N R . 4 I D E Z E M B E R 2 0 1 5 – F E B R UA R 2 0 1 6 MAGAZIN RING THE BELLS! Feierlichkeiten und Kämpferisches BABY, LET’S PLAY HOUSE! ZURÜCK IN DIE STEINZEIT? DÜSTERE ENGEL WILLKOMMEN ZUM TEE Ring the bells! CVP-Initiative: Gesellschafts politische Steinzeit Dies hier hätte ein romantisches Weihnachtsheft werden sollen – mit Zimtsternen, Grittibänzen und allerlei Sprudelndem für das neue Jahr. Da aber im Februar schon wieder die nächste Abstimmung ansteht, ist es doch noch ein politisches Festtagsheft geworden. Nicht nur die «bells» sollten läuten, sondern auch die Alarm glocken. Denn im Februar wird über eine Initiative abgestimmt, die auf den ersten Blick harmlos daherkommt. Auf den zweiten bedeutet sie: jahrelanger Rückschritt. Doch da geben wir nicht klein bei – und andere auch nicht. Lest selbst. Das vorliegende Heft ist trotzdem festlich: Wir haben uns nämlich für euch in die Küche gewagt – auf dass die Säfte fliessen! Dazu gibt es wie immer Musik, Lektüre und Matt scheibe für besinnliche und erholsame Stunden. Wir sehen uns im 2016. Lasst die Korken knallen! ----------------------------- Von Patrick Hadi Huber ----------------------------- Am 28. Februar 2016 stimmen wir auf Bundesebene über die CVP-Initiative «Für Ehe und Familie – gegen die Heiratsstrafe» ab. Gut versteckt hinter einem Steuerthema und noch viel zu wenig bemerkt, soll die Schweiz mit der Initiative einem Ehe-Verbot für gleichgeschlechtliche Paare zustimmen. Diese Kopplung ist gefährlich, schreit nach einem klaren NEIN und verlangt den Einsatz der ganzen LGBTQ-Community bis zur Abstimmung. Inhalt 03 CVP-Initiative: Gesellschaftspolitische Steinzeit 07 Welcome Café for Queer Refugees 09 Queer Politics: «Wir sind kein Abstimmungsverein» 11 Baby, Let’s Play House! Domestizierungsversuche 13 Splittet die CVP! Kolumne von Michi Rüegg 13Agenda Düstere Engel 17 Serie 14 Buch Grace and Frankie 19 Musik CocoRosie 22 HAZ News-Update 20 Unser Vorsatz für 2016! Marguerite Meyer Chefredaktorin IMPRESSUM Nr. 4/Anfang Dezember 2015 erscheint 4 mal jährlich HAZMagazin, HAZ, Sihlquai 67, 8005 Zürich redak[email protected] Redaktionsteam: Marguerite Meyer, Patrick Hadi Huber, Hannes Rudolph, Anna Sophie Wendel, Michi Rüegg, Julia Kantner Cover: Marguerite Meyer, Hannes Rudolph Illustrationen/ Layout: Brigitte Schüepp Aufl.: 2000 Ex. Nächste Nummer: Anfang März 2016 Redaktionsschluss: Kontakt Inserate: [email protected] InserateAnnahmeschluss: Druck: ROPRESS Zürich (klimaneutral) Homepage: www.haz.ch l Ring the bells! l D as Formulierungs problem Die zentrale Absicht der Initia tive ist die Abschaffung der sogenannten Heiratsstrafe. Ehepaare bzw. eingetragene Part ner füllen heute eine gemeinsame Steuererklärung aus, wobei die beiden Einkommen zusammengezählt werden. Doppelverdienende gelangen so in eine höhere Progressionsstufe und zahlen wesentlich mehr Steuern als unverheiratete. Diese Ungerechtigkeit möchte die CVP mit ihrer Initiative abschaffen – und schafft dabei eine neue Ungerechtigkeit: Das Verbot der Homo-Ehe. Der erste Satz der Initiative lautet: «Die Ehe ist die auf Dauer angelegte und gesetzlich geregelte Lebensgemein schaft von Mann und Frau.» Diese Formulierung hat nichts mit dem zentralen Anliegen zu tun und überschattet derzeit die Meinungsfindung stark. Zu recht: Gleichgeschlechtlichen Paaren wird dadurch die Eheschliessung per Verfassung untersagt, was in der westlichen Welt einzigartig wäre. Es bleibt also nur ein überzeugtes Nein zur Initiative, auch wenn einem die Heiratsstrafe ein Dorn im Auge ist. l CVP-Initiative: Gesellschaftspolitische Steinzeit l «Ehe = Mann und Frau» in die Verfassung? Foto Alexis Arnold Gefährliche Tendenz Dieses Nein zur Initiative ist wichtig. In Zeiten, in denen ein katholisches Land wie Irland die Ehe per Volksabstimmung öffnet und in den USA die Homo-Ehe per Gerichtsentscheid lan desweit erlaubt wird, darf die Schweiz nicht in Ansichten des letzten Jahrhunderts zurückfal len. Bei einem Erfolg der Initiative wären alle parlamentarischen Vorstösse zur Ehe-Öffnung auf Jahre hinaus aussichtslos. Zudem könnte die gesellschaftlich-konservative Seite erstmals seit der Abstimmung zum Part nerschaftsgesetz vor über zehn Jahren wieder Morgenluft wittern. CVP-Exponenten wie Gerhard Pfister (ZG) oder Brigitte HäberliKoller (TG), die diese Initiative lanciert haben, haben sich spätestens durch diese Formulierung als erzkonservative Hardliner in gesellschafts Bei einem Erfolg der Initiative wären alle Vorstösse zur Ehe-Öffnung auf Jahre hinaus aussichtslos Homosexuelle Arbeitsgruppe Zürich l 3 l gegen die Initiative und ihr Komitee. Hübsche Verpackung, fieser Inhalt? Foto Josh Felise Die Fachgruppe LGBTI der CVP Schweiz stellt sich que(e)r Nein-Kampagne politischen Fragen geoutet. Es scheint ihnen mehr an mora lischen Standpunkten zu liegen als an einer breiten Diskussion des eigentlichen Anliegens: Der blossen und alleinigen Abschaffung der Heiratsstrafe. Augenfällig ist auch, dass die CVP Schweiz in ihrer Kom munikation nicht auf diese Problematik dieses Satzes ein geht. lament einen Gegenvorschlag schmackhaft zu machen. Diese Versuche sind mittlerweile gescheitert. Das Anliegen kommt am 28. Februar 2016 zur Abstimmung. Und jetzt regt sich parteiintern doch noch Widerstand. Die Fachgruppe LGBTI der CVP Schweiz unter der Leitung von HAZ-Vorstand und CVP Stadt-Präsident Mar kus Hungerbühler hat offiziell die Nein-Parole zur haus eigenen Initiative beschlossen. Die entsprechende Medien mitteilung spricht Klartext: «Diese Definition kann und will die Fachgruppe nicht unterstützen, da sie ihren Intentionen und Überzeugungen zuwiderläuft.» Klare Worte