Ermitteln und Berichten numerischer Prüfergebnisse

Wissenschaft und Technik
GMP-Expertenforum
Ermitteln und Berichten numerischer
Prüfergebnisse in der pharmazeutischen
Qualitätskontrolle – Was ist gute Praxis?
Dr. Markus Veit1 und Dr. Andreas Trute2
i.DRAS GmbH,1 Planegg und Roche Diagnostics GmbH,2 Penzberg
Einleitung
Es mag verwundern, aber in dem
sehr dichten Regelwerk zur pharma­
zeutischen Qualitätskontrolle fehlen
konsistente, eindeutige Vorgaben,
wie numerische Ergebnisse zu er­
mitteln, zu berichten bzw. zur Kon­
formitätsprüfung zu verwenden sind.
Nur auf den ersten Blick erscheint
die Thematik trivial, spätestens bei
den Themen Mittelwertbildung und
Rundung tauchen die ersten Fragen
auf. In dem vorliegenden Artikel ver­
suchen die Autoren, aus ihrer Sicht
zu beleuchten, wie man zu berichts­
reifen Ergebnissen kommt und ver­
suchen, die Unterschiede herauszu­
arbeiten, die es ggf. zu beachten gilt
hinsichtlich der Berichtung in unter­
schiedlichen Dokumenten, wie Zer­
tifikaten, Stabilitäts- und Entwick­
lungsberichten oder dem PQR. Es
werden Konzepte vorgestellt, wie die
zunächst als Rohdaten vorliegenden
Messergebnisse prozessiert und in
einer für das Berichten bzw. die Kon­
formitätsprüfung geeigneter Form
dargestellt werden können. Dies be­
inhaltet die Interpretation der beste­
henden regulatorischen Vorgaben.
Der Artikel ist dabei als ein StimulusArtikel zu verstehen und soll eine
Diskussion eröffnen, mit der ein wis­
senschaftlicher und regulatorischer
Konsens zur dargestellten Thematik
erreicht werden könnte – im Sinne
einer “Good Reporting Practice”.
1310 Typologie numerischer
Akzeptanzkriterien
und Ergebnisangaben
Im Rahmen der Entwicklung, der
Qualitätskontrolle und der Stabili­
tätsprüfung von pharmazeutischen
Wirkstoffen und Fertigprodukten
wird geprüft, ob diese ihren in Spe­
zifikationen gelisteten Akzeptanz­
kriterien entsprechen. Dabei kann
zwischen dichotomen, nicht-nume­
rischen (z. B. Identität) und numeri­
schen Akzeptanzkriterien (z. B. Ge­
halt, Reinheit) unterschieden werden.
Einen Spezialfall stellen numerische
Akzeptanzkriterien dar, die mit Re­
geln kombiniert sind (z. B. Freiset­
zung, Gleichförmigkeit des Gehaltes).
Numerische Akzeptanzkriterien
können unterschiedlicher Natur
sein. Es können Grenzwerte sein,
bspw. für Verunreinigungen. Die
Prüfung, ob eine Verunreinigung un­
terhalb eines gesetzten Limits bleibt,
kann dabei auf zweierlei Weise erfol­
gen. Beim sogenannten Limittest ist
das Ergebnis einer Prüfung immer
dichotomer Natur, d. h. wird als
„entspricht“ oder „entspricht nicht“
angegeben. Es werden zwar numeri­
sche Prüfergebnisse erhalten (bspw.
bei chromatographischen Verfahren
die Peakfläche der Probe bzw. der
Referenz); diese werden jedoch nicht
berichtet, sondern lediglich im Rah­
men der Konformitätsprüfung ver­
glichen. Wird die Prüfung als quan­
Veit und Trute ∙ Prüfergebnisse in der pharmazeutischen Qualitätskontrolle
titativer Test durchgeführt, ist auch
das berichtete Ergebnis numerischer
Natur, welches als Gehalt der Verun­
reinigung absolut oder in Bezug auf
den Stoff oder die Zubereitung ange­
geben wird. Insbesondere während
der Entwicklungsphase erfolgt die
Angabe dabei ggf. nicht als Massen-,
sondern als Flächenprozent.
