebote von Jesus nur halten, wenn wir in seiner Liebe bleiben (15,9-10). Alles
andere ist nur Pflichterfüllung. «Die Echtheit unserer Liebe zu den Kindern Gottes erkennen wir
daran, dass wir Gott lieben, und das wiederum bedeutet: dass wir nach seinen Geboten leben.
Unsere Liebe zu Gott zeigt sich nämlich im Befolgen seiner Gebote. Und seine Gebote zu befolgen ist nicht schwer» (1Joh 5,2-3). Paulus ergänzt: «Wer andere liebt, hat das Gesetz erfüllt»
(Röm 13,8). – Es ist also nur möglich, in einer nahen, vertrauensvollen Beziehung zu Jesus so
zu leben, wie er es möchte. Ausserhalb dieser Beziehung wird jede ethische Forderung nur
Zwang und Gehorsam aus Furcht vor den Folgen auslösen.
Warren Wiersbe (S.173): «Aus kurz gesagt: Je mehr wir Jesus kennen, desto mehr werden wir
ihn lieben. Je mehr wir ihn lieben, desto mehr werden wir ihm gehorchen. Je mehr wir ihm gehorchen, desto mehr werden wir in ihm bleiben. Je mehr wir in ihm bleiben, desto mehr Frucht
werden wir bringen. Und je mehr Frucht wir bringen, desto mehr werden wir Leben im Überfluss erfahren können. Es ist so etwas wie eine geistliche Kettenreaktion, die an dem Punkt beginnt, wo wir uns entschliessen, täglich Zeit in tiefer Gemeinschaft mit unserm Herrn zu verbringen.»
Anregungen
(Quelle: Johannes Hartl, Willow Creek Kongress 2016, Hannover – Skizze dazu in der PowerPoint)
Wenn Jesus sagt: Dass wir nur wachsen, wenn wir in ihm bleiben (Joh 15). Was muss man
denn tun, um zu bleiben? Nichts. Man muss eher etwas nicht tun. Als Leiter sind wir
beim Tun gut! Wenn es still werden soll, dann flüchten wir uns wieder ins Tun. Das können
wir als Leiter gut. Doch im immer Tun, kann es sein, dass wir auch nur noch durch das Tun
sind, dass uns nur noch das Tun ausmacht. Wenn das so ist, dann werde ich vom Tun abhängig, dann werde ich mich über das Tun definieren.
Doch was geschieht, wenn wir einmal aufhören mit Tun, was sind wir dann noch? Was,
wenn es in uns still wird? Was, wenn ich mal einen einzigen ganzen Tag (irgendwo in den Bergen) nichts tun würde? Auch nicht beten, nicht denken. Einfach nichts. Was würde mit mir dabei geschehen?
Der Ort des Gebets ist der Ort der Kapitulation. Ich bringe nichts mit. Doch es wird mir alles geschenkt. Paulus will sich selbst vergessen: Ich lebe nicht mehr, Christus lebt in mir.
Alles, was echt ist, wird immer von innen strahlen. Wenn ich mich vergesse, dann wird
Christus in mir echt werden. Christus wächst von innen. Es kostet mich aber alles.
Unser Tun ist immer unter den Augen der Menschen, unter Beobachtung, unter Evaluation. Offensichtlich haben wir eine Tendenz, Dinge oft nur zu tun, weil wir gesehen werden. Wir machen vieles unter Blicken, die uns beobachten, bewerten und einschätzen. Das geschieht automatisch. Diese Blicke können uns unter Druck bringen, können wir als böse empfinden.
Was nicht automatisch geschieht, ist das Beten zu lernen. Wir müssen uns abschneiden vom
Versorgungssystem, wo wir durch Menschen leben, die uns in unserm Tun bestätigen. Wenn
wir beten, dann stehen wir unter andern Augen – unter Gottes Augen: Ich bin Sein!
Ich darf sein, in seinem Sein. Der Vater, der im Verborgenen ist, wird es euch vergelten (siehe
Folie).
Gal 1,10 Denn rede ich jetzt Menschen zuliebe oder Gott? Oder suche ich Menschen zu gefallen? Wenn ich noch Menschen gefiele, so wäre ich Christi Knecht nicht.
Paulus ist radikal. Meine Motivation ist nicht, Menschen zu gefallen. Wäre ich es, wäre ich
kein Diener Jesu. Ein Knecht tut, was sein Herr verlangt. Wir können von einer Ecke zur andern
rennen. Wir halten es kaum mehr aus, einfach zu sein. Wir gehorchen dem Gesetz des bestätigten Tuns. Wir sind Sklaven unseres Tuns.
Deshalb ist es nur möglich, dass wir von innen nach aussen leben. Alle apostolische Kraft kann
nur aus der Stille und dem Sein bei Jesus kommen. Das meint das Bild des Weinstocks und der
Rebe: Ein echt ihm ausgeliefert sein wollen.
Tiefgang
Und deshalb werde ich es hier nicht
unternehmen, mit naturgegebenen
Gründen entweder die Existenz Gottes
oder die Dreieinigkeit oder auch die
Unsterblichkeit der Seele und ebenso wenig
irgendeine andere derartige
Sache zu beweisen;
nicht allein, weil
ich mich nicht stark genug fühlen
würde, um in der Natur etwas zu
finden, womit ich verstockte Atheisten
überzeugen könnte, sondern auch,
weil diese Erkenntnis ohne Jesus
Christus unnütz und unfruchtbar ist.
Blaise Pascal
Anstösse für die Kleingruppe
Lest die Fragen durch und Tauscht euch darüber in der Kleingruppe aus. Natürlich dürft ihr
euch auch über eure persönlichen Notizen austauschen:
— Wie reagierst du spontan auf die Aussagen Jesu in diesem Abschnitt des Johannesevangeliums?
— Wenn du in der hier geschilderten Situation live dabei gewesen wärst – hättest du in das
Gespräch eingegriffen? An welcher Stelle? Mit welchem Beitrag? Welche Frage hättest du
Jesus gerne gestellt?
— Macht dieser Abschnitt des Johannesevangeliums es dir eher leichter oder schwerer, den
Anspruch, den Jesus erhebt, zu verstehen oder anzuerkennen?
— In welcher Situation wünschst du dir „Licht“ in einer „Dunkelheit“?
— Jesus, das Licht der Welt, das Licht, das zum Leben führt – wo wird das für dich konkret?
Gibt es Situationen oder Erfahrungen in deinem Leben, in die Jesus Licht gebracht hat?
März 2016, Beat Ungricht, Freie Evangelische Gemeinde Winterthur, [email protected]