An verschiedensten Fronten laufen im Moment Bestrebun gen, eine Kampagne gegen die Initiative aufzubauen. Neben den einzelnen Parteien oder der Bewegung Operation Libero haben verschiedene LGBTQOrganisationen den Abstim mungsverein Pro Aequalitate gegründet, der sich derzeit dem Fundraising für die Kampagne gegen die CVP-Initiative wid met. Der Verein ruft alle dazu auf: «Zeige dein Gesicht für eine offene und tolerante Gesellschaft.» Für eine Kam pagne suchen sie Paare aller sexuellen Orientierungen und Geschlechtsidentitäten für Fotosund Videoaufnahmen. Also: Zeigt euch. Es gilt ernst Für uns alle heisst es die nächs ten Monate, uns im eigenen Umfeld gegen diese Initiative auszusprechen, die Werbetrom mel für ein Nein zu rühren oder einfach nur für das Gegen komitee zu spenden. Das erz konservative Anliegen darf an der Urne keine Chance haben und gehört abgeschmettert. Gemeinsam schaffen wir das und verhindern einen Rück fall der Schweiz in die gesell schaftspolitische Steinzeit. ---------------------------- Interview von Patrick Hadi Huber ----------------------------- Markus Hungerbühler, 40, ist Präsident der CVP Stadt Zürich, Gemeinderat, HAZ-Vorstand und präsidiert die Fachgruppe LGBTI der CVP Schweiz. W arum steht das EheVerbot in der Initiative? Ich verstehe nicht, warum die Initiative den Begriff der Ehe als Bindung zwischen Mann und Frau definiert. Das ist für mich nicht nachvoll ziehbar. Haben die beiden Anliegen «Abschaffung der Heirats strafe» und «Ehe als Bin dung zwischen Mann und Frau» überhaupt etwas gemeinsam? Wenig bis nichts. Vor allem aus steuertechnischen Grün den sehe ich keinen Zusam menhang zwischen diesen beiden Themen. Das eine bedingt das andere aus meiner Sicht nicht. Was hat die Fachgruppe genau entschieden? --------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------Zur Bekämpfung der CVP-Initiative haben mehrere LGBTQ-Vereine gemeinsam den Verein Pro Aequalitate gegründet. Für eine möglichst kraftvolle Nein-Kampagne benötigt der Verein enorme finanzielle Mittel. Spenden sind so rasch als möglich zu überweisen auf das PC-Konto 89-114704-4, Pro Aequalitate, 3000 Bern. Weitere Infos und die Möglichkeit für Online-Spenden auf www.proaequalitate.ch --------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Wir betonen zwar, dass wir uns überzeugt für die Abschaf fung der Heiratsstrafe ausspre chen. Mit dieser unseligen Verquickung mit der ein geschränkten Ehe-Definition als «Ehe zwischen Mann und Frau» können wir uns aber nicht identifizieren. Die Fach gruppe ist einstimmig zur Auffassung gekommen, sich gegen diese Definition und damit auch gegen die Initiative auszusprechen. l 4 l l Die Fachgruppe LGBTI der CVP Schweiz stellt sich que(e)r l Interner Widerstand Während die Initiative seit ihrer Lancierung vor über drei Jahren die LGBTQ-Community auf den Plan der Gegner rief, liefen CVP-intern immer wie der Versuche, das Anliegen abzuschwächen oder dem Par Homosexuelle Arbeitsgruppe Zürich l CVP-Initiative: Gesellschaftspolitische Steinzeit l Markus Hungerbühler Wieviel Einfluss hat die der Parteiraison an der DV für Fachgruppe auf die interne die Ja-Parole ausgesprochen Meinungsbildung? haben, an der eigentlichen Das Ergebnis an der Dele giertenversammlung der CVP Schweiz vom 28. November 2015 war eindeutig für die Initiative. Nur sechs Personen haben sich für ein Nein aus gesprochen, wobei sich auch ein paar Personen enthalten haben. Ich gehe aber davon aus, dass sich viele auch aufgrund Abstimmung dann aber auch ein Nein in die Urne legen. Darauf wirken wir jetzt hin. Warum regt sich der öffent liche Widerstand aus der CVP erst jetzt? Wir haben intern schon vor drei Jahren moniert, dass diese Verbindung zweier The Homosexuelle Arbeitsgruppe Zürich l 5 l men nicht nötig ist. Das wurde auch schon medial publik. Es handelt sich dabei also nicht um eine neue Feststellung. Wir haben den jetzigen Zeitpunkt aber klar deshalb gewählt, weil wir vor der entscheidenden Delegierten versammlung unsere anders lautende Haltung zu einem Teil der Initiative kommunizieren wollten. Es ist zu betonen, dass beispielsweise auch die Junge CVP Kanton Zürich schon die Nein-Parole beschlossen hat. Genau aus dem selben Grund, warum die Fachgruppe LGBTI dies macht: Heiratsstrafe abschaffen Ja, strenge Ehe-Definition Nein. Ich hoffe und gehe auch davon aus, dass auch andere CVP-Sektionen dem Beispiel folgen und ein Nein bzw. zumin dest Stimmfreigabe beschliessen. Schaltet ihr euch in den Abstimmungs kampf aktiv ein? Wir haben das uns Mögliche jetzt gerade getan. Wir haben auch entschieden, dass wir nicht den Nein-Kommitees beitreten. Wenn wir aber nach unserer Haltung gefragt werden, stehen wir auch für unsere Position ein. Aber eine eigentliche Kampagne planen wir keine. Noch eine Schlussbemerkung? Wir hoffen natürlich als Fachgruppe, dass es trotz dem eigentlich guten Inhalt der Initiative betreffend Heiratsstrafe keine Mehr heit für dieses Anliegen gibt. «Welcome Café» – Berührungsängste abbauen, Kontakte knüpfen ----------------------------- Von Marguerite Meyer ----------------------------- Europa sieht sich mit einer grösseren Anzahl geflüchteter Menschen konfrontiert. Dass die Organisation und Betreuung den Kontinent vor Herausforderungen stellt, ist unbestritten. Auch für die Geflüchteten ist der Start in einem neuen Land nicht einfach – noch schwieriger ist es für LGBTQ-Refugees. Queeramnesty, QueerMigs und die HAZ möchten eine neue Anlaufstelle bieten. I n 78 Ländern werden geichgeschlechtliche Beziehungen kriminalisiert. In sieben davon wird die Todesstrafe dafür verhängt. In anderne Ländern werden Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität verfolgt, festgehalten, verprügelt – oder es werden von den Behörden zwei Augen zugedrückt, wenn sie von der Gesellschaft diskriminiert werden. Das sind die erschreckenden Zahlen, welche die Menschenrechtsorganisation ORAM (Organi zation for Refuge, Asylum & Migration) nennt. Im Zuge der derzeit erstarkten Flüchtlings bewegungen nach Europa, die auch durch den Bürgerkrieg in Syrien mitverursacht sind, steigt auch der Anteil an geflüchteten LGBTQMenschen. «Wir erhalten in letzter Zeit mehr Anfragen von Geflüchteten oder Menschen mit unsicherem Aufenthaltsstatus», bestätigt HAZGeschäftsführer Hannes Rudolph. Auch gäbe es eine erhöhte Nachfrage von Leuten, die zwar länger hier lebten, aber aufgrund der kulturellen Hintergründe sonst keine Anlaufstelle hätten. «Man soll auch merken, dass man nicht alleine ist» Auch Manh Nguyen kennt die Problematik. Der 25-jährige Weltpolitik-Student arbeitet als Gruppenleiter von Queeramnesty. Genaue Zah len von LGBTQ-Flüchtlingen gibt es nicht – viele trauen sich nicht, sich nach einem Leben des Versteckens zu outen; auch nicht in der Schweiz. Oft könnten sie sich nicht an ihre Landsleute wenden und hätten deswegen noch weniger Ansprechpartner*innen, gibt er zu bedenken. Deswegen haben Queeramnesty, die HAZ und QueerMigs beschlossen, das «Welcome Café for Queer Refugees» ins Leben zu rufen. Anfang Dezember fand das Treffen an einem Samstagnachmittag im HAZ Centro statt – im neuen Jahr soll es weitergeführt werden. «Es soll ein niederschwelliges Angebot sein», erklärt Nguyen. Bei kostenlosem Tee, Kaffee und Kuchen werden Berührungsängste abgebaut und Kontakte geknüpft. «Man soll auch mer ken, dass man nicht alleine ist.» Zudem ist es --------------------------------------------------------------------------------------------- anzeige --------------------------------------------------------------------------------------------- www.indigo-betten.ch INDIGO NATURBETTEN Löwenstrasse 9 8001 Zürich Telefon 044 212 57 12 HÜSLER NEST-CENTER Schaffhauserstrasse 119 8057 Zürich Telefon 044 350 53 90 Rückschritt klammheimlich in die Verfassung einbauen? l 6 l Homosexuelle Arbeitsgruppe Zürich l Die Fachgruppe LGBTI der CVP Schweiz stellt sich que(e)r l natürlich schön schlafen l «Welcome Café» – Berührungsängste abbauen, Kontakte knüpfen l Homosexuelle Arbeitsgruppe Zürich l 7 l «Wir sind kein Abstimmungsverein» ----------------------------- Von Marguerite Meyer ----------------------------- Wie oft kriegt man Vertreter*innen fast aller Parteien von AL über FDP und EVP bis SVP an einen Tisch? Die ungewöhnliche Allianz hat nun einen offiziellen Namen: «Queer Politics». Der Verein will sich trotz unterschiedlicher sonstiger politischer Haltungen gemeinsam für LGBTQAnliegen in der Schweiz stark machen. Das HAZ Magazin hat mit dem Co-Präsidenten Renato Pfeffer gesprochen. Queer Politics mit Co-Präsidium Renato Pfeffer und Mia Willener (vorne Mitte) Gemeinsamer Kaffee? Foto Agnieszka Bladzik ein Ort, wo sich geflüchtete Menschen, andere Migrant*innen und die Vertreter*innen der Nichtregierungsorganisationen treffen können. Auch soll Platz für Fragen aller Art sein – bisher auf Englisch und Französisch. Kulturspezifische Fragent «Es geht aber auch darum, einen Anlaufpunkt zu schaffen für Leute, die mit der westlichen GaySzene nichts anfangen können», so Rudolph. Tatsächlich gibt es in manchen Herkunftslän dern kein wirkliches Konzept für Homosexuali tät oder Transidentität. «Man wird dort nicht schwul genannt, sondern Arschficker oder Schwuchtel», bestätigt Nguyen. Damit wird man auch sprachlich stigmatisiert. Oft kämen die Leute mit einem sehr schlechten Selbstbild her und könnten sich mit den hiesigen Konzep ten und Begriffen überhaupt nicht identifizieren. Das ist auch im ganzen Asylprozess proble matisch. Man müsse aufpassen, dass man bei spielsweise die Fragen an die Asylsuchenden kulturspezifisch stelle. «Wenn man nun jemanden fragt, wo er oder sie sich mit anderen LGBTQ-Menschen im Herkunftsland getroffen habe, dann kann das schon die falsche Frage sein», gibt Nguyen zu bedenken. In unserem l 8 l Homosexuelle Arbeitsgruppe Zürich Kontext würde die Frage passen – «in einem kleinen Dorf in gewissen afrikanischen Ländern wäre nur schon die Möglichkeit, sich zu treffen, undenkbar.» Um solchen Missverständnissen vorzubeugen, sei auch die Weiterbildung von Asylbefrager*innen wichtig, erklärt Nguyen. Bitte weitersagen! Queeramnesty begleitet und berät LGBTQGeflüchtete nicht nur sozial und bei rechtlichen Fragen, sondern bietet auch Weiterbildungen und Wissensvermittlung für Fachstellen und Behörden an. Nun soll in Zusammenarbeit mit QueerMigs, das auch Sprachtandems anbietet, sowie den HAZ mit dem «Welcome Café» ein weiteres Angebot dazukommen – um Neu ankömmlingen in der Schweiz den schwierigen Start ein wenig zu erleichtern. --------------------------------------------------------------------------«Welcome Café for Queer Refugees» When? 16. January 2016, 2 – 5.30 p.m. // Where? HAZ Centro, Sihlquai 67, Zurich // Who? Gay, lesbian, bi, trans, queer refugees, asylum seekers and migrants looking for contact, volunteers // What? Free coffee, tea and snacks; meet others, members of Queeramnesty and QueerMigs answer questions (in English & French) www.haz.ch // www.queeramnesty.ch // www.queermigs.ch --------------------------------------------------------------------------l «Welcome Café» – Berührungsängste abbauen, Kontakte knüpfen l H AZ Magazin: Renato Pfeffer, «Queer Politics» ist jetzt offiziell ein Ver ein, früher war es ein loses Netzwerk. Warum? Renato Pfeffer: Die Arbeitsgruppe «Überparteiliche