Numerischer Natur sind auch im­
mer die berichteten Ergebnisse von
Gehaltsbestimmungen.
Um der inhärenten Variabilität
von Prüfverfahren und Herstellung
Rechnung zu tragen, werden für Ge­
haltsbestimmungen Bereiche spe­
zifiziert. Diese sind symmetrischer
Natur, wenn die Variabilität der
Herstellung und des Prüfverfahrens
Ergebnisse einer Prüfung von über
oder unter 100 % bedingen können,
wenn der Zielgehalt 100 % ist. Das
gilt beispielsweise für die gängige
Gehaltsspezifikation des Wirkstoffs
in pharmazeuti­
schen Fertigpro­
dukten mit 95 % bis 105 %. Die Be­
reiche sind asymmetrischer Natur,
wenn die Variabilität der Herstellung
keinen Gehalt über 100 % bedingen
kann, wie das beispielsweise bei
Wirkstoffen der Fall ist. Dann muss
die untere Spezifika­
tionsgrenze
unter Berücksichtigung der analyti­
schen Variabilität und der Variabili­
tät der Herstellung (zulässiger Ge­
halt an Verunreinigungen) festgelegt
werden, die obere Spezifikations­
grenze nur unter Berücksichtigung
Pharm. Ind. 73, Nr. 7, 1310 – 1316 (2011)
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Nur für den privaten oder firmeninternen Gebrauch / For private or internal corporate use only
Teil 1: Berechnen – Runden – Konformitätsbefundung – Berichten
■ ■ Abbildung 1
der analytischen Variabilität. Das
gilt beispielsweise für eine Gehalts­
spezifikation von 97 % bis 102 % für
Wirkstoffe. Diese Thematik wurde in
der Vergangenheit umfassend in ver­
schiedenen Publikationen beleuch­
tet, beispielsweise [1 – 4].
Es sei an dieser Stelle darauf hin­
gewiesen, dass die gewählte Formu­
lierung in der Spezifikation korrekt
sein sollte. Das gilt insbesondere für
Wirkstoffe, bei denen es keinen (wah­
ren) Gehalt über 100 % geben kann,
sehr wohl aber das Ergebnis einer Ge­
haltsbestimmung über 100 % liegen
kann, obwohl der (wahre) Gehalt bei
100 % oder sogar darunter liegt. Man
sollte deshalb für Wirkstoffe keinen
„Gehalt“ spezifizieren, sondern das
Ergebnis einer Gehaltsbestimmung.
Bei Fertigprodukten ist es jedoch
nicht explizit falsch, wenn in einem
Zertifikat ein Wert über 100 % mit der
Angabe „Gehalt“ anstatt „Gehalts­
bestimmung“ berichtet wird.
Komplexer wird die Situation,
wenn Regeln spezifiziert sind, wie es
beispielsweise für die Freisetzungs­
prüfung oder die Prüfung auf Gleich­
förmigkeit des Gehaltes gilt. Die Re­
sultate solcher Prüfungen können als
dichotomes Ergebnis („entspricht“,
„entspricht nicht“) oder numerisch
angegeben werden. Eine numerische
Ergebnisangabe ist sicher immer
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dann zwingend, wenn Ergebnisse
verglichen werden sollen oder Trend­
analysen durchgeführt werden müs­
sen, also bspw. im „Product Quality
Review“ (PQR) oder in der Darstel­
lung von Stabilitätsdaten.
Ermitteln und Berichten
numerischer Ergebnisse –
wie erhält man berichtsreife
Ergebnisse?
■■ a. Quantitative Prüfungen
Wie ausgeführt, erfolgt die Konfor­
mitätsbefundung sowie das Berich­
■ ■ Abbildung 2
Konformitätsbefundung von numerischen Prüfergebnissen nach dem Europä­ischen
Arzneibuch mit Interpretation der nicht explizit gemachten Vorgaben, welches
Ergebnis berichtet werden sollte.
