Besser einfach als kompliziert

agcs.momentum – Ausgabe September 2015
Besser einfach als kompliziert
Die Absicherung des Ausfalls von Darlehensforderungen liegt im ureigensten Interesse der
Banken. Meist ist das mit hohem Verwaltungsaufwand verbunden, selbst wenn belastete
Immobilien nicht zu Schaden kommen. Eine Alternative bietet die Restdarlehensversicherung. Property Underwriter Ralph Schäfer erläutert die Vorteile.
Die Versicherung von Restdarlehensforderungen im Rahmen der Sachversicherung
Im Zuge der Subprime-Krise (2007) sind die Finanzprodukte zur Absicherung des Ausfalls
von Darlehensforderungen (Kreditausfallderivate - Credit Default Swaps, CDS bzw.
Collateralized Debt Obligations, CDOs) in Verruf geraten. Auch wenn die Grenze zwischen
Finanz- und Versicherungsprodukten fließend ist, zeigte die Krise ein klassisches
Versichererthema auf: die Problematik der Kumulierung von Schadenfällen.
Normalerweise treten solche Kumulierungen in der Sachversicherung in Form von
Naturereignissen auf. In der Subprime-Krise hingegen war die Überbewertung von
Immobilien das Flächen-ereignis, das durch die Bündelung und Weitergabe der Forderungen
(der Darlehensrisiken), begünstigt und verstärkt wurde.Die existenzgefährdenden
Auswirkungen auf manche Marktteilnehmer machten deutlich, dass hier die Grenzen der
Versicherbarkeit erreicht wurden.
Forderungsausfall - das Risiko aus Sicht des Darlehensgebers
Mit der Vergabe von Darlehen entsteht für den Darlehensgeber (im folgenden ‚Bank‘) ein
Ausfallrisiko (Kreditrisiko). Es handelt sich hierbei um das originäre unternehmerische Risiko
einer Bank.
Im Rahmen der Darlehensvergabe werden die Kreditrisiken von der Bank geprüft. Essentiell
ist hierbei die Bewertung der Immobilie inklusive Grundstück, nicht nur zum Zeitpunkt der
Darlehensvergabe, sondern auch für die Laufzeit des Vertrages. Wichtige Kennzahlen sind
der Beleihungswert (langfristig erzielbarer Verkaufspreis) wie auch der Verkehrs- bzw.
Marktwert (aktuell erzielbarer Verkaufspreis). Um die Immobilie langfristig zu sichern,
verlangt die Bank im Darlehensvertrag üblicherweise den Abschluss einer Sachversicherung
durch den Darlehensnehmer. Der Umfang des geforderten Versicherungsschutzes reicht von
Feuer bis AllRisk, letzteres insbesondere im Bereich gewerbliche Immobilien.
Der Bank stehen zwei Möglichkeiten zur Verfügung, um die Sachversicherung und damit die
Reduzierung des Kreditrisikos sicherzustellen:
Klassisch
Für Immobilien im Ausland bedarf es einer Versicherungsbestätigung durch den
Sachversicherer des Darlehensnehmers und der Eintragung der Bank als Zahlungsempfänger. In Deutschland muss die Bank die Grundstücksbelastung anmelden (§ 142 VVG
2008). Dadurch wird die Bank auch Zahlungsempfänger im Schadenfall (§ 143 VVG 2008).
Alternativ
Die Bank schließt eine Restdarlehensversicherung ab.
Was passiert im Schadenfall?
Wird ein Darlehensobjekt durch einen versicherten Sachschaden zerstört oder beschädigt
(Sachsubstanzschaden), erstattet der Versicherer der Restdarlehensversicherung, nach
Abwicklung und ggf. Verwertung der Restwerte (auch Grundstück), den finanziellen Schaden
der Bank (hypothekarisches Interesse) - es sei denn der Schaden ist durch den
Darlehensnehmer versichert (Subsidiärdeckung).
Welche Vorteile hat eine Restdarlehensversicherung?
Risikotransfer
Natürlich ist hier der Risikotransfer zu nennen, auch wenn er für die Restdarlehensversicherung oft nicht die entscheidende Rolle spielt. Der Risikotransfer kann über die
Subsidiärversicherung hinaus auch auf Gefahren ausgedehnt werden, die üblicherweise
nicht versichert sind und deren Versicherung auch nicht im Darlehensvertrag gefordert wird.
Insbesondere für Wohn-Immobilien kann dies eine sinnvolle Ergänzung sein. So kann
beispielsweise der im Darlehensvertrag geforderte Versicherungsschutz für die Gefahren
Feuer, Leitungswasser und Sturm/Hagel für die Bank auf AllRisk ausgedehnt werden.
Gerade für kumullastige Gefahren, wie Überschwemmung oder Erdbeben, bewirkt dies
mitunter eine weitere signifikante Reduzierung des Kreditrisikos im Bankenportfolio.
Bei der Restdarlehensversicherung entfällt das Risiko des Versicherungsschutz-Verlustes,
z.B. aufgrund von Gefahrerhöhungen oder Obliegenheitsverletzungen durch den Darlehensnehmer. Darüber hinaus ist die Bank direkter Vertragspartner. Durch die Wahl des
Versicherers hat die Bank Einfluss auf dessen Qualität (z.B. Rating) und somit auf dessen
Ausfall- bzw. Delkredererisiko.