LGBTIPolitgruppe» gibt es schon länger, seit rund drei Jah ren. Die Vereinsgründung hat nun Vorteile betreffend der Organisation, der Finanzen und natürlich bezüglich recht lichen Aspekten. Die internen Zuständigkeiten und die Struk turen sind klarer. Und natürlich kann man als Verein öffentlichkeitswirksamer auf treten. l «Wir sind kein Abstimmungsverein» l Warum gerade jetzt der Wandel vom inoffiziellen Netzwerk zum offiziellen Verein? Uns war wichtig, im Vorfeld der CVP-Initiative (Initiative «Für Ehe und Familie – gegen die Heiratsstrafe», Anm. d. Redaktion) gemeinsam etwas zu unternehmen. Aber wir sind kein Ver ein, der sich nur auf die CVP-Initiative konzen triert. Wir waren und sind weiterhin ein Netz werk, das sich allgemein für LGBTI-Anliegen einsetzt. Uns war wichtig, im Vorfeld der CVP-Initiative gemeinsam etwas zu unter- Braucht es sowas wie «Queer Politics» nehmen. überhaupt? In der Schweiz werden LGBTQ-Personen immer noch stark benachteiligt. Über das «wie stark» kann man diskutieren. Tatsache ist, dass die Schweiz im Vergleich hinterher hinkt: auf Platz 32 von 49 auf dem ILGA-Ranking – Homosexuelle Arbeitsgruppe Zürich l 9 l noch hinter Rumänien (siehe: ilga-europe.org). Konkret grossen Handlungsbedarf gibt es bei den Themen Ehe, erleichterte Einbürgerung, der Adoption sowie Antidiskriminierungsgesetze. Auch für Transpersonen ist die Gesetzgebung rückstän dig – beispielsweise wird die Zwangssterilisation noch Wir achten gefordert. darauf, dass alle Parteien Ihr seid Politiker*innen von ganz links bis ganz rechts: Wie ist der Rückhalt für vertreten sind euch in den einzelnen Par teien? gleich stark prinzipiell mit zwei Leuten. Wir wollen nicht möglichst viele sein, sondern an einem Ort Ideen bündeln und uns gegenseitig unterstützen. Betreffend LGBTQ-Themen seid ihr euch einig. Aber wie bringt man so unterschied liche Haltungen quer durch die Parteien zusammen? Baby, Let’s Play House! In die Schürze und unter die Haube mit euch! Überrascht doch mal eure Liebsten und diejenigen, die ihr gerne als solche hättet. Wir zeigen uns ausnahmsweise von unserer domestizierten Seite und präsentieren euch unsere Weihnachts-Favoriten. Omnomnom! Wir haben tatsächlich sehr unterschiedliche politische Positionen bei vielen anderen Themen. Aber wir wollen die Kräfte dort bün deln, wo wir Gemeinsamkeiten haben und uns nicht gegenseitig ausbremsen. Und unsere Gemeinsamkeit besteht in dem Anliegen, LGBTQ-Personen zu helfen. Wenn wir eine Medienmitteilung herausgeben, unterzeichnen immer die einzelnen Vertreter – nicht «Queer Politics» als Ganzes. So muss niemand für etwas stehen, was der eigenen Haltung nicht entspricht. So hat das Co-Präsidium auch keine repräsentative, sondern eine organisatori sche Funktion. Bei uns sind Vertreter*innen von SP, SVP, AL, Grünen, BDP, GLP, FDP, CVP und EVP dabei. Nur von der EDU ist niemand dabei. Je nach Partei gibt es natürlich auch Differenzen zur Parteibasis – damit muss man eben um gehen können. Innerhalb der Parteien kann man aber auch mehr verändern; da gibt es intern Wie kommuniziert ihr eigentlich? ja auch spannende Diskussionen. Das Meiste läuft bei uns vor allem über E-Mail Wir haben drei Arten von Mitgliedschaft: ab. Treffen sind zwei bis drei Mal im Jahr vor Entweder ist die Partei dabei und schickt gesehen; wir sind ja alle sonst sehr stark auch Delegierte. Oder die Partei hat eine Unter beruflich und politisch eingebunden. Aber gruppe, die Mitglied ist und Delegierte schickt. für die Mobilisierung gegen die CVP-InitiaOder Einzelpersonen einer Partei werden tive werden wir uns sicher öfters zusammen Mitglied. Wir achten aber darauf, dass alle setzen! Parteien gleich stark vertreten sind – pro Partei – Zwei fein gehackte Knoblauchzehen – Optionale Füllung: Speckwürfel, Orangen Der Truthahn zu Weihnachten ist zugegeben stückchen und gehackte Haselnüsse eine eher angelsächsische Tradition – und dauert normalerweise Tage, bis er essfertig ist. Nehmt das Federvieh mindestens eine Stunde Das wollen wir euch nicht zumuten: Das fol vor Kochbeginn aus dem Kühlschrank. (Ach gende Rezept ist die einfache Variante, aber tung: Vor Weihnachten müssen Truthahn und nicht minder lecker – und funktioniert auch Poulet oft aufgrund der hohen Nachfrage vor mit einem Poulet. Oder, wenn ihr experimen bestellt werden!) Heizt den Ofen auf 220 Grad tierfreudig seid, auch mit einem Seitanbraten Celsius vor; tupft das Federvieh mit Küchen (keine Garantie!) papier innen und aussen trocken. Seid lieb zu ihm. Wichtig: Haut dranlassen. «Turkey Delight» Man nehme für vier bis sechs Mäuler: Renato Pfeffer (30), studiert Theologie mit Berufsziel Pfar rer, ist Jugendarbeiter der refor mierten Kirche Wädenswil und arbeitet aktiv in seiner Partei l 10 l Homosexuelle Arbeitsgruppe Zürich mit. Nebst der Leitung der Jung-EVP Zürich amtet er auch als Co-Präsident des Vereins «Queer Politics» l «Wir sind kein Abstimmungsverein» l – Einen Truthahn oder irgend ein Geflügeltier (zwei bis drei Poulets) – Zwei grosszügige Fäuste weiche Butter (everything is better with butter!) – Geraffelte Schale einer ganzen Zitrone – Einen kleinen Büschel gehackten Thymian oder Salbei (was ihr lieber mögt) – Einen Büschel Petersilie (am besten den flachen) l Baby, Let’s Play House! l Weiche Butter, Kräuter, Zitronenschale, Knob lauch vermengen. Nun kommt der sinnliche Part: Mit den Fingern oder einem stumpfen Mes ser unter die Haut fahren (also des Vogels, nicht eure) und lockern. Sanft die gewürzte Butter unter diese schieben. Oh ja, genau so. Füllung reinstopfen, wenn gewünscht. Haut wenn nötig mit Zahnstochern fixieren. Das Ding wägen. Das Ding muss pro Kilo 40 