1311
Veit und Trute ∙ Prüfergebnisse in der pharmazeutischen Qualitätskontrolle
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Konformitätsbefundung von numerischen Prüfergebnissen nach dem Europä­ischen
Arzneibuch.
ten von Ergebnissen bei quantitati­
ven Prüfungen auf rein numerischer
Ebene. Im Europäischen Arzneibuch
findet sich in dem Kapitel 1.4 „Mono­
graphien“ folgender Hinweis: „Um
festzustellen, ob eine Substanz einem
angegebenen numerischen Grenzwert entspricht, wird der errechnete
Wert des Ergebnisses einer Prüfung
auf Reinheit oder einer Gehaltsbestimmung, falls nichts anderes vorgeschrieben ist, zunächst auf die angegebenen Dezimalstellen gerundet. Die
letzte zu berücksichtigende Dezimalstelle wird um 1 erhöht, wenn der nicht
berücksichtigte Teil gleich oder größer
als eine halbe Einheit ist; ist er kleiner
als eine halbe Einheit, wird die letzte
Dezimalstelle nicht geändert.“ Daraus
ergibt sich klar, dass die Spezifika­
tionsvorgabe maßgeblich ist und
vorgibt, mit wie viel Dezimalstellen
und damit auch signifikanten Stellen
ein Ergebnis einer Prüfung mit der
Spezifikation verglichen werden soll­
te („Um festzustellen, ob eine Substanz
einem angegebenen numerischen
Grenzwert entspricht“) und dass auf
diese Anzahl Dezimalstellen gerun­
det werden sollte. Nicht dargestellt
dagegen ist, welches Ergebnis be­
richtet werden sollte – das nicht
gerundete, um eine Dezimalstelle
erhöht geschnittene (engl. “trun­
cated”) Ergebnis oder das gerundete
Ergebnis (Abb. 1).
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1312 ■ ■ Abbildung 3
Bewertung des Ergebnisses einer Gehaltsbestimmung von 94,5 % nach den Vorgaben
der Richtlinie 2001/83/EG.
lautet und nicht 95,0 bis 105,0 %. Im
vorliegenden Fall wäre nur bei dem
letzteren Spezifikationskorridor das
Prüfergebnis „out of specification“
(OOS) (Abb. 4).
Ein weiteres Argument für das
Berichten von nicht gerundeten
Ergebnissen ist Transparenz. Dritte
können jederzeit eine erfolgte Be­
rechnung nachvollziehen. Das wird
insbesondere deutlich, wenn man
die Summenbildung bei der Rein­
heitsprüfung betrachtet (Abb. 5).
Die Berechnung kann nur unter
Angabe der nicht gerundeten Re­
sultate von Dritten nachvollzogen
werden. Das gilt natürlich nur dann,
wenn mit geschnittenen Werten ge­
rechnet wird und nicht mit den Roh­
daten. Diese Ergebnisse sind auch
ohne Weiteres einer statistischen
Auswertung zugänglich, bspw. im
Rahmen einer Stabilitätsstudie.
Zur Ergebnisangabe von Ver­
unreinigungen finden sich Vorgaben
zu den zu berichtenden Nachkom­
mastellen in den ICH-Leitlinien bzw.
den entsprechenden EMA-Leitlinien:
“[…] below 1.0 %, the results should
be reported to two decimal places; at
and above 1.0 % the results should be
reported to one decimal place […]. Re-
■ ■ Abbildung 4
Bewertung und Berichten des Ergebnisses einer Gehaltsbestimmung von 94,5 % nach
dem häufig spezifizierten Korridor 95,0 bis 105,0 %.
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Nur für den privaten oder firmeninternen Gebrauch / For private or internal corporate use only
Aus Sicht der Autoren ist nur die
in Abb. 2 dargestellte Vorgehenswei­
se angemessen. Das Berichtsergebnis
muss das nicht gerundete Ergebnis
sein (wichtig: „Schneiden“ schließt
Aufrunden aus). Nur in Überprüfung
der Konformität („in determining
compliance“) wird auf die in der Spe­
zifikation als signifikant ausgewiese­
nen Stellen gerundet, das gerundete
Ergebnis jedoch nicht berichtet.