Reduzierung der Verwaltungskosten
Die Reduzierung der Verwaltungskosten ist der zweite und sicherlich noch größere Vorteil
der Restdarlehensversicherung. Denn es entfallen nicht nur der Aufwand für die Anmeldung
der Grundstücksbelastung bzw. für die Eintragung als Zahlungsempfänger sowie die
Überprüfung des Versicherungsvertrages des Darlehensnehmers, sondern auch alle
weiteren regelmäßigen Überprüfungen des Versicherungsschutzes während der Laufzeit des
Darlehens.
Auch Verwaltungsaufwände während der Laufzeit fallen weg, z.B. wegen Versichererwechsel beim Darlehensnehmer: Nach Aufhebung der Zwangs- und Monopolversicherungen war dies eher selten der Fall, heute hingegen gibt es eine deutlich höhere
Fluktuation, bedingt durch stärkeren Wettbewerb und höhere Preissensitivität.
Mit der Restdarlehensversicherung entfällt dieser Verwaltungsaufwand komplett.
Einhaltung und Nachweis von gesetzlichen und behördlichen Vorgaben
Der dritte und je nach Geschäftsmodell der Bank sogar größte Vorteil der Restdarlehensversicherung liegt in der Sicherstellung der gesetzlichen/behördlichen Vorgaben. Dies gilt
insbesondere dann, wenn die Bank Pfandbriefe für die Refinanzierung nutzt. Nicht erst seit
der Subprime-Krise sind die „Compliance“-Vorgaben hinsichtlich der Kreditvergabe in
Deutschland und Europa eng reglementiert.
Die gesetzlichen Grundlagen für die Refinanzierung mit Pfandbriefen wurde zuletzt zum
01.01.2015 überarbeitet (Pfandbriefgesetz). Neben den harten qualitativen Kriterien an die
Darlehen, die als Sicherheit für Pfandbriefe im sogenannten Deckungsregister (auch
Deckungsstock genannt) hinterlegt werden (z.B. nur Darlehensbeträge bis 60% des
Beleihungswertes), ist die Bank auch verpflichtet, Versicherungsschutz für die „nach Art und
Lage des Objektes erheblichen Schadensrisiken“ (§15 PfandBG) sicherzustellen.
Der Nachweis der Angemessenheit des Versicherungsschutzes ist gerade für die Naturgefahren schwer zu führen, da nicht nur die Auswirkungen auf einzelne Gebäude, sondern
auch die Folgen auf das Gesamtportfolio des Deckungsregisters zu berücksichtigen sind.
Mit einer detaillierten Naturgefahrenanalyse auf Basis von Naturgefahren-Modellierungen
bietet die AGCS eine Grundlage für den Nachweis der Angemessenheit des Versicherungsschutzes für das gesamte Portfolio der Bank.
War die Absicherung der Risiken im Rahmen einer Restdarlehensversicherung in der
Vergangenheit im Gesetz nicht explizit erwähnt, ist die Sicherstellung des
Versicherungsschutzes durch die Bank in der Neufassung des Pfandbriefgesetzes
ausdrücklich gestattet (§15 PfandBG). Sie wird auch hier als Alternative zur klassischen
Absicherung in Form der Anmeldung der Grundstücksbelastung genannt. Auch unter
aufsichtsrechtlichen Gesichtspunkten sollte der Versicherungsschutz der
Restdarlehensversicherung als qualitativ bessere Option bewertet werden, entfällt doch das
Risiko des kompletten oder teilweisen Wegfalls des Versicherungsschutzes im Fall von
Nichtzahlung der Prämie, Obliegenheitsverletzung oder Unterversicherung.
Informationsbedarf des Versicherers – einfache Handhabung
Der Informationsbedarf des Versicherers ist auf ein Minimum beschränkt und folgt den
banktypisch zur Verfügung stehenden Daten. Neben einer Aufstellung der Objekte mit
Restdarlehenswerten und deren Nutzung sowie dem Umfang des im Darlehensvertrag
geforderten Versicherungsschutzes sind kaum weitere Informationen notwendig.
Zusammenfassung
Die Restdarlehensversicherung ist in ihrem Deckungsumfang, natürlich, nicht mit den
Kreditausfallderivaten vergleichbar. Ihr Schwerpunkt liegt vielmehr in der Absicherung der
Immobilie als Sicherheit für die Bank. Die Restdarlehensversicherung bietet eine echte
Alternative, wenn es darum geht, das Kreditrisiko zu reduzieren, administrative Aufwände zu
sparen und aufsichtsrechtliche Vorgaben einzuhalten.
Unser Experte
Ralph Schäfer leitet als Regional Practice Leader Property ein Team von Underwritern mit
dem Kunden-Schwerpunkt im Bereich Utilities, Services, IT & Communication. Mit diesen
Wirtschaftsbranchen ist er seit vielen Jahren vertraut.
E-Mail: [email protected]