Minuten im Ofen sitzen. Homosexuelle Arbeitsgruppe Zürich l 11 l Mit Alufolie bedecken, rein damit: 20 Minuten bei 220 Grad, danach runterdrehen und die ent sprechende Zeit schmoren lassen. Für die letz ten 30 Minuten die Alufolie entfernen. Check: Mit dem Messer reinstechen; wenn der Saft noch rosa ist, ist der Vogel noch nicht gut. Fertig. Den restlichen Saft zu einer Sauce ein kochen. Die ganze Herrlichkeit mit Alufolie bedecken und eine halbe Stunde stehen lassen. Mit Kartoffeln, Reis oder was einem beliebt ser vieren. Sich im Lob aller Anwesenden baden. Splittet die CVP! Je nach Einkommen, Wohnsitz und weiteren Konstellationen bezahlen verheiratete Dop pelverdiener mehr Steuern als unverheiratete. Dieser Umstand ist der CVP Anlass genug, Gott auf den Plan zu rufen und ins heiligste weltliche Dokument unseres Staates – die Bundesverfassung – hineinzuschreiben, dass eine Ehe nur zwischen Mann und Frau geschlossen werden könne. Die CVP sieht die Ehe nicht als rechtlich geschützte Gemeinschaft zweier Menschen, sondern als göttlicher Wille, den es durch zudrücken gilt. Einmal mehr schafft es die Partei, wirtschaftliche Interessen auf elegante Weise mit reaktionärem Katholizismus zu verbinden. Statt des steuerlichen Ehegatten-Splittings wäre vielleicht eine andere Trennung über fällig: diejenige zwischen religiöser Moral und Politik. Denn wer nach vorne schaut, und gleichzeitig rückwärts schreitet, läuft Gefahr, zu stolpern – und sich den Hals zu brechen. «Noob-Nog» Eierlikör für Anfänger. 8 Eigelb 250 g Puderzucker 250 ml weissen Rum 350 ml Milch (für Geniesser*innen: Halbrahm) 1 Vanillestengel (also das Zeug innendrin) Los geht’s: Doch halt: Erst die Eigelbe drei Tage im Rum und im Kühlschrank stehen lassen. Das killt die Salmonellen. Irgendwie tut mir die CVP fast Leid. Sie versucht krampfhaft, sich den Familien anzubiedern – und hat nicht verstanden, dass Familie längst etwas anderes geworden ist. AGENDA SZENE SA 12.12.15 Heaven XXL Party X-tra Ab 22.00 Uhr SA 19.12.15 Offstream Papiersaal ab 23.00 Uhr HAZ-EVENTS FR 11.12.15 gay: my way Coming Out Gesprächsgruppe Ab 20.00 Uhr FR 11.12.15 FreitagsCentro Leckeres Essen, nette Menschen HAZ Centro, ab 19.30 Uhr SA 26.12.15 Rum-Eigelbe, Zucker, Vanille vermischen. Milch/Halbrahm dazu. Das Ganze über einem Wasserbad langsam erwärmen und so lange schlagen, bis das Ganze dick wird. Alles bei ca. 70 Grad. Achtung: Nicht zu heiss, sonst gibt’s Rührei. Abfüllen. Also in Gläser oder sich selbst. Cheers! HAZ Outdoor Weihnachtswanderung DO 07.01.16 bi-Gesprächsgruppe HAZ Centro, ab 20.15 Uhr Details zu allen Events unter www.haz.ch Michi Rüegg l 12 l Homosexuelle Arbeitsgruppe Zürich l Baby, Let’s Play House! l l Splittet die CVP! l Homosexuelle Arbeitsgruppe Zürich l 13 l Düstere Engel ----------------------------- Von Martin Mühlheim ----------------------------- Zwei Psychogramme in Romanform: Schattenengel von Brane Mozetiĉ und Mensch Engel von Gunther Geltinger loten menschliche Abgründe und die Grenzen des Darstellbaren aus. Brane Mozetiĉ «H aben Sie die Anklage verstanden?» So abrupt wie er beginnt, so schonungslos bleibt der Roman Schattenengel (OT: Angeli, 1996) von Brane Mozetič. Sexsklaven und Gewaltausbrüche Eine Frau, erfahren wir zu Beginn von Schat tenengel, ist gerichtlich beauftragt worden, den männlichen Protagonisten zu untersuchen und ein Gutachten über ihn zu erstellen. Der Rest Mozetič, 1958 in Ljubljana geboren, ist ein des rund 120 Seiten kurzen Romans ist ein literarischer Aktivist ersten Ranges. Von 1990 Transkript der Gespräche zwischen diesen bei bis 1998 gab er das Schwulenmagazin Revolver den – wobei vor allem der Mann erzählt. heraus, und neben Gedichtbänden und Über setzungen französischsprachiger Autoren wie Und was er erzählt, hat es in sich: Schnittwun Rimbaud und Genet hat er auch eine Anthologie den im Gesicht eines anderen, die er ableckte; mit homoerotischer slowenischer Literatur ver- einen Jungen, den er und sein Geliebter als Sex öffentlicht. Vier seiner zahlreichen Bücher sind sklaven halten und am Ende elend verrecken auch auf Deutsch erschienen: zwei Gedicht lassen; es wird gewichst und gefickt, manchmal voll Verzweiflung, bisweilen aus Hass. Und im bände und zwei Romane. l 14 l Homosexuelle Arbeitsgruppe Zürich l Düstere Engel l Zentrum von allem steht Jan, den der Erzähler vielleicht liebt, der ihn rasend eifersüch tig macht, ihn dann plötzlich abstösst und trotzdem nicht loslässt. Es ist eine dysfunk tionale Beziehung voller Sex, Gewalt und Hoffnungslosig keit; am Ende meint der Prota gonist, «dass alles umsonst war und dass es besser war, Schluss zu machen. Schluss.» auch über die Beziehung zu ihrem Mann zu sprechen, die ihr immer leerer und bedeu tungslos erscheint. Bringt sie den Ehegatten am Ende gar um? Je genauer man liest, desto rät selhafter wird Mozetičs Text – wobei kaum alle LeserInnen die nötige Geduld hierfür auf bringen werden: So erdrückend ist die Atmosphäre von Trostund Sinnlosigkeit in Schatten engel, dass der eine oder die Instabiler Erzähler andere die Lektüre wohl vor Erst etwa in der Mitte des zeitig abbrechen wird. Romans erfahren wir, dass die männliche Hauptfigur Brane Fragmentierte Erinnerung heisst, wie sein Autor. Die Frage Ebenfalls problembeladen, aber der vom Gericht beauftrag weniger trostlos ist Gunther ten Spezialistin – «Was ist Geltingers Romandebüt Mensch überhaupt wahr . . . von dem, Engel (2008). Geltinger wurde was du mir erzählst?» – wird 1974 in Erlenbach am Main so plötzlich auch zum Prob geboren, und in seiner noch jun lem des Lesers: Sind Teile des gen Schriftstellerkarriere hat er Romans autobiographisch? «Was bereits