Dafür sprechen folgende Argu­
mente:
Mit gerundeten Werten sollten ge­
nerell keine weiteren Berechnungen
durchgeführt werden. Da es nicht
klar ist, ob mit den angegebenen
Ergebnissen nicht noch weitere Be­
rechnungen durchgeführt werden,
dürfen nur die nicht gerundeten
Ergebnisse berichtet werden. Das
gilt insbesondere für die Darstellung
von Ergebnissen in Berichten und
Dokumenten, in denen weitere Be­
rechnungen statistischer Art, wie
z. B. Trendanalysen, zwingend sind,
also beispielsweise in Stabilitäts­
berichten und im PQR.
Auch aus der Wortwahl des Textes
in der Ph. Eur. lässt sich das ableiten,
da dort das Runden nur für die Über­
prüfung vorgesehen ist, ob ein Prüf­
ergebnis spezifikationskonform oder
nicht ist („Um festzustellen, ob eine
Substanz einem angegebenen numerischen Grenzwert entspricht“); das
Ergebnis der Prüfung („der errechnete
Wert des Ergebnisses einer Prüfung“)
ist der nicht gerundete Wert. Wes­
halb werden häufig dennoch ge­
rundete Ergebnisse berichtet, vor
allem in Zertifikaten? Nahe liegen
„optische“ Gründe, was an dem in
Abb. 3 dargestellten Beispiel illus­
triert werden kann. Das Prüfergebnis
von 94,5 % ist – auch wenn es als
„Out-of-Expectation-Resultat“ (OOEResultat) Auslöser interner Trendbzw. Ursachenanalysen sein müsste
– spezifikationskonform. Es sieht al­
lerdings im Zertifikat „nicht schön“
aus bzw. ist ggf. der Anlass für Fra­
gen. Es sei an dieser Stelle angemerkt,
dass die Vorgabe für den Gehalts­
korridor von Fertigprodukten in der
Richtline 2001/83/EG 95 % bis 105 %
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■ ■ Abbildung 5
sults should be rounded using conventional rules.” Dies impliziert, dass bis
zu 2 signifikante Stellen zu berichten
sind (2 signifikante Stellen z. B. 1,2 %
bzw. 0,45 %; 1 signifikante Stelle z. B.
0,03 %) und steht damit nur für Limi­
te von unter 1 % (0,1 % bis 0,9 %) im
Einklang mit dem hier dargestellten
Konzept. Diesem folgend, wären,
da gemäß ICH- und EMA-Leitlinien
Ergebnisse über 1 % mit einer Nach­
kommastelle zu berichten sind, Li­
mite über 1 % in einer Spezifikation
ohne Nachkommastelle zu setzen,
was jedoch in der Praxis unüblich ist.
Stattdessen erfolgt, bei einem Limit
von bspw. 2,0 %, der Ergebnisbericht
mit bis zu 3 signifikanten Stellen (z. B.
1,27 %). Des Weiteren, bei einem
Limit von 0,10 % (typischerweise für
„unspecified impurities“) erfolgt die
Ergebnisangabe dem vorgestellten
Konzept folgend mit drei Nach­
kommastellen, was in der Praxis
durchaus umsetzbar ist. Folgerichtig
sind in diesem Fall die per ICH-Leit­
linien (Q3A bzw. Q3B) vorgesehenen
2 Nachkommastellen als ( fallweise
mit 3 Stellen übertreffbare) Mindest­
anforderung anzusehen.
Im globalen Umfeld erscheint es
wichtig zu evaluieren, welche Vor­
gaben im FDA-überwachten Umfeld
existieren. Das vorgestellte Konzept
steht nach Meinung der Autoren
1314 vollständig im Einklang mit den Vor­
gaben der aktuellen USP. In deren
„General Notices“ wird das nicht
gerundete Resultat als „reportable
value“ bezeichnet. Dieses Kapitel
„Significant Figures and Tolerances“
war in älteren Ausgaben der USP
ausführlicher, so findet man in der
USP 28 noch folgenden Hinweis:
“A reportable value is often a summary value for several individual determinations. It is the end result of a
completed measurement method, as
documented. It is the value compared
with the acceptance criterion.”
■ ■ Abbildung 6
Bewertung und Berichten des Ergebnisses einer Reinheitsbestimmung für ein einzelnes (quantitatives) Limit.
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Nur für den privaten oder firmeninternen Gebrauch / For private or internal corporate use only
Bewertung und Berichten des Ergebnisses einer Reinheitsbestimmung für die Summe
von Verunreinigungen.