mehrere Auszeichnun ist denn überhaupt die Wahr gen erhalten – so zuletzt den heit?», will die namenlose Frau August-Graf-von-Platen-Preis. darauf wissen. «Nichts», erwi dert Brane, ohne zu zögern. Die Hauptfigur von Geltingers Debüt, Engel, bringt betont Und dieses Nichts entwickelt sprachgewaltig die eigene eine scheinbar unwiderstehliche Geschichte zu Papier – oder Sogkraft: Die Frau beginnt, besser gesagt: zeitlich durch einander gewirbelte Bruch stücke einer Geschichte, die sich nicht völlig kohärent zusammenfügen lassen. Wir wissen, dass seine Mutter unter Depressionen litt; wir erfahren von Jugendlieben zur Zeit des Abiturs und von tra gischen Selbstmorden, an denen Engel vielleicht eine Mitschuld trägt; und klar ist auch, dass Engel eine unbestimmte Zeit in einer Klinik verbrachte, seiner psy chischen Probleme wegen. --------------------------------------------------------------------------------------------- anzeige --------------------------------------------------------------------------------------------- Finde bei uns Deine Geschichte… 15% Rabatt auf deine Bestellung bei uns! Gutschein-Code: HAZ2015 l Düstere Engel l BÜCHER│FILME│ZEITSCHRIFTEN│UND MEHR ONLINE & IM LADEN AN DER HERRENGASSE 30 IN BERN Homosexuelle Arbeitsgruppe Zürich l 15 l Grace and Frankie – alt, schrullig, sitzengelassen Günther Geltinger ----------------------------- Von Julia Kantner ----------------------------- Stell dir vor: Du bist eine Dame jenseits der 70. Dein Ehemann outet sich als homosexuell, eröffnet gleichzeitig Hochzeitspläne mit seinem besten Freund und Geschäftspartner. Dieser ist noch mit deiner besten Feindin verheiratet. Spannend – aber gut genug für den nächsten Netflix-Dauerbrenner? E Modulierte Tonlage Und doch gibt es bei Geltinger nicht nur Abgründe: Während Jan in Schattenengel Brane vor allem aus der Bahn zu werfen scheint, ist Engels Partner Boris für ihn ein Rettungsanker. Kennengelernt haben sich die beiden in einem Waschsalon – eine urkomische Szene voller erlösendem Humor, wie er in Mozetičs Roman völlig undenkbar wäre. Überhaupt sind Rhythmus und Tonfall der beiden Romane grundverschieden: Während Schat tenengel erbarmungslos auf einen Nullpunkt zustrebt, bietet Mensch Engel abwechselnd tiefe Trauer und lyrische Schönheit, zärtliche Momente neben Selbsthass und Herzlosigkeit – und hört am Ende nicht auf mit dem Wort «Schluss», sondern mitten im Satz, mit densel ben zwei Worten, mit denen der Roman begann. Zeichen des Stillstands oder des Neubeginns? l 16 l Homosexuelle Arbeitsgruppe Zürich Botschaften von anderswo Das Wort Engel kommt vom altgriechischen ἄγγελος ángelos und heisst «Bote» oder «Abgesandter». Diese Boten können gemäss religiöser Tradition Hoffnung verkünden, Wahr heit offenbaren – aber auch den Tod mit sich bringen. Ausserdem ist Luzifer bekanntlich ein gefallener Engel. Welche Botschaft Mozetičs und Geltingers tEngel mit sich bringen? Vielleicht, dass auch abgründige Ideen respektvolle Aufmerksamkeit verdienen – selbst dann, wenn man sie letztlich ablehnen sollte. --------------------------------------------------------------------------– Brane Mozetiĉ, Schattenengel (Wien: Passagen, 2004). – Gunther Geltinger, Mensch Engel (Frankfurt a.M.: Suhrkamp, 2010) --------------------------------------------------------------------------l Düstere Engel l in hochkarätiger Cast, eine begnadete Drehbuchauto rin, ein grandioser Plot. Es sind schwere Geschütze, die Netflix aufgefahren hatte. Mitte des Jahres gab es ein erstes Ergeb nis. Grace (Jane Fonda) und Fran kie (Lily Tomlin) könnten kaum unterschiedlicher sein. Doch den Ehemännern zuliebe arrangierte man sich über Jahrzehnte. Beim Dinner im Restaurant offen baren Robert (Martin Sheen) und Sol (Sam Waterston) ihre geheime Beziehung – die gehörnten Damen staunen nicht schlecht. Es folgt eine Szene par excellence: Während Vor stadt-Lady Grace mit Essen um sich wirft, zückt Hippie-Tante Frankie den Asthma-Spray. Schon sind wir mitten in der Geschichte. Beste Feindinnen? Jane Fonda und Lily Tomlin als Grace und Frankie der Viererkonstellation verblie bene Strandhaus einzieht. Fran kies Esoterik-Attitüde passt weniger zum Lifestyle der ver bissenen Grace, die frustriert erkennt, dass ihr Lebensinhalt mit ihrer Ehe zerbrochen ist. Erst im gemeinsamen Rausch zustand wird klar: Grace und Schicksalsgemeinschaft Frankie haben nicht mehr als sitzengelassener Mitsieb sich und ihre Wut und es bleibt zigerinnen nichts anderes übrig, als die Wer sich jetzt an Matthau und Not zur Tugend machen. Lemmon, das «seltsame Paar» der 60er Jahre erinnert, darf Inkontinenz und zweiter sich bestätigt fühlen. Die Cha Frühling raktere der Hauptdarstellerin Die Geschichte der nun öffent nen bieten Hommage, zugleich lich turtelnden Männer entwi zeitgemässe Neuinterpretation. ckelt sich zum Seitenstrang. So geht es in erster Linie darum, Schliesslich geht es darum, wie welche der Damen in das aus Grace und Frankie im Schatten l Grace and Frankie – alt, schrullig, sitzengelassen l des Alters an ihren neuen Lebensumständen wachsen. Durchlebt werden die Hochs und Tiefs einer Trennung. Die Gunst der Kinder, teure Möbel und alles, was sonst noch Bedeutung hatte, müssen aufgeteilt werden. Da zwischen erfreut man sich an Lachanfällen, die dazu führen, dass der Blaseninhalt nicht immer dort landet, wo er sollte. Die Klassiker im Business Die Besetzung könnte nicht besser sein: Als in die Jahre gekommene Aerobic-Ikone kauft man Jane Fonda die Rolle der überdisziplinierten Essgestör ten gerne ab. Lily Tomlin steht dem um nichts nach, denn das Überzeichnen von Frankies Homosexuelle Arbeitsgruppe Zürich l 17 l