Wie bereits erwähnt, sind für das
Runden die signifikanten Stellen
maßgeblich. Eine besondere Situa­
tion ergibt sich daher bei Limiten
ohne Nachkommastellen mit nach­
folgenden Nullen für quantitative
Tests, da diese – strikt mathematisch
– nicht als eindeutig signifikant be­
trachtet werden. Daraus ergibt sich –
bei mathematischer Betrachtung –
der Umstand, dass ein Limit von
122 ppm drei signifikante Stellen hat,
ein Limit von 100 ppm jedoch (mathe­
matisch betrachtet) uneindeutig nur
eine bis drei. Im ersten Fall wäre daher
ein Prüfergebnis von 122,4 noch spe­
zifikationskonform, im zweiten Fall
jedoch ggf. 149 ppm. Das ist weder lo­
gisch noch gewollt und widerspricht
der stillschweigenden Konvention,
dass Limite immer mit der Anzahl
Stellen als signifikant zu betrachten
sind, wie sie Ziffern haben (exakte
Zahlen). Auf diese Konvention wird
in den Regularien in Europa jedoch
nicht hingewiesen. Allerdings sah sich
das EDQM (European Directorate for
the Quality of Medicines) 2009 ver­
anlasst, darauf hinzuweisen, dass bei
einem Limit von 100 ppm maximal
100,4 ppm innerhalb der Spezifikati­
on liegen [5] (Abb. 6). In der USP ist
dieser Umstand klar adressiert; in den
„General Notices“ ist ausgeführt: “Acceptance criteria are considered significant to the last digit shown.”
Pharm. Ind. 73, Nr. 7, 1310 – 1316 (2011)
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■ ■ Abbildung 7
Vorgehensweise bei Limittests nach dem Arzneibuch.
Limittests angezeigt, dichotomer
Angaben. Anders ließe sich auch die
im Arzneibuch vorgesehene Sum­
menbildung nicht umsetzen, die der
Natur eines Limittests widerspricht.
Rezent hat das EDQM die Vorgehens­
weise bei der Reinheitsprüfung den
Vorgaben von ICH Q3 angepasst und
Anfang des Jahres angekündigt, zu­
künftig alle neuen Monographien als
quantitative Tests zu erarbeiten [5].
Damit wird es in Zukunft im Arznei­
buch zwei Typen von Monographien
geben, solche mit Reinheitsprüfun­
gen, die formal einem Limittest ent­
sprechen (und als solche validiert
wurden) und solche, die in Überein­
stimmung mit den Vorgaben aus ICH
Q3A quantitative Prüfungen sind
(und als solche validiert werden).
■■ c. Prüfungen
mit Akzeptanzregeln
Komplex wird die Situation beim Be­
richten von Prüfergebnissen, denen
Akzeptanzregeln zugrunde liegen.
Dies soll am Beispiel der Prüfung
auf Wirkstoff-Freisetzung erläutert
werden. Dabei ist festzustellen, dass
es entsprechend den Vorgaben in der
zwischen Ph. Eur., USP und JP mittler­
weile harmonisierten Monographie
immer drei Akzeptanzebenen gibt
( für S-, A-, B- und L-Kriterien). Dabei
ist die mittlere Ebene das „normale“
Akzeptanzkriterium, mit n = 12 Prüf­
lingen. Auf der ersten Ebene kann
der Test schon mit n = 6 Prüflingen
bestanden werden, wenn alle 6 Prüf­
linge (einzeln!) das „normale“ Akzep­
tanzkriterium übererfüllen. Dabei ist
festzustellen, dass dieses Akzeptanz­
kriterium ein Einzelwert- und kein
Mittelwertkriterium ist. Bei der 2.
und 3. Ebene sind jeweils Mittel- und
Einzelwertkriterien kombiniert. Zur
Illustration sind in Tab. 1 die Akzep­
tanzebenen „S“ für schnell freisetzen­
de Darreichungsformen dargestellt
(Ph. Eur. Tabelle 2.9.3 – 1).