Erleichterung für die einen, Schock für die anderen CocoRosie – Surreale Welt verlorener Mädchen ----------------------------- Von Julia Kantner ----------------------------- Liebe zur Kunst und außergewöhnlicher Performance sind auch beim sechsten Album der Casady-Schwestern zu spüren. «Heartache City»: Aussen bunt und fröhlich, innen gewohnt schwermütig mit Hang zum Subtilen. Späte Liebe – Sam Waterston und Martin Sheen als Sol und Robert Charakter macht ihr offensichtlich Spass. Schön ist der Bruch von Klischees zu Gunsten einer Annäherung an den Realismus. Zumindest gilt das für die Besetzung von Robert. Während Waterston als Sol den gefühlsbetonten Schwu len mimt, bricht Sheen mit sämtlichen Vor urteilen und gibt einem das Gefühl, ein Donald-Trump-Lookalike habe sich zum Outing überwunden. Daneben fühlen sich alle mit dem Drehbuch von «Friends»-Autorin Marta Kauffmann sichtlich wohl. Fazit Es braucht ein bisschen Zeit, um mit den Eigen heiten dieser Komödie, die nicht immer eine ist, warm zu werden. Dennoch zahlt es sich aus und die angekündigte Fortsetzung spricht für sich. Gespart wird mit Attacken auf die Lachmuskeln, nicht gegeizt wird mit mehrdeutigen Momenten zum Schmunzeln und Nachdenken. Zwischen Lachen und Weinen liegt oft nur ein schmaler Grat – eine Tatsache, die sich Grace and Frankie gekonnt zum Vorteil gemacht hat. --------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------Grace and Frankie wurde als komplette Staffel zu 13 Episoden im Mai 2015 auf Netflix veröffentlicht. Für 2016 wurde eine Fortsetzung der Serie angekündigt. --------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Nun machen Bianca und Sierra seit zwölf Jahren Musik und nicht nur das. Gemeinsame, sowie eigene Projekte sind so unver wechselbar und eigen, dass sie damit Werbespots der ganz Grossen wie Escada oder Kenzo zieren. Surreal, kindlich naiv, experimentell – die Werke der beiden in ein Genre einzuord nen ist unmöglich. Eher ist es eine eigene, nahezu mystische iebe zur Kunst und aus Klangwelt, die sich die beiden sergewöhnlicher Perfor Künstlerinnen aufgebaut haben. mance sind auch beim sechsten Album der Casady-Schwestern Zurück zum Ursprung zu spüren. «Heartache City»: Deutlich zeigen sich die Aussen bunt und fröhlich, Unterschiede zum vorherigen innen gewohnt schwermütig Album. Dieses Mal konzent rieren sich Bianca und Sierra mit Hang zum Subtilen. Als sich die Schwestern zehn viel mehr aufs Wesentliche und Jahre lang aus den Augen ver erinnern dabei stark an ihr loren hatten, hätte wohl nie Debüt. Unter eigenem Label mand vermutet, welche Erfolge («Lost Girl Records») liefern sie eines Tages feiern würden. die beiden Gewohntes und L zugleich Neues aus dem Tonstu dio in der gemeinsamen Heimat Südfrankreich. Im Fokus steht die Reduktion – minimale Effekte, maximale Wirkung. Eine Stadt für Herzschmerz Auf «Heartache City» ist der Name Programm. Dazu bie ten CocoRosie wie erwartet keine klassischen Balladen oder Lyrics mit Anleitung zum Selbstmitleid. Dafür sorgen poetische Wortmalerei und süsse Melodien für Schwere und Melancholie. Eigenwillig und mit Spielraum zur Interpretation entfalten sich die Lyrics vor allem bei «Un Beso» oder «Tim and Tina». Dazwischen formen reduzierte Klangspielerei mit alltäglichen Gegenständen und facet tenreicher Sprechgesang jeden Song zum perfekt inszenierten Gesamtkunstwerk. --------------------------------------------------------------------------------------------- anzeige --------------------------------------------------------------------------------------------- Nacht sauNa Chill-Out Lounge Music. Men only. EN JED taG EI FR D uN aG t Ms sa 7 uhR BIs Üh! FR Engelstrasse 4, 8004 Zürich +41 44 241 10 80, www.moustache.ch l 18 l Homosexuelle Arbeitsgruppe Zürich l Grace and Frankie – alt, schrullig, sitzengelassen l Fools Garden Adele Foo Fighters Flashback 25 Saint Cecilia Ja, die gibt es noch. «Lemon Tree» wird 20 Jahre später nochmal ausgepresst. Funktioniert halb wegs gut. Drum herum: CoverAlbum. 90er-Kinder dürfen sich freuen. Zum Schwelgen in Erin nerungen. JKa l CocoRosie – Surreale Welt verlorener Mädchen l Grosser Hype, eine Kampf ansage an die Streaming-Dienste, wenig Überraschung. Fans des Altbewährten dürfen sich freuen, denn auf 19 und 21 folgt dem nach 25. Für sentimentale Win tertage. JKa Klein, fein, kostenlos. Mit diesen fünf Songs schenken die Herren ihren Fans einen Mix nach tradi tionellem Rezept: vier Mal Gitar renriffs, ein Mal Runterkommen. Aufdrehen und Ausrasten. JKa Homosexuelle Arbeitsgruppe Zürich l 19 l Unser Vorsatz für 2016: Mehr Frauen* in die HAZ! ----------------------------- Von Hannes Rudolph ----------------------------- In den meisten Gruppen ist es längst Realität: Bi-Gruppe, spot25, HAZ Outdoor und HAZ Kultur funktionieren wunderbar geschlechtergemischt. Die Lesbenberatung floriert mit vielen ehrenamtlichen Beraterinnen. Queermigs meldete jüngst sogar «Männermangel». Unser Vorstand hat zwei schlagkräftige Frauen*, die beide auch in der Geschäftsleitung amten. Auch das HAZ-Magazin hat eine Chefredaktorin. Soweit, so gut. Das bedeutet zum Beispiel auch neue Auslage- Frauen*, die HAZ-Member werden. Darum gibt es 2016 einen Frauen*-Aufhol-Einstiegsrabatt: Orte für unser HAZ-Magazin. Frauen* bezahlen 2016 fürs erste Jahr nur Steht und fällt mit Membern 50 CHF (statt 140 CHF/ermässigt 70 CHF). Wir haben uns auch um eine Kombi-Mitglied Das gilt selbstredend auch für Transfrauen*, schaft mit der Lesbenorganisation Schweiz unabhängig von amtlich geänderten Papieren. (LOS) bemüht – mit dem Schwulenverband Auch in der Kombi-Mitgliedschaft mit TGNS Pink Cross und dem Transgender