Bei der Überlegung, wie das Er­
gebnis der Prüfung zu berichten ist,
muss zunächst betrachtet werden,
wo und mit welchem Zweck das
Ergebnis einer Freisetzungsprüfung
berichtet werden soll. In einem
Zertifikat ist es sicher ausreichend
festzustellen, ob die Prüfung ein spe­
zifikationskonformes Ergebnis hat
oder nicht (dichotom: „entspricht“
oder „entspricht nicht“). Das ist sicher
dann nicht mehr ausreichend, wenn
Chargendaten berichtet werden, die
mit anderen Daten verglichen wer­
den müssen, also beispielsweise bei
Entwicklungsprojekten oder wenn
eine Trendanalyse durchgeführt
werden muss, beispielsweise im PQR
1315
Veit und Trute ∙ Prüfergebnisse in der pharmazeutischen Qualitätskontrolle
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■■ b. Limittests
Als Limittests bezeichnet man Prü­
fungen, die im Vergleich mit einer
Probe durchgeführt werden, die die
Grenzkonzentration enthält. Ein
Limittest ist damit ein Vergleich von
(aufbereiteten) Rohdaten, im Falle
der Chromatographie von Flächen­
werten. Eine Rundung widerspräche
allerdings der Natur einer solchen
Prüfung. Die aus Sicht der Auto­
ren korrekte Vorgehensweise ist in
Abb. 7 dargestellt.
Es sei darauf hingewiesen, dass
die Reinheitsprüfung auf „Verwandte
Substanzen“ in der Ph. Eur. bis heute
ein Limittest ist, was sich auch aus
den Texten der Monographien er­
gibt, z. B.
„Verunreinigungen A, B, D, E: jeweils nicht größer als die Fläche des
Hauptpeaks im Chromatogramm der
Referenzlösung b (0,1 Prozent); Nicht
spezifizierte Verunreinigungen: jeweils
nicht größer als die Fläche des Hauptpeaks im Chromatogramm der Referenzlösung b (0,10 Prozent).“
Ein Runden ist also zur Kon­
formitätsprüfung nicht zulässig.
Das entspricht auch dem Passus in
Kap. 1.4 der Ph. Eur. (Monographien):
„Angabe der zulässigen Grenzwerte
für Verunreinigungen: Bei einer Vergleichsprüfung können zur Information der ungefähre Gehalt tolerierter
Verunreinigungen der Summe von
Verunreinigungen in Klammern angegeben werden. Zur Beurteilung, ob eine
Substanz der Prüfung entspricht oder
nicht, gilt das Kriterium der Übereinstimmung oder der Nichtübereinstimmung mit der vorgeschriebenen Prüfung.“ Daraus ergibt sich zunächst,
dass der Text der Monographie gilt;
dort ist, wie vorstehend dargestellt,
zurzeit immer ein Flächenvergleich
vorgegeben. In Klammern werden die
numerischen Werte für die einzeln
limitierten Verunreinigungen und
die Summe nur „zur Information“
angegeben. Die Angabe dieser „Infor­
mationen“ entspricht auch der Praxis
und Behördenerwartung der Ergeb­
nisberichtsform. Also wird auch in
diesem Fall die Angabe numerischer
Ergebnisse erwartet, statt, wie bei
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■ ■ Tabelle 1
Akzeptanzregeln der Ph. Eur. Monographie 2.9.3 „Wirkstofffreisetzung aus festen Arzneiformen“ für schnell
freisetzende Darreichungsformen.
Prüfstufe
Anzahl
geprüfter
Einheiten
S1
 6
aus jeder Einheit mindestens Q + 5 Prozent
S2
12
Mittelwert von 12 Einheiten (S1+S2) gleich oder größer als Q und aus keiner Einheit weniger als Q – 15 Prozent
S3
24
Mittelwert von 24 Einheiten (S1+S2+S3) gleich oder größer als Q, aus höchstens 2 Einheiten weniger als
Q – 15 Prozent und aus keiner Einheit weniger als Q – 25 Prozent
Akzeptanzkriterium
oder wenn beurteilt werden muss, ob
sich die Eigenschaften einer Darrei­
chungsform während der Lagerung
verändern, also im Rahmen von Sta­
bilitätsstudien. In all diesen Fällen
sind weitere Informationen nötig:
Auf welcher Ebene wurde die Prü­
fung bestanden und wie waren die
kleinsten und ggf. größten Werte?
Auf der zweiten und dritten Ebene
sollte auch der Mittelwert berichtet
werden. Daraus ergeben sich folgen­
de Möglichkeiten:
1. „Entspricht“ → im Zertifikat
( falls von der QP als angemessen
angesehen)
2. Mittelwert (n = ?) → wenn die
Prüfung mindestens mit n = 12
Prüflingen durchgeführt wurde
( für die Prüfung mit n = 6 Prüf­
lingen gibt es kein Mittelwert­
kriterium)
3. Kleinster Wert → für die 1. Prüf­
stufe; Mittelwert und kleinster
Wert → für die 2. Prüfstufe; Mittel­
wert und 3 kleinste Werte → für
die 3. Prüfstufe
Bei der Vorgehensweise nach 3. wird
aus der Ergebnisangabe auch er­
sichtlich, auf welcher Prüfstufe der
Test bestanden wurde. Die folgenden
beiden Möglichkeiten sind nicht
praktikabel bzw. nicht ausreichend:
1316 •• individuelle Werte → nicht
praktikabel,
•• kleinster Wert → nicht aus­
reichend.
Ein Sonderfall sind die Ergebnisse
der Prüfung auf Wirkstoff-Freiset­
zung im Rahmen des Belegs der
pharmazeutischen Äquivalenz für
generische Zulassungen. Diese er­
folgen graphisch als Profile für n =
12 Prüflinge. Zum Vergleich der Pro­
file von Test und Referenz werden
geeignete Auswerteverfahren he­
rangezogen, bspw. der sogenannte
„f2 similarity factor“ [CPMP/EWP/
QWP/1401/98 Rev. 1].
Dass Forderungen der Behörde
zum Berichten von Ergebnissen gele­
gentlich nicht nur in einem wissen­
schaftlichen, sondern auch in einem
für die Antragsteller ggf. nicht trans­
parenten regulatorischen Kontext
stehen, soll folgende Fallstudie ver­
deutlichen.
Rezent ist in Assessment Reports
zu generischen Zulassungen die
Forderung erhoben worden, dass
für Generika im Rahmen von Stabi­
litätsprüfungen immer mindestens
n = 12 Prüflinge nach Ph. Eur. 2.9.3
zu untersuchen sind (2. Prüfstufe).
Das wurde damit begründet, dass
der Antragsteller belegen muss, dass
Veit und Trute ∙ Prüfergebnisse in der pharmazeutischen Qualitätskontrolle
sich das Freisetzungsverhalten für
n = 12 Prüflinge nicht ändert, da es
eine wesentliche Basis der generi­
schen Zulassung ist. Die Forderung
kann von den Autoren prinzipiell
nachvollzogen werden, mit der Ein­
schränkung, dass die Vorgaben der
Prüfung nach der Ph.-Eur.-Monogra­
phie 2.9.3 kaum die Daten abbilden,
die im Rahmen des statistischen Ver­
gleichs von Profilen (z. B. „f2 similar­
ity factor“) etabliert wurden. Eine
solche Forderung ist auch in keiner
europäischen Guideline oder einem
anderen regulatorischen Dokument
enthalten.
Literaturverzeichnis im 2. Teil
Im 2. Teil werden die Themen Ein­
fach- oder Mehrfachbestimmungen
sowie die Rahmenbedingungen für
eine Mittelwertbildung behandelt.
Der 2. Teil folgt in einer späteren
Ausgabe dieser Zeitschrift.
Korrespondenz:
Dr. Markus Veit,
i.DRAS GmbH
International Drug Regulatory Affairs
Services,
Fraunhoferstr. 18b,
82152 Planegg (Germany),
e-mail: [email protected]
Pharm. Ind. 73, Nr. 7, 1310 – 1316 (2011)
© ECV ∙ Editio Cantor Verlag, Aulendorf (Germany)
Nur für den privaten oder firmeninternen Gebrauch / For private or internal corporate use only
Wenn die Ergebnisse weder der Prüfstufe S1 noch S2 entsprechen, muss die Prüfung auch auf der Prüfstufe S3 durchgeführt werden.