Network profitieren Frauen* vom Aufhol-Rabatt. haben wir das bereits – aber leider besteht Wir freuen uns auf neue Mitstreiterinnen und seitens der LOS kein Interesse. weitere Ideen! Natürlich steht und fällt es aber mit den Mem bern. Wir wünschen uns ausdrücklich mehr Warum «Frauen*» mit Sternchen? Der Stern soll beim Lesen stolpern lassen und darauf aufmerksam machen, dass Geschlecht keine natürliche, eindeutige oder einheitliche Kategorie ist. Anhand äusserlicher Merkmale werden bei der Geburt Menschen den Konst rukten «Mann» oder «Frau» zugeordnet. Diese Zuordnung bietet überhaupt erst die Grund lage von Diskriminierung aufgrund des (wahr genommenen) Geschlechts. Gleichzeitig ver deckt sie Unterschiede zwischen Frauen* bzw. zwischen Männern*. Ausserdem gibt es nicht nur Frauen* und Männer*, sondern sowohl auf der biologischen Ebene, als auch auf der Ebene der Identität eine Vielzahl von Geschlechtern. Foto Jay Mantri U nzufrieden sind wir dennoch, weil wir es noch kaum geschafft haben, dass Lesben und bisexuelle Frauen* die HAZ als «ihren Verein» wahrnehmen. Unsere Coming-outGruppe für Menschen über 27 ist zwar offen für Frauen, wird aber selten von ihnen genutzt. Und im FreitagsCentro finden sich weder bei den Kochteams noch unter den Gästen regelmässig Frauen*. Das Projekt «Frauen*bibliothek», das ein Pendant zur Schwubliothek (die inzwischen auch Transbücher beherbergt) auf Machbarkeit prüfen wollte, kam mangels Mitstreiterinnen nie richtig in Gang. l 20 l Homosexuelle Arbeitsgruppe Zürich 2016: Sichtbarer und attraktiver für Frauen* Für 2016 haben wir uns daher vorgenommen, die HAZ für Frauen* sichtbarer und attraktiver zu machen. So haben wir uns dafür entschie den, in unseren Medien wie im HAZ-Magazin, im Newsletter und auf Facebook auf eine faire Repräsentation von lesbischen Anliegen und den Anliegen bisexueller Frauen* zu achten. In den Online-Medien benutzen wir bereits sprachliche Formen, die alle Geschlechter sicht bar machen. Und wir werden die Einladungen für unsere Angebote verstärkt auch in Kanälen streuen, wo LBTQ-Frauen* sich informieren. l Unser Vorsatz für 2016: Mehr Frauen* in die HAZ! l Foto Kasia Serbin l Unser Vorsatz für 2016: Mehr Frauen* in die HAZ! l Homosexuelle Arbeitsgruppe Zürich l 21 l EBT CH LI ZÜRINDERS A Vorname: Name: Strasse: www.haz.ch HAZ Homosexuelle Arbeitsgruppen Zürich Sihlquai 67 8005 Zürich Schweiz Ein parteiübergreifendes Netzwerk hat am Sonntag, 29.11.2015, den Verein «Queer Politics» gegründet. Vertreter*innen von AL, SP, Grünen, CVP, EVP, GLP, FDP, BDP und SVP möchten sich gemeinsam für die politischen Belange von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transmenschen und Inter* personen stark machen. Das politische Spek trum des Vereins zeige, dass LGBTI-Fragen nicht nur von Links oder Rechts behandelt würden, heisst es in der Medienmitteilung. Das Vorstand 2016: Co-Präsidium besteht aus Renato Pfeffer (EVP) Wir freuen uns sehr, dass unser Aufruf, den und Mia Willener (GLP). Die HAZ gratulieren HAZ-Vorstand zu erweitern, auf fruchtbaren zur Gründung! Boden fiel! Bereits zwei Kandidat*innen haben sich gemeldet. An der GV werden sie sich zur Wir wünschen all unsern Membern, ehrenamt Wahl stellen. Genauer vorstellen werden wir sie lichen Unterstützer*innen, Besucher*innen im neuen Jahr. Auch für weitere Bewerbungen und Teilnehmer*innen sowie allen, die mit uns sind wir offen. zusammen für die Rechte von Lesben, Schwu len, Bisexuellen, Transmenschen und queer CVP-Initiative: lebenden Menschen einstehen: Friedliche Feier «Für Ehe und Familie – gegen die Heirats- tage und einen guten Start ins Jahr 2016! strafe» heisst sie offiziell. Was so steuergerecht und familienfreundlich daherkommt, wäre – Eure HAZ Ort: Queer Politics: An unserer letzten Vorstandssitzung haben wir einige Weichen für 2016 gestellt. So haben wir beschlossen, den überaus beliebten Pride-Brunch wieder durchzuführen und auch den Coming Out Day 2016 im Kino Xenix zu begehen. Die Arbeit am Projekt Regenbogen haus hat weiterhin einen hohen Stellenwert. Einen weiteren Plan für 2016 findet ihr im Artikel «Mehr Frauen* in die HAZ!» auf Seite 20. PLZ: Pläne 2016: Jahrgang: sollte sie angenommen werden – das grösste Fiasko im Kampf für die gleichgeschlechtliche Ehe. Denn der Initiativtext sieht vor, dass die Ehe als «wirtschaftliche Gemeinschaft» von «Frau und Mann» in der Verfassung fest geschrieben wird. Die HAZ stellen sich, zusammen mit vielen LGBTQ-Organisationen der Schweiz, gegen die Initiative. Und bitten all ihre Verbündeten, am 28.2. mit NEIN zu stimmen. Email: Am 5. Dezember ab 14 Uhr fand erstmals das «Welcome Café» für LGBTQ-Refugees statt. Mit vereinten Kräften haben Queeramnesty und Queer Migs schnell und unbürokratisch dieses niedrigschwellige Treffen mit Vernet zungsmöglichkeit für Geflüchtete und andere Migrant*innen im HAZ Centro geschaffen. Am 16. Januar 2016 wird das Café zum zweiten Mal stattfinden. Gleiche Zeit, gleicher Ort. Ich möchte HAZ-Mitglied werden Queer Refugees: Ich bin interessiert, bitte haltet mich auf dem Laufenden. Ein Blick zurück, ein Schritt nach vorn! Ich möchte spenden, bitte schickt mir einen Einzahlungsschein. HAZ News-Update ----------------------------- Von Hannes Rudolph ----------------------------- BITTE FRANKIEREN l 22 l Homosexuelle Arbeitsgruppe Zürich l HAZ News-Update l Hier wird dir geholfen! Dr. Gay beantwortet online Fragen zu Sex, Homosexualität, Coming Out, schwuler Gesundheit, Liebe und Beziehung. Für eine persönliche Beratung oder eine Behandlung ist der Checkpoint in deiner Nähe für dich da – in Zürich, Basel, Lausanne und Genève. www.drgay.ch
© Copyright 2024 ExpyDoc